Startseite » Allgemein »

Bereichsschutz für FTS im technologischen Wandel

Allgemein
Bereichsschutz für FTS im technologischen Wandel

Beim Einsatz von Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) hat die Sicherheitstechnik an den Fahrzeugen schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Geschwindigkeit der Fahrzeuge und ihre Traglast, der Streckenverlauf und der Automatisierungsgrad des Lasthandlings, die angestrebte Systemverfügbarkeit und vor allem der erforderliche Personenschutz sind einige der wesentlichen Auswahlfaktoren für die einzusetzende Schutztechnik.

Die Entwicklung von FTS-Schutzsystemen umfaßt im wesentlichen drei Lösungsansätze: rein mechanische Systeme mit Schaltkontakten, optoelektronisch-mechanische Systeme unter Einsatz von Sicherheitslichtschranken und rein optische Systeme wie beispielsweise die Bereichsüberwachung per Laser.

Am Anfang der Entwicklung von mobilen Bereichssicherungseinrichtungen standen übereinanderliegende Federbleche, die sich bei der Auffahrt auf ein Hindernis berührten und einen elektrischen Kontakt auslösten. Oxidation und starke Deformation der Schutzbleche schränkten jedoch mit zunehmender Einsatzdauer die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit dieser Systeme ein.
Gleiche Probleme, vor allem verursacht durch festgerostete Endschaltkontakte, zeigten Schutzbügelsysteme aus Stahlblech. Kunststoffkissen mit integrierter Kontaktfolie, sogenannte Bumper, gaben bei Berührung ein Signal an das auf dem Fahrerlosen Transportfahrzeug (FTF) mitfahrende Auswertegerät, das dann das FTF stoppte. Die Bumper sind jedoch mit zunehmender Länge instabil und eignen sich nicht in Anwendungen, in denen lange Bremswege – das heißt sofort auch ein langes Schutzfeld – eingehalten werden müssen.
Den heutigen Stand der Technik bei taktilen Schutzsystemen stellen verkleidete Schaumstoffleisten mit einem integrierten Schaltelement in Form einer Gliederkette dar. Sie ermöglichen ein „weiches Auffahren“ und können leicht repariert werden. Als alternative taktile Schutztechnik bieten sich optoelektronisch-mechanische Systeme mit integrierter Sicherheitslichtschranke an. Ob als Einwegsystem mit Sender und Empfänger oder als Reflex-Lichtschrankensystem – beide Varianten überwachen die Verformung eines Kunststoffbügels über die Auslenkung eines Lichtstrahls.
Berührungslose Schutztechnik wird seit ungefähr zehn Jahren in Form von Ultraschall- und passiven Infrarotsystemen realisiert. Beide Techniken erforderten einen hohen Inbetriebnahmeaufwand und erwiesen sich als relativ störanfällig. Sie haben sich auch aus Gründen einer teilweise aufwendigen Ersatzteilbevorratung daher nicht in breiten Anwendungen durchgesetzt.
Den heutigen Stand der Technik im mobilen Bereichsschutz stellen Laserscannersysteme wie der PLS (Programmierbarer Laser-Scanner) dar, die die jeweiligen Vorteile mechanischer und optoelektronischer Techniken vereinen und darüber hinaus weitere Möglichkeiten eröffnen. Die berührungslose Überwachung des Fahrweges ist besonders dort sinnvoll, wo sich viele Personen in einer Anlage aufhalten, zum Beispiel in Kommissionierbereichen und Warenverteilzentren.
Funktion und Vorteile
Das Meßprinzip des PLS beruht auf der Lichtlaufzeitmessung. Infrarotstrahlen werden über einen rotierenden Spiegel fächerförmig ausgestrahlt. Sie tasten die Umgebung berührungslos ab. Dies geschieht 25 mal pro Sekunde. Das Gerät mißt die Zeit zwischen Senden des Lichtes und Empfangen der Reflektion und berechnet daraus die Entfernung eines Objektes. Mit der zum Meßstrahl zugehörigen Winkelinformation kann auch die Position des Gegenstandes oder der Person mit hoher Genauigkeit bestimmt werden. Insgesamt erfaßt das PLS eine Halbkreisfläche von 350 Quadratmeter innerhalb derer das Warnfeld und das einen Fahrzeugstopp auslösende sichere Schutzfeld frei definierbar sind. Die Scan-ebene liegt ungefähr 140 Millimeter über dem Boden. In dieser Position erkennt der PLS sicher alle Personen und Gegenstände, die sich im Fahrweg befinden. Im Warnfeld erkennt der PLS ein Hindernis schon außerhalb des eigentlichen Gefahrbereiches und löst ein Signal aus, beispielsweise einen akustischen Warnton, und reduziert die Fahrgeschwindigkeit des FTF. Dies ist ein wichtiger Vorteil gegenüber mechanischen Schutzsystemen: das Fahrzeug fährt weiter und kehrt zur alten Geschwindigkeit zurück, wenn sich das Hindernis aus dem Erfassungsbereich entfernt. Durch diese vorausschauende Fahrweise wird die Zahl von Notstopps verringert und Transportzeiten verkürzt.
Bleibt das erkannte Hindernis jedoch ortsfest, gerät es bei der Weiterfahrt des FTF in das sichere Schutzfeld des PLS, und das Fahrzeug hält sofort an. Durch die Auswertung des Schutzfeldes erkennt der Laserscanner sofort, wenn der Fahrweg wieder frei ist und setzt seine Fahrt fort. Aus dem Stoppen aus bereits verlangsamter Fahrt heraus können sich auch konstruktive Vorteile für das FTS ergeben: bei gestapelter Ware wie Matratzen verringert sich beim Bremsen die Gefahr eines Herabfallens des Transportgutes, wodurch aufwendige Kippschutzvorrichtungen für Vollbremsungen aus Höchstgeschwindigkeit entfallen können.
Das Lasermeßverfahren des PLS bietet eine wesentlich höhere Zuverlässigkeit als alle anderen Systeme. Es unterliegt keiner mechanischen Beeinflussung oder Verschleiß. Im Gegensatz zu Ultraschallsystemen müssen mehrere Fahrzeuge in einer Anlage nicht durch aufwendige Frequenzabstimmung vor gegenseitiger Beeinflussung geschützt werden. Auch stellen Wärmequellen, zum Beispiel bei warmen Transport- oder Lagergütern – im Gegensatz zu passiven Infrarotsystemen keinen Störfaktor dar.
Anfangsprobleme gelöst, Systemtechnik optimiert
In einer der ersten Anwendungen führten allerdings Wassertropfen auf der Frontscheibe des PLS zu außerplanmäßigen Fahrzeugstopps. Gleiches konnte geschehen, wenn Mücken durch das sichere Schutzfeld flogen. Durch eine Linearisierung der Ansprechempfindlichkeit über den gesamten Meßbereich konnten die Tropfen wie auch die Mücken weitgehend ausgeblendet werden. Eine weitere Besonderheit des PLS ist seine Unempfindlichkeit gegen Fremdlicht: selbst die direkte Einstrahlung von 2.000 W Krypton-Halogenlicht führt zu keiner Störung des Systems. Durch die Umsetzung dieser und weiterer Erfahrungen aus den Anwendungen steht ein ausgereiftes Bereichssicherungssystem zur Verfügung, das den Anforderungen nach Sicherheitskategorie 3 entspricht. Der PLS kann als Standardgerät unabhängig vom jeweiligen FTS-Projekt eingebaut und per Standardsoftware in Betrieb genommen werden.
Gemischte Automationsgrade
Beim Modularen Fahrerlosen Transportsystem MFTS unterscheidet sich der Automatisierungsgrad der Fahrzeuge: vom einfachen Elektro-Deichselgerät mit induktiver Führung bis hin zum frei navigierenden MFTS mit mehreren Fahrzeugen mit vollautomatischer Lastaufnahme und -übergabe reichen die Möglichkeiten.
Während MFTS Transportstrecken selbständig und ohne Begleitung durch den Werker zurücklegt, können diese kontinuierlich und effizient weiterarbeiten. In fast allen aufwärtskompatiblen Ausbaustufen des Systems erfolgt die Lastaufnahme beispielsweise an einer Maschine jedoch manuell durch deren Bediener. Es ist also eine Sicherheitseinrichtung für das Fahrzeug erforderlich, die aber keine Stolperfalle für eine Bedienperson darstellen darf. Deswegen kommt der PLS zum Einsatz. Er erzeugt im automatischen Fahrbetrieb ein virtuelles Schutzfeld, das sich beim Herunterdrücken der Deichsel automatisch ausschaltet. Dadurch wird der Bediener nicht wie etwa bei einem Schutzbügel- oder Bumpersystem gestört; er kann frei an das Fahrzeug herantreten, es manövrieren und einfach wieder auf den Fahrkurs aufsetzen. Nach Drücken der Starttaste schaltet sich dann der berührungslose Auffahrschutz wieder ein, die Warnlampen des MFTS blinken, und es macht sich selbständig auf den Weg zum vorgegebenen Ziel.
Ein anderer Einsatzfall, in dem das virtuelle Schutzfeld des PLS Handhabungsvorteile bietet, sind FTF, bei denen ein Laserscanner unter der Hubgabel plaziert ist. In dieser Anwendung kann das Gerät als Bereichssicherung und Navigationsunterstützung bei Andockvorgängen an stationäre Übergabestellen oder als „belegt“-Erkennung an einem Abstellplatz dienen. Je nach Transportaufgabe besteht bei Führung des Fahrzeuges durch den Bediener die Möglichkeit, bei der Lastabgabe den Auffahrschutz – nicht den PLS selbst – auszuschalten, um möglichst platzsparende Blocklager aufzubauen. Dabei mißt der PLS die Entfernung bis zum zuletzt abgesetzten Behälter und positioniert seine Last zentimetergenau davor. Dadurch wird wertvoller und knapper Pufferlagerplatz zum Beispiel vor einer Bearbeitungsmaschine optimal genutzt.
Neue Potentiale eröffnet
Durch die Übernahme von Bereichsüberwachungsfunktionen durch mit PLS ausgerüstete Fahrzeuge wird eine einfacher strukturierte Anlagensteuerung möglich – mit den entsprechenden Kostenvorteilen insbesondere bei kleineren Anlagen. Experten schätzen, daß circa 30 Prozent solcher FTS-Anlagen wegen der bislang erforderlichen teuren Anlagensteuerung nicht über das Projektstadium hinausgekommen sind. Insofern könnte der PLS in den nächsten Jahren besonders in mittelständisch strukturierten Unternehmen neue FTS-Anwendungen erschließen.
Manfred Broghammer, SICK AG, Waldkirch und Johann Schäffer, Projektleiter bei INDUMAT GmbH & Co. KG, Reutlingen
Unsere Webinar-Empfehlung
Webinar: Beschaffung aktuell

Online-Plattformen

Die Digitalisierung veranlasst Unternehmen, bestehende Prozesse zu hinterfragen und eröffnet gleichzeitig neue Wege – auch im Einkauf. So bieten beispielsweise digitale Beschaffungsplattformen die Möglichkeit, Prozesse zu verbessern und zu automatisieren, Kosten zu senken und…
Aktuelles Heft
Titelbild Beschaffung aktuell 4
Ausgabe
4.2024
PRINT
ABO

Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de