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Gemeinsam Chancen nutzen, Ergebnisse herbeiführen

Teams in der Beschaffung
Gemeinsam Chancen nutzen, Ergebnisse herbeiführen

Übersetzt man den Begriff „Team“ in die deutsche Sprache, müßte man von „Arbeitskreis“ oder „Arbeitsgruppe“ sprechen. Eine Arbeitsgruppe wird eingesetzt, wenn man allein nicht mehr weiter weiß. Und das Team? Ein Team ist vielmehr ein probates Mittel zur Findung gemeinsamer Lösungen.

Heinrich Orths

In Teams werden die Folgen der Arbeitsteilung, werden Grenzen zwischen rechtlichen und organisatorischen Einheiten überwunden. Strukturen in Unternehmen sind meist von Abgrenzung gekennzeichnet. Dies geht nicht zuletzt aus Begriffen wie Schnittstellen und Abteilungen hervor.
Die Bildung von Teams ist immer dann angezeigt, wenn mehr als eine organisatorische Einheit an der Lösung eines Problems interessiert ist bzw. einen Beitrag hierzu leisten kann. Initiator für eine Teambildung ist oft die organisatorische Einheit mit dem größten Interesse an der Lösung eines Problems. Die Bildung von Teams kann zwischen den Betroffenen vereinbart oder aus übergeordnetem Interesse angeordnet werden.
Teamstruktur
Wer gehört in ein Team? Jede organisatorische Einheit, die einen Beitrag zum gewünschten Teamergebnis leisten kann bzw. besonderes Interesse an dem Ergebnis hat, sollte in einem Team vertreten sein. Wer Interesse hat, soll einen Beitrag leisten; wer keinen Beitrag leistet, soll keine Kritik üben! Die Zusammenarbeit im Team ist von bestimmten Voraussetzungen geprägt, wenn sie erfolgreich sein soll:
–Alle Teammitglieder sind gleichberechtigt,
–jedes Teammitglied leistet einen angemessenen Beitrag an der Teamarbeit,
–jeder Beitrag ist gleich viel wert,
–das Team entscheidet gemeinsam (nicht nur mehrheitlich),
–alle Teammitglieder tragen das gemeinsame Ergebnis.
Diese Voraussetzungen lassen sich am besten schaffen, wenn die Teammitglieder aus der gleichen Hierarchieebene stammen. Ein großer Querschnitt durch die gesamte Unternehmenshierarchie läßt die Gleichberechtigung leicht zur Theorie verkommen.
Kompetente Leistungsträger der verschiedenen Einheiten sind ins Team zu entsenden bzw. zu berufen. Diese müssen gleichzeitig selbstbewußt und zu einem Kompromiß fähig, eben teamfähig sein. Welcher Hierarchieebene die Teammitglieder entstammen, ist fallweise unterschiedlich. Das hängt nicht zuletzt von der Tragweite der zu treffenden bzw. vorzubereitenden Entscheidung ab.
Die Gleichheit unter den Teammitgliedern betrifft auch den Teamleiter oder Teamsprecher. Er ist nicht der Chef des Teams, er ist der Koordinator und Administrator. Er lädt zu den Sitzungen ein, leitet die Sitzungen und führt das Protokoll. Mitunter ist es auch seine Aufgabe, über die Teamergebnisse zu berichten. Er ist nicht weisungsberechtigt gegenüber den anderen Teammitgliedern.
Ansätze und Reporting
Teamarbeit ist wichtig und strahlt meist auch auf die übrigen Aufgaben der Teammitglieder und deren Umfeld aus. Dennoch ist sie nicht Selbstzweck. Sie ist zielorientiert. In aller Regel ist der Instanz zu berichten, die das Team initiiert hat. Hier wird auch die Teamaufgabe vorgegeben. Diese wird dann vom Team detailliert, in Einzelschritte gegliedert und zeitlich geordnet erledigt. Fortschrittsberichte und der Abschlußbericht werden vom Team bzw. ausgewählten Teammitgliedern oder dem Teamsprecher vorgetragen.
Die Ansätze für eine erfolgreiche Teamarbeit können vielschichtig sein. Sie können nicht alle aufgeführt werden. Daher werden beispielhaft folgende Möglichkeiten erläutert:
–Material- bzw. Lieferanten-Team,
–Supply-Management-Team,
–Make-or-Buy-Team,
–Wertanalyse-Team,
–International-Sourcing-Team.
Die Gründe für die Bildung dieser Teams sind unterschiedlich. So unterscheiden sich auch die Zusammensetzung und die Aufgabenstellung.
Material-Team
Die Auswahl zu verwendender Materialien ist eine gemeinsame Aufgabe. Sie darf nicht allein der Entwicklung, der Fertigung bzw. der Fertigungsplanung oder dem Einkauf überlassen sein. Physikalische Eigenschaften, Be- und Verarbeitbarkeit spielen eine wichtige Rolle, die Beschaffungsmöglichkeiten auch. Schließlich wird auch der Bedarfsträger (und somit Kostenträger) wissen wollen, was in seinem Namen und auf seine Kosten entschieden wird. Ein solches Team ist vor allem dann empfehlenswert, wenn über die Neustrukturierung von zu verwendenden Materialpaletten entschieden werden soll. Reduzierung bzw. Eingrenzung von Komplexität ist eine der wichtigsten übergeordneten Aufgaben.
In das Team sind Fachleute aller organisatorischen Einheiten zu berufen, die einen Beitrag zur Findung der optimalen Entscheidung leisten können und an deren Umsetzung beteiligt sind, wie
–Entwicklung/Konstruktion,
–Fertigung/Fertigungsplanung,
–Einkauf/Beschaffung,
–Materialwirtschaft/Lager/Disposition,
–Bedarfsträger,
–Normenstelle,
–Qualitätsmanagement,
–Controlling/Kostenrechnung.
Bei den vorzubereitenden/zu treffenden Entscheidungen handelt es sich um solche von strategischem Ausmaß. Dazu ist eine Fülle Detailwissen erforderlich. Führungskräfte tun gut daran, diese Aufgabe den Experten auf Mitarbeiterebene zu überlassen. Es ist Aufgabe des Führungsgremiums (Lenkungsausschuß), darauf zu achten, daß die zu treffenden Entscheidungen ein ausreichend hohes Niveau bekommen.
Lieferanten-Team
Wenn über die auszuwählenden (strategischen) Lieferanten zu befinden ist, kann nicht eine einzelne organisatorische Einheit – auch nicht der Einkauf – nach Gutdünken entscheiden. Gemeinsam getroffene und vor allem gemeinsam verstandene Entscheidungen dienen der gemeinsamen Sache mehr. Oftmals muß von Material zu Material, von Leistung zu Leistung differenziert entschieden werden, welchen Stellenwert der Preis, der Service, das Know- how des/der Lieferanten, die technische Unterstützung, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit haben. Alle diese Faktoren sind in ihrer Summe nicht einer einzelnen Person, einer einzelnen Einheit zugänglich, können von ihr nicht allein beurteilt und bewertet werden. Es ist vielmehr erforderlich, gemeinsam ein Anforderungsprofil für die jeweiligen Materialien und Leistungen zu erarbeiten und die gegebenen/möglichen Lieferanten hieran zu messen.
In das Team sind Vertreter aller organisatorischen Einheiten zu berufen, die einen Beitrag zur Findung der optimalen Entscheidung leisten können und an deren Umsetzung beteiligt sind:
–Entwicklung/Konstruktion,
–Fertigung/Fertigungsplanung,
–Einkauf/Beschaffung,
–Materialwirtschaft/Lager/Disposition,
–Bedarfsträger,
–Qualitätsmanagement.
Bei den zu treffenden Entscheidungen handelt es sich um solche von erheblicher Tragweite. Die zu berücksichtigenden Fakten sind nicht immer konkret meßbar. Führungskräfte tun gut daran, diese Aufgabe selbst wahrzunehmen. Hierzu werden sie sich nötigenfalls Detailwissen verschaffen. Der Lenkungsausschuß für dieses Team könnte die Geschäfts- bzw. Geschäftsbereichsleitung sein.
Supply-Management-Team
Hierbei handelt es sich meist um ein unternehmens- und funktionsübergreifendes Team. Supply-Management-Teams werden im Zusammenhang mit strategischen Partnerschaften zwischen Kunden (Herstellern) und Lieferanten gegründet. Meist sind sie in langfristigen Verträgen vereinbart und beschrieben. Mit Hilfe dieser Teamarbeit wird der jeweilige Lieferant in die internen Strukturen seines Kunden integriert. Die (paritätische) Zusammensetzung des Teams ist im Vertrag bzw. in einer Anlage zum Vertrag geregelt. Dies gilt auch für die Aufgaben, die dieses Team wahrnehmen soll.
In das Team werden Vertreter der organisatorischen Einheiten beider Vertragspartner berufen, die einen nennenswerten Beitrag zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Zusammenarbeit der beiden Unternehmen leisten können:
–Kunde (Hersteller), –Einkauf (Supply Management), –Entwicklung/Konstruktion, –Qualitätsmanagement, –Bedarfsträger,
–Lieferant, –Verkauf (Marketing), –Entwicklung/Konstruktion, –Qualitätsmanagement, –Fertigung/Fertigungsplanung/Logistik.
Die besondere Aufgabe dieses Teams führt dazu, daß zwar gemeinsam Verbesserungspotentiale gesucht und erschlossen werden, es aber keinen gemeinsamen Lenkungsausschuß gibt. Vielmehr werden die Teammitglieder die Erkenntnisse, Anregungen und Aufgabenstellungen mit in ihre jeweiligen Unternehmen tragen und dort realisieren.
Make-or-Buy-Team
Hierbei handelt es sich um ein unternehmensinternes, funktionsübergreifendes Team. Make-or-Buy-Entscheidungen sind stets unternehmerische beziehungsweise strategische Entscheidungen und bedürfen einer entsprechenden Vorbereitung. Make-or-Buy-Teams müssen „auf beiden Augen sehen“ können. Sie müssen in der Lage sein, interne und externe Prozesse (Gesamtprozesse) inklusive der Kostenwirksamkeit beurteilen zu können.
In das Team sind Vertreter aller organisatorischen Einheiten zu berufen, die einen Beitrag zur Vorbereitung der optimalen Entscheidung leisten können:
–Bisheriger oder potentieller interner Leistungserbringer,
–Einkauf/Beschaffung,
–Materialwirtschaft/Lager/Disposition,
–Bedarfsträger,
–Qualitätsmanagement,
–Controlling/Kostenrechnung.
Die vorzubereitenden Entscheidungen haben erhebliche Tragweite. Dazu ist eine Fülle Detailwissen erforderlich. Gerade hier ist abzuwägen, ob die Vorbereitung auf Mitarbeiterebene möglich ist oder ob diese nur von Führungskräften sinnvoll gestaltet werden kann. In jedem Fall ist es Aufgabe des Führungsgremiums (Lenkungsausschuß), darauf zu achten, daß die zu treffenden Entscheidungen ausgewogen und nicht nur isoliert betrachtet vertretbar sind.
Wertanalyse-Team
Die Arbeit und die Aufgabe eines Wertanalyse-Teams ist in der DIN 69910 beschrieben. Vermutlich ist dies die einzige deutsche Norm, die ein funktionsübergreifendes Vorgehen ausdrücklich empfiehlt. Es ist weiterhin sinnvoll, auch strategische Lieferanten einzubinden. So können diese Lieferanten schon im Vorfeld ihren Beitrag zur Optimierung der gewünschten/erforderlichen Funktionen leisten. Zur Auswahl der Lieferanten gehört viel Phantasie. Es stellt sich nicht die Frage, wer heute ein geeigneter Lieferant für eine zu untersuchende Leistung/Teilleistung wäre, sondern wer künftig in Frage kommen könnte. Von allen Beteiligten wird ein hohes Maß an Kreativität erwartet.
In das Team sind Vertreter aller organisatorischen Einheiten zu berufen, die einen kreativen Beitrag zur Verbesserung des gegebenen/künftigen Produktes/Prozesses leisten können:
–Bisheriger oder potentieller interner Leistungserbringer,
–Einkauf/Beschaffung,
–Bedarfsträger,
–Qualitätsmanagement,
–Controlling/Kostenrechnung,
–mindestens ein strategischer Lieferant, besser zwei bis drei.
Die vorzubereitenden Entscheidungen haben strategische Dimension. Innovation ist gefragt. Eine Fülle Detailwissen ist erforderlich. Gerade dies ist oft auf Mitarbeiterebene stärker ausgeprägt als auf der Führungsebene. Aufgabe des Führungsgremiums (Lenkungsausschuß) ist, die Prozesse schnell zu machen, um Ergebnisse in angemessener Zeit zu bekommen.
International-Sourcing-Team
Teams dieser Art sind für Unternehmen/Unternehmensgruppen interessant, die Einkauf dezentral betreiben. In diesen Teams werden Informationen über die jeweiligen Bedarfe und Möglichkeiten zur Bedarfsdeckung zusammengeführt, gemeinsames Vorgehen verabredet. Vor allem wenn die Deckung gleichartiger Bedarfe regional unterschiedlich oder gar in unterschiedlichen Ländern erfolgt, ist dies von großem Interesse. Preisunterschiede von bis zu 100% werden häufig, mitunter bis zu 1.000% festgestellt. Dabei kann es sich um die gleichen Hersteller bzw. Lieferanten handeln. Die Bildung dieser Teams verspricht kurzfristigen Erfolg ohne besonderes Risiko.
In das Team sind Vertreter der wichtigsten Einkaufsabteilungen zu berufen. Wenn nicht alle Einkaufsabteilungen präsent sein können, ist ein repräsentativer Querschnitt zu bilden. Die wichtigsten Regionen müssen vertreten sein. Wenn dieses Team sich regelmäßig trifft und über Chancen und Risiken der Bedarfsdeckung für die relevanten Materialien und Leistungen diskutiert, ist dies wertvoller als ein – meist theoretischer – Informationsaustausch auf dem Dienstweg. Der persönliche Kontakt, das Auge-in-Auge mit dem Kollegen führt zu gemeinsamen Aktivitäten, zu gemeinsamen Problemlösungen. Die Team-Ergebnisse werden auch den nicht im Team vertretenen Einkaufsabteilungen mitgeteilt. Soweit erforderlich, werden diese auch in die Informationsermittlung (Gesamtbedarf, Lieferanten) einbezogen.
Die Entscheidungen haben strategische Dimension. Die zu betrachtenden Objekte können das gesamte zu beschaffende Spektrum betreffen. Schon aus diesem Grund ist die Verdichtung auf eine Führungskraft aus dem jeweiligen Einkauf angebracht. Dieser wird Impulse aus seiner Abteilung in das Team einbringen und Ergebnisse aus dem Team in seinen Unternehmensteil transportieren. Ein Führungsgremium (Lenkungsausschuß) für eine derartige Teamarbeit ist in den meisten Unternehmen/Unternehmensgruppen bereits gegeben. Dies kann die Leitung des Zentraleinkaufs oder eine andere zentrale Führungsebene sein. Eine wichtige Aufgabe des Lenkungsausschusses ist es, sicherzustellen, daß auch die nicht direkt eingebundenen Einheiten alle erforderlichen Informationen erhalten und auf Verlangen geben.
Fazit
Die neben dem Tagesgeschäft in den Teams zu erbringenden Leistungen stellen für die Teammitglieder eine erhebliche Belastung dar. Meistens erfahren sie keine adäquate Entlastung in der täglichen Arbeit. Für die Unternehmen erschließen sich durch diese koordinierten Aktivitäten neue Ressourcen. Gemeinsame Entscheidungen führen zu höherer Akzeptanz, damit zu geringeren internen Reibungsverlusten. Entscheidungen, die eine breitere Basis haben, sind richtiger, treffen eher das Optimum. Mitarbeiter, die an der Erarbeitung eines Erfolgs beteiligt waren, sind motivierter. Der zu treffende Aufwand an Zeit und Geld für Teamsitzungen und Reisen ist gemessen an den zu realisierenden Erfolgen fast zu vernachlässigen. Daß dies auch in der Praxis so ist, wird durch die wachen Augen der Lenkungsausschüsse sichergestellt.
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