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Chinas neue Seidenstraße: Was dahinter steckt

Buchrezension
Chinas neue Seidenstraße: Was dahinter steckt

Chinas neue Seidenstraße: Was dahinter steckt
Wolf D. Hartmann; Wolfgang Maennig; Run Wang unter Mitarbeit von Nikolaus A. Egel: Chinas neue Seidenstraße. Kooperation statt Isolation – Der Rollentausch im Welthandel. Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2017, 214 Seiten, 19,90 Euro
Im Wettstreit der internationalen Akteure hat die Volksrepublik China ein geopolitisches Initiativmodell der Kooperation und Entwicklung entworfen, das sowohl Kontinente überspannend als auch auf maritimen Wegen die betreffenden Weltregionen neu vernetzen soll. „Kooperation statt Isolation – Der Rollentausch im Welthandel“, lautet der Untertitel des hier vorgestellte Buchs.

Seit Donald Trump Präsident der USA ist, geht weltweit das Gespenst der Rückkehr zu Protektionismus um. In diesem Umfeld präsentiert sich ausgerechnet der chinesische Staatspräsident Xi Jinping als neuer engagierter Protagonist der freien Weltwirtschaft. China hat mit der neuen Seidenstraße ein einzigartiges geopolitisches Initiativmodell der Kooperation und internationalen wirtschaftlichen Entwicklung entworfen. China verfolgt die Vision der Wiederbelebung der legendären Seidenstraße, die schon im 2. Jahrhundert vor Christus China über viele Zwischenstationen mit Europa verbunden hatte. Im Fachjargon ist die Rede von der „One Belt One Road“-Iniative (kurz: OBOR). Mit diesem ambitionierten Megaprojekt möchte China im 21. Jahrhundert Asien und Europa nicht nur mit modernen Straßen, Schienennetzen, Schifffahrtslinien, Häfen, Industriekorridoren und Kommunikationsnetzen verbinden, sondern auch – wie es heißt – den friedlichen internationalen Wettbewerb zum gegenseitigen Vorteil und kulturellen Austausch fördern.

Das vorliegende kenntnisreiche Buch stellt das ambitionierte Vorhaben in einen größeren Zusammenhang jenseits der Entwicklung neuer logistischer Verbindungen zu Lande und zu Wasser: Es analysiert den Aufbruch Chinas in die neue Zeit. Der Untertitel der Schrift „Kooperation statt Isolation – Der Rollentausch im Welthandel“ skizziert treffend, um was es den drei Autoren, die allesamt Hochschullehrer sind, geht: Die vollwertige Einbindung Chinas in die Weltwirtschaft. Sie befassen sich darin weniger mit der Vergangenheit (Stichworte: China als Werkbank des Westens und China als Produzent eher minderwertiger, niedrigpreisiger Massenprodukte) als mit der zukünftigen Rolle des Reichs der Mitte in der digitalisierten Welt des 21. Jahrhunderts. Sie zeigen auf, wie China alles daran setzt, eine Spitzenposition zu erreichen. Chinas Wirtschaft wächst nach wie vor mit einer hohen Geschwindigkeit, auch wenn die Wachstumsraten nicht mehr zweistellig sind. China erweist sich daher als starker Motor der Weltwirtschaft, der die USA und Europa braucht, den aber auf der anderen Seite der Westen ebenso braucht. Daher müssen Verbindungen und Bindungen geschaffen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass es Win-win-Verbindungen sein werden.

Die Autoren stellen fest, dass mit China eine neue und selbstbewusste politische Großmacht wiedererstanden ist, die in den nächsten Jahrzehnten die Geopolitik entscheidend mitbestimmen wird. Chinas neue Seidenstraße ist die Vision, die als weltumspannende Kontinental- und Seeverbindung das 21. Jahrhundert verändern soll und dies nicht zuletzt im Interesse Chinas. China fordert mit der Seidenstraße die USA und Europa auf neue Weise, nicht nur in Eurasien, sondern bis nach Afrika, massiv heraus (Stichwort: Chinas zunehmende Präsenz in Afrika). Die Autoren beklagen völlig zu Recht, dass es sowohl Europa als auch den USA an einer analogen Vision fehle.

Die vorliegende Schrift analysiert fundiert Licht und Schatten von OBOR und stellt die Initiative in den Kontext der übergeordneten chinesischen Innovations- und Wirtschaftsstrategie. Im Einzelnen behandeln die Autoren Chinas neue Rolle in der Globalisierung, Dimensionen der Landprojekte der neuen Seidenstraße, Dimensionen der maritimen Seidenstraße und darin auch die besondere Rolle Griechenlands, Erfolgsbeispiele und Probleme chinesischer Innovationsstrategien, insbesondere die beispielhaften und beeindruckenden Initiativen in den Feldern Digitalisierung und Elektromobilität. Sie analysieren in diesem Zusammenhang auch die bemerkenswerten Anstrengungen Chinas zu einer Cleantech-Führerschaft. Sie blenden – für Einkäufer sicher interessant – nicht den die Rohstoffpreise in Zukunft weiter treibenden enormen Ressourcenbedarf für die neue Seidenstraße aus. Das gut strukturierte Buch schließt mit einem lesenswerten Beitrag über den Forschungsstand zur historischen Seidenstraße. Die Autoren bewerten die „One Belt One Road“-Initative abschließend optimistisch. Für sie dominieren die Vorteile für alle Beteiligten, auch wenn es vielleicht ein halbes Jahrhundert dauern wird, bis die Saat aufgeht.


Prof. Dr. Robert Fieten,
fachlicher Berater der
Beschaffung aktuell,
Köln

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