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Lieferantenbewertung - Preisgestaltung von Lieferanten nachvollziehen

Preisgestaltung von Lohnfertigern nachvollziehen
Fremdleistungen besser einschätzen

Wie sieht eine exakte Kalkulation von Fertigungsleistungen aus? Wie schlüsseln sich die Kostenanteile im Sinne des Cost-Breakdown auf? Welche Kostenarten sind Preis bestimmend und wo verbergen sich Einsparungspotenziale? Diese Fragen haben sich die Einkäufer von Brückner Maschinenbau gestellt. Um zu einer entsprechenden Kalkulations- und Planungssicherheit zu gelangen, setzt das Unternehmen das Kalkulationssystem HSkalk/TK ein. Es dient zur Kalkulation von Bauteilen und -gruppen unter Einbeziehung technologie-/länderspezifischer sowie betriebswirtschaftlicher Varianten.

Wohl jeder nutzt sie zum Schutz empfindlicher Güter – hochwertige flexible Kunststofffolien. Nur wenige Unternehmen weltweit entwickeln und produzieren heute die für die Herstellung dieser gestreckten Kunststofffolien erforderlichen Fertigungsanlagen. Die 1960 gegründete Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG aus dem bayerischen Siegsdorf ist dabei weltweit unangefochten die Nummer eins. Die auf Brückner-Anlagen hergestellten Folien verfügen über Glanz, Transparenz und besonders hohe Reiß- und Durchstoßfestigkeit. Erhöhte Barrieren gegenüber Gasen und Wasserdampf spielen für empfindliche Güter z. B. in der Medizin und im Lebensmittelbereich ebenfalls eine Rolle. Die aus Kunststoffgranulat mittels Extrusion erzeugte Vorfolie wird durch einen speziellen Fertigungsprozess nacheinander in Längs- und Querrichtung gereckt, bis die gewünschten Foliendimensionen erreicht sind. Derzeit sind weltweit mehr als sechshundert Brückner-Anlagen in Betrieb. Auf der Kundenliste stehen alle großen und namhaften Folienhersteller in Europa, den USA, Lateinamerika und Asien. Das Leistungsspektrum des mittelständischen Familienunternehmens mit etwa 600 Mitarbeitern umfasst mittlerweile nicht nur Planung, Bau und Inbetriebnahme kompletter Produktionsanlagen und sämtliche verfahrens- und maschinentechnischen Entwicklungen zur Folienherstellung. Zum Dienstleistungsangebot gehören darüber hinaus auch die Erstellung schlüsselfertiger Fabrikanlagen sowie Beratung in der Projektanbahnung und Finanzierungslösungen.

Brückner Maschinenbau versteht sich als Lösungsanbieter für die Kunststoffindustrie, jedoch ohne eigene Fertigung. Daher beschäftigt sich der Einkauf im Rahmen der Beschaffung intensiv mit dem Zukauf von Fertigteilen und vor allem mit der Vergabe von Fremdaufträgen. Diese beinhalten die Fertigung von Einzelteilen und Baugruppen nach den Vorgaben der technischen Zeichnungen aus der Konstruktion. Diese Aufträge gehen ausschließlich an qualifizierte Lohnfertiger, welche über eine Organisationsstruktur verfügen und wirtschaftlich agieren.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. „Wenn wir in der Vergangenheit ein Angebot vom Lieferanten bekamen, mussten wir den dahinter stehenden Fertigungsaufwand einfach mehr oder weniger glauben. Denn wir konnten nicht eindeutig nachvollziehen, welche Zeiten z. B. für das Fräsen einer anspruchsvollen Welle anfallen. Wir haben dann mit dem Lieferanten verifiziert, mit wie vielen Arbeitsgängen er kalkuliert und welche Zeiten er ansetzt. Darüber hinaus bestand keinerlei Transparenz. Nicht selten wurde ein Teil ausgeschrieben und es kamen die unterschiedlichsten Preise zustande. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Es kann sich um reine Fehlkalkulationen, aber auch um geschäftspolitisch motivierte Kalkulationen bzw. Angebote handeln. So kann bei schlechter Auftragslage eines Zulieferers ein guter Preis winken oder es kommt ein abschreckendes Angebot bei absolut vollen Auftragsbüchern zustande“, berichtet Dipl.-Ing. (FH) Franz Kamml, Manager Calculation – Purchase Controlling im Hause Brückner Maschinenbau.
Im Rahmen eines VDI-Seminars zum Thema Kalkulation wurde Franz Kamml auf die Software HSkalk/TK zur technischen Kalkulation der HSi GmbH aus Erfurt aufmerksam: „Auf Anhieb erschien mir dieses Kalkulationssystem für unser Unternehmen geeignet. Denn hier kann der Anwender selbst über den jeweils für ihn erforderlichen Detaillierungsgrad der Kalkulation entscheiden. Zudem wollen wir die Flexibilität haben, die Kalkulation nicht zwingend auf einen bestimmten Lieferanten auszurichten. Vor dem Hintergrund, dass wir mit relativ vielen Zulieferern aus der Fertigungsindustrie zusammenarbeiten, sind für uns repräsentative Kalkulationsmittelwerte aus dem Querschnitt dieser Lieferanten wichtig. Auf diese Weise erhalten wir eine gewisse Nachvollziehbarkeit gegenüber Angeboten zu den von uns zu vergebenden Fertigungsaufträgen.“
Das erklärte Ziel besteht u. a. darin, den Einkauf mit hinreichend detaillierten Kalkulationen zu unterstützen und mehr Verhandlungssicherheit zu geben. Auf diese Weise lassen sich eingehende Preise von zu vergebenden Fertigungsleistungen der Lieferanten fundiert hinterfragen. Dies geschieht nicht vor dem Hintergrund, zwingend „billiger“ einzukaufen, sondern den Anbieter mit der eigenen als realistisch eingestuften Preisvorstellung zu konfrontieren, falls deutliche Abweichungen vorliegen. Kann der Lieferant dem nicht folgen, verfügt nun der Einkäufer über eine entsprechende Argumentationshilfe. Gegebenenfalls kann eine gemeinsame Kostenanalyse durchgeführt werden.
Ein IT-gestütztes Kalkulationssystem soll in der Lage sein, die hierzu erforderlichen Maschinen-, Werkzeug- und Werkstoffdaten sowie die Algorithmen zur Ermittlung von Haupt-, Rüst- und Nebenzeiten für mechanische Bearbeitungen realistisch abzubilden. Das heißt, es sollen nicht die spezifischen Technologiedaten aus einem speziellen Maschinenpark eines bestimmten Lieferanten hinterlegt sein. Vielmehr sollen diese Daten über eine „Allgemeingültigkeit“ verfügen, die zu kalkulierten Mittelwerten führt, welche im Prinzip jeder der Lieferanten bei seiner Kalkulation zugrunde legen könnte. „Bereits in der Vergangenheit haben wir diese Verfahrensweise praktiziert, allerdings in manueller Form. Hierzu bedienten wir uns der Erfahrungswerte, z. B. von Maschinenzeiten und Stundensätzen, die wir von den Betrieben, mit denen wir ständig zusammenarbeiten, erhielten. Natürlich erfuhren die zugrunde gelegten Werte im Laufe der Zeit auch entsprechende Anpassungen. Auf diese Weise ließen sich unter Beachtung der notwendigen Arbeitsschritte Kalkulationswerte zu einzelnen Maschinenbauteilen ermitteln. Damit konnten wir unserem Einkauf eine Grundlage zur Verfügung stellen, um mit den Lieferanten zu verhandeln. Doch war auf dieser Basis eine exakte Stichhaltigkeit und ausreichende Belastbarkeit unseres Kalkulationsgefüges nicht gegeben. Bei sehr komplizierten Teilen stießen wir an unsere Grenzen. Und nicht selten lag nur ein Gesamtpreis zu einem Teilespektrum vor“, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Peter Baudisch, Calculator von Brückner Maschinenbau.
Kalkulation bietet Transparenz. Die wichtigsten Auswahlkriterien an das in Augenschein genommene HSi-Kalkulationssystem bestanden in der Transparenz und Nachvollziehbarkeit, in Abbildung eines großen Maschinen- und Werkzeugspektrums sowie der Generierung von Kalkulationsvarianten mit Mittelwerten für unterschiedliche Standorte. Hinzu kamen noch die folgenden Anforderungen nach:
  • erforderlicher Funktionalität, um zu hoher Kalkulations- und Planungssicherheit zu gelangen
  • Anpassungsfähigkeit, um neue Maschinen, Werkzeuge und Bearbeitungsverfahren sowie zu beachtende kaufmännische Faktoren problemlos in das System einpflegen zu können
  • einfach zu erlernende und zu handhabende Benutzeroberfläche
  • längerfristige Investitionssicherheit
  • Sicherstellung von Service und Support
Das Kalkulationssystem HSkalk/TK ermöglicht die schnelle Generierung von technologie-/länderspezifischen sowie betriebswirtschaftlichen Kalkulationsvarianten zur Bewertung von Lieferantenangeboten. Über die in der HSi-Technologiebasis hinterlegten Maschinenparameter wie Technologiedaten und zugehörige Stundensätze können Stück- und Rüstkosten arbeitsplatzbezogen ermittelt und verglichen werden. Die Software weist die optimale Variante tabellarisch als auch grafisch aus. Neben dem Vergleich technologischer Varianten lassen sich auch Standortvergleiche durchführen. Unterschiedliche Kostensätze und Produktionsfaktoren liefern unter Einbeziehung von Sonderkosten und Stückzahlen belastbare Vergleichswerte. Sind Zielkosten vorgegeben, werden diese mitgeführt und die Differenz zu den berechneten Kosten wird ausgewiesen. Umlagen auf die Kostenbestandteile sind darstellbar. Die Einflussgrößen auf die Stundensätze kann der Anwender selbst modifizieren. Die Philosophie, Funktionalität und Flexibilität dieses Kalkulationssystems sind geradezu auf die Belange von Brückner Maschinenbau zugeschnitten und der erhielt daher den Zuschlag.
„Mit HSkalk/TK sind wir in der Lage, stets eine richtige Einschätzung zu treffen. So können wir Durchschnittswerte oder in Abwägung für einen Lohnfertiger speziell eine Kalkulation ermitteln. Generell galt es, drei regionale Ausprägungen im Kalkulationssystem einzurichten, je nachdem ob unsere Lieferanten aus Westeuropa, Osteuropa oder China kommen“, erklärt Franz Kamml.
Die Einführung des Kalkulationssystems erfolgte Anfang 2012. Nach etwa einem halben Jahr waren die Verfahrensbausteine Fräsen, Drehen, Bohren, Biegen und Schweißen auf eine Mittelwertbildung eingerichtet. Etliche der bereits in der HSi-Technologiebasis hinterlegten Technologiedaten konnten übernommen werden. Weitere Maschinendaten, Schnittwerte sowie insbesondere Maschinenstundensätze galt es einzupflegen, welche aus den jahrzehntelang gesammelten Erfahrungen stammen. Im Rahmen der Kalibrierung des Kalkulationssystems erfolgten intensive Gespräche mit dem Einkauf und teilweise mit Lieferanten, um insbesondere den Fertigungs- und Kostenprofilen der wichtigsten Zulieferer gerecht zu werden. Zu guter Letzt wurden die eingepflegten Daten nochmals mit einigen partnerschaftlich verbundenen Betrieben in Deutschland und Slowakei auf Plausibilität validiert.
Fehlkalkulationen auf der Spur. Zum Test verglich man die ersten mit HSkalk/TK erstellten Kalkulationen mit denen eines Betriebs in der Slowakei. Das Ergebnis lautete vonseiten des slowakischen Fertigers: Keine Übereinstimmung! Die ermittelten Fertigungszeiten und -kosten in der Kalkulation seien zu niedrig. Eine anschließend mit einem externen Berater gemeinsam durchgeführte Analyse ergab im Wesentlichen: Unzureichender Einsatz von Spannmitteln am Werkstück und entsprechend gering bzw. vorsichtig veranschlagte der Fertiger die Vorschübe sowie Schnittgeschwindigkeiten. Eine daraufhin folgende Investition in Spannmittel, Werkzeuge und deren Anwendung in ausreichender Anzahl ermöglichte deutlich höhere Bearbeitungsleistungen. Eine erneute Kalkulation vor Ort führte zu einer merklichen Annäherung der Kalkulationen zueinander. „Bei Besuchen des einen oder anderen Lieferanten offenbarte sich mitunter ein veralteter Maschinenpark und teilweise eine falsche Werkzeugauswahl, sodass sich diese Lohnfertiger sehr schwertaten, eine effiziente Produktivität und zeitgemäße Preisfindung zu realisieren. Bereits durch Ergänzung des Maschinenparks mit ggfs. gebrauchten, aber modernen CNC-Werkzeugmaschinen stellten sich unmittelbar wirtschaftliche Ergebnisse ein“, fügt Markus Fenzl, Calculator bei Brückner Maschinenbau, hinzu. Ein weiteres Beispiel verdeutlicht ebenfalls, wie schnell es zu Fehlkalkulationen kommen kann. Die Kalkulatoren von Brückner schilderten, dass im osteuropäischen Markt häufig die Annahme kursierte, Löcher zu bohren sei mit außerordentlich hohem zeitlichem Aufwand verbunden. Insofern wurde die Anzahl der Bohrungen an einem Bauteil als Kosten bzw. Preis bestimmendes Merkmal eingestuft. Die zugrunde gelegten Zeiten waren jenseits von Gut und Böse. Die Folge war, möglichst wenige Löcher zu bohren, und die Konstrukteure suchten nach Bauteil-Varianten mit möglichst wenigen Bohrungen. Ein Vergleichsauftrag bei einem deutschen Fertiger zeigte, dass dieser mit innengekühlten Werkzeugen die Bohrungen in die Werkstücke förmlich „reingeschossen“ hat. Doch selbst bei Einsatz von Standardwerkzeugen mit angemessenen Vorschubgeschwindigkeiten sind Bohrungen nicht wertbestimmend. „Derartige Erkenntnisse haben erfreulicherweise zu einem neuen Fertigungsbewusstsein und einer Weiterentwicklung der Lieferanten speziell in Osteuropa geführt. Auf diese Weise erschließt sich diesen Lohnfertigern ein Potenzial, von dem auch wir profitieren, d. h. wir erhalten qualitativ hochwertige Produkte zu nachvollziehbaren und daher zu akzeptablen Preisen“, stellt Kamml fest.
Mittlerweile werden fast alle Einzelteile und auch Baugruppen mit dem Kalkulationssystem kalkuliert, denn es führt schnell und einfach zu zuverlässigen Ergebnissen. Mitunter weisen diese Teile eine hohe Komplexität auf, deren Kalkulation in der Vergangenheit durchaus ein bis zwei Tage in Anspruch nahm. Inzwischen wurden etwa 10 000 Kalkulationen mit dem System erstellt. „Mit den von der Software generierten Kalkulationen stellen wir dem Einkauf eine hinreichend aufgeschlüsselte Kostenübersicht zur Verfügung. Dabei haben sich die erzielte Transparenz und die Nachvollziehbarkeit als sehr vorteilhaft erwiesen. Es wird erkennbar, wie das Kostengefüge zustande kam und in welcher Größenordnung ein zu erwartender Preis liegen darf. Ebenso positiv ist, dass gleichgültig welcher Kalkulator oder Einkäufer sich mit der Kalkulation auseinandersetzt, der subjektive Faktor entfällt. Weiterhin berücksichtigt die Kalkulation unsere spezifischen Vorgaben als Auftraggeber, sodass im Sinne des Cost-Breakdown die Angebote eine entsprechende Kostenaufschlüsselung aufweisen“, ergänzt Peter Baudisch.
Der prinzipielle Ablauf der Kalkulation gestaltet sich derart, dass über eine eindeutige Materialnummer die zu kalkulierenden Einzelteile direkt oder im Falle von Baugruppen über Stücklisten aus dem SAP-System abgerufen werden. Durch Kopieren bzw. Duplizieren mittels der Funktion Copy-Box lassen sich die Kalkulationsprozesse zusätzlich beschleunigen. Voraussetzung ist, dass dies die Teile von ihren Geometrien, Bearbeitungen oder Unterbaugruppen anbieten. Liegen absolut neue Teile bzw. Unikate vor, liefern die zugehörigen technischen Zeichnungen aus der Konstruktion mit Abmessungen, Toleranzen, jeweilige Oberflächengüte etc. die Ausgangsparameter. Unter Nutzung der entsprechenden Verfahrensbausteine aus der HSi-Technologiebasis wird eine schnelle und exakte Kalkulation generiert. Generell erfolgt zu den kalkulierten Einzelteilen oder Baugruppen eine manuelle Eingabe in SAP über die Gesamtkosten und somit den zu erwartenden Preis. Parallel erhält der Einkauf den Zugang zur erstellten Kalkulation einschließlich der generierten Kalkulationsvarianten.
Exakt auch bei komplexen Bauteilen. Im Hause Brückner schätzen alle hinsichtlich der Kalkulationen involvierten Mitarbeiter die Flexibilität der Software. Denn intensiv wird die Möglichkeit genutzt, zu einer generierten Kalkulation über einige Parameterumstellungen zu aussagefähigen Varianten zu gelangen. Durch die Einbeziehung unterschiedlicher Maschinen, Werkstoffe, Stundensätze und Standorte lassen sich sichere Entscheidungen treffen. Bereits nach kurzer Zeit der Nutzung des Kalkulationssystems zeichnete sich die Amortisation ab.
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