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Mehr Philosophie denn Projekt

Das LEAN-Projekt bei E-T-A Elektrotechnische Apparate
Mehr Philosophie denn Projekt

E-T-A Elektrotechnische Apparate hat sich „LEAN“ gemacht. Der Einkauf trägt seinen Teil dazu bei, indem er die gesamte Supply Chain auf das LEAN-Projekt ausrichtet. „LEAN“ ist hier jedoch mehr als einfach nur „schlank“: Zusammmen mit der tiefe IT-Integration ist es mehr Philosophie denn Projekt und wurde für den BME- Innovationspreis nominiert.

Der Wettbewerbsdruck aus dem asiatischen Raum nimmt stetig zu, die Märkte sind hart umkämpft und dynamisch. Für mittelständisch geführte Familienunternehmen gilt es, die richtigen Antworten auf diese Herausforderungen zu finden. Seit 65 Jahren ist die E-T-A Elektrotechnische Apparate GmbH, Altdorf bei Nürnberg, erfolgreich auf den internationalen Märkten. Das Unternehmen erfindet sich gerade wieder neu mit einer konsequenten Ausrichtung auf LEAN.

Mit mehr als 1200 Beschäftigten und Vertretungen und Tochtergesellschaften in über 50 Ländern rund um den Globus gilt E-T-A als weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Geräteschutzschalter. Die Kunden kommen aus den unterschiedlichsten Branchen und haben entsprechend heterogene Anforderungen: vom Anlagenbauer mit hohen Terminanforderungen über Automotive-Kunden und OEM im Umfeld der TS16949 bis hin zur Luftfahrt mit der EN 9100 und dem Projektgeschäft im Telekommunikationsmarkt.
E-T-A setzt bei der Verfolgung der strategischen Ziele auf die gesamte Ausrichtung der Supply Chain in Richtung LEAN. Damit verbunden ergeben sich sehr hohe Anforderungen an Verfügbarkeit, Qualität und Flexibilität. Das erste Element der LEAN-Implementierung ist die Beseitigung von Verschwendung. Ein Großteil der Verschwendungsarten (sieben „Muda“, siehe kleine Grafik, Quelle: Vision Lean) spricht dabei direkt die Kernfunktionen in der Supply Chain an: Transporte, Wartezeiten und Bestände sind direkt von Logistik und Einkauf beeinflussbare Größen.
Das zweite Kernelement von LEAN ist die Glättung. Es geht darum, den Produktionsfluss möglichst zu harmonisieren. Auch hier sind die vor- und nachgelagerten Prozesse in der Supply Chain besonders gefragt, passende Lösungen zu entwickeln. E-T-A bedient als Kundenauftragsfertiger Märkte mit Aufträgen in der Losgröße eins bis hin zu 100 000.
Notwendige Basis für schlanke Prozesse ist die optimale Abstimmung der IT-Werkzeuge. Ein wichtiger Schritt ist die Transparenz der Beschaffungsmärkte. Sämtliche Beschaffungsteile im Produktionseinkauf wurden dafür detaillierten Materialgruppen zugeordnet. Auf dieser Basis erfolgt eine Einteilung in das Portfolio der klassischen Normstrategien nach Kraljic in vier Sektoren.
Eine tiefe Integration und schnelle Zugriffsmöglichkeiten im SRM-System sorgen für die notwendige Präsenz und unterstützen auf den berühmten „Knopfdruck“ im Alltag bei den strategischen Fragestellungen:
  • Wie soll sich die gesamte Materialgruppe, z. B. Kontakte aus dem Bereich Metall, in den nächsten Jahren entwickeln?
  • Wie sieht das zugehörige Portfolio aus?
  • Wo ist welche Lieferantenentwicklung geplant?
Die Produktion bei E-T-A zeichnet sich durch eine sehr hohe Fertigungstiefe aus. Der Fremdbezugsanteil steigt zwar stetig, ist jedoch immer noch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. Beim Einkauf stehen also nicht alleine die Kosten im Vordergrund. Somit stellen die langfristige Entwicklung von Lieferanten, eine enge und dauerhafte Zusammenarbeit und die Versorgungssicherheit häufig die wichtigsten Kriterien dar. Für das Lieferantenmanagement folgen die eingeführten Werkzeuge und Inhalte dem „Lebenszyklus“ einer Lieferantenbeziehung. Dieser beginnt mit der Lieferantenauswahl und -freigabe. Im Anschluss folgt eine kontinuierliche Lieferantenbewertung mit Schwerpunkt auf der Leistungsbewertung. Über eine konsequente Bündelung der Bedarfe in den vergangenen Jahren sind diese Bewertungen für die „wichtigsten“ Lieferanten bei E-T-A mit überschaubarem Aufwand erstellbar. Rund 80 Prozent des Einkaufsvolumens im Produktionsmaterialbereich werden mit knapp 50 Lieferanten abgedeckt.
Anhand der Ergebnisse aus der Lieferantenbewertung erfolgen über einen abteilungsübergreifenden Workshop die Entscheidungen über gezielte Lieferantenentwicklungsmaßnahmen. Für die Ausrichtung auf LEAN hat insbesondere die Fähigkeit der Lieferanten, bei den Kanban-Prozessen mitzuhalten, sehr erhebliches Gewicht bekommen. Ebenso sind Termintreue und Lieferqualität unabdingbar.
Für die Disposition gilt es, den Fokus weg von den Routinefällen hin zur gezielten Bearbeitung von Ausnahmefällen zu lenken. Notwendige Basis zur Umsetzung ist auch hier der Einsatz vollständig in SAP integrierter Tools in Verbindung mit selbststeuernden Regelkreisen. Diese helfen, die steigende Komplexität und Volatilität ohne Personalaufbau zu bewältigen.
E-T-A setzt hier auf die einzelnen Module des Dispositions-Cockpits der G.I.B. GmbH, Siegen, die zum Teil auch in direkter Zusammenarbeit mit E-T-A entwickelt wurden. Hauptbestandteile sind DC Operations, mit dem der Disponent das Tagesgeschäft im Griff hat. Hier bekommt er klar und strukturiert den anstehenden Arbeitsvorrat mit entsprechenden Ausnahmezuständen angezeigt.
Mit dem Modul DC Controlling werden die Materialien laufend einer klassischen ABC-XYZ-Analyse unterzogen. Summarisch oder zu jeder einzelnen Teilegruppe kann der Disponent seine Kennzahlen dazu in Echtzeit ermitteln, diese in eine Reichweitenmatrix überführen und somit seinen Bestand optimal steuern. Trotz einer deutlich steigenden Anzahl von Artikeln ist der Lagerbestand deutlich gesunken.
Um die optimale Versorgungsstrategie für jedes einzelne Teil festzulegen, wurde im Modul DC-Kanban ein Prozessfilter aufgebaut. Über die Beantwortung einer Reihe standardisierter Fragen führt das System zu einer optimalen Strategie. Die Artikel leben und ändern dadurch auch ihr Verbrauchsverhalten. Um diesem Wandel Rechnung zu tragen, wird über einen Monitor der Zustand der Regelkreise laufend überwacht und den Verantwortlichen mittels Ampelsteuerung transparent dargestellt. Zur Identifizierung der in Frage kommenden Kanban-Teile wird der gesamte Materialstamm über eine doppelte XYZ-Analyse nach Menge und Zugriffshäufigkeit analysiert und klassifiziert. Die Regelkreise können somit an die aktuellen Anforderungen zeitnah angepasst und wirtschaftlich dimensioniert werden.
Im Lagerbereich wurde analog ein hoch spezialisiertes Lager- und Versandsystem in SAP realisiert und eingeführt. Laufende Verbesserungen haben eine Leistungssteigerung in der ganzen Kette vom Wareneingang über die Wareneingangskontrolle, die Einlagerung und Kommissionierung bis hin zum Versand ermöglicht. Jede Lagereinheit wird auf ihrem weiteren Weg nur von einem Identlabel begleitet, das die Nummer der Lagereinheit als Barcode trägt. Die früher notwendigen manuellen Prozesse zur Erstellung der Materialanforderung sowie für die Verfügbarkeitsprüfung und die Kommissionierlisten sind komplett abgeschafft.
LEAN sind auch die Wege im Lager angelegt. Der Kommissionierer wird wegeoptimiert durch seinen Bereich geleitet. Er muss jeden Gang nur einmal pro Kommissionierwelle aufsuchen. Auch Gang- und Richtungswechsel sind über die Algorithmen zur Wegeoptimierung in SAP hinterlegt. Die Erstellung der Frachtpapiere, der notwendigen Zeugnisse zu den Produkten, die Überwachung der Ausfuhrnachweise und die Atlas-Zollanmeldung sind ebenfalls in unserem SAP System integriert. Die Versandmitarbeiter haben die kompletten Prozesse fest im elektronischen Griff. Auch hier sind Ausdrucke in Papierform auf das rechtlich nötige Minimum reduziert worden.
E-T-A nutzt die Stati als AEO-F und Bekannter Versender sehr intensiv. Nicht nur die Zollbehörden, auch viele Kunden legen immer mehr Wert auf die entsprechenden Nachweise. Die Gewährleistung der sicheren Lieferkette entwickelt sich damit zu einem immer stärkeren wirtschaftlichen Vorteil.
LEAN und die tiefe IT-Integration sind zusammenfassend gesehen mehr Philosophie denn Projekt. Neben der Anwendung von Methoden geht mit dieser Philosophie auch eine Kulturänderung einher. Jedes Unternehmen muss den eigenen Weg zur LEAN-Umsetzung finden, geeignete Konzepte auswählen, anpassen und mit dem optimalen Fit zur Organisation den Weg zum Erfolg finden. Damit die Unternehmen auch für die zukünftigen Anforderungen gut gerüstet und abgesichert sind.
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