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Werkzeuge zur Absicherung von Preisrisiken

Preissicherung von Rohstoffen durch Treasury
Werkzeuge zur Absicherung von Preisrisiken

Bei der Volkswagen AG begleitet Treasury den Einkauf bei der Rohstoffbeschaffung. In enger Abstimmung wird festgelegt, welche Mengen von welchem Rohstoff derzeit oder künftig benötigt werden. Dabei können auch Korrekturen der Prognosen vorgenommen werden. Im zweiten Schritt schließt Treasury dazu passende Verträge oder Sicherungsgeschäfte, um eine gewisse Preisstabilität für diese Rohstoffe zu erzielen.

Michael Wagner, Volkswagen AG K-FTF-2/Commodities

An den internationalen Rohstoffmärkten gab es in den letzten Jahren dramatische Hoch- und Tiefpunkte der Preiskurven. Zwischen 2000 und 2008 haben fast alle Rohstoffe einen starken Anstieg erlebt, nur um dann fast ebenso stark abzustürzen. Platin zum Beispiel, unersetzlich in Diesel-Abgasanlagen, ist von knapp über 800 USD auf 2250 USD gestiegen um dann wieder auf 800 USD zu fallen.
Aluminium, ein anderes extrem wichtiges Metall für die Autoindustrie, aber auch für den Bausektor, Elektronik, Elektrotechnik und die Verpackungsindustrie, hat eine ähnliche Entwicklung durchgemacht.
Diese extremen Schwankungen machen es für Unternehmen schwer, nachhaltig zu planen. Der Preis eines Produkts kann auf Grund des starken Wettbewerbs meist nur schwer angehoben werden. Bei stark steigenden Rohstoffkosten kann dann ganz schnell die Marge teilweise oder sogar ganz aufgezehrt werden. Das macht es unerlässlich, hier eine Absicherung einzubauen.
Preise kann man sich auf verschiedene Weise sichern. Die einfachste Methode sind langfristige Lieferverträge mit Produzenten. Diese Methode wird oft bei Stahl eingesetzt. Die Stahlproduzenten sichern sich ihre Eisenerz- und Kokslieferungen und die Endabnehmer sichern sich den Stahlpreis. Hier kündigen sich aber schon Änderungen an: Einige Minenbetreiber wollen weg von den langfristigen Verträgen und lieber zum Marktpreis verkaufen. Das könnte den Stahlmarkt ziemlich umkrempeln und dem Markt der NE-Metalle angleichen.
Überall wo langfristige Verträge nicht machbar sind, es aber einen Markt für den Rohstoff gibt, kommt Treasury bei der Preissicherung ins Spiel. Dies gilt – unter anderem – für Erdöl, Kohle, Kraftstoffe, NE-Metalle (Aluminium, Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Nickel), Edelmetalle (Platin, Palladium, Rhodium, Gold und Silber), CO2-Emissionen.
Sicherungsgeschäfte bei VW
Es gibt die verschiedensten Formen der Sicherungsgeschäfte. Das einfachste ist ein Warentermingeschäft. Hier wird heute ein fester Preis vereinbart für eine Lieferung und Zahlung in der Zukunft. Dabei findet dann tatsächlich eine physische Lieferung des Rohstoffs statt. Daher sind Warentermingeschäfte besonders geeignet, wenn der Rohstoff direkt verarbeitet wird oder bei einem Zulieferer beigestellt werden kann. Geschäftspartner können hier Produzenten (Minen), Verarbeiter (Raffinerien) aber auch Handelshäuser und Banken sein.
Swap
Ist eine physische Lieferung nicht möglich oder sinnvoll (z.B. wenn man zu tief in die Lieferkette eingreifen müsste, oder zu viele kleinere Lieferanten beteiligt sind), kann ein Swap sinnvoll sein. Hier wird der Lieferant nicht involviert, sondern es wird dem Beschaffungsgeschäft ein Finanzgeschäft gegenübergestellt. Das kann auf verschiedenste Art und Weise durchgeführt werden, je nachdem wie das Beschaffungsgeschäft abläuft: Das Finanzgeschäft muss passend dazu geschneidert werden. Zum Beispiel bezahlt Volkswagen für Aluminium an die Lieferanten den Marktpreis. Als Abrechnungspreis für jeweils ein Quartal wird der Durchschnittspreis des Vorquartals minus ein Monat genommen. Das heißt für Lieferungen im ersten Quartal wird der Durchschnitt der Monate September/Oktober/November gezahlt. Um hier eine Preissicherung zu erzielen, wird heute Aluminium zu einem festen Preis gekauft mit der festen Verpflichtung, dieses Aluminium später über den Durchschnitt der Monate September/Oktober/November wieder zu verkaufen. Als Folge gleichen sich der Durchschnitt des Beschaffungsgeschäfts und der Durchschnitt des Verkaufs der Finanztransaktion aus und es bleibt der heute abgeschlossene, gesicherte Festpreis. Als Geschäftspartner kommen hier vorwiegend Banken und Finanzinstitutionen zum Einsatz aber auch größere Handelshäuser.
Optionen
Als weitere Möglichkeit der Preissicherungen bieten sich Optionen an. Bei den ersten beiden Methoden sichert man sich einen festen Preis, den man auch zahlen muss, wenn der Marktpreis niedriger ist. Man erhält zwar Planungssicherheit, gibt aber Chancen auf. Man kann damit die kalkulierten Gewinne sichern, verzichtet aber auf „Windfall Profits“. Mit Optionen sichert man sich ebenfalls einen maximal zu zahlenden Preis, kann aber von fallenden Preisen profitieren, da dann die Option nicht ausgeführt wird, sondern billiger im Markt eingekauft wird. Der Nachteil von Optionen sind die hohen, gleich zu Beginn zu zahlenden Prämien. Rohstoffe haben im allgemeinen eine deutlich höhere Volatilität als Währungen oder Aktien. Daher sind Optionen auf Rohstoffe verhältnismäßig teuer und der Preis muss schon deutlich ansteigen bevor man den Break-Even erreicht. Für Optionen bieten sich hauptsächlich Banken als Geschäftspartner an.
Wann sollte man seine Absicherungen tätigen? Es gibt grundsätzlich zwei Ansätze, statisch oder opportunistisch. Beim statischen Ansatz wird in regelmäßigen Abständen gesichert, ungeachtet der Marktschwankungen, um immer einen gewissen Sicherungsgrad zu haben. Beim opportunistischen Ansatz wir dann gesichert, wenn man den Preis für günstig hält. Letzterer Ansatz erfordert erfahrenes Personal, das sich in Vollzeit mit den Rohstoffmärkten beschäftigt, was in kleineren Firmen schwierig werden dürfte.
Wie und wann sichern?
Um ein wirksames Preissicherungssystem zu etablieren, ist eine genaue Planung sehr wichtig. Man muss möglichst genau wissen, wieviel Material in welchem Zeitraum gebraucht wird. Das wird natürlich schwierig, wenn man für längere Zeiträume absichern will und erfordert ein effektives Controlling und eine enge Zusammenarbeit mit der Beschaffung. Um die Risiken der längerfristigen Absicherung zu minimieren, sollte man zudem für die längeren Zeiten niedrigere Absicherungsquoten ansetzen. Grundsätzlich sollte man nie 100 % sichern. Gerade die momentane Krise hat gezeigt, wie schnell und unerwartet auch die beste Produktionsplanung obsolet wird. Als brauchbarer Ansatz haben sich Absicherungsquoten von bis zu 75 % für die ersten 3 Jahre, 50 % für die Jahre 4–6 und 25 % für längere Zeiträume bewährt.
Was kann Preissicherung dauerhaft erreichen? Eine Preissicherung kann extreme Schwankungen glätten und Konjunkturzyklen abfangen. Sollten sich Rohstoffmärkte allerdings dauerhaft ändern und die Preise weiter steigen, kann eine Preissicherung dies nicht dauerhaft ausgleichen. Es wird in diesem Fall mit der Absicherung Zeit gekauft die es dem Unternehmen ermöglicht, alternative Lösungen zu suchen (technische Innovationen, Kosteneinsparungen, Substitution des Rohstoffs).
Unter all diesen Gesichtspunkten ist Preissicherung mit Sicherheit kein Allheilmittel aber ein sehr wichtiges Instrument das die Treasury bereitstellen kann, um die Risiken der Rohstoffmärkte teilweise zu kontrollieren und steigende Kosten zu vermeiden.
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