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Chancen- und risikoorientierte Lieferantenanalyse

Erfahrungsbericht: Supplier Risk Management bei der T-Mobile (Teil 1)
Chancen- und risikoorientierte Lieferantenanalyse

Der Einkauf benötigt Lösungen, die es ihm ermöglichen, eine ganzheitliche Risikotransparenz hinsichtlich der Lieferanten zu erreichen und Risiken aktiv zu steuern. Bei der T-Mobile Deutschland ist durch die Implementierung des Supplier Risk Management (SRM) und seine Verknüpfung mit dem bestehendem Einkaufskostenmanagement ein integratives, chancen- und risikoorientiertes Management- und Reportingsystem etabliert worden.

Antonio Conte

Die steigende Zahl an Insolvenzen und das erhöhte Risiko stärkerer Abhängigkeitsverhältnisse gegenüber Lieferanten einerseits sowie die komplexer gewordenen, weltweiten Beschaffungsvorgänge andererseits sind eine Verschärfung der Risikosituation der Unternehmen auf ihrer Beschaffungsseite. Infolgedessen wird angesichts der gestiegenen Bedeutung des Beschaffungsbereichs ein Supplier Risk Management (SRM) – nicht zuletzt vor dem Hintergrund neuer gesetzlicher Bestimmungen wie dem „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmen“ (KonTraG) und Basel II – zu einem elementaren Werkzeug für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.
Eine Studie (A.T. Kearney: Assessment of Excellence in Procurement; News Release, März 2005) belegt, dass 90 Prozent aller Unternehmen dem Risikomanagement ihrer Lieferketten große Bedeutung beimessen. Allerdings halten weniger als die Hälfte Notfallpläne für den Risikoeintritt bereit.
Anforderungen an den Einkauf
Um die Beschaffungsprozesse effizienter zu gestalten und eine Existenzgefährdung des Unternehmens zu vermeiden, ist die Übertragung eines pro-aktiven Risikomanagements auf den Beschaffungsbereich notwendig. Es gilt, alle relevanten Risiken und ihre Auswirkungen so früh wie möglich zu identifizieren, zu bewerten und beherrschbar zu machen. Die Behebung von Schäden nach einem unvorhergesehenen Risikoeintritt soll nur noch in den seltensten Fällen notwendig werden. Dazu ist eine enge, fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens sowie detailliertes Know-how über Lieferanten und deren Umfeld erforderlich.
Die Mittlerfunktion der Beschaffung zwischen Lieferanten und internen Bedarfsträgern tritt bei der Steuerung von Risiken zu Tage: Auf der einen Seite werden beim Lieferanten risikorelevante Schwachstellen aufgedeckt, die ihm vorher möglicherweise nicht bewusst waren. Er kann seinerseits Maßnahmen ergreifen, die eine Verbesserung seiner Risikosituation bewirken. Andererseits können sowohl die interne Beschaffungspolitik als auch die Beschaffungsstrategien aktiv angepasst werden, damit wahrscheinliche Risikoeintritte ein geringeres Schadensausmaß für die internen, ablauforganisatorisch nachgeordneten Fachbereiche annehmen. Ein SRM muss somit nicht nur die Beschaffungsfunktion, sondern die risikoorientierte Optimierung der gesamten vorgelagerten Wertschöpfungskette umfassen, um optimale Wettbewerbsbedingungen am Markt zu schaffen.
Erkenntnisse aus einem kontinuierlichen SRM sind auch in anderen Bereichen sinnvoll zu nutzen. So kann beispielsweise bereits bei der Entwicklung neuer Produkte auf mögliche Beschaffungsrisiken aus der Vergangenheit oder prognostizierte Risiken in der Zukunft hingewiesen werden. Dies ermöglicht ein besseres Handling oder sogar eine frühzeitige Risikobewältigung durch eine geschickte Beschaffungspolitik. Die langfristige Dokumentation der Lieferantenentwicklung in einem Risikoreporting gibt wertvolle Hinweise für eine weitere Lieferantenqualifizierung und verbessert somit langfristig die Lieferantenpartnerschaft.
T-Mobile Deutschland (TMD) hat für die Implementierung eines fortschrittlichen SRM-Systems folgende Zielsetzungen formuliert:
  • Schaffung von Risikotransparenz über die gesamte vorgelagerte Wertschöpfungskette,
  • Frühzeitige und vollständige Identifikation sowie rechtzeitige Einleitung einer effektiven und effizienten Bewältigung der relevanten Risiken,
  • Objektive, einheitliche Bewertung und Gewichtung der Risiken zu ihrer nachvollziehbaren Priorisierung,
  • Verbesserung der Informationsbasis über Lieferanten und ihr Umfeld als Basis für ihre Auswahl, Lieferanten-Workshops und Lieferantenentwicklung,
  • Erhöhung der internen Prozesssicherheit,
  • Einbeziehung aller relevanten Fachbereiche in den SRM-Prozess,
  • Weitgehende Automatisierung der Risikosteuerung und Unterstützung der Entscheidungen durch eine benutzerfreundliche Software,
  • Risikodokumentation in einem Risikoreporting zur kontinuierlichen Lieferantenkontrolle,
  • Integration des systematischen, methodengeleiteten und pro-aktiven SRM in die Unternehmensrisikoleitlinien,
  • Erweiterung rein quantitativer Größen um qualitative Risiken- und Chancen-Aspekte.
  • Bereitstellung von Risikoinformationen für die Lieferanten und Verarbeitung des Feedback für eine mögliche Lieferantenqualifizierung.
Spezifische Anforderungen an das SRM bei T-Mobile Deutschland
Bei T-Mobile Deutschland sind sowohl die Einkaufsprodukte und Dienstleistungen als auch die mit ihnen verbundenen Beschaffungsziele sehr unterschiedlich. Die fehlende Risikotransparenz hinsichtlich Lieferanten und Beschaffungsmärkten sowie die hohe Komplexität der vorgelagerten Wertschöpfungsketten führen zu einer Verkürzung der Reaktionszeiträume für die Beschaffungsverantwortlichen. Ein wesentlicher Anspruch an das SRM war daher, den zeitlichen Spielraum für die Entwicklung von strukturierten Handlungsmaßnahmen zu verlängern und eine pro-aktive Risikobewältigung zu ermöglichen. Hierzu ist die konsequente Nutzung aller vorhandenen internen und externen Informationsquellen und Wissensträger erforderlich.
Daher war es eine nahe liegende Anforderung, ein eigenständiges SRM mit dem bestehenden Lieferantenmanagement bei T-Mobile Deutschland (BME Sonderpreis 2003) zu verknüpfen, um die in den unterschiedlichen Beschaffungstätigkeiten gesammelten Informationen gemeinsam nutzbar zu machen. Der eingeschlagene Weg zur kompletten Lieferanteninformation findet mit der Implementierung des SRM seine innovative Fortsetzung.
Weiterhin erforderten die globalen Einkaufstätigkeiten von T-Mobile Deutschland eine Anwendbarkeit des Systems bei den verschiedenen Bilanzierungsformen nach HGB, IAS und US-GAAP. Nur so können Finanzrisiken einheitlich erfasst, verglichen und bewertet werden.
Damit alle getroffenen Handlungsmaßnahmen in ihrer Art und Intensität für eine Risikobewältigung nachvollziehbar bleiben, musste die Risikoanalyse und Risikobewertung über alle Lieferanten einheitlich erfolgen. Die automatisierte Berechnung von Risikowerten und Gefährdungsklassen unterstützt darüber hinaus die Entscheidungsobjektivität, da sie keine manipulativen Eingriffe in den Bewertungsvorgang zulässt. Des Weiteren sollten im SRM durch eine mathematisch-statistische Modellierung realistische Prognosen über die Entwicklung einzelner Lieferanten getroffen werden. Somit können bei Erreichen kritischer Frühwarnwerte umgehend Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Durch die Einrichtung eines Risikoreportings sollte die Ermittlung von Trends unterstützt und die Vorhersagequalität verbessert werden.
Zusammenstellung des Projektteams
Ein weiterer innovativer Anspruch, der an das SRM gestellt wurde, war eine periodische Kontrolle der Risikosituation durch ein automatisiertes System. Das bedeutet einerseits, dass die Entscheidungsträger durch das System periodisch zur Aktualisierung der Basisdaten aufgefordert werden sollten. Andererseits sollte nach der Eingabe einzelner Fortschrittsdaten eine Aktualisierung der Risikosituation des Lieferanten in Echtzeit erfolgen, die alle Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Risikoparametern berücksichtigt.
Aus diesen Anforderungen ergab sich die Aufgabe, den abgebildeten, idealtypischen SRM-Prozess an die individuelle Situation bei TMD anzupassen.
Mangels einer standardmäßigen Software für ein Risikomanagement, das den beschriebenen Anforderungen gerecht wurde, ist beschlossen worden, ein vollständig neues, umfassendes und innovatives SRM einzuführen.
Nachdem im ersten Schritt die Anforderungen für das SRM festgelegt und ein erstes Grobkonzept erarbeitet wurde, musste im zweiten Schritt das Projektteam zusammengestellt werden. Die Zusammenführung externer Dienstleister mit dem branchenspezifischen Wissen von TMD erwies sich bei der Entwicklung eines maßgeschneiderten und innovativen Risiko Management Systems als entscheidender Erfolgsfaktor. Auch bei der späteren Umsetzung ist ein kontinuierlicher Informationsaustausch unter den Beteiligten unerlässlich:
Das Controlling Innovations Center (CIC, Prof. Dr. Thomas Reichmann) lieferte die Risikomanagement- und Controllingexpertise. Darüber hinaus stellte es sein Expertenwissen für die Bildung von Gewichtungsfaktoren und kritischen Werten zur Verfügung.
Die BERODE Business Consulting GmbH unterstützte TMD bei der konzeptionellen Entwicklung des SRMs und beriet bei der Integration des Risikomanagements in die Beschaffungsorganisation.
Für die Konzeptentwicklung und Projektkoordination war das T-Mobile Purchasing Cost Management (PCM) verantwortlich, das die erforderliche branchenspezifische Expertise und das Know-how der Lieferantenanalyse lieferte. Ebenso war PCM für die Verknüpfung des SRM mit dem bestehenden Lieferantenmanagement und die Softwareentwicklung verantwortlich.
Unterschiedliche Fachbereiche der TMD brachten bei der Implementierung ihr spezifisches Know-how ein. So unterstützte der Fachbereich Infrastruktur und IT die Entwicklung der benötigten Software und das unternehmensinterne Controlling die Bildung von vergleichbaren Kennzahlen. Die technische Entwicklung steuerte beschaffungsobjektspezifisches Wissen bei und das Marketing unterstützte die interne Kommunikation.
Das Projektteam musste in weiteren Arbeitsschritten die Parameter für eine systematische Risikoanalyse festlegen. Dazu wurden zunächst durch die genaue Analyse der Bedarfsanforderungskataloge an Lieferanten und deren Beschaffungsobjekte die entscheidenden Risikofelder herausgearbeitet, denen TMD auf seiner Beschaffungsseite gegenübersteht:
  • Mengenrisiken,
  • Qualitätsrisiken,
  • Zeit-/Terminrisiken,
  • Entgelt-/Preisrisiken,
  • Liefer-/Logistikrisiken,
  • Servicerisiken,
  • Kommunikationsrisiken (z. B. Verlet- zung der Geheimhaltungspflicht).
Risikoausmaße, Risikorubriken und Risikokennzahlen
Ausgehend von diesen Risikofeldern wurde einerseits entlang der vorgelagerten Wertschöpfungskette in Richtung der Lieferanten nach Risikoursachen, also nach Faktoren, die ihren Eintritt beeinflussen, gesucht. Andererseits wurden entlang der nachgelagerten Wertschöpfungskette die Risikoausmaße für die ablauforganisatorisch folgenden Funktionsbereiche analysiert.
Um mögliche Risikoausmaße zu erkennen und richtig bewerten zu können, wurden Workshops mit allen ablauforganisatorisch nachgeordneten Fachbereichen durchgeführt und dabei praxisgerechte Ansätze entwickelt. Dadurch wurden beschaffungsobjektbezogen sowohl potenzielle direkte Auswirkungen von Risiken auf einzelne Fachbereiche als auch indirekte Vernetzungen und Folgewirkungen identifiziert. Zur Bestätigung und Vervollständigung dieser Ergebnisse wurden zusätzlich Ablaufanalysen von innerbetrieblichen Prozessen durchgeführt. Auf diese Weise war es möglich, für die wichtigsten Beschaffungsobjekte und deren potenzielle Beschaffungsrisiken die Risikoausmaße zuverlässig abzuschätzen. So konnten in Zusammenarbeit mit dem unternehmensinternen Controlling Stillstandskosten für Netzinfrastrukturen infolge von Lieferausfällen abgeschätzt werden. Hieraus resultierende Reputationsverluste und Kundenabwanderungen am Absatzmarkt wurden mit der Marketingabteilung durch die Analyse von Marktforschungsdaten ebenfalls abgeschätzt.
Bei der Suche nach Ursachen von Beschaffungsrisiken führte PCM Workshops mit den Fachbereichen Technische Entwicklung, Infrastruktur und IT sowie Controlling durch. Dabei lag der Fokus weniger auf der Identifikation einzelner vorgelagerter Risiken, sondern stärker auf einer risikoorientierten, ganzheitlichen Erfassung der Lieferantensituation, welche den Eintritt von Beschaffungsrisiken begünstigen könnte. Als Ergebnis der Workshops wurden vier Risikorubriken definiert, die die Situation des Lieferanten kennzeichnen:
  • Zentrales Kriterium bei der Lieferantenbewertung ist die Risikorubrik Finanzen, da ein hier gefährdeter Lieferant ein erhebliches Risiko für die TMD darstellt.
  • Die Risikorubrik Markt analysiert die Stellung des Lieferanten auf dem relevanten Markt bzw. den relevanten Märkten.
  • Die Risikorubrik Prozess befasst sich mit Risiken, die mit den verschiedenen Lieferanten auf den unterschiedlichen Arbeitsablaufebenen auftreten können.
  • Die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten ist häufig an Projekte gekoppelt. Daher ist ein zielgerichtetes Projektcontrolling für die Lieferantenbewertung von entscheidendem Interesse (Risikorubrik Projekt).
Unter den vier Risikorubriken wurden jeweils Risikoausprägungen identifiziert, die die Rubriken näher beschreiben und konkreten Einfluss auf die oben formulierten Beschaffungsrisiken haben (siehe Abb.). Zur Erfassung der Ausprägungen wurden jeweils greifbare und einfach anzuwendende Kennzahlen herangezogen, die mit relativ geringem Aufwand lieferantenbezogen ermittelt werden können. Um eine internationale Vergleichbarkeit der Lieferanten herzustellen, wurde im Anschluss daran erarbeitet, wie diese Kennzahlen auf der Grundlage der unterschiedlichen Bilanzierungsformen abgebildet werden können.
Als Informationsquellen für die Ermittlung der Kennzahlen für die einzelnen Lieferanten werden
  • Marktdaten (Wettbewerb, Trends, Struktur etc.)
  • Lieferantendaten (Finanzen, Prozesse, Marktaktivitäten, Organisation etc.)
  • Projektdaten (Personal, Technik, Termine, Budgets etc.)
  • Umfelddaten (makroökonomische, technologische, ökologische, rechtliche etc.)
herangezogen. Bei der Wahl der für die Messung der Kennzahlen benötigten Daten wurde gleichzeitig ihre Verfügbarkeit analysiert. Zu ihrer Erhebung werden Bilanzanalysen vom Controlling sowie Kostenanalysen, Lieferanten- und Produkt-Audits vom Einkauf in Zusammenarbeit mit der Technischen Entwicklung durchgeführt. Dabei wurde eine risikoorientierte Anpassung der Erhebung notwendig. Außerdem werden externe Dienstleister und Marktforschungsinstitute beauftragt. In vielen Fällen allerdings liegen die Daten bereits vor, weil sie im Rahmen anderer Beschaffungstätigkeiten erhoben und in der innovativen Lieferantendatenbank abgelegt wurden. Somit wird durch die Verknüpfung des SRM mit der Lieferantendatenbank lediglich eine Aufbereitung der Basisdaten für eine Risikoanalyse erforderlich.
Ermittlung von Gewichtungsfaktoren
Einen weiteren wichtigen Parameter der Risikoanalyse stellen die Gewichtungsfaktoren für die entwickelten Risikoausprägungen dar. Die Festlegung von Gewichten wurde notwendig, weil die Risikorubriken von mehreren Risikoausprägungen beeinflusst werden und der Einfluss der Ausprägungen auf die Rubriken unterschiedlich hoch sein kann. Mit den Gewichten wird somit die Bedeutung der einzelnen Risikotreiber für das Gesamtrisiko beschrieben. Auf ähnliche Weise wurden die Gewichte ermittelt, mit denen die Risikorubriken in die Gesamtbeurteilung des Lieferanten eingehen.
Eintrittswahrscheinlichkeiten und kritische Werte
In Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Fachbereichen wurden – angefangen bei den Kennzahlen auf der untersten Ebene – über die Risikoausprägungen und Risikorubriken bis auf die Ebene des gesamten Lieferanten jeweils kritische Schwellenwerte definiert. Dadurch werden den konkret ermittelten Werten unterschiedliche Gefährdungsklassen zugeordnet, aus denen sich unterschiedlich dringlicher Handlungsbedarf ergibt. Auf der Ebene der Risikoausprägungen können den berechneten Werten bzw. den Gefährdungsklassen Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden.
Aus der Suche nach den Risiken
Die auf allen Stufen dargestellten Gefährdungsklassen geben den Projektgruppen die Möglichkeit, sukzessive nach den Risikoursachen zu suchen. Angefangen auf der Lieferantenebene können sie sich an den Gefährdungsgraden bis zu den kennzahlengestützten Bestimmungsfaktoren der Risiken vorarbeiten, was diesen detaillierte Anhaltspunkte für die Planung der Risikohandhabung verschafft.
Da die betrachteten, auslösenden Faktoren in ihrer Gesamtheit bekannt sind, konnten für sie bereits in der Konzeptionierungsphase des SRM entsprechende mögliche Handhabungsmaßnahmen definiert werden. Dabei wurden die Risikoleitlinien aus der Unternehmensführung in den Beschaffungsbereich übertragen und bei der Formulierung der Maßnahmen berücksichtigt.
Zur weiteren Unterstützung der Risikohandhabung wurde ein Risikoreporting entwickelt, das die Risikowerte aufzeichnet, deren Verläufe in die Zukunft extrapoliert und in Trendvorhersagen abbildet. Deswegen wurden nicht nur risikobehaftete Zustandsdaten, sondern auch risikobehaftete Entwicklungen bei der Formulierung der Maßnahmen berücksichtigt.
Erstellung eines automatisierten Prozesses
Nachdem sowohl die Parameter des Risikomanagements als auch ihre Verhältnisse zueinander herausgearbeitet wurden, sollte bzgl. der Berechnung für den einzelnen Lieferanten ein automatisierter Prozess konzipiert werden. Dazu mussten die grundsätzliche Struktur und der Aufbau eines softwarebasierten Risikoanalyse-Tools erarbeitet werden. Eine der schwierigsten Anforderungen war es hierbei, das Tool so zu konstruieren, dass es bereits bestehende, unternehmensinterne Daten aus unterschiedlichen Quellen der Lieferantendatenbank verarbeiten kann. Der klaren und eindeutigen Definition von Schnittstellen und Kanälen des Datenimports kam deswegen höchste Bedeutung zu. Darüber hinaus wurden die Fragebögen für zukünftige Lieferantenselbstauskünfte angepasst und auf einen reibungslosen elektronischen Datenimport in das Risikoanalyse-Tool vorbereitet. Die Automatisierung erforderte vom PCM des Weiteren eine anspruchsvolle statistisch-mathematische Modellierung der Berechnungsschritte zur Ermittlung der Risikowerte und ihrer Trends.
Fortführung des SRM
Betrachtet man das zu dieser Themenstellung laufende und oben dargestellte Projekt, so lassen sich vier wesentliche Faktoren für ein erfolgreiches, pro-aktives SRM erkennen.
Der erste Erfolgsfaktor sind die Risikotransparenz und das erweiterte Wissen über den Zulieferer zu jedem Zeitpunkt der Abnehmer-/Lieferantenbeziehung. Diese Transparenz ist nur zu erreichen, wenn zur Identifikation aller möglichen Risikotreiber auch sämtliche internen und externen Informationsträger einbezogen werden. Das waren bei T-Mobile vor allem die einzelnen Fachbereiche und externe Experten. Darüber hinaus ist eine explizite Betrachtung der Risiken erforderlich, um die Gesamtheit der Risikosituation eines Lieferanten zu erfassen. Nur wenn alle möglichen Risiken bekannt sind, fallen die tatsächlichen Risiken auch auf.
Als zweiter Erfolgsfaktor gilt das frühzeitige Erkennen potenzieller Gefahren, die von Risiken und Risikotreibern ausgehen. Dazu ist bei TMD ein innovativer, automatisierter Prozess entwickelt worden, der für bestehende Lieferantendaten in Echtzeit einen Risikostatus für diesen Lieferanten berechnet und Handlungsmaßnahmen für identifizierte Risiken bereitstellt. Dies ermöglicht erst eine zeitnahe Handhabung der Risiken. Je frühzeitiger Risiken erkannt und bearbeitet werden, desto geringer ist tendenziell der Aufwand, der zu ihrer Verminderung betrieben werden muss.
Die Objektivität der Bewertung von Risiken und die objektive Auswahl der Handhabungsmaßnahmen bilden zusammen den dritten Erfolgsfaktor. Dies wird ebenfalls durch die automatisierte Berechnung sichergestellt, so dass die Risiken für alle Lieferanten in vergleichbarer Form vorliegen und eine objektive Dringlichkeitsrangfolge erstellt werden kann. Das System gewährleistet darüber hinaus, dass für diese Risiken auch die passenden Maßnahmen ergriffen werden. Durch die Objektivität der Risikoanalyse und der Maßnahmenauswahl wird gewährleistet, dass die relevanten Risiken entsprechend bearbeitet werden.
Der vierte Erfolgsfaktor liegt in der Kontinuität des SRM. Nur wenn die volatilen Lieferantendaten auf einem aktuellen Stand gehalten werden, ist eine sinnvolle Bearbeitung von Risiken möglich. Eine regelmäßige Kontrolle der Daten sowie eine ständige Kontrolle des Lieferantenrisikostatus sind daher für eine zeitnahe Risikobearbeitung unabdingbar.
Betrachtet man im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Gegenüberstellung den gesamten Aufwand zur Durchführung des SRM-Prozesses hinsichtlich Mitarbeiterstunden und Ausgaben für Softwarelösungen im Verhältnis zu den Einsparungen und Verbesserungen, so erkennt man den hohen Wirkungsgrad dieser Vorgehensweise. Dieser Erfolg spricht für eine Fortführung des SRM bei TMD.
Mehr noch: Das Risikomanagement soll bezüglich der wichtigsten Lieferanten bzw. der bedeutendsten Beschaffungsobjekte auf die gesamte vorgelagerte Wertschöpfungskette ausgedehnt werden, um die Bezugs- und Qualitätssicherheit weiter zu erhöhen. Die Software erlaubt dabei durch ihre offene Gestaltung eine Erweiterung mit neuen und angepassten Elementen. Zur Berücksichtigung von Vorlieferanten stehen T-Mobile zwei Wege offen: Zum einen könnte dies in Eigenregie geschehen, zum anderen könnte das System für die direkten Lieferanten lizenziert werden.
Gemeinsam mit der Kostenanalyse ist das SRM der erste Schritt zur Auswahl der Lieferanten und zum Aufbau einer Lieferantenpartnerschaft. Auf dieser Basis wer- den Lieferanten-Entwicklungsprogramme durchgeführt und so ein Lieferanten- und Supply-Chain-Management initiiert. Hierdurch können strategisch wichtige Lieferanten systematisch aufgebaut und ihre Leistungen optimiert werden – ein Erfolg versprechender Ansatz für die zukünftigen Herausforderungen bei TMD.

Der Autor


Inhalt des zweiten Teils

Der Folgebeitrag von „Chancen- und risikoorientierte Lieferantenanalyse bei der T-Mobile Deutschland“, der in der Juli-Ausgabe von Beschaffung aktuell erscheinen wird, erklärt
  • die Risikoberechnung in der SRM-Software,
  • die Verifizierung der Risikoanalyse und die Auswahl der zu bearbeitenden Risiken,
  • die Erstellung eines Risikomanagementplans,
  • die Umsetzung des Risikomanagementplans und dessen zyklische Kontrolle durch die SRM-Software.
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