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Damit zusammenpasst, was zusammen gehört – Messprozesse im Blick

Lieferantenmanagement
Damit zusammenpasst, was zusammen gehört – Messprozesse im Blick

Immer wieder müssen Einkäufer feststellen, dass trotz ausführlicher Auftragsbeschreibungen und auditierter Fertigung die zugelieferten Bauteile nicht passen. Aus Angst vor teuren Rückrufaktionen oder Reklamationen gehen viele Unternehmen gleich auf Nummer sicher und prüfen die zugelieferten Teile trotz ausführlicher Messprotokolle zu 100 Prozent nach. Eine detaillierte Optimierung von Messprozessen könnte Abhilfe schaffen und für vertrauenswürdige Messergebnisse sorgen.

Die gezielte Qualifizierung und Standardisierung von Messprozessen spielt im Lieferantenmanagement oft noch eine eher untergeordnete Rolle. Oft fehlt den Auditoren laut Dr. Stephan Back, Six Sigma Master Black Belt der Carl Zeiss SMT GmbH, das notwendige Messtechnik- und Normenwissen zur detaillierten Beurteilung der Prozesse. Unternehmen, die ihre eigenen und die Messprozesse ihrer Lieferanten detailliert bewerten, „schaffen jedoch eine Vertrauensbasis für ihre Zusammenarbeit, beschleunigen Lieferketten und stellen sicher, dass zusammenpasst, was zusammengehört“, so Dr. Stephan Back.

Zertifizierte Messprozesse. Gemessen wird hierzulande nicht zu knapp. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Teile nicht passen. Obwohl sie laut Messprotokoll des Lieferanten passen müssten. Doch die vielen umfangreichen Messprotokolle lösen das grundsätzliche Problem nicht: Eine Dokumentation der Messergebnisse beweist nicht zwingend, das richtig gemessen wurde. Denn die Einflüsse auf den Messprozess sind ausgesprochen vielfältig und komplex. Dass Temperatur, Schwingungen und Verunreinigungen Messergebnisse verfälschen können, ist zwar weitgehend bekannt. Doch beeinflussen diese nur zu einem kleinen Teil das Ergebnis.
Das Werkstück selbst, das Messgerät das gewählte Messverfahren und nicht zuletzt der Bediener selbst haben einen sehr viel größeren Einfluss darauf, ob das Resultat der Messung richtig und reproduzierbar ist.
Dass sich trotz dieser Einflüsse und Fehlerquellen Vertrauen in die Messergebnisse schaffen lässt, zeigt Zeiss IMT mit seinem Messprozess-Assessment – ein Angebot, das übrigens völlig unabhängig davon ist, ob die eingesetzten Koordinatenmessgeräte von Zeiss selbst stammen oder von einem anderen Hersteller. Wenn Unternehmen wissen, ob ihre Messprozesse zu ihren Fertigungsprozessen, ihre Bauteile zu ihrem Messequipment und ihre Lieferanten zu ihnen passen, dann sind sie laut Ulrich Engel, Einkaufsleiter Zeiss IMT, „deutlich effizienter und damit wettbewerbsfähiger“.
Intern erprobt. Auf die Idee, ein Messprozess-Assessment einzuführen, kam Carl Zeiss Industrielle Messtechnik 2011 aufgrund einer internen Anfrage. Die Carl Zeiss Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) GmbH, eine Firma, die zum Unternehmensbereich Halbleitertechnik der Carl Zeiss AG gehört, traute den Messergebnissen ihrer Zulieferer nicht und maß alle Teile zu 100 Prozent nach. Um sich diesen Aufwand zu sparen, wollten sie ihre Zulieferer durch Zeiss IMT überprüfen und zertifizieren lassen. Aufgrund dieses konkreten Anlasses kamen Messprofis von Zeiss IMT aus der ganzen Welt zu einem Expertenworkshop zusammen, um Fragen zu formulieren, mit denen sich der Messvorgang umfassend und standardisiert analysieren lässt.
Die erarbeiteten Kriterien und Checklisten bilden die Grundlage für das Messprozess-Assessment, das Zeiss heute Unternehmen aller Branchen anbietet. Gut ausgewählte, speziell geschulte und DQS-geprüfte Assessoren planen je nach Schwerpunkt des Kunden den individuellen Ablauf und führen die Bewertung vor Ort durch. Diese Assessoren, alles Messtechniker, die mindestens fünf Jahre selbst gemessen haben, führen beim Kunden zunächst in die Thematik ein und analysieren anhand der Checkliste den Messprozess. Dabei erläutern sie die Fragen und erklären Norminhalte, d. h. sie geben immer ein Stück von ihrer Erfahrung und ihrem Wissen an die Unternehmen weiter. Während des Assessments nehmen sie alles genau in den Blick – vom Messraum, über das Messgeräteportfolio, das Personal, das Messverfahren, die Überwachung der Messgeräte, den Umgang mit den Bauteilen bis hin zum Reporting und der Dokumentation. Zusätzlich führen sie vor Ort auch Messungen mit einem kalibrierten Prüfkörper durch, um die Erkenntnisse aus den Checkfragen mit realen Messwerten zu untermauern. Neben dem Zertifikat und einer Ergebnispräsentation erstellen die Assessoren auch einen Report, in dem sie die Schwachstellen auflisten und konkrete Handlungsempfehlungen geben.
Benchmark schafft Vertrauen. Die Erfahrungen von Zeiss zeigen – der Benchmark-Wert schafft Vertrauen. Carl Zeiss Semiconductor Manufacturing Technology beispielsweise misst inzwischen nicht mehr bei den Lieferanten nach, die im Assessment einen Wert von 80 Prozent oder besser erreicht haben. Dadurch konnte das Unternehmen Kosten einsparen und die Durchlaufzeiten verringern. Mittlerweile sind Messprozess-Assessments daher bei SMT wichtiger Bestandteil im jährlichen Auditprogramm. Das heißt, Zeiss SMT plant Messprozess-Assessments wie andere Lieferantenaudits und nutzt damit dieselben Reportingstrukturen und Maßnahmen-Trackings. Außerdem werden Messprozess-Assessments immer bei neuen Lieferanten eingesetzt. Dadurch ist bereits sehr früh klar, ob ein potentieller Lieferant die Teile nicht nur fertigen, sondern auch verlässlich qualifizieren kann. So werden beispielsweise Prüfpläne unmittelbar nach Zeichnungsfreigabe erstellt, Messstrategien werden frühzeitig mit den Lieferanten abgestimmt und Erstmusterprüfungen werden teilweise gemeinsam vor Ort beim Lieferanten durchgeführt. Durch diese früh einsetzende und enge Zusammenarbeit mit dem Lieferanten werden die nachgelagerten Kosten und Aufwände reduziert.
Seit einem Jahr bietet Zeiss den Service auch externen Unternehmen an und evaluierte den Messprozess bereits bei über 20 Firmen, in der Mehrheit Automobil- und Optikzulieferer. Dabei ging es nicht immer um die Begutachtung der Lieferanten. Ein Automobilzulieferer in Mexiko ließ zum Beispiel die Messvorgänge innerhalb seiner Produktionsstätten analysieren. Denn obwohl dort auf sehr hohem Niveau gemessen wurde, passten die Teile in der Fertigung nicht. Das Problem hier: Die Messaufgabe wurde von Werk zu Werk unterschiedlich interpretiert. Mit anderen Worten, die Messstrategie stimmte nicht. Und darum maßen die einen die Bohrung auf Durchmessermaß und die anderen auf Passungsmaß. Dank der Hinweise der Assessoren stimmten die Mexikaner ihren Kommunikationsprozess ab und formulierten Messrezepte, die alle Messparameter abdecken und beispielsweise eindeutig festlegen, wann welches Ausgleichsverfahren verwendet werden muss.
Neben einer fehlerhaften Messstrategie beeinträchtigt erfahrungsgemäß auch das Handling der Sensorüberwachung, die Temperaturüberwachung oder die Dokumentationsstrategie häufig die Vergleichbarkeit der Messergebnisse. Aber eben nicht immer und nicht bei allen. Und darum entschloss sich die Geschäftsleitung des mexikanischen Unternehmens, nach der Überprüfung des Messprozesses in anfänglich drei Werken diesen nun auch in den anderen sieben Werken prüfen zu lassen. Für Ulrich Engel, Einkaufsleiter Zeiss IMT, zeigt dieses Beispiel sehr gut: „Eine standardisierte Analyse der Messprozesse erhöht das Vertrauen, verbessert die Ergebnisse und letztlich die Effizienz aller Prozesse und sollte daher auch unverzichtbarer Bestandteil des Lieferantenmanagements sein.“
Ulrich Engel, Einkaufsleiter Zeiss IMT
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