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Deal or No Deal: Der Brexit-Showdown rückt immer näher

Politik und Wirtschaft
Deal or No Deal: Der Brexit-Showdown rückt immer näher

Deal or No Deal: Der Brexit-Showdown rückt immer näher
Das Brexit-Panel beim Wirtschaftstag der Botschafterkonferenz in Berlin: Axel Dittmann, Auswärtiges Amt; Joachim Lang, BDI; Sabine Weyand, EU-Unterhändlerin; Peter Wittig, Botschafter in London; Horst Wiedmann, Vorsitzender des BME-Bundesvorstandes (v. l.). Bild: Tobias Anslinger/BME

Das Vereinigte Königreich fällt Ende März 2019 aus der EU, so viel steht fest. Die Frage ist nur, wie hart der Aufschlag am Boden der Tatsachen einer Post-EU-Ära sein wird. Die entscheidende Phase der Austrittsverhandlungen ist angebrochen.

Peter Wittig, deutscher Botschafter in London, formulierte es so gar nicht diplomatisch: „Wir werden in den nächsten Monaten ein Drama erleben“, sagte er bei einer Podiumsdiskussion zum Brexit im Rahmen des Wirtschaftstages der 16. Botschafterkonferenz im Auswärtigen Amt in Berlin. Denn es ist unumkehrbar, dass das Band zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich am 29. März 2019 endgültig zerschnitten wird – egal, ob es bis dahin ein fertiges Austrittsabkommen geben wird oder nicht. „Der Brexit muss das Ende des Status quo sein“, stellte Sabine Weyand, stellvertretende EU-Chefunterhändlerin für den Brexit, klar.

Die entscheidende Phase der Verhandlungen ist nun angebrochen. Am 18. Oktober findet der nächste EU-Gipfel statt, wo beide Seiten hoffen, sich auf den weiteren Fahrplan in Sachen Austrittsabkommen bis Ende März 2019 zu verständigen. Zwar gibt es am 13. Dezember einen weiteren EU-Gipfel, doch könnte es dann schon zu spät sein. Bis Mitte November sei ein Austrittsabkommen erforderlich, wenn es noch zu einem „weichen“ Brexit kommen soll, meinte Weyand. „80 Prozent sind bereits verhandelt, 20 Prozent fehlen noch“, so die stellvertretende Chefunterhändlerin weiter. Darunter aber auch die heikle Nordirland-Frage, ohne deren Klärung es seitens der EU kein Abkommen geben wird.

In die Übergangszeit retten

Von der Vorstellung, dass bis Ende März 2019 alle offenen Fragen einer späteren Zusammenarbeit zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU geklärt sind, haben sich die Verantwortlichen ohnedies schon verabschiedet. Es gehe nun vielmehr darum, sich mit dem Austrittsabkommen in eine Übergangszeit bis Ende 2020 zu retten, in der man dann alle schwierigen Fragen zu klären hofft. „Warenverkehr, Zoll- und Logistikfragen sind zum großen Teil noch ungeklärt. Wir müssen Zeit gewinnen“, sagte Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des BDI. Ziel sei es, den Schaden für die deutschen Unternehmen so gering wie möglich zu halten.

Denn Schäden für die Wirtschaft, vor allem finanzielle, die wird es geben. „Die Unternehmen haben höhere Logistikkosten, Free Cash Flow geht verloren“, betonte BME-Bundesvorstandsvorsitzender Horst Wiedmann, der den Brexit als „Geldvernichtungsmaschine“ bezeichnete. Sorgen mache er sich vor allem um die stark mittelständisch geprägten Lieferanten, die nicht die zeitlichen und personellen Kapazitäten hätten, sich wie Konzerne und Großunternehmen auf den Brexit vorzubereiten.

Genau eine solche Vorbereitung forderte Axel Dittmann, Beauftragter für Grundsatzfragen u.a. der EU und Brexit im Auswärtigen Amt: „Die Verhandlungen können gelingen, müssen aber nicht. Wir müssen uns auf alle Szenarien vorbereiten.“

UK „verhandelt mit sich selbst“

Wie viele Akte das Drama schlussendlich haben und ob es tatsächlich zu einem echten „Showdown“ kommen wird, hängt nach Einschätzung der Diskussionsteilnehmer von den Briten ab. „Das Land ist gespalten, es verhandelt vor allem mit sich selbst“, machte Botschafter Wittig die innenpolitischen Spannungen auf der Insel deutlich. Er hält einen „Deal“, also einen geordneten Ausstieg der Briten aus der EU, zwar weiterhin für die wahrscheinlichere Variante, allerdings sei ein „No Deal“ keineswegs vom Tisch. „Das Vereinigte Königreich muss bereit sein, die Konsequenzen seiner Brexit-Entscheidung zu tragen. Diese Bereitschaft sehe ich bislang noch nicht sehr ausgeprägt“, betonte Sabine Weyand.

An der EU solle es am Ende jedenfalls nicht liegen, sollten die Verhandlungen in den kommenden Wochen scheitern. Diese sei zu jeder Zeit an einem Zustandekommen eines Austrittsabkommens interessiert. „No Deal kann niemals eine Konsequenz des Handelns der EU sein. Allerdings muss und wird die EU an der Integrität des Binnenmarktes festhalten und diesen ‚Markenkern‘ nicht aufgeben“, so Weyand.

Neben Integrität auch Kommunikation gefordert

Die Wichtigkeit der Integrität des Binnenmarktes der – dann wieder – 27 Mitgliedsstaaten betonte auch Axel Dittmann. Gleichzeitig bestünde aber auch der Wunsch nach einer engen Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich. „Es wäre wünschenswert, wenn das Vereinigte Königreich in Zollunion und Binnenmarkt bliebe“, so auch Joachim Lang. Horst Wiedmann macht sich vor allem wegen potenziellen Nachahmern des Brexit in anderen Staaten sorgen. Er plädiert neben Integrität für mehr und bessere Kommunikation, was die Vorzüge der EU anbelangt. „Wir brauchen positive Beispiele dafür, was die EU ausmacht. Jeder Bürger muss diese Frage für sich beantworten können.“ Nur so könnten Nachahmer-Effekte in anderen Ländern verhindert werden.

Weitere Infos:

tobias.anslinger@bme.de

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