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Anspruch und Wirklichkeit

Beziehungsmanagement
Anspruch und Wirklichkeit

In deutschen Unternehmen kommt die Klärung von Konflikten auf zwischenmenschlicher Ebene und die Schaffung eines positiven Unternehmensklimas zu kurz. Die Akademie für Führungskräfte hat dazu 242 Führungskräfte befragt und ist in der Studie zu einem interessanten Ergebnis gekommen.

Internes Beziehungsmanagement ist der Teil der Führungsarbeit, der sich damit beschäftigt, die Kontakte und Beziehungen in Organisationen für die Unternehmensziele zu nutzen, also die Arbeit an den zwischenmenschlichen Themen der Kommunikation, Projektmanagement, Konfliktlösungen, Moderation, Feedback und Coaching.

Die befragten Führungskräfte aus verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen aus Deutschland sollten einen Fragebogen mit 22 Fragen ausfüllen. Im Mittelpunkt der Akademie-Studie standen Einstellungen, Rollenverhältnis und Zielsetzung des internen Beziehungsmanagements, also die Frage, wie Führungskräfte mit Emotionen umgehen. Welchen Aufwand investieren sie, um zu ihren Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten Kontakte aufzubauen und am Betriebsklima zu arbeiten? Welchen Nutzen messen die Führungskräfte dieser Tätigkeit bei, und in welcher Rolle sehen sie sich, um be- oder entstehende Konflikte zu beseitigen? Welche Relation besteht zwischen dem Zeitaufwand für internes Beziehungsmanagement und den Nutzenerwartungen der Führungskräfte? Sind sie eher „operative Problemlöser“ oder „Beziehungsmanager“? Führen sie das Unternehmen durch Fachkenntnis oder als Coach, Vermittler und Moderator, als Antreiber, um gemeinsam mit anderen Ziele erreichen zu wollen?
Die Ergebnisse bestätigen, dass Führung von Personen und Situationen abhängig ist; eine einprägsame Formel für den besten Führungsstil in deutschen Unternehmen gibt es nicht. Das Fingerspitzengefühl für Menschen, Situationen und die Vorgänge „zwischen den Zeilen“ gehören zur Grundlage einer erfolgreichen Führung.
Bedeutung des internen Beziehungsmanagements
Betont wird die Bedeutung des internen Beziehungsmanagements zur Erreichung der Unternehmensziele von den meisten Führungskräften, unzufrieden darüber ist nur ein Drittel der befragten Führungskräfte. Knapp die Hälfte der Be- fragten ist der Meinung, dass vor allem die Umsetzung verbessert werden muss. Auch wenn die Unternehmenskultur offene Konfliktklärung zulässt und das Miteinander der Menschen offiziell hochhält, wird es nicht gelebt. Weitere 25% betonen, dass Beziehungsmanagement trotz des hohen Bedarfs im Unternehmen zu wenig praktiziert wird, während 8% bedauern, dass es nicht gefördert wird. Nur wenige suchen die Gründe für unzureichendes Beziehungsmanagement in der eigenen Person und im eigenen Führungsverhalten.
Gemessen an dem hohen Bedarf, denn immerhin melden 83% der Befragten Bedarf an, fällt der tatsächliche Zeitaufwand gering aus: Auf Mitarbeiterebene wenden 48,9% der Führungskräfte nicht mehr als drei Stunden pro Woche für Beziehungsarbeit auf, 8% geben an, mehr als zehn Stunden zu investieren. Der zeitliche Umfang mit Kollegen fällt niedriger aus, denn 18,5% nehmen sich weniger als eine Stunde in der Woche für Beziehungsarbeit auf Kollegenebene, knapp 10% investieren mehr als vier Stunden. 47% wenden ein Zeitbudget von weniger als einer Stunde mit dem Vorgesetzten auf, 1,3% mehr als zehn Stunden pro Woche.
Zeitmangel schieben die meisten als Hinderungsgrund für mehr Beziehungsarbeit vor. Wenn ein Vorgesetzter viel arbeitet, heißt das nicht zwingend, dass er besonders viel Zeit in die Beziehungsarbeit investiert. Nur 9% der Führungskräfte mit mehr als 60 Stunden Arbeitszeit pro Woche investieren mehr als zehn Stunden wöchentlich für Beziehungsarbeit, mit ca. 40 Arbeitsstunden sind es 11%, die dieselbe Zeit investieren. Die Ergebnisse bieten keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Wochenarbeitszeit und dem Zeitaufwand für Beziehungsarbeit, komplett uneins sind sich Führungskräfte jedoch, wie-viel Zeitaufwand sinnvoll und notwendig ist. Der Aufwand für interne Beziehungsarbeit scheint mit keiner anderen Größe in direktem Zusammenhang zu stehen. Die Präferenz für oder gegen internes Beziehungsmanagement ist mehr als eine reine Zeitfrage.
Einen klaren zweiten Rang der angegebenen Hinderungsgründe ist der wachsende Arbeitsdruck, wobei hier zwischen den einzelnen Hierarchieebenen – Lower, Middle und Top Management – differenziert wird.
Ein Vergleich der Datenreihen zeigt, dass Frauen häufiger die Hinderungsgründe für Beziehungsmanagement im eigenen Verhalten und Persönlichkeit sehen. 23,7% der befragten Frauen gaben persönliche Unsicherheitsfaktoren als Haupthinderungsgrund an, die Furcht, sich unbeliebt zu machen oder die Angst, Schwächen offen zu zeigen. Dagegen werden diese „weichen“ Hinderungsgründe nur von 13,5% der Männer angegeben. Weibliche Führungskräfte setzen zur Erreichung der Unternehmensziele stärker auf die Zusammenarbeit mit den einzelnen Arbeitsteams als Männer, ebenso setzen sie deutlicher auf die „Umwandlung der Konfliktenergie“.
Rolle der Führungskräfte im Unternehmen
Die Befragungsergebnisse unterstreichen den Paradigmenwechsel im Selbstverständnis des Managements: Immer mehr Führungskräfte verstehen sich als persönliche Förderer und Entwicklungsbegleiter ihrer Mitarbeiter. Jeder einzelne Mitarbeiter soll soweit gefördert werden, dass er sein volles Arbeitspotenzial einbringen kann. Unter 1% liegt die Zahl der befragten Vorgesetzten, die sich bei Konflikten am liebsten raushalten, auch die neutrale Rolle des Schiedsrichters nehmen nur knapp 3% in Anspruch.
Erreichung der Unternehmensziele
Häufigste Begründung (39%) für internes Beziehungsmanagement ist zur Motivation der Mitarbeiter, während 10% konkrete Konflikte im Team zum Anlass nehmen, tätig zu werden. Unter 1% geben eine negative Umsatzbilanz als Handlungsmotiv an, nur 1,2% stimmen der Aussage zu: „Nicht der Mensch, sondern das Unternehmen zählt.“ Hoher Krankenstand ist für 1,7% der Auslöser zum Handeln, während die Notwendigkeit von 13,8% bei der Optimierung des Informationsflusses und 13,3% zur Steigerung der Effektivität gesehen wird.
Der Auslöser für internes Beziehungsmanagement wird von den Führungskräften stets auf Unternehmensebene, weniger in der eigenen Situation gesehen, woraus zu schließen ist, dass Führungskräfte internes Beziehungsmanagement als Motivationsfaktor und permanente Aufgabe sehen: als ganzheitliche und nachhaltige Führung.
Zur Erreichung der Unternehmensziele setzen die Führungskräfte auf alle Mitarbeiter und Pflege der Unternehmenskultur. Fast 39% wollen zur Erreichung der Unternehmensziele mit ihrem Team neue Wege gehen, jeweils 19% wollen eine positive und transparente Unternehmenskultur schaffen oder die Arbeitsprozesse optimieren, 13% auf die Umwandlung von Konfliktenergie setzen, 9% sehen professionelle Begleitung als wichtigstes Strategieelement.
Resümee
Beziehungen sind die Fundamente für das Funktionieren von Organisationen, materialisieren letztendlich Organisationen und deren Werte. Knapp die Hälfte der Befragten betont, dass vor allem die Umsetzung verbessert werden muss; viele Ansätze scheitern in der Praxis, ob am Zeitmangel, am wachsenden Arbeitsdruck und an der Unsicherheit der Führungskräfte. Der Umfang der Beziehungsarbeit fällt in den Unternehmen sehr unterschiedlich aus. Tatsache ist, dass Beziehungsmanagement eine Form der Personalführung ist, die nur gelingen kann, wenn sich die Mitarbeiter nicht nur als Auftragsempfänger, sondern vor allem als Menschen und Persönlichkeiten eingebunden fühlen. (dj)
Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft GmbH,
38667 Bad Harzburg, www.die-akademie.de
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