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Das Gewährleistungsrecht des UN-Kaufrechts Qualität und Quantität der Ware

UN-Kaufrecht
Das Gewährleistungsrecht des UN-Kaufrechts Qualität und Quantität der Ware

Das Gewährleistungsrecht des UN-Kaufrechts Qualität und Quantität der Ware
Sven Regula ist Rechstanwalt in der Sozietät Regula & Schauffelen in Kelkheim. Sein Schwerpunkt liegt in der rechtlichen Beratung von Unternehmen. Als Autor ist er unter anderem für den
Aufgrund von Art. 35 Abs. 1 hat der Verkäufer Ware zu liefern, die in Menge, Qualität und Art sowie hinsichtlich der Verpackung den Anforderungen des Vertrags entspricht. Während der Käufer nach deutschem Recht bei einer nicht vertragsgemäßen Menge der Warenlieferung grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche geltend machen kann, behandelt das UNKaufrecht die Quantität einer Lieferung bei den Festlegungen bezüglich der Vertragsgemäßheit der Ware.
Beispiel:
Der französische Verkäufer liefert statt der bestellten 1.000 Flaschen Wein lediglich 10 Flaschen Wein. Nach deutschem Recht wäre der Verkäufer mit 990 Flaschen in Verzug. Da es sich um eine krasse Abweichung von der Bestellung handelt, wäre diese Lieferung nach § 378 HGB auch nicht genehmigungsfähig, so daß der Käufer auch nach Wochen noch auf eine Lieferung bestehen könnte. Nach dem UNKaufrecht hingegen muß der Käufer, um seine Rechte zu erhalten, innerhalb einer so kurzen Frist die Ware untersuchen, wie es die Umstände zulassen.
Im übrigen entspricht der Begriff der „Vertragsmäßigkeit der Ware“ dem Fehlerbegriff des deutschen Rechts, das heißt, die Ware ist nicht vertragsgemäß, wenn ihre „IstBeschaffenheit“ von der „SollBeschaffenheit“ abweicht. Dies ist primär an den vertraglichen Vereinbarungen und hilfsweise an objektiven Kriterien zu bestimmen.
Ob eine Sache, wenn ihr IndenVerkehrbringen gegen öffentlichrechtliche Normen verstößt (wie bei Lebensmitteln), vertragswidrig im Sinne des Art. 35 ist, kann problematisch sein, da bei der Bestimmung von Mängeln nicht sämtliche Regeln all jener Länder berücksichtigt werden können, in die ein Export möglich ist. Unproblematisch ist jedoch der Fall, in dem im Land des Verkäufers die gleichen Vorschriften gelten wie im Käuferland.
Im Gegensatz zum deutschen Recht differenziert das UNKaufrecht jedoch nicht zwischen mangelhafter Lieferung und Falschlieferung. Auch dies ist wiederum eine Folge der einheitlichen Behandlung der unterschiedlichen Vertragswidrigkeitstatbestände. Diesbezüglich muß der deutsche Einkäufer bei Falschlieferungen, welche in krasser Weise von der bestellten Ware abweichen, wiederum berücksichtigen, daß auch eine solche Lieferung innerhalb einer kurzen Frist gerügt werden muß.
Beispiel:
Liefert der Verkäufer statt Bittermandelöl gefärbtes Wasser, so entfällt nach deutschem Recht die Rügepflicht, wogegen sie nach dem UNKaufrecht besteht und im Falle des Fristablaufs zu einer Genehmigung der Ware führt.
Merke:
Auch die nicht genehmigungsfähige Falschlieferung muß innerhalb einer angemessenen Frist gerügt werden.
2. Zugesicherte Eigenschaften
Während das deutsche Kaufrecht in einem Fall der mangelhaften Lieferung dem Käufer ein Recht auf Schadensersatz nur dann gewährt, wenn er sich Eigenschaften ausdrücklich zusichern ließ und das Fehlen dieser Eigenschaften zu einem Schaden führte, kennt das UNKaufrecht keine spezielle Vorschrift über zugesicherte Eigenschaften. Eine solche Vorschrift ist auch durchaus entbehrlich, da sämtliche Sachmängel gleichbehandelt werden, das heißt, der Käufer kann beim Vorliegen eines Sachmangels immer Schadensersatz verlangen.
Beispiel:
Firma K bestellt aufgrund eines Katalogs bei der amerikanischen Firma V Kugellager. Diese Kugellager sind laut Katalog bis 1.000 °C hitzebeständig. Da einige der Lager bereits bei 900 °C festbacken, entstehen Schäden an den Maschinen. Nach deutschem Recht könnte der Käufer den Ersatz dieser Schäden nicht verlangen, da er sich die Hitzebeständigkeit nicht ausdrücklich zusichern ließ. Nach dem UNKaufrecht hat der Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz.
Merke:
Grundsätzlich berechtigt jeder Sachmangel zum Schadensersatz. Auf die Zusicherung von Eigenschaften kommt es diesbezüglich nicht an.
In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, daß eine ausdrückliche Zusicherung von Eigenschaften auch im Rahmen des UNKaufrechts für den Käufer von Vorteil und zum Teil auch notwendig ist. Für den Verkäufer besteht nämlich grundsätzlich die Möglichkeit, gegen den Schadensersatzanspruch einzuwenden, daß die Nichterfüllung seiner Pflicht auf einem Hinderungsgrund beruht, der außerhalb seines Einflußbereichs lag und den er bei Vertragsschluß vernünftiger Weise nicht erwarten konnte (Art. 79 Abs. 1). Dieser Einwand ist dem Verkäufer bei der Zusicherung von Eigenschaften zumindest erheblich erschwert, wenn nicht sogar gänzlich ausgeschlossen.
Sind in dem Vertrag weder Zusicherungen noch allgemeine Angaben über Eigenschaften enthalten, so muß die Ware die Eigenschaften besitzen, die für einen durchschnittlichen Gebrauch der Sache notwendig sind (Art. 35 Abs. 2a).
Tip:
In einer Präambel den vom Käufer beabsichtigten Gebrauch der Sache beschreiben.
Rechtsfolgen bei mangelhafter Ware
Im Gegensatz zum deutschen Recht, welches scharf zwischen den Rechtsfolgen bei Nichtlieferung und mangelhafter Lieferung unterscheidet (im ersten Fall gelten die Vorschriften über Verzug und Unmöglichkeit und im zweiten Fall die völlig andersartigen Gewährleistungsvorschriften), sieht das UNKaufrecht für beide Fälle von Leistungsstörungen ein einheitliches System von Rechtsbehelfen vor.
Wurde vom Verkäufer mangelhafte Ware geliefert, hat der Käufer die Qual der Wahl seiner Rechtsbehelfe, denn im Gegensatz zur Nichtlieferung, bei welcher der Käufer logischerweise keine Nachbesserung verlangen kann, stehen dem Käufer im Falle der mangelhaften Lieferung, abgesehen von dem Anspruch auf Erfüllung, grundsätzlich sämtliche Rechtsbehelfe offen. Er kann demnach wählen zwischen:
–Ersatzlieferung (Art. 46 II),
–Nachbesserung (Art. 46 III),
–Aufhebung des Vertrags (Art. 49),
–Minderung des Kaufpreises (Art. 50) und
–Schadensersatz wegen Nichterfüllung (Art. 45 lb).
Dabei kann er sogar verschiedene Rechtsbehelfe kumulativ geltend machen. Dies ist aber logischerweise nur möglich, wenn die Rechtsbehelfe kompatibel sind, das heißt der Käufer kann zum Beispiel keinen Anspruch auf Nachbesserung geltend machen und gleichzeitig Vertragsaufhebung verlangen.
Aufgrund von Art. 46 Abs. 1 kann der Käufer zwar vom Verkäufer grundsätzlich auch Erfüllung seiner Pflichten verlangen. Da der Verkäufer, der eine mangelhafte Ware liefert, seine Hauptpflicht „Lieferung“ jedoch bereits erfüllt hat, modifiziert beziehungsweise beschränkt Art. 46 Abs. 2 und 3 im Falle der mangelhaften Lieferung den Erfüllungsanspruch des Käufers auf das Recht, vom Verkäufer Ersatzlieferung oder Nachbesserung zu verlangen. Daß die Ersatzlieferung und die Nachbesserung im UNKaufrecht als Modifizierung bzw. Beschränkung des Erfüllungsanspruchs anzusehen sind, hat für den Käufer jedoch eine praktische Bedeutung. Kommt der Verkäufer nämlich dem Verlangen des Käufers, ersatzweise eine andere als die gelieferte Ware zu liefern oder dem Verlangen, die Ware nachzubessern nicht nach, so verhält er sich vertragsbrüchig. Soweit er durch seine Untätigkeit den Schaden des Käufers vergrößert, ist er grundsätzlich auch zum Ersatz dieses zusätzlichen Schadens verpflichtet.
Beispiel:
Firma K bekommt von der amerikanischen Firma V mangelhafte Videokassetten geliefert. V wußte, daß K die Kassetten an Videostudios weiterveräußert und daß K für jeden Tag, den sie nicht liefert, an die Studios eine Vertragsstrafe zahlen muß. Obwohl K Ersatzlieferung verlangt, erhält sie von V keine neue Ware. Nach deutschem Recht könnte der Käufer möglicherweise Schadensersatz verlangen, wenn der Verkäufer sich in Verzug befindet. Nach dem UNKaufrecht kann der Käufer in diesem Fall grundsätzlich, unabhängig von einem Verschulden, Schadensersatz verlangen.
Merke:
Nicht erfolgte oder verspätete Ersatzlieferung oder mangelhafte Nachbesserung berechtigen grundsätzlich zum Schadensersatz.
Ersatzlieferung
Ein Anspruch auf Ersatzlieferung besteht jedoch nur in dem Fall, in dem eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt. Im Vergleich zum deutschen Recht ist der Käufer durch diese Beschränkung der Ersatzlieferung benachteiligt, denn nach § 480 Abs. 1 BGB berechtigt grundsätzlich jeder Mangel an einer Gattungssache zur Geltendmachung des Rechts auf Ersatzlieferung. Es sei denn, der Mangel ist völlig unerheblich oder sofort zu beseitigen, so daß ein Bestehen des Käufers auf Ersatzlieferung treuwidrig wäre.
Im Hinblick auf diese Beschränkung empfiehlt sich unter Umständen eine vertragliche Vereinbarung, wonach eine Ersatzlieferung auch bei unwesentlichen Vertragsverletzungen möglich sein soll.
Im Vergleich zum deutschen Recht ist eine Ersatzlieferung nach dem UNKaufrecht jedoch auch bei Stückschulden möglich, denn das UNKaufrecht differenziert nicht zwischen Gattungs- und Stückschulden. Dies bedeutet gegenüber dem BGB eine Ausweitung der Käuferrechte, denn bei Stückschulden ist nach § 462 BGB nur Wandlung oder Minderung möglich.
Beispiel:
Firma V liefert an Firma K eine Spezialmaschine, die infolge erheblicher Beschädigungen funktionsuntüchtig ist. K verlangt nun Ersatzlieferung. Nach deutschem Recht handelt es sich bei dieser Lieferung um die Erfüllung einer Stückschuld, so daß eine Ersatzlieferung nicht verlangt werden könnte. K ist auf die Rechtsbehelfe Wandlung oder Minderung beschränkt.
Nach dem UNKaufrecht wäre die mangelhafte Lieferung in diesem Fall eine wesentliche Vertragsverletzung gewesen. K könnte von V Ersatzlieferung und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen.
Voraussetzung für einen Anspruch auf Ersatzlieferung ist jedoch in jedem Fall, daß die Vertragswidrigkeit der Ware dem Verkäufer innerhalb einer angemessenen Frist angezeigt wurde und daß der Käufer entweder direkt mit dieser Anzeige zusammen oder innerhalb einer angemessenen Frist danach die Ersatzlieferung verlangt hat.
Merke:
Auch bei Stückschulden kann grundsätzlich Ersatzlieferung verlangt werden.
Nachbesserung
Im Gegensatz zum BGB, wonach ein Nachbesserungsanspruch kraft Gesetzes nicht besteht, kann der Käufer nach dem UNKaufrecht auch einen Anspruch auf Nachbesserung geltend machen, sofern dies objektiv möglich und dem Verkäufer nicht unter Berücksichtigung aller Umstände unzumutbar ist. Für diesen Anspruch ist es nicht erforderlich, daß die Vertragsverletzung eine wesentliche im Sinne des Art. 25 ist. Nachbesserung kann der Käufer jedoch nur dann verlangen, wenn er dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit der Ware zuvor innerhalb einer angemessenen Frist angezeigt und er ihn bereits im Zusammenhang mit dieser Anzeige zur Nachbesserung aufgefordert hat oder dies innerhalb einer angemessenen Frist danach noch verlangt.
Merke:
Das UNKaufrecht enthält einen gesetzlichen Nachbesserungsanspruch.
Vertragsaufhebung
Der Rechtsbehelf der Vertragsaufhebung tritt an die Stelle des Rechtsbehelfs der Wandlung nach deutschem Recht. Zwischen beiden besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied. Während nach deutschem Recht die Wandlung nur dann nicht erklärt werden kann, wenn der Wert oder die Tauglichkeit der Ware nur unerheblich gemindert ist, ist eine Vertragsaufhebung nach dem UNKaufrecht nur bei wesentlichen Vertragsverletzungen möglich.
Beispiel:
Die Ware hat kleinere Kratzer am Gehäuse. Während der Käufer diese Ware nach deutschem Recht in nahezu jedem Fall zurückgeben und sein Geld zurück verlangen könnte, kann er nach dem UNKaufrecht praktisch lediglich Nachbesserung und Minderung verlangen. Sollte ihm jedoch aufgrund der Kratzer ein Schaden entstehen, haftet der Verkäufer unter Umständen auch für diesen Schaden.
Aufgrund dieser eingeschränkten Möglichkeit der Vertragsaufhebung (Wandlung) ist es für einen deutschen Käufer sinnvoll, vertraglich zu vereinbaren, daß er auch bei nicht wesentlicher Schlechtlieferung die Möglichkeit der Vertragsaufhebung erklären kann.
Minderung
Das Recht auf Minderung entspricht im wesentlichen dem des deutschen Rechts. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Methode der Berechnung der Minderung, denn sowohl nach dem deutschen Recht als auch nach dem UNKaufrecht wird der geminderte Kaufpreis nach der proportionalen Berechnungsmethode ermittelt. Während das deutsche Recht bei dieser Berechnung jedoch auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellt, legt das UNKaufrecht der Berechnung den Zeitpunkt der Warenlieferung zugrunde. In jedem Fall errechnet sich der geminderte Kaufpreis nach folgender Formel:
X (geminderter wirklicher Wert
Kaufpreis) = (mangelhafte Ware)
Kaufpreis objektiver Wert
(mangelfreie Ware)
Beispiel:
Firma V und Firma K vereinbaren am 01.08. den Verkauf von Kaffee der Güteklasse 1a zum Preis von DM 200, pro Sack. V liefert am 30.08. Kaffee der Güteklasse 2. Dieser Kaffee kostete am 01.08. DM 150, pro Sack. Am 30.08. kostet ein Sack Kaffee der Güteklasse 1a lediglich noch DM 160, und Kaffee der Güteklasse 2 nur noch DM 80,.
Nach deutschem Recht errechnet sich folgender geminderter Kaufpreis:
X 150
––– = ––––– (Ergebnis: X = DM 150,-)
200 200
Nach dem UNKaufrecht, wonach auf den Zeitpunkt der Lieferung abzustellen ist, errechnet sich folgender geminderter Kaufpreis:
X 80
––– = –––––– (Ergebnis: X = DM 100,-)
200 160
lm Gegensatz zum deutschen Recht, wonach der Käufer zwischen Wandlung und Minderung hin und her wechseln kann, bis sich der Verkäufer für einen Rechtsbehelf entschieden hat, bewirkt nach dem UNKaufrecht bereits die Erklärung der Minderung, daß der Käufer nicht mehr die Aufhebung des Vertrags erklären (wandeln) oder Erfüllung verlangen kann.
Merke:
Die Erklärung der Minderung hat Gestaltungscharakter.
Aufgrund von Art. 37 in Verbindung mit Art. 50 Satz 2 ist eine Minderung des Kaufpreises allerdings ausgeschlossen, wenn der Verkäufer im Falle vorzeitiger Lieferung für nicht vertragsgemäße Ware Ersatz liefern will oder die Vertragswidrigkeit beheben möchte und der Käufer diese Erfüllung verweigert, obwohl ihm diese Nachleistung keine unzumutbaren Unannehmlichkeiten oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.
Beispiel:
Obwohl als Lieferzeitpunkt der 30.10. vereinbart war, liefert Firma V schon am 15.10. die bestellten 1.000 Hemden. Firma K rügt am 16. 10. die Mangelhaftigkeit von 100 Hemden. Am 20.10. schickt V 100 mangelfreie Hemden und bittet um Rücksendung der mangelhaften Ware. Nach deutschem Recht müßte sich K grundsätzlich nicht auf die Nacherfüllung einlassen. Statt dessen könnte K in jedem Fall Wandlung oder Minderung verlangen. Nach dem UNKaufrecht könnte K keine Minderung verlangen, wenn die Nachleistung für ihn keine unzumutbaren Unannehmlichkeiten oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.
Anders als im deutschen Recht kann der Käufer neben der Minderung grundsätzlich auch Schadensersatz verlangen. Dies ist für den Käufer insbesondere dann von Vorteil, wenn der Preis der Ware zwischen Vertragsabschluß und Lieferung gestiegen ist, denn der Käufer kann dann als Schadensersatz die Differenz des Wertes von gelieferter und versprochener Ware geltend machen.
Beispiel:
Die venezuelanische Firma V verkaufte am 01.08. an Firma K Kaffee Güteklasse 1a zum Preis von DM 200, pro Sack. Am 30.08. lieferte V Kaffee der Güteklasse 2. Der Preis für diesen Kaffee betrug am 01.08. DM 150, pro Sack und am 30.08. DM 300, pro Sack. Der Preis für 1a Kaffee betrug am 30.08. DM 400, pro Sack. Sowohl nach deutschem Recht als auch nach UNKaufrecht kann der Käufer den Kaufpreis von DM 200, lediglich um DM 50, mindern. Da die gelieferte Ware am 30.08. jedoch DM 300, wert war und die versprochene Ware DM 400, wert gewesen wäre, kann K, statt um DM 50, zu mindern, nach dem UNKaufrecht Schadensersatz in Höhe von DM 100, verlangen beziehungsweise um DM 50, mindern und Schadensersatz in Höhe von DM 50, verlangen. Nach deutschem Recht wäre K auf die Minderung des Kaufpreises beschränkt.
Merke:
Schadensersatz kann kumulativ zur Minderung geltend gemacht werden.
Schadensersatz
Aufgrund von Art. 45 Ib in Verbindung mit Art. 74 kann der Käufer bei jeglichen Vertragsverletzungen kumulativ zu allen anderen Rechtsbehelfen auch Schadensersatz verlangen. Dieser ist nicht an eine wesentliche Vertragsverletzung gebunden und umfaßt auch den Mangelfolgeschaden. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist der Anspruch auf Schadensersatz nicht an ein Verschulden gekoppelt, sondern vielmehr als Garantiehaftung konzipiert.
Begrenzt wird die Schadensersatzpflicht jedoch durch den Tatbestand der Befreiung nach Art. 79 sowie durch Art. 74 S. 2, der auf den vorhersehbaren Schaden abstellt.
Merke:
Der Schadensersatz nach dem UNKaufrecht ist als Garantiehaftung mit Entlastungsmöglichkeit konzipiert.
Nach Art. 79 Abs. 1 kann sich der Schuldner für die Nichterfüllung des Vertrags nur entlasten, wenn er den Nachweis erbringt, daß die Vertragsverletzung auf der Einwirkung eines nicht beherrschbaren, dem Einfluß des Schuldners entzogenen Hinderungsgrunds beruht. Als Hinderungsgründe in diesem Sinne kommen nur objektive, der Leistung entgegenstehende Umstände in Betracht. Dazu zählen insbesondere Naturereignisse, politische Geschehnisse, faktische Verhältnisse oder Rechtssetzungsakte wie Ausfuhrsperren oder Importverbote. Dementgegen kann sich der Schuldner praktisch niemals auf persönliche Hinderungsgründe wie unvorhersehbare Krankheit, Tod oder Verhaftung berufen.
Der Hinderungsgrund muß nach dem Wortlaut des Art. 79 außerhalb des Einflußbereichs des Schuldners liegen. Nach einer Faustregel ist dies immer dann der Fall, wenn „es keinen Sinn hat, dagegen Vorkehrungen zu treffen“. Desweiteren kann sich der Schuldner entlasten, wenn der Hinderungsgrund der Risikosphäre des Gläubigers zuzurechnen ist. Sofern der Hinderungsgrund dem Einflußbereich des Schuldners entzogen ist, kann er sich dennoch nicht entlasten, wenn vernünftigerweise von ihm erwartet werden konnte, daß er den Hinderungsgrund bei Vertragsschluß in Rechnung stellt.
Beispiel:
Der Verkäufer muß die Sperrung von Transportwegen in Rechnung stellen, wenn diese Wege durch Gebiete führen, in denen kriegerische Auseinandersetzungen stattfinden.
Bezüglich der Vorhersehbarkeit des Schadens kommt es darauf an, „mit welchem bei der Sachlage als ernsthaft in Betracht kommenden Schaden ein vernünftiger „idealtypischer“ Schuldner rechnen mußte“.
Grundsätzlich trägt der Schuldner die Verantwortung für
–die von ihm angestellten Personen,
–seine finanzielle Leistungsfähigkeit,
–Beschaffenheit und Organisation seines gegenständlichen Herrschaftsbereichs wie beispielsweise der Produktionsmaschinen und der Datenverarbeitungsanlagen,
–das Beschaffungsrisiko (wie Ausfall des Zulieferers),
–Sachmängel an den vom Verkäufer selbst hergestellten Waren.
Tip:
Als Käufer grundsätzlich Schadensersatz verlangen und warten, ob der Verkäufer sich entlasten kann.
Rechtsmängel im UN-Kaufrecht
Wie im deutschen Recht werden Rechtsmängel und Sachmängel gesondert behandelt. Im Gegensatz zum deutschen Recht enthält das UNKaufrecht jedoch bezüglich der Haftung für Rechtsmängel nach Art. 41 eine entscheidende Einschränkung in Art. 42: Bei Rechten Dritter aus geistigem Eigentum, welche dem Dritten im Zeitpunkt der Lieferung zustehen oder welcher sich der Dritte berühmt, haftet der Verkäufer nur, wenn er das Bestehen solcher Rechte oder Ansprüche kannte oder diesbezüglich nicht in Unkenntnis sein konnte (verschuldensabhängige Haftung). Nach dem Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum von 1967 sind unter „geistigem Eigentum“„alle Rechte, die sich aus der geistigen Tätigkeit auf gewerblichem, wissenschaftlichem, literarischem oder künstlerischem Gebiet ergeben“ zu verstehen.
Merke:
Für Rechtsmängel haftet der Verkäufer nur, wenn er das Bestehen solcher Rechte oder Ansprüche kannte oder diesbezüglich nicht in Unkenntnis sein konnte.
Beispiel:
Firma V verkauft an Firma K eine selbstkonstruierte Maschine, ohne zu wissen, daß der Erfinder E für eine vergleichbare Maschine ein Patent innehat. E verlangt nun von K, den Betrieb der Maschine einzustellen oder an ihn eine angemessene Lizenzgebühr zu zahlen.
Nach deutschem Recht kann K von V verlangen, daß dieser an E eine angemessene Lizenzgebühr zahlt. Gelingt es V nicht, sich mit E zu einigen, und kann er deshalb seine Verpflichtung zur lastenfreien Übertragung von Eigentum nicht erfüllen, so kann K dem V eine angemessene Nachfrist setzen und nach Ablauf dieser Frist entweder vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
Dementgegen hat K nach dem UNKaufrecht gegen V keine Ansprüche, wenn V bei Vertragsschluß weder von den Rechten des E wußte noch davon wissen mußte.
Dieses Verschuldensmerkmal stellt im Rahmen des UNKaufrechts eine Ausnahme dar, da ansonsten bereits das objektive Vorliegen einer Vertragsverletzung zur Haftungsbegründung ausreicht.
Umstritten ist, was unter „kennen müssen“ im Sinne des Art. 42 zu verstehen ist. Eine Unkenntnis soll dem Verkäufer dann vorzuwerfen sein, wenn das Schutzrecht im Bestimmungsland publiziert ist, so daß den Verkäufer eine Erkundigungspflicht hinsichtlich registrierter Schutzrechte trifft. Zum Teil wird jedoch auch die Auffassung vertreten, der Verkäufer hafte nur dann, wenn in seinem Land das Schutzrecht allgemein bekannt ist und er auch Kenntnis davon hat, daß dies im Bestimmungsland ebenso ist. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, in den Einkaufsbedingungen eine Abänderung der Verkäuferhaftung vorzunehmen oder vom Verkäufer eine Garantieerklärung zu verlangen, daß die Sache frei von Rechten Dritter ist. Noch empfehlenswerter ist jedoch eine Vereinbarung, wonach Rechtsmängel den Sachmängeln gleichgestellt werden (Art. 41 abbedingen). Eine solche Vereinbarung hat den Effekt, daß der Käufer über die Möglichkeit des deutschen Rechts hinaus, wonach nur die Regeln über die Nichterfüllung anzuwenden wären, auch auf Wandlung oder Minderung, also auf alle vom UNKaufrecht gewährten Rechtsbehelfe, zurückgreifen könnte.
Zu berücksichtigen ist, daß die Verkäuferhaftung territorial begrenzt ist; das heißt, der Verkäufer hat für Schutzrechtsfreiheit nur in bestimmten Staaten einzustehen. Dies gilt zunächst für den Verwenderstaat, sofern dieser dem Verkäufer bekannt war. Ist für den Verkäufer der Verwenderstaat nicht erkennbar, so haftet er nur für Schutzrechtsfreiheit im Käuferland.
Rügefristen
Zur Wahrung seiner Rechte hat der Käufer die Ware aufgrund von Art. 38 Abs. 1 „innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben“. Insoweit entspricht die Pflicht zur Untersuchung der Ware der Regelung des HGB, wonach der Käufer die Ware „unverzüglich“zu untersuchen hat. Im Gegensatz zum HGB ist es im Rahmen des UNKaufrechts jedoch unerheblich, ob es sich um ein zweiseitiges Handelsgeschäft handelt.
Beispiel:
Firma K bestellt bei einem französischen Winzer 1.000 Flaschen Wein. Nach deutschem Recht müßte Firma K die Ware grundsätzlich nicht unverzüglich untersuchen; es sei denn, der Winzer wäre Kaufmann. Nach dem UNKaufrecht hingegen wird der Firma K ein sofortiges Handeln zugemutet, sofern ihr diese Untersuchung vernünftigerweise möglich ist.
Merke:
Auch beim einseitigen Handelskauf muß unverzüglich gerügt werden.
Für die Bestimmung der Dauer der Frist sind die individuellen Möglichkeiten des Käufers zu berücksichtigen, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist. Der Käufer kommt seiner Untersuchungsfrist jedoch bereits bei einer stichprobenartigen Untersuchung nach.
Beispiel:
Nach deutschem Kaufrecht reicht diesbezüglich bei einer Lieferung von 2.400 Pilzkonservendosen die Untersuchung von 5 Dosen aus (BGH BB 77/1019).
Sind bei einer bestimmungsgemäßen Weiterverarbeitung der gelieferten Ware hohe Mangelfolgeschäden möglich, so ist die Ware besonders sorgfältig zu kontrollieren, insbesondere sind handelsübliche Tests durchzuführen (BGH LM Nr. 13 zu § 377 HGB). Der Käufer hat die Ware bei jeder Sendung erneut zu überprüfen. Dies gilt auch für den Fall, daß frühere Lieferungen mangelfrei waren (BGHZ 101,339).
Im Hinblick auf die Bedeutung dieser Untersuchungsfrist empfiehlt sich eine vertragliche Festlegung der Frist, innerhalb welcher die Untersuchung erfolgen muß. Dabei haben die Parteien grundsätzlich die Möglichkeit, diese Frist zwischen wenigen Stunden und mehreren Monaten zu variieren.
Die Untersuchungsfrist beginnt in der Regel mit der Ablieferung der Ware beim Käufer. Sieht der Vertrag eine Beförderung der Ware vor, verschiebt sich der Beginn der Frist gemäß Art. 38 Abs. 2 auf deren Ankunft am Bestimmungsort. Dies ist der Ort, an den der Verkäufer die Ware zu versenden hat.
Beispiel:
Im Kaufvertrag ist als Lieferung „fob“ beziehungsweise „cif“ vereinbart. In diesem Fall muß die Untersuchung am Kai des Bestimmungshafens vorgenommen werden.
Wird die Ware zum Beispiel aufgrund eines Weiterverkaufs nachträglich umgeleitet oder weiterversandt, und kannte der Verkäufer bei Vertragsschluß die Möglichkeit einer solchen Umleitung oder Weiterversendung oder mußte er sie kennen, so kann die Untersuchung bis nach dem Eintreffen der Ware an ihrem neuen Bestimmungsort aufgeschoben werden (Art. 38 Abs. 3).
Verjährung
Das UNKaufrecht selbst enthält keine Verjährungsvorschrift, so daß bezüglich der Verjährung auf die nationalen Regelungen verwiesen werden muß, die nach den Regeln des internationalen Privatrechts auf den Vertrag Anwendung finden. Unabhängig von diesen im Einzelfall zu ermittelnden Verjährungsvorschriften enthält Art. 39 Abs. 2 jedoch eine zweijährige absolute Ausschlußfrist. Aufgrund dieser Ausschlußfrist verliert der Käufer nach Ablauf von zwei Jahren das Recht, sich auf die Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen. Die Laufzeit dieser Frist beginnt mit Übergabe der Ware an den Käufer.
Sofern auf den Vertrag deutsches Recht anzuwenden ist, kommt die Sondervorschrift des § 3 des Vertragsgesetzes zur Anwendung. Danach verjähren Ansprüche wegen Vertragswidrigkeit der Ware innerhalb von sechs Monaten. Diese Frist beginnt jedoch erst mit dem Tag, an welchem der Käufer dem Verkäufer die Vertragswidrigkeit anzeigt. Unabhängig von dem Zeitpunkt der Anzeige verjähren jedoch alle Ansprüche spätestens nach zwei Jahren.
Beispiel:
Die Ware wurde am 02. Juni 1992 geliefert. Am 1. Februar 1993 wird ein versteckter Mangel entdeckt und am 02. Februar 1993 dem Verkäufer angezeigt.
Nach deutschem Recht wären sämtliche Gewährleistungsansprüche mit Ablauf des 03.01.1993 verjährt.
Aufgrund von § 3 VertragsG beginnt die kurze Verjährungsfrist jedoch erst mit der Anzeige des Mangels beim Verkäufer, also am 03.02.1993, so daß der Käufer noch bis zum Ablauf des 03.08.1993 sämtliche Gewährleistungsrechte geltend machen kann. Würde der Mangel jedoch erst am 01. Mai 1994 entdeckt und angezeigt werden, würden die Gewährleistungsrechte mit Ablauf des 03. Juni 1994 verjähren, denn die Frist des § 477 BGB führt nicht zu einer Verlängerung der Gewährleistungsfrist.
Merke:
Findet neben dem UNKaufrecht deutsches Recht auf den Vertrag Anwendung, verjähren Ansprüche aus Vertragsverletzungen 6 Monate nach Anzeige der Vertragsverletzung, spätestens jedoch nach zwei Jahren. Die zweijährige Ausschlußfrist des Art. 39 Abs. 2 gilt jedoch nicht für die Geltendmachung von Rechtsmängeln. Deshalb ist der Zeitpunkt, in dem Ansprüche wegen Rechtsmängeln verjähren, ausschließlich nach den Regeln des internationalen Privatrechts zu bestimmen. Sofern danach deutsches Recht Anwendung findet, gilt jedoch nicht Art. 3 VertragsG, sondern § 195 BGB, also die 30jährige Verjährungsfrist.
Merke:
Rechtsmängel verjähren nach 30 Jahren.
Sven Regula ist Rechtsanwalt in der Sozietät Regula & Schaeuffelen in Kelkheim. Sein Schwerpunkt liegt in der rechtlichen Beratung von Unternehmen. Als Autor ist er unter anderem für den „Einkaufsrechtsberater“ tätig, außerdem ist er Referent zahlreicher Seminare, unter anderem für Ein- und Verkaufsrecht, Internationales Kaufrecht, Transport- und Vergaberecht sowie Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Wiesbaden.
 
Der Autor: Sven Regula, Rechtsanwalt, info@regula-rechtsanwaelte.de
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