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„Change Coaching und Lessons Learned“

Der Einkauf bei SAP, Teil III
„Change Coaching und Lessons Learned“

Im dritten Teil über den SAP-Einkauf soll deutlich werden , wie es die Organisation geschafft hat, die Prozesse zu „leben“ und nachhaltig zu etablieren. Unsere Autoren Frank Sütterlin und Nicole Gaiziunas sind sich darin einig, dass der Einsatz von Change Management Instrumenten der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung im Prozess war.

Frank Sütterlin Global Purchasing Manager SAP AG, Walldorf Nicole Gaiziunas BrainNet Management Consultants GmbH, Bonn

Die global aufgestellte Einkaufsorganisation des Softwareherstellers SAP, mit immerhin 130 Beschäftigten, stand am Anfang vor einer großen Herausforderung: Es ging darum, die eigene Organisation im Gesamtbetrieb zu etablieren, Einsparpotenziale zu generieren, die neuen Prozesse von der Definition bis hin zur Implementierung umzusetzen sowie die Mission zu „leben“ sowie guten Service für alle Beteiligten und die angrenzenden Schnittstellen zu bieten.
Voraussetzung für das Meistern dieser schwierigen Aufgabe war es, Klarheit über Ziele, Aufgaben und Verantwortungen der Beteiligten zu gewinnen. In der Projektini-tiierungsphase wurde das Team darauf getrimmt, miteinander zu agieren, schnell und effizient zu kommunizieren und die nötigen Fähigkeiten für die Projektdurchführung aufzubauen. Die Aufnahme der Ausgangssituation hat folgende Themenfelder durch die Aussagen der Mitarbeiter in den Unternehmensdimensionen Strategie, Struktur und Kultur verdeutlicht:
  • Strategie – „Wo wollen wir hin?“; „Was bringt das der SAP und mir persönlich?“ Welche Ziele habe ich?“…
  • Struktur – „Was ist meine Verantwortung und Aufgabe im Projekt?“; „Welche Funktion nehme ich wahr?“; „Wie sieht der Prozess aus?“…
  • Kultur – dazu gehören Kommunikation: „Mit wem kommuniziere ich wann, was und über welches Medium?“; Motivation: „ Wie werde ich eingebunden?“, „Wie geht das Unternehmen mit Erfolg oder nicht Erfolg um?“; Qualifizierung: „Welche Anforderungen werden an mich gestellt?“, „Was passiert, wenn ich so ein Teilprojekt noch nicht führen kann? …
Nur wenn alle bei der Umsetzung an einem Strang ziehen, ist das Team erfolgreich. Doch bevor Menschen das tun, ist es wichtig, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Bedenken und Unsicherheit offen zu kommunizieren, um dann spezifische Verände-rungsmaßnahmen einzuleiten.
Somit stand die Einführung eines Change Management-Programms ganz oben auf der Liste der Prioritäten. Durch strukturierte Einzel- und Teamgespräche war schnell identifiziert, welche Maßnahmen in das Change Management-Programm integriert werden müssen. Den Auftakt bildete ein zweitägiger Reinforcement-Workshop, in dem die aufgenommenen Stimmungen und Sorgen in den drei Unternehmensdimensionen aufbereitet wurden. Im Be-reich der Strategie wurde den Mitarbeitern im Einkauf das „Big Picture“ – Wo möchte der Einkauf hin? – aufgezeigt. So wurde deutlich, dass mit dem Programm ein sinnvoller und wichtiger Schritt für die zukünftige Ausrichtung des Einkaufs gegangen wird. Danach wurden die gemeinsam definierten Rollen, Aufgaben und Verantwortungsbereiche zur Verabschiedung vorgestellt. In der folgenden Trainingseinheit bekamen die Workshop-Teilnehmer Hintergründe und Nutzen des Change Managements erläutert. Die begleitenden Maßnahmen wurden auf Monatsbasis festgelegt und sollten die Mitarbeiter bei der Umsetzung stützen und Stolpersteine aus dem Weg schaffen.
Drei Erfolgsfaktoren kennzeichneten das Projekt. Erstens: Der Einsatz von zielgruppenspezifischer Kommunikation und aktives Feedback über alle Hierarchieebenen hinweg.
Um alle Beteiligten über den Status der Projekte, Prozesse und Services des Einkaufes zu informieren, haben die Einkäufer einen Newsletter ins Leben gerufen, der alle zwei Monate erscheint. Durch einen Feedbackbutton auf dem Newsletter haben die Leser schon signalisiert, dass ihnen das neue Informationsmedium zeige, welche Leistungen und Nutzen der Einkauf bei der SAP schafft.
Ein weiteres Ziel war es, die globale Kommunikation nicht nur klarer zu strukturie-ren, sondern auch eine Feedbackstruktur „bottom up“ zu schaffen, die aufzeigt, wo die Projektmitglieder aktuell stehen.
Klare Strukturierung der Kommunikation
Die Erfolgsfaktoren der Kommunikationspläne bestanden darin, dass die Teilprojektleiter mit Unterstützung aufgefordert waren, sich zu überlegen, welche Informationen, sie wann, an wen und mit welchem Medium kommunizieren sollen. Diese Pläne wurden schriftlich festgehalten und regelmäßig im Change Coaching und Status Meetings nachgehalten. Gleichermaßen wurde mit sechs knackigen Fragen ein anonymisierter Atmosphere Check am Ende des Monats an die Mitglieder des Projektes verschickt. Die Auswertung diente dem Change Controlling. Die zusammengefassten Ergebnisse wurden an die Projektsponsoren weitergeleitet. Durch die klare Strukturierung der Kommunikation kam es zu einem reibungslosen Informationsaustausch und zur Reduzierung von Doppelarbeiten. Der Check brachte als Controllinginstrument das Ergebnis, nicht nur die faktischen Thematiken ans Licht, sondern durch die Anonymisierung auch die Stimmungslage und Einbindung der Projektmitglieder innerhalb des Projektes. Nötige Maßnahmen, um die Mitarbeiter zu motivieren, konnten abgeleitet werden.
Change Coaching und Lessons Learned sind bei dem Prozess Treiber von Veränderungen. Ziel des Change Coachings ist die Aufnahme des aktuellen Status des Teilprojektes und der Stimmung innerhalb des Teams, die Entwicklung der Kommunikation, sowie die gemeinsame Erarbeitung von Lösungen für Stolpersteine und Konflikte innerhalb des Projektes. Das Change Coaching wurde jeweils zum Monatsende mit den Verantwortlichen der Teilprojekte, dem Projektleiter und dem Einkaufsleiter in einem ein- bis zweistündigen Einzelgespräch für sechs Monate durchgeführt. „Unter vier Augen“ wurde eine vertrauensvolle Basis geschaffen, dabei konnten individuelle Schwierigkeiten schnell und auf „kleinem Dienstweg“ gelöst werden. Ergebnis: Die Regelmäßigkeit der Maßnahme stellte sicher, dass die Verantwortlichen aus den Gesprächen lernten und die persönlichen Anregungen, ob fachlich, methodisch oder sozial-emotional aktiv im Projekt und in ihrer täglichen Arbeit umsetzten.
Zweitens: Durch das Change Triangle Trainings Concept kam es zu einem beträchtlichen Know-how-Transfer.
Die Herausnahme der Projektmitglieder für lange Workshops war bei den knappen Ressourcen fast unmöglich. Zusätzlich ist der Lernfaktor in einem Projekt um 60 Prozent höher, wenn die fehlenden Fähigkeiten auf die auszuführende Tätigkeit innerhalb des Projektes beschränkt und begleitet werden können.
Das Change Triangle Trainings Concept sollte dieses Ziel erfüllen. Gemeinsam mit den Teilprojektleitern wurden die benötigten Fähigkeiten definiert und in drei Kompetenzfelder – sozial-emotionale Kompetenz, Methodenkompetenz und fachliche Kompetenz – strukturiert. Die einzelnen Trainingseinheiten zu den jeweiligen Kompetenzfeldern wurden in jeweils vier Stunden durchgeführt. Der aktive Change kommt dann innerhalb des Projektes. Denn wie oft geht man aus einem interessanten Training raus und sagt, morgen mache ich alles anders als heute, und wie schnell packt uns der Alltag. Die gut gemeinten Vorsätze werden über Bord geworfen. Durch eine regelmäßige Begleitung sind die erlernten Dinge aktiv eingesetzt worden. Der Teamentwicklungsprozess begann.
Drittens: Die Mitarbeiter als Multiplikatoren oder so genannte Change Manager sind die Treiber eines nachhaltigen Veränderungsprozesses. Damit der Prozess auch nachhaltig gesichert wird, gilt der Einsatz eines Multiplikatorenkonzeptes als Erfolgsfaktor. Bei der SAP wurden Mitarbeiter aus unterschiedlichen Hierarchieebenen ausgesucht, die als Multiplikatoren oder so genannte Change Manager agieren. Sie unterstützen bei der Entwicklung und Durchführung eines globalen Train-the-Trainer-Konzeptes, den der Rollout des Projektes vorgesehen hat. Die Nutzung interner Ressourcen und die Befähigung, selbst vor den Kollegen zu stehen und sie von den definierten Prozessen zu überzeugen, ermöglicht, dass die Prozesse gelebt werden. Eine Einbindung der Line of Business ist damit sichergestellt.
Fazit: Mit einer aktiven Change Managementbegleitung ist es uns gelungen, Geschwindigkeit aufzunehmen und die nötigen organisatorischen Anpassungen vorzunehmen, Mitarbeiter zu motivieren und das Erlernte für die kommenden Herausforderungen zu nutzen. Durch die Gestaltung der Prozesse, die Etablierung der Engagement Teams und den Einsatz von innovativem Change Management ist die Zusammenarbeit zwischen den Einkäufern global gestärkt worden. Auch die Einsparungsziele wurden übertroffen.

Serie

Im ersten Teil dieser dreiteiligen Serie (BA 4/06) haben unsere Autoren die Herausforderungen bei der Gründung und Implementierung der globalen Einkaufsorganisation der SAP AG beschrieben. Der zweite Teil (BA 5/06) zeigt den Nutzen, den das Unternehmen durch eine aktive Kundeneinbindung generiert. Im dritten Teil soll deutlich werden, wie es die Einkaufsorganisation der SAP geschafft hat, die Prozesse zu „leben“ und nachhaltig in der Organisation zu etablieren. Der Einsatz von Change-Management-Instrumenten sei dabei der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung gewesen.
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