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Einkaufsstrategien aktiv steuern

Wegweiser 4.0, Teil IV
Einkaufsstrategien aktiv steuern

Einkaufsstrategien aktiv steuern
Dr.-Ing. Silvius Grobosch, Grobosch Management, stellvertretender Vorstandsvorsitzender BME e.V.
Strategie und Digitalisierung – wie geht das zusammen? Automatisierte Einkaufssysteme bedienen heute nahezu alle Prozesse, von der Bedarfserfassung bis hin zur Bezahlung. Dashboards visualisieren spezifische KPIs und liefern umfangreiche Reportings. Aber wie lassen sich die strategischen Ziele innerhalb einer heterogenen Lösungslandschaft nicht nur abbilden, sondern auch operationalisieren und steuern? Das Chassis für Funktionalitäten in Sachen Echtzeitsteuerung, Simulationen und Relevanz- sowie Präferenzsteuerung ist bereits entwickelt. CPOs sind nun gefordert, Handlungsspielräume für proaktive Steuerung und Einflussnahme auf zu forcierende Einkaufsziele weiterzudenken.

Einkäufer und Dienstleister stehen vor der Herausforderung, die entscheidenden zukünftigen Ausprägungen eines strategischen Cockpits zu definieren, das bis auf die Ebene einzelner Maßnahmen und KPIs hinunter reicht. Das geht nur, wenn beide Seiten hinreichendes Verständnis für die Bedürfnisse, Ziele und Möglichkeiten bzw. Fähigkeiten des Gegenübers entwickeln. Dabei stellen sich folgende Eingangsfragen: Welche Ziele und Maßnahmen stehen auf der CPO-Agenda? Wie lassen sich die Auswirkungen elementar wichtiger Maßnahmen durch digitalen Support simulieren und steuerbar machen? Wie kann Technologie dem CPO helfen, sein strategisches Know-how und seine Roadmap „auf die Straße“ zu bringen? Der Technologie- und Innovationspartner liefert im Idealfall eine robuste Limousine, die den CPO auch in hektischen Zeiten zielsicher durch jede Serpentine gleiten lässt, mit einem Bordcomputer für alle Einstellungen in Sachen Motor, Fahrwerk, Abstandsregler, Tempomat und Visualisierung sämtlicher Parameter.

Rolle des CPO
Auf dem CPO lastet immenser Druck: Er hat analog der Unternehmensstrategie rasch umzusetzende KPI-Beiträge zu liefern. Direktes Reporting in die oberste Konzernebene und Druck aus den nachrückenden Hierarchien erfordern Überblick, Analysefähigkeit, Handlungsschnelligkeit und Durchsetzungsvermögen. In der Praxis führt dann aber mangelnde Abstimmung „nach unten und zur Seite“ zu verspäteten Reaktionen, zu Miss- und Unverständnis innerhalb der Mannschaft. Vielfach fehlt eine Kommunikationsstrategie. Bislang sind Einkaufsstrategie und operative Einkaufsaktivitäten meist entkoppelt. Ziele – kaum transparent und schwer steuerbar über alle Prozesse, Konzernstrukturen und Abteilungsgrenzen hinweg – sind nicht end-to-end in Prozesse und Lösungslandschaften integriert. Einfache, deskriptive Dashboards gelten vermeintlich schon als „Königslösung“. Umfassende belastbare Steuerungsmöglichkeiten fehlen bislang. „Je dezentraler der Einkauf aufgestellt ist, desto schwieriger sind konkurrierende Ziele auf einen Nenner zu bringen“, sagt Dr. Silvius Grobosch, Grobosch Management, und stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME e.V.). Der ehemalige CPO bei ThyssenKrupp verweist auch darauf, dass Informationen, etwa zum Maverick Buying, vom Controlling erst dann gemeldet werden, wenn die Kaufentscheidung längst getätigt wurde. „Die Vergangenheit abzubilden, ist nicht ausreichend. Die Organisation braucht Tools, die bereits im Vorfeld klare Entscheidungsvorlagen liefern“, so Grobosch. Derzeit sind die Einkaufsteams damit beschäftigt, ihr Tagwerk mit Hilfe unterschiedlicher Tools diverser Lösungsanbieter zu verrichten – mit Schnittstellenproblemen, Reibungsverlusten und vielen Kompromissen. „Eine Metaplattform für strategische, taktische und administrative Tätigkeiten würde Mannschaft und CPO signifikant größeren Handlungsspielraum ermöglichen und zudem den Wertbeitrag des Einkaufs für das Unternehmen durch effizientere, effektivere Prozesse weiter erhöhen“, sagt Grobosch.
Rolle des Technologiepartners
„Die digitale Simulation der Auswirkungen strategischer Neuausrichtungen und Maßnahmen auf aktuelle KPIs ist für den ,CPO 4.0‘ erfolgsentscheidend; wer an dieser Stelle schläft, wird von agilen Unternehmen überholt“, mahnt Georg Wall, CEO der Wallmedien AG. Die gute Nachricht: Bereits heute existieren Lösungen zur Integration verschiedener einkaufsnaher Anwendungen, die Operationalisierung und Steuerung von Einkaufsstrategien sowie die Entscheidungsunterstützung durch Präferenz- und Relevanzsteuerung. Neue Lösungen gilt es nun durch intensiven Gedankenaustausch der Experten auf beiden Seiten voranzutreiben. Aufgabe des Technologiepartners ist hierbei vor allem, die Ziele des CPOs zu verstehen, um entsprechende Features hinreichend abbilden zu können.
„Erst müssen die inhaltlichen Anforderungen bekannt sein, dann die technische Lösung – und nicht umgekehrt“, betont Berater Grobosch. Der CPO muss also nach eingehender Analyse auch folgende Fragen beantworten:
  • Sollen sich Systeme strategiekonform verhalten?
  • Sollen Systeme strategiekonformes User-Verhalten forcieren?
  • Wie muss ein strategiegelenkter Einkäufer bei Strategieänderungen agieren?
  • Wie kann ich dafür sorgen, dass der operative Einkauf sich strategiekonform verhält?
„Die Vernetzung von Systemen und die Abbildung von Strategien ist heute bereits möglich, beispielsweise wenn eine Maschine mit Features für Verkaufsstrategie mit einer anderen für Einkaufsstrategie verhandelt – Stichwort Zone of possible Agreement“, sagt Wall. Es gehe nicht darum, den Einkäufer zum Opfer gut programmierter Vertriebsmaschinen werden zu lassen, sondern strategiekonformes Verhalten innerhalb von Systemen zu unterstützten und so den Performance-Grad des Einkaufs auf allen Ebenen deutlich zu erhöhen. Voraussetzung sei, dass die Technologiepartner zunächst vom Einkauf wesentliche Aussagen zu Sortimenten, Lieferanten, Warengruppen sowie Zielen und Strategien erhielten.
Beziehungsmanagement, smarte Produkte, Entscheidungssupport
Was wird zukünftig noch von Menschen gemacht und was wird in Echtzeit automatisch ablaufen? Das Szenario: KPIs wie „More Spend under Competition“ und „More Spend under Control“ lassen sich ohne Zeitverlust steuern und verfolgen. Die Bündelung von Sortimenten aus eigenen und externen Quellen sowie Content-Optimierung und Veredelung aus Katalogen und Marktplätzen führt in Echtzeit zum „Perfect Match“. Die persönliche Preisverhandlung wird überflüssig, weil sich der Markt dynamischer und transparenter entwickelt. Standard-Lieferantenrahmenverträge sind dann in einem agilen, transparenten web-basierten Wettbewerb Auslaufmodelle. Einkäufer werden zu Beziehungsmanagern, die smarte Produkte ohne jegliche Medienbrüche einkaufen und mit Partnern über eine einzige Plattform digital kollaborieren. Benutzer werden in Bezug auf strategiekonformes Verhalten über eine individuelle, persönliche Arbeitsoberfläche informiert, geführt und kontrolliert. Features wie Relevanz- und Präferenzsteuerung helfen bei der Umsetzung einkaufsstrategischer Entscheidungen. Der Einkäufer der Zukunft kann Sortimentsanpassungen einfacher, schneller und wirksamer umsetzen. Das bedeutet in der Praxis, in Bezug auf das Ziel, Ergebnissteigerung +X Prozent: Wird beispielsweise die Relevanz zu teurer Geräte eines bestimmten Herstellers zurückgestuft, sinkt die Position in den Suchergebnissen; Wettbewerber mit besseren Alternativangeboten rücken nach oben. Grobosch nennt als ideales Set-up die technische Unterstützung für Entscheidungsfreiheit der Bedarfsträger bzw. der operativen Einkäufer mit Raum für sachliche Abwägungen (etwa: längeres Zahlungsziel oder höheres Skonto) – „und zwar ohne dass der Wettbewerb der Lieferanten/Dienstleister behindert wird“. Eine Business-Integration-Plattform kann dem Einkauf dabei helfen, seine Strategie umzusetzen, bestmöglich einzukaufen und gleichzeitig den Lieferanten dabei zu unterstützen, maximal zu verkaufen. „Ein ehrgeiziges Projekt, das viele Probleme lösen könnte“, meint auch der ehemalige DAX-CPO Grobosch. su

Wegweiser 4.0

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