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Lieferantenbewertung: Scorecardsund Zusammenarbeit in Echtzeit

Supplier Relationship Management
Lieferantenbewertung: Scorecardsund Zusammenarbeit in Echtzeit

Wie „gut“ sind die Leistungen eines Lieferanten wirklich – und wie „gut“ sind Einkäufer, die bewerten und handeln sollen? Transparenz und Objektivität sind maximale Voraussetzung für die stringente Ableitung wirksamer Maßnahmenpakete. Lieferantenbewertung entfaltet sein Potenzial am effektivsten als integrierter Baustein eines professionellen Supplier-Relationship-Management-Systems.

Termintreue, Qualität, Anzahl der Reklamationen, Preisgestaltung gegenüber Wettbewerbern, Service-Level-Status, Umgang mit Sonderwünschen etc.: Es gibt eine Reihe von Kriterien, die einem Lieferanten Profil verleihen. Für den Einkauf gilt es, Leistungsstärken und -schwächen bzw. Probleme zeitnah sichtbar zu machen, Ursachen zu analysieren und umgehend Maßnahmen im Sinne von Corrective Action und/oder Lieferantenentwicklung im Sinne von Preventative Action einzuleiten. Die ISO 9001 gibt das „Soll“ einer Lieferantenbewertung vor, nicht aber den Weg zum Erfolg. Und dieser ist zuweilen steinig.

Zusammenarbeitsaspekte in Echtzeit
Einsparungsziele und Kostenreduzierungen sind zwar weiterhin vorgegeben, stehen aber nicht uneingeschränkt oben auf der Agenda des modernen Einkaufs. Es gilt vielmehr, über Cost Savings hinausgehenden Nutzen aus Lieferantenbeziehungen zu generieren, also Wertbeiträge durch Qualitätsverbesserungen, verkürzte Zyklen und mehr Innovationen. Dazu gehört auch die Neudefinition der eigenen Rolle. Beispiel Qualität: Es reicht nicht aus, vermeintlich konsequente Null-Fehler-Ziele vorzugeben, aber dann Abweichungen nicht zu sanktionieren. Manfred Richter, Interim-Manager Technical Purchasing, verweist auf weitere Mankos: „Wenn Lieferanten bei schlechten Werten automatisch mit Daten aus dem ERP-System angeschrieben werden, führt das schnell zu falschen Maßnahmen und demotivierten Lieferanten.“ Richter rät, vor Absendung des Anschreibens an die Lieferanten zu prüfen, ob aufgezeigtes Bild und geforderte Maßnahmen wirklich plausibel seien. Das spare Zeit für Gespräche mit zu Unrecht schlecht beurteilten Lieferanten. Wenn aber Änderungswünsche bezüglich kurzfristiger Teillieferungen telefonisch abgestimmt werden, aber nicht ins ERP-System einfließen, sei das kontraproduktiv. „Zudem werden flexible und schnelle Lieferanten dafür bestraft, wenn nicht hinterfragt und geprüft wird“, so Richter. Der Einkaufsmanager hält die Kennzahlen zu Qualität und Liefertreue für „die wirklich wichtigen und belastbaren“.
Standardbausteine der Lieferantenbewertung: die Erhebung relevanter Kennzahlen, die Anwendung der richtigen Fragenmethodik, die Identifikation von Problemfeldern und Risiken, die Nutzung von Ausreißerfunktionen mit Ampelsystem, die Definition von Eskalationsstufen sowie das Monitoring von Compliance.
Korrektur von Lieferantenschwächen
Auf dem Papier scheinbar kein Hexenwerk, aber weil Lieferantenbewertung zuallererst eine Frage von Teamarbeit, Prozessmanagement und der geeigneten elektronischen Lösung ist, gestaltet sich die Praxis als schwierig, weil komplex. „Wirksame Strategien lassen sich nur umsetzen, wenn Leistungs- und Zusammenarbeitsaspekte mit Lieferanten entlang der Lieferketten jederzeit transparent und in Echtzeit abgebildet sind“, betont Florian Winterstein von BravoSolution. Modernes Performance Management bedeute aber noch mehr, „nämlich das Einbeziehen von Trends, Risikomanagement und Total Supplier Lifecycle Costs“. Spätestens hier wird deutlich, dass Einkäufer mit Hilfsmitteln wie Excel nicht weit kommen. Fragebögen zu allgemeinen Leistungskriterien werden gemeinhin als Lieferantenbewertung angeboten, aber es lohnt sich, sich mit additiven unterstützenden Funktionen moderner Einkaufssoftware zu beschäftigen: Beispielsweise können spezielle Scorecards zu Vertragsinhalten vertraglich Vereinbartes versus gelieferter Leistung messen; sie beziehen sich damit wesentlich spezifischer auf die eingekaufte und vereinbarte Leistung als dies generelle Lieferantenbewertungen tun.
Dashboards und Ampel
Im Zeitalter zunehmender Predictive Analysis sollten zudem Vorhersagefunktionen und Szenarioanalysen nicht fehlen – nur so wird aus Big Data auch tatsächlicher Nutzen.
Scorecards sollten automatisch vorlagen- und vertragsbasiert sowie warengruppenspezifisch generiert werden. Crossfunktionale Partner (intern/extern) müssen ohne spezifische Systemkenntnisse ihre Sichtweisen abgeben können. Drittsysteme steuern dann Daten bei, die sich in ein entsprechendes Scoring umrechnen lassen und eine 360-Grad-Transparenz abbilden.
Mit einem SRM-System wird Einkäufern die effektive Zusammenarbeit mit Stakeholdern und Lieferanten erleichtert. Gerade aber in diesem technischen und bewusst strukturiertem Umfeld ist der Aspekt von Kommunikation und Erwartungsmanagement wesentlich. Es geht immerhin um Zusammenarbeit. Insofern gilt es, Leistungserwartungen klar zu definieren, zu kontrollieren und das Eigenbild mit dem Fremdbild abzugleichen, um gerade so die kritischen Bereiche von unterschiedlichen Sichtweisen aufzudecken und zu „vergemeinschaften“.
„Die Transparenz über Leistungsschwächen und Risiken steht am Beginn jeder Veränderung. Einkäufern stehen vielfältige Lieferantenentwicklungsmöglichkeiten zur Verfügung – von einfacher Corrective Action über Ursachenerkennung bis hin zu Methodiken wie 8D oder Six Sigma“, sagt Experte Florian Winterstein. Wichtig sei, dass der Lieferant eingebunden werde bzw. bleibe und effiziente Zusammenarbeit durch Aktivitätenpläne (LOP´s), Verantwortlichkeitsmatrixen (RACI) und elektronische Möglichkeiten gemeinsamer Dokumentennutzung, -ablage und Ergebnisdokumentation („Teamrooms“) sichergestellt würden. Workflow-Management erlaube zudem Prozess-Compliance, professionelles Projektmanagement und Meilensteinkontrolle. „Der Regelkreis wird geschlossen, indem die Leistung gemessen und gegen die Maßnahmen im Sinne einer Ergebniskontrolle gespiegelt wird“, so Winterstein.
Gerade bei Informationsprozessen, die voneinem hohen Datenvolumen leben, kommt der einfachen, transparenten und dennochdetailberücksichtigenden Konsolidierung besondere Wichtigkeit zu. Erfolg versprechend sind spezifische Leistungs-Dashboards, effektive Trendauswertungen, Ausreißeridentifikation und aussagefähige Grafiken mit einfachem Ampelstaus – anstelle überkommener Tabellen und Listen. Moderne Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie relevante Informationen aus „Big Data“ herausfiltern und kontext- sowie rollenrelevant anzeigen.

Sabine Ursel, Journalistin, Kommunikationsberatung für Einkauf/Verkauf, www.sabine-ursel.de
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