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Nichteisenmetalle – Kupfer und Nickel

Serie: Technik für Einkäufer
Nichteisenmetalle – Kupfer und Nickel

Nichteisenmetalle finden in vielen Bereichen der Technik und des Alltags Anwendung: als Konstruktionswerkstoff für Flugzeuge und den Leichtbau, als elektrische Leiter, zur Stromspeicherung, für Behälter jeder Größe im Zusammenhang mit Lebens- und Genussmitteln und als Schmuck- und Münzwerkstoff, um nur einige Beispiele zu nennen.

Prof. Dr. Wolfgang Magin

Als Nichteisenmetalle werden alle unlegierten Metalle mit Ausnahme des Eisens sowie alle Legierungen bezeichnet, in denen ein beliebiges Metall außer Eisen den größten Massenanteil hat. Die Unterscheidung in Eisenmetalle und Nichteisenmetalle ist völlig willkürlich und kann weder mit den chemischen noch mit den physikalischen Eigenschaften der Metalle begründet werden. Sie beruht allein auf der technisch-wirtschaftlichen Bedeutung der verschiedenen Metalle. In der Tabelle sind einige charakteristische physikalische und mechanische Eigenschaften der wichtigsten Nichteisenmetalle zusammengefasst.
Ein weiteres Unterscheidungskriterium der Metalle ist ihre Dichte bzw. ihr spezifisches Gewicht. Die Grenze wurde – ebenfalls willkürlich – bei einer Dichte von r = 4,5 kg/dm³ gesetzt. Metalle mit geringerer Dichte (r # 4,5 kg/dm³) werden als Leichtmetalle und Metalle mit höherer Dichte (r > 4,5 kg/dm³) als Schwermetalle bezeichnet. Nach dieser Festlegung wird Titan gerade noch zu den Leichtmetallen gezählt. Stähle und Gusseisen gehören zur Gruppe der Schwermetalle.
Nachfolgend werden als Vertreter der Schwermetalle Kupfer und Nickel besprochen.
Kupfer
Kupfer ist das erste Metall, das von den Menschen systematisch genutzt wurde. Durch Funde ist nachgewiesen, dass bereits vor 9000 Jahren Gerätschaften aus Kupfer hergestellt und eingesetzt wurden.
Die meist schwefelhaltigen Kupfererze werden zunächst geröstet und anschließend in Schachtöfen zu Kupferstein umgeschmolzen, aus dem mit verschiedenen Verfahren das Rohkupfer mit einem Kupfergehalt von 96 bis 98 Prozent gewonnen wird. Ein großer Teil der Verunreinigungen kann anschließend durch Schmelzraffination beseitigt werden. Ergebnis ist das „Hüttenkupfer“. Kupfer höchster Reinheit erhält man durch Elektrolyse des Rohkupfers: Das Rohkupfer oder auch das Hüttenkupfer wird in einem galvanischen Prozess elektrochemisch aufgelöst und auf eine Reinkupferelektrode wieder abgeschieden. Die Bedingungen in der Elektrolysezelle sind so eingestellt, dass sich nur Kupfer abscheidet und sich alle Verunreinigungen im „Anodenschlamm“ sammeln. Mit diesem Verfahren ist Kupfer mit einer Reinheit von 99,99 Prozent herstellbar („Vier-Neuner-Kupfer“).
Kupfer ist wie alle anderen Metalle beliebig wieder verwertbar. Durch den Schmelzprozess oder bei der Elektrolyse wird das Kristallgitter vollständig aufgelöst, so dass jede „Erinnerung“ an frühere Zustände verloren geht.
Reinkupfer nimmt im schmelzflüssigen Zustand sehr leicht Gase auf und neigt dadurch beim Erstarren zur Bildung von Poren. Reinkupferguss wird daher nur dann hergestellt, wenn komplexe Formen gefordert sind, die mit anderen Verfahren nicht wirtschaftlich gefertigt werden können und hohe elektrische Leitfähigkeit stärker gefordert wird als mechanische Belastbarkeit. Reinkupfer ist gut kalt- und warmumformbar, wobei allerdings Umformtemperaturen zwischen 350 und 650 °C wegen möglicher Ausscheidungsvorgänge und damit einhergehender Versprödung vermieden werden sollten. Reinkupfer ist wegen seiner hohen Zähigkeit sehr schlecht zu zerspanen. Es bildet sehr lange Fließspäne und „schmiert“, so dass keine hohen Oberflächengüten erreichbar sind.
Reinkupfer hat nach Silber die höchste elektrische Leitfähigkeit. Seine wichtigste Anwendung ist daher die als Leiterwerkstoff in der Elektrotechnik und Elektronik. Wegen seiner guten Wärmeleitfähigkeit und seiner Korrosionsbeständigkeit in neutralen und alkalischen wässrigen Medien wird es auch in Wärmetauschern, Heizungs- und Wasserinstallationen eingesetzt.
Wesentlich größere Bedeutung haben die Kupferlegierungen. Bei Legierungsgehalten deutlich unter fünf Prozent spricht man von legiertem Kupfer, bei höheren Legierungsgehalten von Kupferlegierungen.
Legiertes Kupfer: Geringe Zusätze von Silber oder Arsen erhöhen die Festigkeit, die elektrische Leitfähigkeit wird jedoch schlechter. Die ausscheidungshärtenden Legierungen mit den Legierungselementen Chrom, Zirkon, Kadmium, Eisen oder Phosphor besitzen ein optimales Verhältnis von Festigkeit und elektrischer Leitfähigkeit. Diese Legierungen sind gut warm- und kaltumformbar sowie zerspanbar. Durch Ziehen oder Walzen bei Raumtemperatur können die Festigkeitswerte durch Kaltverfestigung noch erheblich gesteigert werden. Legierte Kupfersorten werden z.B. eingesetzt als Leiterseile in Freileitungen, als Fahrdrähte für den elektrischen Bahnbetrieb, als Kommutatorlamellen in Elektromotoren und als Punktschweißelektroden.
Kupferlegierungen: Wichtigste Vertreter sind die Messinge und Bronzen.
Messinge
sind Kupfer-Zink-Legierungen mit Zinkgehalten bis 45 Prozent. Bis 37 Prozent Zinkgehalt ist das Zink im Kristallgitter des Kupfers gelöst, so dass eine homogene Legierung (a-Messing) vorliegt. Mit ansteigendem Zinkgehalt nehmen die Streckgrenze und Zugfestigkeit zu. Diese Legierungen sind sehr gut kalt- und warmumformbar durch Tiefziehen, Walzen, Drücken, Stauchen, Prägen u. a. Typische Teile sind Hülsen für Lippenstifte und Kugelschreiber. Sie sind dagegen wegen der Fließspanbildung schlecht zerspanbar. Bei Zinkgehalten größer als 37 Prozent bildet sich im Gefüge zusätzlich die „b-Phase“, die aus der sehr spröden intermetallischen Phase CuZn besteht. Das (a+b-)Messing zeigt mit zunehmendem Anteil an b-Phase zunehmende Härte und abnehmende Zähigkeit und bildet dadurch bei der spanenden Bearbeitung kürzere Späne, ist also besser zerspanbar. Diese Legierungen sind weit verbreitet in der Feinmechanik und Uhrenindustrie z. B. als Zahnräder für kleine Getriebe und als Massendrehteile wie Uhrengehäuse, Kugelschreiberspitzen.
Neusilber
sind Kupfer-Nickel-Zink-Legierungen, bei denen ein Teil des Kupfers durch Nickel ersetzt wird. Ihren Namen haben sie aufgrund der silberweißen Farbe erhalten. Die Nickelgehalte liegen bei 10 bis 25 Prozent. Die Festigkeitswerte sind vergleichbar denen der Messinge. Sie sind ebenfalls gut kaltumformbar. Einsatzbereiche sind Tafelgeräte und Bestecke, Reißzeuge, Uhrengehäuse und kunstgewerbliche Gegenstände. Auch in der Feinmechanik sind sie z. B. als Federn zu finden.
Bronze
Die klassischen Bronzen sind Kupfer-Zinn-Legierungen. Die Knetlegierungen für die plastische Umformung haben Zinngehalte bis neun Prozent, die Gussbronzen bis 20 Prozent. Kennzeichen der Knetlegierungen sind ihre hohen Zugfestigkeitswerte bis 600 MPa bei trotzdem guter Umformbarkeit. Sie sind auch sehr korrosionsbeständig und besitzen in der Kombination mit Stählen sehr gute Gleiteigenschaften. Anwendungsbereiche sind beispielsweise Rohre, Hülsen, Federn, Membrane und Federrohre in Druckmessgeräten, Gleitlager und Teile für die chemische Industrie.
Große Bedeutung haben inzwischen auch die Kupfer-Aluminium-Bronzen. Sie können noch weitere Legierungselemente wie Eisen, Nickel und Mangan enthalten. Die Zugfestigkeitswerte erreichen bis zu 750 MPa. Die Cu-Al-Bronzen zeichnen sich durch eine besonders hohe Korrosionsbeständigkeit gegen Seewasser, Salzlösungen und Schwefelsäure aus und ersetzen daher oft Stähle bei besonders korrosionsbeanspruchten Bauteilen. Eine Besonderheit stellt die Legierung Cu89Al5Zn5Sn1 („Nordisch Gold“) dar, die für die Eurocentmünzen und Ring bzw. Pille bei den Ein- und Zwei-Eurostücken eingesetzt wird. Zu den Bronzen zählen auch die Kupferlegierungen mit Silber, Beryllium, Mangan oder Silizium.
Kupfer-Nickel-Legierungen
Zu erwähnen sind noch die Kupfer-Nickel-Legierungen. Diese beiden Metalle bilden in jedem Mengenverhältnis Mischkristalle, es entsteht also immer eine homogene Legierung. Durch den Nickelzusatz wird die elektrische Leitfähigkeit stark herabgesetzt. Legierungen mit bis zu 30 Prozent Nickel werden daher als Werkstoffe für elektrische Widerstände und als Heizdrähte in elektrischen Heizgeräten eingesetzt. Die Legierung mit 44 Prozent Nickel zeichnet sich aus durch den höchsten elektrischen Widerstand und durch eine minimale Temperaturausdehnung. Außerdem besitzt sie eine hohe thermoelektrische Kraft und wird daher zusammen mit Kupfer oder Eisen für Thermoelemente verwendet. Die Legierung mit 25 Prozent Nickel ist ein weiteres Münzmetall (heller Ring des Zwei-Eurostücks und helle Pille des Ein-Eurostücks).
Das Bezeichnungssystem für Kupfer und seine Legierungen ist in der ISO 1190 festgelegt. Der Aufbau ist sehr einfach und ermöglicht eine eindeutige Identifizierung der Werkstoffe. Die Werkstoffkurznamen enthalten das chemische Kurzzeichen für Kupfer, Cu, dem in abwechselnder Reihenfolge die chemischen Symbole der Legierungselemente und die auf ganze Zahlen gerundeten Massengehalte folgen. Die Werkstoffkurznamen können ergänzt werden durch Zustandsbezeichnungen nach DIN EN 1173.
Nickel
In der Natur kommt Nickel hauptsächlich an Schwefel, Arsen und Antimon gebunden vor, z. B. als Gelbnickelkies (NiS), Rotnickelkies (NiAs) und Breithauptit (NiSb). In den Erzen sind meist auch Eisen, Kupfer und Kobalt enthalten. Zur Gewinnung des Metalls führt man das Nickel zunächst in das Sulfid über, erzeugt aus diesem durch Rösten das Nickeloxid NiO und reduziert dieses mit Kohle. Die Trennung des Nickels von diesen Begleitstoffen sowie die Überführung in den metallischen Zustand ist sehr aufwändig und einer der ausschlaggebenden Gründe für den hohen Nickelpreis.
Reinnickel ist ein silberweißes, glänzendes und gut polierbares Metall. Es ist sehr gut warm- und kaltumformbar, wobei es jedoch stark kaltverfestigt, d. h. mit zunehmender Umformung werden Streckgrenze und Zugfestigkeit größer. Wegen der hohen Zähigkeit ist es schwierig spanend zu bearbeiten.
Die wichtigste Eigenschaft des Reinnickels ist seine hohe Korrosionsbeständigkeit. Es wird durch Luft und Wasser nicht angegriffen. Auch in verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure wird es nur langsam aufgelöst. Leicht löslich ist es dagegen in Salpetersäure. Reinnickel wird in der chemischen Industrie und in Laboratorien für Greifzangen, Tiegel und Reaktionsgefäße eingesetzt. Sehr häufig werden auch Stähle mit Nickel plattiert, um die hohe Korrosionsbeständigkeit des Reinnickels mit der Festigkeit des Stahls zu kombinieren. Noch häufiger wird Nickel als Korrosionsschutz galvanisch auf anderen metallischen Trägerwerkstoffen abgeschieden. Die anschließend ebenfalls galvanisch aufgebrachten dekorativen Chromüberzüge bieten nämlich keinen wirksamen Korrosionsschutz, weil sie von einem sehr feinen Rissnetzwerk durchzogen sind. Aufgrund seiner elektrochemischen Eigenschaften wird Nickel zusammen mit Cadmium oder anderen Metallen als Katode in Batterien und Akkumulatoren verwendet.
  • Nickellegierungen: Wesentliche Eigenschaft ist auch hier die hohe Korrosionsbeständigkeit.
  • Nickel-Kupfer-Legierungen mit Kupfergehalten um 30 Prozent bilden auf der Oberfläche durch chemische Reaktion meist mit dem Sauerstoff der Luft Passivschichten, das sind nur wenige Atomlagen dicke, aber extrem dichte Schichten, die das Korrosionsmedium wirksam vom Werkstoff trennen. Sie sind dadurch beständig z. B. in Reinstwasser (Primärkreisläufe in Kernkraftwerken), in Meerwasser und in nicht oxidierenden Säuren. In oxidierenden Säuren wie Salpetersäure oder in ammoniakhaltigen Lösungen werden sie dagegen angegriffen.
  • Nickel ist Grundmetall für höchstwarmfeste und hitzebeständige Legierungen. Legierungselemente sind Chrom, Aluminium, Eisen und je nach Einsatzbereich bis zu zwanzig weitere Legierungselemente. Eingesetzt werden diese „Superlegierungen“ z. B. für Turbinenschaufeln von Gasturbinen: Bei Gastemperaturen bis 1300 °C und Drehzahlen bis 30 000 Umdrehungen pro Minute wirken in den Schaufeln hohe statische Zugspannungen durch Fliehkräfte, hochfrequente Biegespannungen durch die Gasströmung und chemische Korrosion durch extrem aggressive Brenngase. Die Turbinenschaufeln werden nahezu ausschließlich im Feingussverfahren hergestellt, da nur damit die komplizierten Außen- und Innenkonturen (Kanäle für Kühlluft) realisierbar sind.
  • Magnetwerkstoffe: Nickel ist bis 360 °C ferromagnetisch. Gemeinsam mit Eisen wird es daher zur Herstellung von Magnetlegierungen eingesetzt.
  • Formgedächtnislegierungen: Als Formgedächtniseffekt wird die Eigenschaft eines Werkstoffes bezeichnet, nach einer Formänderung infolge äußerer Krafteinwirkung durch Erwärmen wieder nahezu vollständig in seine ursprüngliche Gestalt zurückzukehren. Dieser Effekt tritt besonders ausgeprägt bei Nickel-Titan-, Nickel-Titan-Eisen- und Nickel-Titan-Kupfer-Legierungen auf. Anwendungen finden diese Werkstoffe in Stellelementen in der Hydraulik und Pneumatik, in der Solartechnik und als thermische Schutzschalter in Brandmeldern oder elektrischen Sicherungen.
Nickel als Legierungselement: Etwa Zwei Drittel der jährlichen Nickelproduktion geht als Legierungselement in die Stahlherstellung. Nickel ist unverzichtbar für die vollaustenitischen rostfreien Stähle, die mit Nickelgehalten größer als acht Prozent legiert sind. Bei den Vergütungsstählen wird Nickel zugegeben, um bei der Wärmebehandlung auch bei größeren Bauteilen eine gleichmäßige Härteverteilung über den Querschnitt zu erreichen.

Der Autor

Prof. Dr. Wolfgang Magin ist Professor für Werkstoffkunde und Werkstoffprüfung sowie Prodekan im Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften der Fachhochschule Frankfurt am Main, University of Applied Sciences

Serie

Bisher erschienen:
  • Teil I: Einteilung und Eigenschaften der Werkstoffe (Ausgabe 12/2005)
  • Teil II: Experimentelle Beschreibung der Werkstoffeigenschaften (1/2006)
  • Teil III: Eisenbasiswerkstoffe – Stähle: Herstellung und Wärmebehandlung (2/2006)
  • Teil IV: Eisenbasiswerkstoffe – Stähle und Gusseisen: Eigenschaften, Anwendungsbereiche, Bezeichnungssysteme (3/2006)
  • Teil V: Nichteisenmetall – Kupfer und Nickel (4/2006)
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