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Den Einkauf erfolgreich gestalten

Konsortial-Benchmarking, Teil II
Den Einkauf erfolgreich gestalten

Den Einkauf erfolgreich gestalten
Die Autoren Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Günther Schuh Dipl.-Ing. Toni Drescher Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Matthias Kreimeier M.Sc. Christina König M.Sc. Matthias Vaterrodt
Der Umgang mit Lieferanten stellt einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar: Doch wie vermeide ich Willkür in der Wahl von Lieferanten? Zudem stellt die Kostenvermeidung ein großes Thema im Einkauf dar. Einsparungen auf Seiten des Einkaufs wirken sich umgehend auf den Gewinn des Unternehmens aus. Doch welche Faktoren sind entscheidend für eine erfolgreiche Kostenvermeidung und wie kann dieser Effekt quantifiziert werden? Zur Beantwortung dieser Fragen werden im Folgenden fünf weitere Erfolgsfaktoren für den Einkauf vorgestellt.

Im Rahmen eines international ausgerichteten Benchmarkings zu aktuellen Themen im Bereich Einkauf hat das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie in Zusammenarbeit mit einem Konsortium aus sechs Unternehmen erfolgreiche Einkaufsorganisationen sowie Erfolgsfaktoren für den Einkauf identifiziert. Die Vorstellung der ersten 4 Erfolgsfaktoren erfolgte in der Oktober-Ausgabe von Beschaffung aktuell. Lesen Sie im Folgenden über die Erfolgsfaktoren 5 bis 9.

5. Intuitive Entscheidungshilfen
als Kommunikationsinstrument
Durch das stetig wachsende Aufgabenfeld steigt auch die Anzahl an unternehmensinternen und -externen Schnittstellen. Eine gute Kommunikation stellt hier einen entscheidenden Faktor für einen reibungsarmen Ablauf der Prozesse. Grundlage hierfür ist eine einfache und allgemein verständliche Kommunikation.
In den im Rahmen des Konsortial-Benchmarkings besuchten erfolgreichen Unternehmen wurden hierzu unterschiedliche Ansätze verfolgt. Allen Unternehmen gemein war, dass diese ihre Prozesse, Werkzeuge und Kennzahlen einheitlich, intuitiv nachvollziehbar und zumeist universell abrufbar aufbereitet haben. Hierzu werden relevante Informationen systematisch strukturiert und in einer einheitlichen Darstellungsform aufbereitet. Auf oberster Ebene werden die relevanten Informationen auf das Wesentliche zusammengefasst und in verständlicher Form – beispielsweise mit einer Ampellogik – bereitgestellt. Für ein tiefer gehendes Verständnis kann auf die dahinter liegenden Daten in den darunterliegenden Ebenen zurückgegriffen werden. Zur Optimierung der Abläufe hat ein Unternehmen zudem einen Sourcing Room geschaffen, in dem ein Überblick über alle aktuell laufenden Aktivitäten sowie allgemeine Lieferanteninformationen bereitgestellt werden. Durch die übersichtliche und intuitive Darstellung können schnell Entscheidungen getroffen werden und gegebenenfalls wichtige Aufgaben priorisiert werden. Hierdurch werden Aufwände für Abstimmungen reduziert, die Kommunikation im Team erleichtert und die Geschwindigkeit, Entscheidungen zu treffen, erhöht.
6. Paradigmenwechsel hin zur
Kostenvermeidung
Eine wichtige Kennzahl, an der der Erfolg vieler Einkaufsorganisationen gemessen wird, sind die erzielten Kosteneinsparungen. Sinnvoller wäre es jedoch, die Kosten gar nicht erst entstehen zu lassen und sich stattdessen frühzeitig auf eine Kostenvermeidung zu fokussieren. Ein großer Teil der später anfallenden Kosten wird bereits in den frühen Phasen des Produktentstehungsprozesses festgelegt und lässt sich in späteren Phasen nur noch schwer beeinflussen. Diese bereits langjährige Erkenntnis stellt für viele Unternehmen immer noch eine Herausforderung dar. Um in den frühen Phasen der Produktentstehung bereits kostenorientiert zu handeln, ist eine frühzeitige Einbindung des Einkaufs und somit auch der Lieferanten von essentieller Bedeutung. So können die Fähigkeiten von Lieferanten gezielt in die Entwicklung eingebracht werden und Entscheidungen für kostenoptimierte Konzepte getroffen werden. Innerhalb der „Successful Practice“-Unternehmen wird dieser Ansatz bereits verfolgt und der Einkauf wirkt aktiv in der Produktentstehung mit. Die Mitarbeit erfolgt hierbei zumeist in interdisziplinären Teams, die zudem auch in die Verhandlung mit Lieferanten treten. Hierbei profitieren die Unternehmen nicht nur von kostenoptimierten Produkten, sondern können oftmals zudem effektiver Innovationen aus dem Beschaffungsmarkt in ihr Unternehmen einbringen und insgesamt Entwicklungszeiten reduzieren. Die Proble- matik, Aufwendungen für die Kostenvermeidung in Projekten zu rechtfertigen, liegt zumeist in der Schwierigkeit, die Kostenvermeidung und die daraus resultierenden Einsparungen messbar zu gestalten. So werden bei einem Unternehmen neben rein quantitativen Kennzahlen verstärkt teamübergreifende qualitative Kennzahlen erhoben, durch die der Erfolg von Kostenvermeidungsprojekten zu gleichen Teilen der Entwicklung wie dem Einkauf zugerechnet werden kann.
7. Versteckte Kosten vermeiden
Um erfolgreich Kosten zu reduzieren, gilt es, zunächst einen umfassenden Überblick über sämtliche Kostenbestandteile zu schaffen. Hierbei sind vor allem versteckte Kostentreiber zu identifizieren. In sämtlichen „Successful Practice“-Unternehmen wird hierzu unter anderem der Total Cost of Ownership (TCO) Ansatz verfolgt und softwaretechnisch unterstützt.
Um beispielsweise mit geringem Aufwand Transparenz über den Zusammenhang zwischen Kosten- und Leistungsparametern der verschiedenen Bauteile in einer Warengruppe zu erzeugen, nutzen einige Unternehmen das Linear Performance Pricing (LPP). Ausgehend von diesen Analyseergebnissen kann dann ein detailliertes Kostenverständnis erarbeitet werden. Um frühzeitig einen Konzeptvergleich von Realisierungsmöglichkeiten von Bauteilen im Entwicklungsprozess zu ermöglichen, ist neben dem technischen Verständnis eine ausgeprägte Kenntnis der Beschaffungsmärkte von zentraler Bedeutung. Dies beinhaltet neben der Kenntnis von Marktstrukturen, Risikoaspekten auch die Kenntnis von Trends in den einzelnen Beschaffungsmärkten. Ziel ist eine hohe Preis-, Markt- und Kostentransparenz als Basis für ein systematisches Kostenmanagement. Dabei hat sich bei allen „Successful Practice“-Unternehmen bestätigt, dass die Maßnahmen immer direkt in die Verantwortung einzelner Mitarbeiter übertragen werden müssen und dessen Fortschritt kontinuierlich in Form eines Management-Reportings nachverfolgt werden muss. Nur so wird sichergestellt, dass die identifizierten und angestrebten Kostenoptimierungen auch realisiert werden.
8. Umgang mit Lieferanten
nicht dem Zufall überlassen
Um erfolgreich neue Innovationen in das Unternehmen einzubringen oder Kostenpotenziale zu heben, muss neben bestehenden Lieferanten in einigen Fällen auch auf neue Lieferanten zugegangen werden. Die neuen Lieferanten gilt es dann, in die Lieferantenbasis zu integrieren und ggf. auf das notwendige Qualitätsniveau zu entwickeln. Mit einer stetig wachsenden Lieferantenbasis steigt allerdings auch der Aufwand für die Steuerung und Befähigung des Lieferantennetzwerks. Die Unternehmen unterliegen hierbei oftmals dem Zwiespalt zwischen einem erfolgreichen und abgesicherten Dual- oder Multi-Sourcing und einer möglichst geringen Lieferantenanzahl. Dieses Spannungsfeld gilt es zu lösen. Um den Ressourcenaufwand möglichst gering zu halten, ist eine eindeutige Klassifizierung der Lieferantenbasis eine Grundvoraussetzung. Zusätzlich hat sich herausgestellt, dass ein definierter und proaktiver Umgang mit den jeweiligen Lieferantenklassen ein zentraler Erfolgsfaktor ist. Damit wird sichergestellt, dass bereits im Vorfeld klar definiert ist, wie mit potentiellen Leistungsschwanken bei Lieferanten umgegangen werden muss. Dies befähigt die Einkaufsorganisationen, ihre Ressourcen für die Lieferantensteuerung aufzuteilen, gezielt zu priorisieren und so ungeplante Einzelfallentscheidungen zu vermeiden.
9. Einkauf teilweise einkaufen
Das Aufgaben- und Verantwortlichkeitsspektrum des Einkaufs erweitert sich stetig. Um trotz begrenzter Ressourcen im Einkauf alle Aufgaben weiterhin bestmöglich erfüllen zu können, muss eine Fokussierung auf die wesentlichen Aufgaben erfolgen. Im Rahmen der Studie zeigen erfolgreiche Organisationen, dass diese sich auf die essentiellen und wertschöpfenden Aktivitäten konzentrieren. Nicht wertschöpfende Aktivitäten gilt es zu delegieren: Dies kann an andere Fachabteilungen erfolgen oder aber auch an externe Dienstleister. Beispielsweise werden Beschaffungsvorgänge verstärkt automatisiert und durch die Bedarfsstellen selbstständig ausgelöst. Die Stammdatenpflege und Aktualisierung von Preislisten kann beispielsweise in die Verantwortung der Lieferanten selbst übertragen werden. Hierdurch können Lieferanten die Aktualität ihrer Daten gewährleisten. Weiterhin wird das Einkaufscontrolling intensiv durch das Unternehmenscontrolling und automatisierte Reporting Funktionen IT-seitig unterstützt. Dies ermöglicht dem Einkauf, sich auf die wertbeitragenden Tätigkeitsfelder zu konzentrieren.
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