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Anforderungen an die Grundstruktur eines Einkaufsinformationssystems

Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzung in SAP R/3
Anforderungen an die Grundstruktur eines Einkaufsinformationssystems

Erfolgreiches Bestehen im globalen Wettbewerb erfordert von Industrieunternehmen die flexible und schnelle Bewältigung differenzierter Kundenwünsche. Dies führt im Rahmen der betrieblichen Wertschöpfungsprozesse zu einer deutlichen Komplexitätserhöhung. Durch die Zunahme der Variantenvielfalt steigen die Zahl der Einkaufsteile, die Anzahl der Geschäftsvorgänge sowie die Arbeitsinhalte in den Beschaffungsabteilungen stetig an. Vor diesem Hintergrund ist es in der Materialwirtschaft unerlässlich, Prozesse und Führungssysteme im Hinblick auf die Erzielung nachhaltiger Kostensenkungspotentiale zu gestalten.

Dr. Stefan Stoll ist Professor für Industriebetriebslehre und Unternehmensführung an der University of Cooperative Education, Berufsakademie Villingen-Schwenningen; Dipl. Betriebswirt (BA) Oliver Müll

Das Bearbeiten und Lösen von Aufgaben im Beschaffungsbereich lässt sich als ein Problemlösungsprozess(1) interpretieren. Man gelangt zu einem entscheidungsorientierten Prozessmodell, das ausgehend von einer Situationsanalyse die für die Beschaffung zentrale Bedarfsanalyse durchführt. Hierauf folgt die Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl, an die sich die Lieferantenanalyse anschließt. Die Beschaffungsabwicklung bildet die (vorübergehende) Schlussaktivität innerhalb dieses (idealtypischen) Vorgehenskonzeptes. Dieser Prozess bedarf zum einen auf allen Stufen der informatorischen Fundierung. Zum anderen generiert er aber auch auf allen seinen Stufen relevante Informationen für Entscheidungsträger und Entscheidungsausführende.
Mit dem Einsatz DV-gestützter Informationssysteme wird beabsichtigt, den Beschaffungsprozess informatorisch zu unterstützen. Die Nutzung der Informationstechnologie macht es jedoch notwendig, ein an den Unternehmensbedingungen ausgerichtetes Referenz- bzw. Modell-Einkaufsinformationssystem zu entwickeln. Dieses muss sich dann mit Hilfe des Moduls MM der Standardsoftware SAP R/3 abbilden lassen. Das Aufzeigen der Anforderungen an eine allgemeingültige Grundstruktur für dieses Modellsystem sowie Möglichkeiten seiner Abbildung in SAP R/3 ist Gegenstand des vorliegenden Beitrages. Dabei steht die Bereitstellung beschaffungsrelevanter Stammdaten im Mittelpunkt der Betrachtung.
Informationsmanagement
Für den erfolgreichen Ablauf der Beschaffungshandlungen ist die Informationsversorgung von zentraler Bedeutung. Die zielgerichtete Gestaltung der hierzu notwendigen Systeme sowie Prozesse stellt eine Hauptaufgabe des Informationsmanagements dar. Resümiert man die zahlreichen in Theorie und Praxis verwendeten Begriffsdefinitionen, so ist unter Informationsmanagement die Zusammenfassung der Führungsaufgaben Planung, Organisation, Steuerung, Koordination und Kontrolle bezüglich der Informationsversorgung (inhaltliche Komponente) sowie bezüglich der Informationsinfrastruktur (strukturelle Komponente) zu verstehen. Die konkrete Ausgestaltung der inhaltlichen und strukturellen Komponente findet ihre Wiedergabe im spezifischen Informationssystem des Unternehmens(2). Dabei ist das Informationssystem an die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Es ist die Aufgabe des Informationsmanagements, diese Abstimmung zwischen inhaltlicher und struktureller Ebene des Informationssystems vorzunehmen. Für das Informationsmanagement resultieren somit zwei interdependente Aufgabenfelder(3):
•Die Sicherstellung der Informationsversorgung innerhalb des Unternehmens sowie zwischen dem Unternehmen und seinen Umsystemen (inhaltliche Komponente). Im vorliegenden Fall geht es um die Versorgung mit solchen Informationen, die den Beschaffungsprozess transparenter und Beschaffungsentscheidungen effizienter machen.
•Die Schaffung und/oder Erhaltung einer entsprechenden Informationsinfrastruktur (strukturelle Komponente), welche die Voraussetzung für die Speicherung, Transformation und zum Transport von Informationen darstellt. Im konkreten Fall kann damit das integrierte System SAP R/3 im Allgemeinen und das Modul MM im Besonderen angesprochen sein.
Beide Aufgabenfelder stehen in einem engen gegenseitigen Beeinflussungsverhältnis. Die kundenorientierte Anpassung (customizing) der einzusetzenden SAP-Module eröffnet die Möglichkeit der Informationsbedarfsdeckung. Dabei ist die Anpassung der Informationsinfrastruktur vom zu deckenden Informationsbedarf abhängig. Die Infrastruktur des Einkaufsinformationssystems ist so zu gestalten, dass benutzerindividuelle Informationsbedarfe in allen Beschaffungsbereichen befriedigt werden können.
Organisationsstruktur des Einkaufs –Basis für die Struktur des Einkaufsinformationssystems
Aufbau- und ablauforganisatorische Gegebenheiten nehmen direkten Einfluss auf die in einem Unternehmen zu realisierende Anwendungsarchitektur(4). Unter einer Anwendungsarchitektur wird eine hierarchisch geordnete Gesamtheit von Anwendungssoftware und PC-Werkzeugen und ihrer Beziehung zu den Organisationseinheiten (z.B. Beschaffungsabteilung) sowie deren Aufgaben (z.B. Disposition) verstanden(5). Im Folgenden dient die Organisationsstruktur des Einkaufs als Ausgangspunkt, um den prägenden Einfluss des Organigrammes der Beschaffungsabteilung auf die Gestaltung eines Einkaufsinformationssystems darzustellen.
Wie aus obenstehender Abbildung ersichtlich, wird von einer in mehrgliedrigen Unternehmen häufig vorzufindenden dezentralen Beschaffungsorganisation ausgegangen. Dabei sind die Beschaffungsgruppen BG 1 bis BG 6 nach Beschaffungsobjekten aufgeteilt. Beim Einkauf der Business Unit und beim Einkauf Messebau handelt es sich um Organisationseinheiten, die sich vorrangig selbst versorgen. Mit dieser Einkaufsorganisation lassen sich Redundanzen vermeiden, da sehr wenige Überschneidungen zwischen den einzelnen Teilbereichen existieren. Desweiteren wird durch diese Struktur der Aufbau von Fach- und Detailwissen in den einzelnen Beschaffungsgruppen gefördert. Vor dem Hintergrund der Forderung an Controlling und Beschaffungsmanagement, Informationen gerade auch zum Zwecke einer beschaffungsgruppen-bezogenen Auswertungen zur Verfügung zu stellen, ist es ratsam, die Grundstruktur des Einkaufsinformationssystems an die konkrete Organisationsform anzupassen. Hierdurch wird es möglich, über Informationen, die den Einkauf als Ganzes betreffen, hinaus, auch gruppen-, einkäufer-, lieferanten- und teilespezifische Daten zu gewinnen.
Struktureller Aufbau des Einkaufsinformationssystems
Die Abbildung zeigt den Grundaufbau eines an der Organisationsstruktur des Einkaufs ausgerichteten Informationssystems. Dabei bildet die Beschaffungsgruppe den Ausgangspunkt der Betrachtung. Von einer einzelnen Beschaffungsgruppe werden jeweils nur bestimmte Materialgruppen (z.B. Gussteile, Drehteile) beschafft. Es handelt sich um einen in sich abgegrenzten Bereich, für den diese Gruppe das spezielle Know-how besitzt und für den sie verantwortlich ist. Die Differenzierung nach Materialgruppen ermöglicht eine Eingrenzung der Problemfelder, da sich die im Unternehmen eingesetzten Materialgruppen sowohl in bezug auf den Bedarf als auch in bezug auf die Preise sehr unterschiedlich entwickeln.
In jeder Beschaffungsgruppe ist eine bestimmte Anzahl an Einkäufern tätig, von denen jeder ein klar definiertes Aufgabengebiet bearbeitet. D.h. jeder befasst sich mit einer bestimmten Art von Teilen, die von dafür vorgesehenen Lieferanten beschafft werden. Um die Belastung und die Leistung einzelner Einkäufer innerhalb einer Gruppe beurteilen oder auch um Schwachstellen innerhalb der Gruppe lokalisieren zu können, bietet es sich an, einkäuferbezogene Daten zu ermitteln.
Lieferanten, die Beschaffungsobjekte qualitativ hochwertig, kostengünstig und flexibel zur Verfügung stellen, tragen wesentlich zum Unternehmenserfolg bei. Daher ist es von großer Relevanz, lieferantenbezogene Auswertungen, auch losgelöst von der einzelnen Beschaffungsgruppe und dem jeweiligen Einkäufer durchführen zu können. So lassen sich Probleme mit Lieferanten, eventuelle Abhängigkeiten oder Preisprobleme differenzierter angehen.
Treten in einem Unternehmen Produktionsengpässe aufgrund von beschaffungskritischen Teilen auf oder stellt sich die Frage, ob man ein sehr teures Einkaufsteil durch ein Teil aus billigerem Material ersetzen soll, so ist man auf teilespezifische Informationen angewiesen. Daher enthält die Grundstruktur für das Einkaufsinformationssystem die Möglichkeit, teilespezifische Auswertungen durchführen zu können.
Als Grundstruktur ergeben sich damit vier übergeordnete Informationsbereiche, innerhalb derer wiederum differenzierte Auswertungsmöglichkeiten bestehen. Diese Informationsbereiche werden im Folgenden als Informationsfelder des Einkaufsinformationssystems bezeichnet und vorgestellt. Dabei soll aufgezeigt werden, welche Auswertungsmöglichkeiten in den einzelnen Bereichen realisierbar sind.
Informationsfelder des Einkaufsinformationssystems
Mit Hilfe der Informationsfelder des Einkaufsinformationssystems sollen entscheidungsrelevante Daten schnell und zuverlässig abrufbar sein. Die Informationsfelder dienen der Beschaffungsabteilung zur Beurteilung der eigenen Leistungsfähigkeit sowie zur Selbstdarstellung gegenüber der Geschäftsleitung.
Für jedes Informationsfeld stellt sich die Frage, welche Informationen von Bedeutung und welche irrelevant sind. Die Auswahl an relevanten Informationen und damit an Auswertungsmöglichkeiten im jeweiligen Informationsfeld, hat unter Berücksichtigung der spezifischen Beschaffungsbedingungen eines Unternehmens zu erfolgen. Im Folgenden werden Informationen mit grundsätzlicher Relevanz für das Beschaffungsmanagement vorgestellt.
Informationsfeld Beschaffungsgruppe
In dieser Art kann man sich für die Auswertung im Informationsfeld Beschaffungsgruppe die Anzeige am Bildschirm vorstellen, nachdem man sich in das System eingeschaltet und eine entsprechende Zahl oder ein Symbol für die jeweilige Beschaffungsgruppe eingegeben hat. Jeder Punkt (01, 02, 03, usw.) sollte einzeln auswählbar sein. Unter 01 würde dann eine Anzeige der Anzahl an Lieferanten in einer Gruppe erfolgen, die nach Bedarf auch mit Lieferantennummer und Name des Lieferanten aufgelistet werden kann.
Wieviele Einzelteile von einer Gruppe insgesamt beschafft werden, kann unter 02 eingesehen werden, wobei eine Aufteilung in A, B und C-Teile sowie eine Auflistung mit Teilenummer, Bezeichnung des Teils und Anzeige der zugehörigen Lieferanten möglich sein sollte.
Um das System möglichst flexibel zu gestalten, kann unter 01 und 02 ein Lieferant bzw. ein Teil markiert werden, wodurch ein Springen in das Informationsfeld Lieferanten bzw. Teile möglich wird, um dort detailliertere Informationen zum betreffenden Lieferanten bzw. Teil zu erhalten. Das Springen innerhalb der Informationsfelder bildet die logische Verknüpfung Beschaffungsgruppe-Einkäufer-Lieferant-Materialgruppe-Teile ab, wie sie sich auch in der Grundstruktur des Informationssystems wiederfinden sollte.
Der Gesamtumsatz, den eine Gruppe mit ihren Lieferanten tätigt, ist eine besonders wichtige Information. Daher soll Punkt 03 auch eine entsprechend detaillierte Auswertung ermöglichen. Die Anzeige des Betrages kann entweder pro Periode oder auf das aktuelle Geschäftsjahr bezogen erfolgen. Da eine Beschaffungsgruppe jeweils für ganz bestimmte Materialgruppen zuständig ist, sollte es auch die Möglichkeit geben, Umsätze pro Materialgruppe z.B. mittels der Eingabe eines Teileschlüssels anzuzeigen.
Die Einsparungen, die von einer Gruppe erzielt werden, kann man unter Auswertungspunkt 04 einsehen, wobei ein beliebiger Berechnungszeitraum eingegeben werden kann. Zusätzlich sollte der prozentuale Anteil der Einsparungen am Gesamtumsatz der Gruppe bzw. des Einkaufs insgesamt innerhalb dieses Berechnungs- zeitraums angezeigt werden können.
Der Auswertungspunkt 05 sollte so gestaltet sein, dass man lediglich die betreffenden Geschäftsjahre und das Vergleichskriterium (Auswertungspunkte 01-04) eingeben muss, um eine übersichtliche Darstellung entweder in graphischer oder in tabellarischer Form zu erhalten.
Informationsfeld Einkäufer
Der Einstieg in das Informationsfeld Einkäufer kann über die Eingabe eines Symbols oder Codes für den jeweiligen Einkäufer erfolgen. Es beginnt mit Auswertungspunkt 01. Mit dessen Hilfe kann man sich einen Überblick über die Anzahl an Lieferanten verschaffen, für die ein einzelner Einkäufer zuständig ist. Die Anzeige sollte mit Lieferantennummer und Name des Lieferanten erfolgen.
Unter 02 kann man alle Teile anzeigen, die der einzelne Einkäufer beschafft, jeweils mit Teilenummer, Bezeichnung und Anzeige der Klassifizierung (A, B oder C-Teil). Durch die Möglichkeit, unter 01 und 02 einen Lieferanten oder ein Teil markieren und ins jeweilige Informationsfeld springen zu können, lassen sich weitere Informationen zum Lieferanten oder zum Beschaffungsteil generieren.
Informationen über Lieferantenumsätze stellen relevante Daten dar, die entsprechend detailliert auszuwerten sind. Unter 03 werden daher auch mehrere Optionen angeboten. Um die Umsätze pro Lieferant, Warengruppe oder Teil sehen zu können, bedarf es der Eingabe einer Lieferantennummer, Warengruppennummer oder Teilenummer. Die Anzeige sollte pro Periode, kumuliert bis zum Betrachtungszeitpunkt oder über die Eingabe eines Berechnungszeitraums erfolgen können.
Genauso detailliert wie das Anzeigen der Größe Umsatz, sollte auch die Anzeige der Größe „Einsparungen pro Einkäufer“ erfolgen. So kann unter Punkt 04 eine Auswertung aller vorhandenen Daten oder pro Warengruppe oder pro Teil mit konkretem zeitlichen Bezug über die Eingabe eines Berechnungszeitraums erfolgen.
Unter 05 erhält man die Anzahl aller Bestellungen. Über die Eingabe der entsprechenden Nummern kann pro Warengruppe oder pro Teil ausgewertet werden. Der Zeitbezug erfolgt wieder über die Eingabe des Berechnungszeitraums. Auswertungspunkt 06 ermöglicht die Berechnung der durchschnittlichen Anzahl an Anfragen pro Bestellung. Bei 07 benötigt das System die entsprechenden Geschäftsjahre und das Auswahlkriterium (01 bis 06), um eine tabellarische oder graphische Auswertung zu erarbeiten.
Informationsfeld Lieferant
Die Eingabe einer Lieferantennummer oder die Suche mit Hilfe eines Matchcodes (z.B. Eingabe der ersten Buchstaben des Namens oder Ortes bzw. der Postleitzahl) verschafft den Zugang zum Informationsfeld Lieferant. Auswertungspunkt 01 stellt dabei wieder die Beziehung Einkäufer-Lieferant-Warengruppe/Teil her. Durch ein Markieren des Einkäufers und durch Springen in das Feld Einkäufer wird dies ermöglicht. Dies ist immer dann von Bedeutung, wenn man sich z.B. Umsatz oder Teile pro Lieferant anschauen möchte. Die wichtigsten Aussagen aus der Lieferantenbewertung in verdichteter Form sollten unter Auswertungspunkt 02 abrufbar sein.
Auswertungspunkt 03 gibt einen Überblick über die Umsatzentwicklung mit allen Lieferanten, wobei die Betrachtung aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die wichtigsten Lieferanten beschränkt werden sollte. Die Auswertung kann beispielsweise in Tabellenform oder in Form eines Säulendiagramms erfolgen. Zusätzlich kann man sich den prozentualen Anteil des jeweiligen Lieferantenumsatzes am Gesamtumsatz des Einkaufs anzeigen lassen.
Über aktuelle Preise informiert zu sein, ist eine der wichtigsten Anforderungen, die sowohl das Beschaffungsmanagement, als auch der einzelne Einkäufer an ein Informationssystem stellt. Auswertungspunkt 04 soll aber über die reinen Preisinformationen hinaus auch einen schnellen Vergleich zwischen Lieferanten ermöglichen sowie die Preisentwicklungen im Zeitverlauf darstellen. Voraussetzung ist die Eingabe einer Teilenummer oder eines Schlüssels für eine Warengruppe. So kann man z.B. die Entwicklung der Preise für besonders wichtige Materialien verfolgen. Auswertungspunkt 05 schließlich gibt Auskunft darüber, welche Zahlungsziele der jeweilige Lieferant dem Unternehmen einräumt.
Informationsfeld Teile
Der Einstieg ins Informationsfeld Teile erfolgt über die Eingabe einer Teilenummer. Unter Auswertungspunkt 01 erhält man dann den zuständigen Einkäufer. Um einen Überblick über die möglichen Lieferanten eines Teils zu bekommen, wählt man Auswertungspunkt 02. Hier sollte man auch Lieferanten angezeigt bekommen, die noch relativ neu sind sowie solche Lieferanten, mit denen man zwar noch nicht zusammenarbeitet, die aber grund-sätzlich in Frage kommen könnten. Mit Hilfe dieser Informationen soll dem jeweiligen Benutzer ein Überblick über den Beschaffungsmarkt gegeben werden. Im Feld Lieferant erhält man dann detailliertere Informationen zum ausgesuchten Lieferanten. Unter Auswertungspunkt 03 wird die Wiederbeschaffungszeit eines bestimmten Teils angezeigt. Hat man mehrere Lieferanten für dieses Teil zur Auswahl, kann man sich eine Übersicht der Wiederbeschaffungszeiten bei jedem Lieferanten anzeigen lassen.
Auswertungspunkt 04 ermöglicht es, die Einkaufsmengen eines Teils über einen beliebigen Zeitraum hinweg zu verfolgen und mit den tatsächlich verbrauchten Mengen in diesem Zeitraum zu vergleichen. Um diesen Vergleich durchführen zu können, benötigt man eine Schnittstelle zum Bestandscontrolling. Informationen über die Teile oder Warengruppen, mit denen das Unternehmen den größten Umsatz tätigt, erhält man unter Auswertungspunkt 05, wo eine tabellarische oder graphische Übersicht zur Verfügung gestellt wird. Ab welchem %-Anteil am Gesamtumsatz ein Teil bzw. eine Warengruppe in die Übersicht aufgenommen wird, sollte voreinstellbar sein. Mit Hilfe von Auswertungspunkt 06 erhält man die Kennzahl Lagerumschlagshäufigkeit pro Teil und pro Warengruppe. Um einen Überblick zu erhalten, ist die Anzeige auch für alle Teile bzw. Warengruppen möglich.
In zunehmendem Maße wird das Einkaufsvolumen bestimmter Warengruppen geplant. Hier bietet es sich an, diese Daten im Einkaufsinformationssystem zu pflegen und damit die Möglichkeit zu schaffen, die Plandaten mit den Ist-Daten zu vergleichen und eine Abweichungsanalyse durchzuführen. Diese Möglichkeit stellt Auswertungspunkt 07 zur Verfügung.
Im Folgenden wird nun kurz aufgezeigt, inwieweit sich das skizzierte Referenzmodell in SAP R/3 abbilden lässt.
Das Einkaufsinformationssystem von SAP R/3:
Das Einkaufsinformationssystem ist im Rahmen von R/3 Bestandteil des Logistikinformationssystems, welches u.a. auch das Fertigungs- und das Vertriebsinformationssystem beinhaltet.
Dabei stellt das Einkaufsinformationssystem innerhalb dieses Gesamtkomplexes ein in sich abgeschlossenes System dar. Die Grundlage für dieses System bilden spezielle Statistikdateien, die sogenannten Informationsstrukturen:
•S011„Einkäufergruppen“,
•S012„Einkauf“,
•S013„Lieferantenbeurteilung“,
•S015„Nachträgliche Abrechnung“ (z.B. nachträgliche Abrechnung einer Absprache per Gutschrift).
Diese Strukturen bilden die Datengrundlage für alle weiteren Auswertungen und Analysen. Die eigentliche Datenanalyse kann dabei entweder als Standardanalyse oder als flexible Analyse durchgeführt werden:
Aus obiger R/3-Oberfläche lässt sich erkennen, dass bereits in der Standardanalyse einkäufer-, lieferanten-, warengruppen- und teilespezifische Auswertungen durchgeführt werden können. Was in den obigen Ausführungen als Informationsfelder bezeichnet wurde, findet sich hier somit weitgehend wieder. Beispielsweise lassen sich unter dem Begriff Einkäufergruppe ein einzelner oder mehrere Einkäufer zusammen auswerten, während man unter dem Begriff Material teilespezifische Daten heranziehen und verwerten kann.
Es stellt sich nun die Frage, ob SAP R/3 in der Lage ist, neben den gewünschten Auswertungsmöglichkeiten auch die Beziehung zwischen den einzelnen Feldern herzustellen. Dies soll im Folgenden durch eine nähere Betrachtung der einzelnen Felder analysiert werden.
Der Aufbau des Informationssystems ist in allen Feldern gleich. Er wird daher exemplarisch für das Feld Einkäufergruppe ausführlicher beschrieben. Danach wird der Frage nachgegangen, inwieweit die geforderten Auswertungsmöglichkeiten im Rahmen von SAP R/3 durchführbar sind. Im Einstiegsbild können ein einzelner oder auch mehrere Einkäufer selektiert werden. Außerdem kann der Auswertungszeitraum flexibel festgelegt werden:
Nach dieser Selektion gelangt man dann zur Oberfläche Einkäufergruppe, Bestellwert, Rechnungsbetrag, Bestellung. Von hier ab stehen weitere Funktionalitäten zur Verfügung, die kurz beschrieben werden (grundsätzlich stehen diese Funktionalitäten auch in allen anderen Feldern zur Verfügung).
– Aufrissfunktion: Hier lässt sich eine weitere Detaillierung des ausgesuchten Objektes vornehmen; so z.B. das Anzeigen jener Lieferanten, für die ein Einkäufer zuständig ist oder der Berichtszeitraum (Monat).
– Informationsstruktur wechseln: Über diese Funktion wird ein Springen in ein anderes Feld ermöglicht; so z.B. nach „Aufriss“ eines Einkäufers zum Lieferanten. Dabei ist der Lieferant zu markieren und die entsprechende Informationsstruktur anzugeben, um in das Feld Lieferant zu gelangen. Hier lassen sich dann alle Teile, die vom Lieferanten bezogen werden, anzeigen sowie auswerten: Bestellwert, Rechnungsbetrag, Bestellungen. Mit Hilfe dieser Funktionalität wird die geforderte Beziehung Einkäufer-Lieferant-Warengruppe-Teil hergestellt.
Weitere Funktionalitäten stehen noch zur Verfügung: So können zu den jeweiligen Kennzahlen entsprechende Grafiken erzeugt sowie weitere Kennzahlen angezeigt werden. Veränderungen in Abhängigkeit von der zeitlichen Entwicklung können graphisch dargestellt sowie Summen-, Korrelationskurven und ABC-Analysen erzeugt werden. An dieser Stelle soll jedoch vor allem interessieren, ob die geforderten Auswertungsmöglichkeiten in den einzelnen Feldern durchführbar sind.
Hierzu ist festzustellen, dass SAP R/3 in weiten Teilen den gestellten Anforderungen gerecht wird. Darüber hinaus werden noch praktische Funktionalitäten zusätzlich angeboten, die im Rahmen des Einkaufsinformationssystem-Modells nicht gefordert wurden, die Arbeit aber erleichtern können. So lässt sich z.B. sehr leicht eine Top-Ten einer Kennzahl bilden, Währungsumstellungen lassen sich vornehmen und Berichte können weiterversandt werden.
Probleme bestehen dagegen bei der Kennzahl „Einsparungen“, die schlicht nicht abbildbar ist. Um einen Vergleich mit Vorjahreswerten zu erhalten wird zusätzliche Software benötigt, weil immer nur ein bestimmter Zeitraum in einer Ansicht angezeigt werden kann. Diese Probleme gelten auch für alle anderen Felder.
Die Kennzahlen Lagerumschlagshäufigkeit und Zahlungsziele findet man im R/3-Einkaufsinformationssystem nicht. SAP R/3 stellt als integriertes System diese Kennzahlen zwar zur Verfügung, allerdings nur auf Umwegen. Die Forderung nach Schnelligkeit und einfacher Handhabung des Systems wird dadurch allerdings aufgeweicht.
Neben der Standardanalyse existiert als weiterer Menüpunkt die flexible Analyse. Mit ihrer Hilfe lassen sich eigene Auswertungsstrukturen definieren. Man muss der Struktur lediglich die entsprechenden Merkmale zuordnen, die sie enthalten soll (z.B. Einkäufer, Lieferant, Material). Hier können auch Kennzahlen definiert werden, die innerhalb der Standardanalyse nicht möglich sind; sie müssen sich allerdings durch Formeln aus bereits angebotenen Kennzahlen ermitteln lassen. Außerdem stehen alle Funktionalitäten der Standardanalyse auch in der flexiblen Analyse zur Verfügung.
Die flexible Analyse stellt somit ein Instrument dar, mit dessen Hilfe sich das Handling und die Auswertungsmöglichkeiten verbessern lassen. Die oben genannten Probleme lassen sich damit allerdings nicht lösen.
Anmerkungen:
(1) Vgl. Koppelmann (1998), S. 279 und S. 282 f.
(2) Vgl. Pfau (1997), S. 22.
(3) Vgl. Pfau (1997), S. 28 f.
(4) Selbstverständlich gilt dies auch für den umgekehrten Fall, wo die Anwendungsarchitektur Einfluss auf die organisatorische Gestaltung nimmt.
(5) Vgl. Alpar u.a. (1998), S.94.
Literatur:
-Alpar, P./ Grob, H.-L./ Weimann, P./ Winter, R. (1998): Unternehmensorientierte Wirtschaftsinformatik, Wiesbaden.
-Koppelmann, U. (1998): Beschaffung, in: Springers Handbuch der Betriebswirtschaftslehre Band 1, hrsg. v. Berndt, R. u.a., Berlin, S. 271-315.
-Pfau, W. (1997): Betriebliches Informationsmanagement, Wiesbaden.
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