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Erfolgsrelevante Risiken identifizieren

Integrierte Beschaffungs-Risiko-Analyse
Erfolgsrelevante Risiken identifizieren

Erfolgsrelevante Risiken identifizieren
Buchtipp:: In dem vorliegenden Bucht wird auf die Definition der Datenbasis eingegangen. Ein Kapitel beschäftigt sich mit der Gegenüberstellung und Interpretation einer ABC- und einer IBR-Analyse. Die Daten stammen von einem renommierten deutschen Unternehmen. ISBN: Softcover: 978–3–944072–90–6 Hardcover 978–3–944072–91–3Das Buch erscheint Ende Mai/Anfang Juni 2017
Umsatz und Gewinn stehen für den Erfolg eines Unternehmens. Trotzdem werden Beschaffungsrisiken häufig per ABC-Analyse nur anhand ihres Einkaufsvolumens bewertet. Die IBR-Analyse stellt eine einfach anzuwendende Alternative zur Risikoidentifikation dar. Besonders mittelständische Produktionsunternehmen können davon profitieren.

Im Einkauf ist die ABC-Analyse die meistgenutzte Methode zur Risikoidentifikation. Der Ablauf besteht aus dem Erfassen, Sortieren und Auswerten von Daten. Der Preis wird mit der bezogenen Menge multipliziert, um dann den anhand des Pareto-Prinzips ermittelten A-Artikeln viel, und den C-Artikeln wenig Aufmerksamkeit zu widmen. Dass diese rein quantitative Betrachtung des Einkaufsvolumens zu kurz greift, zeigte sich erneut letzten Sommer. VW konnte nicht produzieren, weil ein Single Source Lieferant von C-Teilen nicht lieferte. Kein Einzelfall; strategische Risiken werden trotz hohem Risikobewusstseins im Management immer noch nicht effektiv genug angegangen.

Die ABC-Analyse wird Unternehmen mit geringem Know-how und personeller Ausstattung zum Einstieg in das Risikomanagement empfohlen. Kritiker bemängeln zwar ihre eindimensionale Sichtweise ohne den Einfluss auf andere Produkte zu berücksichtigen. Substitutionsmöglichkeiten würden ebenso wenig betrachtet wie ihre Relevant für den Umsatz, Ertrag, oder das Image eines Unternehmens. Trotzdem wird sie von drei Viertel aller Industrieunternehmen eingesetzt. Die Gründe dafür sind wohl neben der leichten Anwendbarkeit ihre hohe Bekanntheit.
Geringe Vorbereitung notwendig
Alternativ werden Portfolioanalysen für die Risikoidentifikation vorgeschlagen. Dabei wird oft das Versorgungsrisiko als externe qualitative Dimension, und das Einkaufsvolumen als interne quantitative Dimension verknüpft, mit dem Ziel, aus Normstrategien Handlungsempfehlungen abzuleiten. Die qualitative Einschätzung der externen Dimension „Versorgungsrisiko“ (Mitbewerber, Kunden, Lieferanten, Umwelt) ist aufwändig. Bei der Integrierten Beschaffungs-Risiko-Analyse (IBR-Analyse) entfällt dieser Arbeitsschritt, was Unternehmen mit geringer Personaldecke und Expertise zugutekommt.
Ziel der IBR-Analyse ist es, mit geringem Aufwand Zukaufartikel zu identifizieren, die den Erfolg eines Unternehmens stark beeinflussen. Bei der ABC-Analyse wird die Menge der Artikel mit deren Einkaufspreis multipliziert. Die IBR-Analyse geht darüber hinaus: Nicht das Einkaufsvolumen zugekaufter Artikel ist ausschlaggebend für deren Bedeutung, sondern ihre Relevanz für die Produkte, die ein Unternehmen damit produziert. Dazu werden die Stücklisten der Verkaufsartikel aufgelöst. So zeigt die IBR-Analyse auch für Zukaufartikel mit geringem Einkaufsvolumen, welche Auswirkung ihr Fehlen auf den Unternehmenserfolg haben würde. Sehr flexibel können entweder alle eigenen Produkte, Key-Produkte, oder einzelne Warengruppen für zurückliegende oder zukünftige Zeiträume betrachtet werden.
Zur Definition der Datenbasis finden sich kaum Hilfestellungen. Jedes Unternehmen muss also selbst bestimmen welchen Preis, Menge und Zeitraum es analysiert. Was so einfach klingt, kann in der Praxis aber zu deutlich abweichenden Ergebnissen führen.
Die IBR-Analyse läuft in drei Stufen ab. Zu Beginn wird festgelegt, wer beteiligt ist und nach welchen Regeln der Prozess abläuft. Wie bei der Wertanalyse basiert der Erfolg der IBR-Analyse auf einer guten abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit. Neben der Beschaffung können etwa das Marketing, PM, Vertrieb, F&E, QS, oder die Produktion eingebunden werden. Dieses Team bestimmt die Datenbasis und definiert welche Kriterien kritisch für den Erfolg des Unternehmens sind. Drittens wertet die Gruppe die Analyseergebnisse aus, legt Maßnahmen fest und überprüft die Resultate. Dieser Vorgang wiederholt sich regelmäßig.
Der Aufwand ist im Vorfeld zwar höher, lohnt sich aber. Besteht doch die Chance, ein gemeinsames Problembewusstsein für die Versorgungssicherheit zu schaffen, und Reibungsverluste zwischen den Abteilungen abzubauen.
Einfache Analyse bestehender Daten
Das Kernstück der IBR-Analyse ist die Auflösung der Stücklisten. So wird für die eigengefertigten Produkte ermittelt, welche Güter dafür zu beschaffen sind. Diesen Zukaufartikeln wird der Ergebnisbeitrag der Verkaufsartikel gegenübergestellt in die sie einfließen. Als Ergebnisbeitrag kann der Umsatz oder der Gewinn definiert werden. Die Analyse kann sehr schnell durchgeführt werden, weil die Daten zum Unternehmenserfolg und den Zukaufartikeln vorhanden sind.
Gemeinsame Auswertung
Nach der Analyse bewertet das Team gemeinsam die Erkenntnisse und leitet Maßnahmen ab. Diese werden von der Beschaffung als Schnittstelle zu den Lieferanten umgesetzt. Nach Ablauf des vom Projektteam festgelegten Zeitrahmens werden die Ergebnisse bewertet, Prämissen und Maßnahmen gegebenenfalls angepasst, der Prozess beginnt von Neuem.
Der Aufwand lohnt sich
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, welch deutlich unterschiedliche Erkenntnisse aus einer IBR- im Gegensatz zur ABC-Analyse gewonnen werden können. Dazu hatte das Unternehmen Single Sourcing als Risiko definiert. Darum war das abweichende Ergebnis der Gegenüberstellung nicht verwunderlich, da das Unternehmen für Güter mit hohen Einkaufsvolumina mehrere Lieferanten hat. Jedoch hatte niemand die beiden bei der IBR-Analyse erstgenannten Artikel auf dem Schirm, obwohl sie zwei Drittel des gesamten Umsatzes beeinträchtigen. Gemäß der ABC-Analyse stellt deren Einkaufsvolumen weniger als ein Prozent dar. Ohne IBR-Analyse wäre ihre bedeutende Auswirkung nicht erkannt worden. So aber konnte das Team dieses Risiko gemeinsam ausschließen. Die IBR-Analyse vereint mehrere Vorteile. Sie identifiziert Artikel, die mit der ABC-Analyse nicht auf dem Radar der Beschaffer erschienen wäre. Die Auswertung bereits vorhandener Daten liefert schnell Ergebnisse, was tendenziell die Akzeptanz erhöht. Risiken werden aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der beteiligten Abteilungen betrachtet. Das kann bei einer Lieferstörung die Zusammenarbeit fördern. Im Idealfall steigt die Wertschätzung für den Ergebnisbeitrag der Beschaffung.
Die IBR-Analyse kann gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen helfen, Beschaffungsrisiken zu ermitteln. Der Aufwand dafür ist in jedem Fall gerechtfertigt.

Stephanie Burghart

Über die Autorin

Stephanie Burghart leitet für Sonax und Hoffmann Mineral den gesamten Einkauf und die Stammdatenpflege. Davor war sie unter anderem bei dem Zubehörspezialisten hama, sowie der Kulmbacher Brauerei und bei Media Markt in leitender Position tätig. Seit fast zwanzig Jahren ist sie verantwortlich für den weltweiten Einkauf einer großen Bandbreite von Produkten.
Ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre (FH) hat sie berufsbegleitend abgeschlossen mit ihrer Diplomarbeit über die Erstellung einer Einkaufsstrategie für Mittelständler beim Import aus China. Aktuell promoviert sie berufsbegleitend zum Thema Risikomanagement.

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Stephanie BurghartChief Procurement Officer,Sonax GmbH, Neuburg a.d. Donau 
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