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Lieferantenmanagement - Einkaufsmarktforschung mit Big Data

Supply Market Intelligence optimal nutzen
Die Weiterentwicklung der Einkaufsmarktforschung

Die Erforschung des Einkaufsmarktes hat in Zeiten von Big Data durch Nutzung von Supply Market Intelligence (SMI) eine neue Dimension erhalten. Schaffen Sie sich einen Überblick, wie das funktioniert.

Der Einkauf eines Unternehmens bewegt sich je nach zu beschaffender Warengruppe auf verschiedensten Einkaufsmärkten, die alle unterschiedlichen Bedingungen unterliegen. Entsprechend umfassend sollte der Einkauf über aktuelle Trends und Herausforderungen informiert sein und die führenden sowie die stark wachsenden Einkaufsmärkte mit ihren jeweiligen Lieferanten kennen. Derzeit ist das eine Wunschvorstellung. Die Realität sieht anders aus. De facto ist es so, dass vom Einkauf aufgrund fehlender Research-Erfahrung der Einkäufer keine systematische und professionelle Einkaufsmarktforschung durchgeführt wird. Dazu kommt, dass der Einkauf starken Gegenwind aus verschiedenen Fachabteilungen erhält. Produktion oder Forschung & Entwicklung zum Beispiel legen den Fokus des Einkaufs oft nur auf Qualität und Versorgungssicherheit. Allein deswegen scheut man Veränderungen des Einkaufsprozesses im Hinblick auf neue Einkaufsmärkte und Lieferanten. Somit bleibt dem Einkauf meistens keine andere Wahl, als sich dem Druck der Fachbereiche zu beugen. Die Folge stetig „gleich mahlender Mühlen“ ist, dass Lieferanten, die bereits seit vielen Jahren die gleichen Artikel mit den gleichen oder maximal leicht veränderten Spezifikationen liefern, so bleiben wie sie immer waren. Das Unternehmen verpasst dadurch Trends hinsichtlich neuer Einkaufsmärkte, Lieferanten und Spezifikationsoptimierungen und somit auch ein optimales Einkaufsergebnis. Zur Erzielung einer Kehrtwende zur langfristigen Festigung der Wettbewerbsfähigkeit am Einkaufsmarkt stehen die Verantwortlichen vor einer zentralen Herausforderung:

„Wie kann der Einkauf den Sourcing- und Lieferantenmanagement-Prozess deutlich verbessern, gleichzeitig Einsparungen erzielen und die Qualität sowie Versorgungssicherheit gewährleisten?“
Das Konzept der Supply Market Intelligence (=SMI) wird von einem Team aus professionellen Einkaufsmarktforschern (= Supply-Market-Analysten) umgesetzt. Die Team-Mitglieder screenen über alle Warengruppen hinweg systematisch die relevanten Einkaufsmärkte „am Fließband“ und schaffen damit als integraler Bestandteil der Einkaufsabteilung die Basis für ein optimales Einkaufsergebnis.
Um weltweit alle relevanten Einkaufsmärkte je Warengruppe erfolgreich zu analysieren, müssen zahlreiche Aktivitäten systematisch der Reihe nach abgearbeitet werden. Neben einer umfassenden Produkt- und Branchenanalyse, in der u. a. Trends und Herausforderungen erfasst werden, zählt die Identifikation und Analyse potentieller Einkaufsmärkte und -regionen sowie Lieferanten zu den Hauptaktivitäten im SMI-Prozess, wie in der Abbildung (S. 22) dargestellt.
Wie funktioniert SMI?
Um das übergeordnete SMI-Ziel – die Identifikation potentieller Lieferanten in den zuvor definierten optimalen Einkaufsmärkten und -regionen – zu erreichen, wird in zwei Phasen vorgegangen.
Innerhalb der ersten Phase (= Makroanalyse) werden optimale Einkaufsmärkte und -regionen über einen dreistufigen Prozess identifiziert. Hierbei gilt es zunächst, sowohl intern als auch extern, eine transparente Faktenbasis zu schaffen. Der Supply-Market-Analyst muss sich auf der einen Seite fragen, welches Ziel die einzelnen Fachbereiche verfolgen und welche internen Restriktionen zu berücksichtigen sind. Auf der anderen Seite gilt es, ein umfassendes Verständnis für die jeweilige Branche einer Warengruppe aufzubauen. Dabei reicht es nicht, nur die Wertschöpfungs- und Fertigungsprozesse zu verstehen, sondern es müssen auch die primären Kostentreiber mithilfe einer Kostenstrukturanalyse identifiziert werden.
Aufbauend auf der geschaffenen Faktenbasis folgt im nächsten Schritt die Identifikation potentieller Einkaufsmärkte, um festzustellen, in welchen Ländern das gesuchte Produkt/die gesuchte Warengruppe überhaupt hergestellt wird. Hierbei ist es grundlegend wichtig, dass die Verfügbarkeit des Beschaffungsobjekts sichergestellt wird. Dies erfolgt über die Analyse des absoluten Importvolumens aus dem Vorjahr sowie der Berücksichtigung des Importwachstums über die letzten drei Jahre. Auf diese Weise werden Top-Einkaufsmärkte und möglicherweise unbekannte Wachstumsmärkte für die weitere Analyse identifiziert. Alle anderen und nicht relevanten Einkaufsmärkte werden für die weitere Betrachtung ausgeschlossen.
Im dritten und letzten Schritt der ersten Phase werden die identifizierten Einkaufsmärkte weiter gefiltert. Hoeveler Holzmann bewerten in einer eigenen internen SMI-Datenbank die Einkaufsmärkte in vier Wettbewerbsdimensionen:
  • 1.  Hauptkostentreiber
  • 2. Sozialer Entwicklungsstand
  • 3.  Volkswirtschaftliche Situation
  • 4.  Politische Situation
Je nach Gewichtung und Bewertung der einzelnen Dimension werden die Einkaufsmärkte gerankt, ggf. zu Regionen zusammengefasst und für die weitere Lieferantenrecherche priorisiert.
Die Definition eines optimalen Lieferantenkreises ist das Ziel des vierten und letzten Prozessschrittes in der zweiten SMI-Phase (= Mikroanalyse). Dabei werden die Anzahl potentieller Lieferanten u.a. über einen telefonischen Erstkontakt und die Durchführung einer Lieferantenselbstauskunft bis hin zu Lieferantenbesuchen systematisch reduziert. Anschließend ist der Lieferanten-Pool für ein mögliches Preisbenchmarking und/oder Testing erfolgreich definiert.
Innerhalb des strategischen Einkaufsprozesses ist SMI die Weiterentwicklung der klassischen Einkaufsmarktanalyse. Da der SMI-Prozess jedoch auch unabhängig vom strategischen Einkaufsprozess durchgeführt werden kann, überschneiden sich teilweise die Anforderungen der Bedarfsanalyse mit den Anforderungen der Analyse der Warengruppe und Branche. Daher ist es wichtig, dass die bereits in der Bedarfsanalyse erhobenen Daten auf ihre „SMI-Tauglichkeit“ hin geprüft und wo erforderlich ergänzt werden.
Der geeignete Supply-Market-Analyst
Die Hauptaufgaben des Supply-Market-Analysten sind die Durchführung des systematischen SMI-Prozesses und dessen Weiterentwicklung. Hierbei ist es essentiell, dass dieser dafür qualifiziert ist, mit „state-of-the-art“ Markforschungsmethoden zu arbeiten, die warengruppenübergreifend einsetzbar und warengruppenspezifisch modifizierbar sind. Neben der Begeisterung für das Aufbrechen „alter Denkmuster“ muss der Supply Market Analyst folgende Qualifikationen vorweisen:
  • Fundiertes Know-how im Bereich Research und Marktforschung
  • Erfahrung im Umgang mit externen Datenbanken und dem Aufbau bspw. interner Lieferantendatenbanken
  • Analytische und kreative Denk- und Arbeitsweise
  • Fließende Deutsch- und Englischkenntnisse, weitere Fremdsprachen zur nationalen Lieferantenrecherche sind vorteilhaft
In klassischen Sourcing-Initiativen kann SMI auch genutzt werden, um den optimalen Lieferantenpool für die Ausschreibung sowohl von gängigen (z. B. Verpackungen) als auch komplexen (z. B. Wendeschneidplatten) Warengruppen systematisch und nicht „zufallsgetrieben“ zu definieren. Des Weiteren kann man den Prozess durchführen, um potentielle Lieferanten anhand einer Lieferantenselbstauskunft zu identifizieren, ohne die Zielsetzung einer klassischen Ausschreibung zu verfolgen.
Dies wurde von Hoeveler Holzmann z. B. für zwei Pilotwarengruppen bei einem führenden Energieversorgungskonzern angewendet. Die Herausforderung hierbei war, dass die ausgewählten Warengruppen keine „Stangenware“ waren, sondern hoch komplex und deshalb in enger Zusammenarbeit mit dem Lieferanten gemeinsam entwickelt werden mussten. Auch hier konnten die Berater jedoch erfolgreich auf die SMI-Vorgehen zurückgreifen. So wurden anhand der ersten beiden SMI-Prozessschritte potentielle Einkaufsmärkte identifiziert, die anschließend aufgrund ihrer geografischen Lage zur Region Mittel- und Osteuropa zusammengefasst werden konnten. Über eine fundierte Lieferantenrecherche haben wir letztlich von mehr als 160 identifizierten Lieferanten circa zwei Drittel zur Lieferantenselbstauskunft eingeladen. Ca. 50 Selbstauskünfte kamen ausgefüllt zurück. Dies entspricht einer Rücklaufquote von mehr als 40 %, was besonders in diesen hoch komplexen Warengruppen als signifikanter Erfolg verbucht werden kann. Anschließend wurden die erhaltenen Lieferantendaten ausgewertet, sodass schließlich zehn Lieferanten für einen ersten Lieferantenbesuch priorisiert wurden.
SMI in der Praxis
Sowohl bei der Lieferantenidentifikation als auch bei der finalen Auswahl wurde besonders darauf geachtet, die komplexen Spezifikationen und Anforderungen detailliert zu erläutern. So konnte sichergestellt werden, dass die ausgewählten Lieferanten die Kundenanforderungen erfüllen können. Die Praxis zeigt: SMI ist kein theoretisches „Kabinettsstückchen“, sondern ein anwendbares Konzept zur Identifikation optimaler Lieferanten. Die Suche wird hierbei systematisch und somit zeiteffizient durchgeführt. Das „Stochern“ im großen Weltmarkt ist damit passé.

Höveler Holzmann Consulting

Das Unternehmen

… ist eine auf das Einkaufs- und Supply Chain Management spezialisierte Unternehmensberatung. Sie unterstützt Unternehmen bei der Optimierung des Einkaufs sowie bei der Implementierung von Strukturen und Prozessen für ein effizientes Einkaufs- und Supply Chain Management.

Dr. Bernhard Höveler, geschäftsführender Gesellschafter der Höeveler Holzmann Consulting GmbH, Düsseldorf

Florian Holzmann, geschäftsführender Gesellschafter der Höeveler Holzmann Consulting GmbH, Düsseldorf
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