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Beleidigung durch Emoticons

Recht
Beleidigung durch Emoticons

Beleidigung durch Emoticons
(Bild: Focus Pocus LTD/Fotolia)
Während sich immer mehr Menschen über soziale Netzwerke austauschen, werden Facebook und Co. längst nicht nur für nette Plaudereien unter Freunden genutzt. Oft werden Gerüchte gestreut, Kollegen gemobbt oder sich über Vorgesetzte lustig gemacht. Doch was passiert, wenn die betreffende Person das mitbekommt – und Klage einreicht?

Die Fälle, in denen sich Mitarbeiter auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken über ihren Arbeitgeber auslassen, werden immer häufiger. Einen besonders interessanten Fall hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg kürzlich zu behandeln gehabt (Urteil vom 22.06.2016, Az. 4 Sa 5/16).
Der Arbeitnehmer hatte sich an einem Gespräch auf der öffentlich einsehbaren Facebook-Chronik eines Kollegen beteiligt, der über seine Arbeitsunfähigkeit berichtete. Im Verlauf dieses Gesprächs wurden überwiegend Spitznamen benutzt, der Kläger äußerte sich unter anderem wie folgt: „Das fette (Emoticon: Schwein) dreht durch!!! (Emoticons: gehässig lachende Smilies) (…) und der (Emoticon: Bär) kopf auch!!! (Emoticons: gehässig lachende Smilies).“
Sein Arbeitgeber war davon ausgegangen, dass mit den bezeichneten Personen zwei Vorgesetzte des Klägers gemeint waren, der eine sehr korpulent, der andere krankheitsbedingt mit einer sehr breiten Stirnfront sowie einer breiten Nase und breiteren Händen versehen. Das Arbeitsverhältnis wurde fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt. Der Arbeitnehmer hatte mit seiner Klage sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Begründet hat das LAG seine Entscheidung damit, dass eine vorherige Abmahnung hätte erfolgen müssen.
Zwar liegt wohl eine grobe Beleidigung vor, die grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung befand das Gericht die Kündigung jedoch als nicht erforderlich, dies insbesondere, weil davon auszugehen ist, dass dem Kläger die Tragweite seines Tuns und die Reichweite seiner Beleidigung nicht bewusst war. Er ging offenbar davon aus, dass die von ihm verwendeten Codes und Spitznamen nicht allgemein verständlich waren, sondern nur für Insider.
Die Beleidigungen sind nach Auffassung des Gerichtes Ausdruck des vielfach zu beobachtenden Phänomens, dass unter dem Schutz der Anonymität sozialer Netzwerke deutlich heftiger vom Leder gezogen wird, als in einem persönlichen Gespräch. Dies rechtfertigt das Verhalten des Klägers nicht, macht jedoch deutlich, dass eine Abmahnung nicht von vornherein aussichtslos gewesen wäre. Es wäre vielmehr zu erwarten gewesen, dass eine Abmahnung dem Kläger die Außenwirkung seiner Beleidigung deutlich gemacht hätte und er zukünftig solche Beleidigungen unterlassen hätte.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kläger 16 Jahre lang beanstandungsfrei für die Beklagte tätig war und somit einen Vertrauensbonus aufgebaut hat. Durch diesen einmaligen Verstoß erscheint das Vertrauen nicht als endgültig zerstört.
Stefan Engelhardt ist als Rechtsanwalt in Hamburg tätig.
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