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Der Einkauf wird kognitiv

Einkauf 4.0 – es ist an der Zeit sich neu aufzustellen
Der Einkauf wird kognitiv

Einkaufsorganisationen stehen wieder einmal vor einer großen Revolution. Dieses Mal wird es jedoch nicht einfach eine Transformation – also eine Veränderung oder Anpassung des Bestehenden – sein. Es geht um etwas völlig Neues, heute noch nicht Vorhandenes.

Die Fachabteilungen verlangen vom Einkauf, dass er zur Wertschöpfung des Unternehmens beiträgt. Der moderne Einkaufschef – oder neudeutsch CPO – muss die Strategie seiner Organisation ausrichten auf das Aufspüren von Innovationen, die durch Lieferanten ins Unternehmen gebracht werden können, und auf das Erkennen und die Begrenzung der Risiken, die in einer immer komplexeren Lieferkette stecken. Damit kann der CPO in der Zukunft „Stakeholder Value“ generieren – zusätzlich zu den weiterhin wichtigen Kosteneinsparungen.

Bislang waren die fehlenden bzw. nicht problemlos nutzbaren Daten und Informationen die große Unbekannte in dieser Herausforderung. Es stand keine Technologie zur Verfügung, um die notwendigen Daten und Informationen aufzuspüren und für eine Entscheidungsgrundlage aufzubereiten. Mit der heute verfügbaren kognitiven Technologie werden die Daten und Informationen nicht nur zugänglich sondern auch in relevanter Weise aufbereitet und bilden damit die Basis für wichtige Entscheidungen im Einkauf. Mit der weiter voranschreitenden Automatisierung im Einkauf steht der CPO vor der Notwendigkeit, seine Organisation auf diese neue Technologie vorzubereiten. Wie kann diese Technologie für den Einkauf nutzbar gemacht werden und daraus Nutzen für das gesamte Unternehmen erzeugt werden? Wie sieht die neue Einkaufsorganisation aus, welche Fähigkeiten braucht der neue Einkäufer und wie sehen die neuen Einkaufsprozesse aus, die den maximalen Nutzen aus der Technologie ziehen? Machen wir uns nichts vor, das Business wird hohe Erwartungen an den Einkauf formulieren und eine schnelle Adaption der neuen Technologien einfordern – wenn der Einkauf dem nicht nachkommt, dann wird er nicht als wertvolle Unterstützung, vielleicht sogar Antreiber, sondern als Blockierer wahrgenommen werden.
Bevor wir in die weitere Diskussion einsteigen, wollen wir einige grundlegende Aussagen zu der kognitiven Technologie treffen. Kognitive Technologien haben ihren Ursprung in den Forschungen zur Künstlichen Intelligenz. Es geht darum, dass eine Maschine Aufgaben erledigen kann, die bislang nur von einem Menschen zu bewältigen waren. Beispiele dafür sind das selbstständige Lernen, die Verarbeitung natürlicher Sprache, Spracherkennung und die Robotik. Darüber hinaus können mit der kognitiven Technologie alle Arten von Daten und Informationen verarbeitet werden. Insbesondere unstrukturierte Daten (digitale Videos, Audios, Bilder, …), die bis in die jüngste Vergangenheit für den Computer nicht transparent waren. Im Ergebnis kann die kognitive Technologie heute in die Daten eintauchen, ihre Bedeutung verstehen und in der höchsten Stufe aktiv Schlüsse und Handlungsempfehlungen daraus ableiten.
Wie aber kann diese Technologie im Einkauf zur Anwendung kommen und ihre Wirkung optimal entfalten?
Zuallererst bedeutet es, dass wir die Technologie einsetzen können, um Tätigkeiten auszuführen, die bislang ausschließlich manuell zu bewältigen waren. Manch einer mag argumentieren, dass dieses Konzept nicht neu ist, vielmehr heute schon vielfach zur Anwendung kommt. Das ist korrekt, die neue Technologie hebt dieses Konzept aber auf eine neue Stufe. Viele Organisationen haben Kataloge zur Beschaffung eingeführt, haben die Abwicklung von Bestellungen, die Verarbeitung von Rechnungen, das Berichtswesen weitestgehend automatisiert – all das sind operationale und administrative Aufgaben und ideal für eine Maschine.
Die kognitive Technologie (basierend auf den Konzepten der Künstlichen Intelligenz) eröffnet ganz neue Möglichkeiten der Automatisierung bzw. Unterstützung durch die Maschine, z. B. die Ausführung von Aufgaben aus dem strategischen Sourcing, wie die Erstellung von RFXen, deren Auswertung und das notwendige Scoring – und das in einem Komplexitätsgrad, den ein Mensch nur mit extrem hohem Aufwand bewältigen kann. Sogar das Feld der Marktanalyse oder die Verhandlung mit Lieferanten kann von der Maschine übernommen und dadurch beschleunigt und zu besseren Ergebnissen geführt werden.
Zu guter Letzt: Was bedeutet das für die Einkaufsorganisation der Zukunft? Es eröffnet eine große Chance! Der Einkauf muss allerdings diese Chance aktiv ergreifen und die eigene Zukunft unter Nutzung der Technologie gestalten. Wenn dies gelingt, dann wird der Einkauf innerhalb der gesamten Unternehmung eine andere, größere Rolle übernehmen können. Weniger Zeit zu verbringen mit Analyse, Marktbeobachtung und Routineaufgaben lässt mehr Raum für die Bearbeitung von Ausnahmefällen und vor allem mehr Raum für alle Aufgaben, die mit einer fundierten Interaktion mit den anderen Spielern auf dem Feld schneller und erfolgreicher zu erledigen sind. Das wird die Kernaufgabe der Zukunft sein. Umgekehrt heißt das, dass wir in der Zukunft viel mehr Aufgaben im Einkauf der Maschine anvertrauen können.
  • 1. Der CPO wird seinen Fokus auf andere Dinge legen. Liegt der Fokus im Einkauf heute auf den ersten Phasen des Einkaufszyklus (möglichst einfach zu einem Vertragsschluss mit dem Lieferantenzu kommen), so wird dieser Fokus in der Zukunft auf die späteren Phasen des Einkaufszyklus verlagert: Das Lieferantenmanagement wird eine kritische Rolle spielen – wie kann die Zusammenarbeit mit den Lieferanten verbessert, wie können Innovationen des Lieferanten nutzbar gemacht werden und damit zur Wertschöpfung des Unternehmens beitragen?
  • 2. Die Struktur der Einkaufsorganisation wird sich ändern. Ist es weiterhin wichtig, in Warengruppen zu denken und die Organisation darauf auszurichten? Für die Industrialisierung und Automatisierung des Einkaufs war das ein wichtiger Schritt, um aus der Konsolidierung und Standardisierung Vorteile und Kosteneinsparungen zu erzielen. Mit der Änderung der Zielsetzung im Einkauf – hin zu Innovation und Beitrag zur Wertschöpfung – muss auch die Organisation neu aufgestellt werden, um dieser neuen Ausrichtung gerecht zu werden.
  • 3. Die Messgrößen im Einkauf werden neu definiert. Bislang waren Kosteneinsparungen im Einkauf die Messlatte des Erfolgs – mit entsprechend ausgelegten Messgrößen und Auswertungen. Zunehmend werden neue Anforderungen an den Einkauf gestellt: Innovation, Beitrag zur Wertschöpfung, Zufriedenheit der Kunden (des Einkaufs), Risikomanagement. Die Zielerreichung in diesen neuen Feldern will gemessen werden und bedarf darauf zugeschnittener Mess- und Kalkulationsmethoden.
  • 4. Die Fähigkeiten der Einkäufer werden andere sein. Der CPO muss diese neuen Fähigkeiten rund um die kognitive Technologie in seiner Organisation entwickeln. Kernkompetenzen des Einkäufers der Zukunft werden sein: Affinität zur Technologie, Management komplexer Beziehungen zu Lieferanten und internen Fachfunktionen, exzellente „Soft Skills“ wie Kommunikation und Problemlösung im Team – um nur einige zu nennen.
Der Einkauf muss die Technologie für sich nutzbar machen, um seine Stellung im Unternehmen nicht nur zu behalten sondern auszubauen und ein neues Gewicht zu entwickeln. Signifikante Investitionen in die Mitarbeiter und die Technologie sind eine wesentliche Voraussetzung, um diesen Entwicklungsschritt erfolgreich bewältigen zu können.

Mehr zum Thema auf dem BME-Symposium in Berlin

IBM Innovationsforum

Am Donnerstag, 10.11.2016 findet während des BME-Symposiums von 12.15 bis 14.00 Uhr ein Forum zum Thema „Cognitive Procurement: A new era in procurement“ statt. Dort beantwortet Barry Ward, Senior Procurement Brand Manager, IBM Global Procurement IhreFragen. Bitte melden Sie sich vorab an!

Cognitive Sourcing

Mehr zum Thema

In den nächsten Ausgaben von Beschaffung werden wir das Thema „Cognitive Sourcing – Digitalisierung und Beschaffung 4.0“ weiter vertiefen. Unsere Autoren Dr. Arndt Präuer und Dr. Markus A. Thies werden dann dazu auch praktische Beispiele geben.

Martin Mohr, Head of IBM Emptoris Procurement Solutions Europe
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