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4000 bar und bis zu 98° C heiß

Warum der Umgang mit Ultrahochdruck-Technik Respekt verdient
4000 bar und bis zu 98° C heiß

Bohrinseln reinigen, Stahlprofile schneiden, Schiffsrümpfe in Werften entlockend: Die Anwendungsgebiete für Höchstdruck-Technik sind sehr vielfältig, ebenso wie die am Markt erhältlichen Pumpen, Systeme und Wasserwerkzeuge, die Betriebsdrücke zwischen 250 und 4000 bar umfassen. Doch so vielfältig wie die Einsatzbereiche dieser Technik sind auch ihre Gefahren.

Zahlreiche Unfälle jedes Jahr belegen, dass das Thema Sicherheit im Handling solcher Hochleistungsmaschinen immer wieder ins Hintertreffen gerät. Dies darf nicht passieren – zum Schutz von Mensch, Maschine und Arbeitsumfeld.

Der unsachgemäße Einsatz von Ultrahochdruck-Technik kann schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Die folgende Auflistung gibt einen Überblick über die wichtigsten Gefahrenquellen:
  • Der Wasserstrahl, der aus der Lanze oder Pistole austritt, hat eine extrem hohe Geschwindigkeit. Wird er auf Menschen gerichtet, kann dies zu lebensgefährlichen Verletzungen führen. Entscheidend ist hier nicht nur der Betriebsdruck; da das Wasser nicht steril ist, heilen Wunden nur sehr langsam, unter Umständen müssen Körperteile mit verletztem Gewebe sogar amputiert werden.
  • Hochdruckgeräte mit Verbrennungsmotor stoßen giftige Abgase aus und dürfen nur im Freien oder mit einer Abgasableitung betrieben werden.
  • Die verwendete Technik muss vom Hersteller oder anderen autorisierten Personen zusammengestellt sein – nicht kompatible Schläuche, Düsen oder anderes Zubehör können eine Gefahrenquelle darstellen.
  • Das Arbeitsumfeld muss möglichst gefahrenfrei gestaltet sein. Stolperfallen oder das versehentliche Betreten des Arbeitsumfelds durch Dritte sind zu vermeiden.
  • Ultrahochdruck-Technik muss – wie jede Technik – regelmäßig geprüft und gewartet werden, damit Schläuche, Dichtungen und andere Komponenten voll funktionsfähig bleiben und keine Fehlfunktionen auftreten.
  • Der Anwender selbst muss bestmöglich geschützt sein – eine Persönliche Schutzausrüstung ist daher Pflicht.
  • Neben diesen generellen Risiken gibt es Einsatzfelder, bei denen weitere Herausforderungen bestehen – zum Beispiel bei der Dekontamination von Atomkraftwerken und bei Reinigungsaufgaben in der chemischen und petrochemischen Industrie.
Wer mit Ultrahochdruck-Technik arbeitet – ganz gleich, ob es sich um ein Modell mit 250 oder 4000 bar handelt – sollte vor der Inbetriebnahme die Bedienungsanleitung sorgfältig lesen und die darin enthaltenen Hinweise beachten. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Arbeiter körperlich fit sind und regelmäßig geschult werden. In der Arbeitsvorbereitung sollte sichergestellt werden, dass elektrisch betriebene Geräte prinzipiell nur an Spannungsquellen mit Fehlerstromschutzschalter (FI-Schalter) angeschlossen werden. So ist gewährleistet, dass es keine Fehlerströme und damit verbundene Unfälle gibt. Bei Modellen mit Verbrennungsmotor oder Ölbrenner zur Erhitzung des Wassers ist es wichtig, auf eine gute Belüftung zu achten. Wenn in geschlossenen Räumen gearbeitet wird, müssen die Abgase über einen Kamin abgeleitet werden. Um Unfälle Dritter zu vermeiden, ist ein Sicherheitsradius von zehn Metern um den Einsatzort einzurichten. Der Arbeiter sollte hierzu eindeutige Markierungen oder Absperrungen anbringen, die sicherstellen, dass niemand diesen Bereich aus Versehen betreten kann. Muss die Arbeit unterbrochen werden, ist das Gerät auszuschalten und gegen unbeabsichtigte Inbetriebnahme zu sichern.
Außerdem ist es wichtig, die Schläuche stolperfrei zu verlegen. Sie dürfen auf keinen Fall eingeklemmt, über scharfe Kanten geführt oder von Fahrzeugen überfahren werden. Schlingenbildung, Zug- oder Biegebeanspruchung sind ebenso zu vermeiden wie das versehentliche Aufbringen aggressiver Chemikalien oder Lacke. Wird auf einem Gerüst gearbeitet, ist eine Längenreserve einzukalkulieren, da die Schläuche unter Druck kürzer werden.
Für den Anwender ist der wichtigste Begleiter beim Einsatz von Ultrahochdruck-Technik die persönliche Schutzausrüstung (PSA). Sie besteht – je nach Einsatzzweck – aus einer wasserdichten Spritzschutzkleidung, die für Arbeiten bis mindestens 2.500 bar zugelassen ist. Sicherheitsstiefel müssen üblicherweise EN ISO 20345-konform sein (Kategorie S5), bei einem Druck über 250 bar ist ein zusätzlicher Mittelfußschutz notwendig. Wasserfeste Sicherheitshandschuhe (EN374 oder EN511) sowie ein Gesichtsschutz (beispielsweise Schutzhelm mit Visier) komplettieren die Ausrüstung. Fällt bei der Reinigung oder dem Abriss von Gebäuden silikogener oder asbesthaltiger Staub an, wird ein Atemschutz der Klasse P2 benötigt. Zum Schutz vor Aerosolen ist eine Atemschutzmaske der Klasse FFP2 vorgeschrieben. Für alle anderen Gefahrstoffe gibt es Filter der entsprechenden Schutzklasse. Ein Industrie-Gehörschutz ist darüber hinaus zwingend notwendig.
Beim Arbeiten mit Ultrahochdruck-Technik sollten in der Regel zwei Personen im Einsatz sein. Dabei steht der Maschinist in ständigem Augen- oder Funkkontakt mit dem Anwender, um bei Bedarf per Not-Stopp das Gerät ausschalten zu können. Damit der Hochdruckstrahl nie versehentlich auf Menschen gerichtet wird, ist ein sicherer Stand unerlässlich, der unkontrollierte Bewegungen durch den Rückstoß der Sprühlanze verhindert. Damit eine Rückstoßkraft von 150 Newton bei handgeführten Arbeiten respektive 250 Newton bei Arbeiten mit Körperstütze nicht überschritten wird, müssen Größe und Anzahl der Düsen, die den Wasserdruck erzeugen, entsprechend angepasst sein.

Was es zu beachten gilt

Schnellcheck

  • Sind Sie ausreichend trainiert?
  • Anwender sollten umfassend ausgebildet sein und im Jahresrhythmus trainiert werden. Ausreichende Anwenderkenntnisse sind ebenso wichtig wie körperliche Fitness.
  • Versichern Sie sich vor dem Einsatz, dass das eingesetzte Gerät und die erforderlichen Werkzeuge in perfektem Zustand sind. Es dürfen keine sichtbaren Leckagen vorhanden sein. Auch sämtliche Sicherheits- und Schutzsysteme müssen voll funktionsfähig sein.
  • Sind Sie ausreichend über den Umgang mit der Maschine informiert?

  • Maik Thomas
    Head of Product and Sales Management Industrial Jetting Solutions bei Kärcher
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