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Beschaffungsmarketing in Köln

Universität zu Köln
Beschaffungsmarketing in Köln

„Einkaufen kann jeder“ (vor allem mitreden). „Beschaffung bietet wenig theoretischen Zündstoff“ (für diejenigen nicht, die die Brisanz nicht kennen). Ähnlich wie in der Werbung wird auch im Einkauf viel mitgeredet, ohne über das fachspezifische Basiswissen zu verfügen – es gilt für die Praxis ebenso wie für die Theorie.

Prof. Dr. Udo Koppelmann, Universität zu Köln, Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Beschaffung und Produktpolitik

Seit 1980 befassen wir uns im „Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Beschaffung und Produktpolitik“ in der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln mit Beschaffungsfragen. In einem anderen Seminar werden Logistikprobleme erfasst. Wir teilen somit die Versorgungsaufgaben in den Beschaffungs- und den Logistikstrang. Die so verstandene Procurement-Aufgabe umfasst schwerpunktmäßig den Einkauf (Lieferanten- und Bedarfsmanagement) sowie das Informations- und Kontrollmanagement (Beschaffungsmarktforschung, Früherkennung, Kontrolle und Benchmarking).
Braucht Beschaffung eine theoretische Fundierung?
Im Absatzmarketing wird diese Frage ernsthaft nicht mehr gestellt, im Beschaffungsmarketing immer noch, allerdings mit abnehmender Intensität. Zunehmend werden wir um Vermittlung beschaffungsgebildeter und -interessierter Absolventen gebeten. Trotz eines nicht unbeträchtlichen Outputs im Beschaffungsbereich von ca. 60 Studenten pro Jahr können wir die Nachfrage nur unvollkommen befriedigen.
Mehrere Gründe sprechen für eine theoretische Fundierung. Aufgabenumfang (statt Bestellschreibung: strategische Beschaffung) und Aufgabenverantwortung nehmen zu. Durch Einbindung in teambezogene Prozessentscheidungen wächst die Aufgabenkomplexität. In der Detailplanung muss an die Folgewirkungen gedacht werden. Das setzt vernetztes Denken und Handeln voraus. Um in diesem Realitätsdickicht die Orientierung nicht zu verlieren, empfehlen sich theoretische Rückgriffe. Dazu dient zum einen die theoretische Strukturierung (Problem-, Planungs-, Lösungsstrukturierung). Des weiteren existieren theoretische Aussagen zur Maßnahmengenerierung und -wirkung, die häufig mit Erfahrungswissen hinterlegt sind. Und schließlich ist Methodenwissen nötig, um problemgerecht arbeiten zu können oder anders ausgedrückt, um induktive Fehlschlüsse zu vermeiden.
Anreiz-Beitrags-Theorie und -Praxis
In der Praxis wird der Einkäufer vom operativen Tagesgeschehen zugedeckt, zu strategischen Beschaffungsfragen gelangt er selten. Nur liegt die wesentliche Möglichkeit der Erfolgspotentialsteigerung in strategischen Neubewertungen. Durch Routinisierung und Automatisierung oder durch Outsourcing bei operativen Aufgaben kann Kapazität für eine Fokussierung auf strategische Aufgaben geschaffen werden. Das hat dann auch Konsequenzen im Umgang mit dem Lieferanten. Aus der psychologischen Spieletheorie wissen wir, dass Bestlösungen Win-Win-Spiele voraussetzen. Die Anreiz-Beitrags-Theorie liefert die Grundform für das Interaktionshandeln. Die Übersicht zeigt das Beziehungsgeflecht des Anreiz-Beitrags-Konzeptes.
Die Fragen erscheinen simpel, sie bergen jedoch vielfältige Probleme in sich: Was will der Beschaffer? Die Beschafferanforderungen schälen sich in einem längeren internen und externen Klärungsprozess heraus. Geht man nach dem Minimalprinzip vor, sollen vorgegebene Anforderungen mit ge- ringstmöglichen Kosten erreicht werden. Man kann auch aus einem vorgegebenen Kostenrahmen (Target-Costing) maximal mögliche Anforderungen ableiten. Immer handelt es sich um ein komplexes Aufgabenbündel, das sich aus der prozessual strukturierten Problemlösung ergibt. Sie setzt die Zusammenarbeit im eigenen Unternehmen und mit dem Lieferanten voraus.
Aus den Bedarfsanforderungen ergeben sich die Lieferleistungen in einem gegenseitigen Verhandlungsprozess, wobei Machbarkeit, Notwendigkeit und Kosten als Filterkriterien eine Rolle spielen.
Damit korrespondiert die Frage, was der Lieferant will. Hier liegt ein wesentlicher Ansatzpunkt für anreiz-beitragstheoretische Überlegungen. Wenn man Win-Win-Lösungen anstrebt, dann reicht es nicht aus zu wissen, was man selbst will, dazu gehört auch das Wissen über das, was der Lieferant will. Eine der herausragenden Aufgaben des Lieferantenmanagements bzw. der Lieferantenpflege liegt darin, dies zu eruieren.
Und wiederum darauf bauen Überlegungen auf, ob und wie man diese Wünsche erfüllen kann. Zunächst muss das eigene Potential der Lieferantenwunscherfüllung (Beschafferleistungen) geprüft werden. Dann muss berechnet werden, was diese Leistungen kosten, um über eine Grundlage für einen in späteren Verhandlungen notwendigen Kosten-Wirkungs-(Leistungs-)Vergleich zu schaffen. Der eigene Leistungseinsatz lohnt sich ja nur, wenn das Leistungsmehr des Lieferanten größer ist als die eigenen Maßnahmen kosten.
Von dieser theoriegeleiteten Vorgehensweise ist die tägliche Beschaffungspraxis meist entfernt. Man kümmert sich zu wenig um die Lieferantenwünsche, die über den Preis hinausgehen. Höchst selten gibt es in Beschafferunternehmen ein etabliertes anreizpolitisches Instrumentarium. Und zudem sind dessen Kosten meist unbekannt.
Theorieintegration in die Praxis
Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre als angewandte Wissenschaft ist es, neue oder bisher wenig genutzte Erkenntnisse für die Praxis nutzbar zu machen. Das kann auf verschiedenen Wegen gelingen. Die Einzelberatung und -diskussion kostet viel Zeit. Vorträge und Veröffentlichungen haben größere, allerdings nur flache Breitenwirkung. Mehr Spuren hinterlässt die Einstellung junger Diplomkaufleute, die Beschaffung studiert haben.
Serie Hochschule
Bereits erschienen:
TU München, Universität Stuttgart, Universität der Bundeswehr München, FH Pforzheim, TU Darmstadt, Universität Erlangen-Nürnberg, FH Ludwigshafen, FH Osnabrück, FH Furtwangen, Universität Dortmund, FH Lübeck, Universität GH Duisburg, TU Berlin, FH Kempten, Universität Mannheim, WHU Koblenz, BA Heidenheim, FH Nürtingen, HT Esslingen, TU Hamburg-Harburg, Universität Twente (NL).
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