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Der globale Streit um Zukunftsrohstoffe

Seltene Erden & Co.
Der globale Streit um Zukunftsrohstoffe

Wichtige Metalle und Mineralien werden derzeit weltweit immer knapper. Nur wenige Länder verfügen über die begehrten Stoffe. Besonders gefragt sind die sogenannten Seltenen Erden, die derzeit zu 97 Prozent aus China kommen. Dabei ist ungewiss, wie das Land künftig seine Ausfuhren regeln wird und wer an den Ressourcen beteiligt werden soll.

Zu den bisherigen Säulen des Industriezeitalters Stahl, Kupfer, Kohle, Öl und Gas sind seit Beginn des 21. Jahrhunderts mehrere neue, strategisch wichtige Ressourcen hinzugetreten. Diese sind unverzichtbare Bausteine für wichtige Zukunftsindustrien, etwa die Solar-, Elektro- oder Medizintechnik.

Besonders umkämpft sind derzeit die sogenannten Seltenen Erden, eine Gruppe von 17 chemischen Elementen. Denn sie sind für die Hochtechnologie von entscheidender Bedeutung und gelten als unersetzbar. Anfang 2011 hat das im Bereich der Seltenen Erden nahezu monopolistische China die Ausfuhr um 35 Prozent reduziert. Ab 2012 drohen gar längerfristige Versorgungsengpässe. Speziell für Neodym, das zum Bau von Supermagneten in E-Motoren verwendet wird, sagt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) eine „größere Bedarfslücke“ voraus. Die wichtigen Hightech-Nationen sind gewarnt. Denn ohne die Erden droht sowohl dem Elektroauto als auch Schlüsselbereichen der Halbleiter- und Rüstungstechnik oder der modernen Handy-Fertigung das Aus.
Der Begriff „Seltene Erden“ ist eigentlich irreführend, denn bei ihnen handelt es sich nicht um Erden, sondern um Metalle. Gut 120 000 Tonnen werden jährlich erzeugt und verbraucht. Die Elemente sind von hoher strategischer Bedeutung, weil sie in Zukunftsfeldern eingesetzt werden, weshalb ihr Bedarf sprunghaft zunehmen wird. Die unscheinbaren Erze werden in vielen wichtigen Technologiebereichen benötigt, ob Akkus für Hybridfahrzeuge, Industrielaser, Handys, Flachbildschirme, E-Motoren, medizinische Geräte oder Waffensysteme.
Weitere wichtige Zukunftsrohstoffe
Neben der Gruppe der Seltenen Erden gibt es weitere wichtige Zukunftsrohstoffe:
Germanium: Germanium, das hauptsächlich bei der Zink- und Kupferproduktion abfällt, ist knapp. Der derzeitige Verbrauch von 140 Tonnen könnte sich bis 2030 verachtfachen. Hauptsächlich wird das Metall zur Glasfaserproduktion verwendet und ist daher ein Schlüsselprodukt der Kommunikationsbranche.
Gallium: Gallium ist vor allem für die Beleuchtungs-, Solar- und Halbleiterbranche ein Zukunftsrohstoff. Die Verfügbarkeit von Gallium, das wie Indium aus der Produktion von Zink und Aluminium aus Erz abfällt, könnte durch bessere Trennverfahren und Recycling entscheidend erhöht werden.
Lithium: Lithium ist im Gegensatz zur allgemeinen Meinung nicht knapp. Der Grundstoff für moderne Akkus und Keramikwerkstoffe wäre laut Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) noch ausreichend vorhanden, selbst wenn 80 Prozent der Fahrzeuge auf deutschen Straßen im Jahr 2050 E-Autos wären. Lithium existiert allerdings hauptsächlich in politisch schwer berechenbaren Staaten wie Bolivien.
Platin, Palladium, Rhodium: Die insgesamt sechs Metalle der chemischen Platin-Gruppe zählen zu den rarsten und teuersten Elementen der Erde. Es gibt nur sehr wenige Minen, in denen die sogenannten PGM-Metalle geschürft werden.
Tantal: So ist beispielsweise Tantal der Grundstein für die stetige Miniaturisierung in allen technologischen Zukunftsfeldern. Es ermöglicht den Bau winziger Hochleistungskondensatoren, wie sie etwa in Laptops, Kameras, in medizinischem Gerät oder in moderner Fahrzeugelektronik enthalten sind. Der Großteil der 317 000 Tonnen des weltweiten Vorkommens ist allerdings in Bürgerkriegsgebieten vorhanden.
Indium: Indium ist sowohl für Fotovoltaik-Hersteller als auch die Display-Industrie von großer Bedeutung. Der Weltmarkt wird von China dominiert, in dessen Erde zwischen 50 und 70 Prozent der auf 49 000 Tonnen geschätzten Vorkommen lagern sollen.
USA erwägen Handelsklage gegen China
Aufgrund der relativ starken neuerlichen Ausfuhrbeschränkung Chinas steigt weltweit die Sorge, dass die Metalle knapp und damit teurer werden könnten. Die USA erwägen wegen mangelnder chinesischer Ausfuhren von Spezialrohstoffen eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO). Der japanische Elektronikriese Sony hat unterdessen bereits angekündigt, sich künftig darum bemühen zu wollen, die Abhängigkeit von den Metallen zu verringern.
Die EU will unterdessen den heimischen Abbau von Rohstoffen forcieren sowie Vorratslager aufbauen. So ist beabsichtigt, eine „Rohstoffdiplomatie“ zu verfolgen. Hierbei soll über strategische Partnerschaften und Handelsabkommen ein besserer Marktzugang für Europa, aber auch mehr Transparenz im Markt geschaffen werden. Zudem soll verstärkt auf Recycling gesetzt werden. So sei beispielsweise allein in den Minen, aber auch dem recycelbaren Müll von Schweden der weltweite Bedarf eines Jahres an Seltenen Erden vorhanden. Frankreichs Präsident Sarkozy drängt darüber hinaus auf einen harten Kampf gegen Spekulanten, die die Rohstoffpreise künstlich hochtrieben.
Zudem will die Bundesregierung den betroffenen Unternehmen mit einer jüngst beschlossenen Rohstoffstrategie helfen. Dabei soll das Wirtschaftsministerium Kontakte herstellen, politisch vermitteln und Investitionen mit staatlichen Kreditgarantien absichern. Die Hoffnung der Industrie liegt aber auch auf Russland. Hier werden zumindest wenige Seltene Erden gefördert. Kleine Engpässe könnten damit überbrückt werden, doch es sollen darüber hinaus auf jeden Fall auch neue Minen erschlossen werden.
Doch dabei sind die Seltenen Erden gar nicht so rar, wie der Name vermuten lässt. Es gibt voraussichtlich auch in Russland, Kanada, Indien, Vietnam, im Süden Afrikas und auch in den USA noch größere Lagerstätten. Gerade in Nordamerika fand 1990 noch mehr als ein Drittel der Weltförderung statt, seit 2001 sind die Minen dort aufgrund der Billig-Konkurrenz aus China allerdings stillgelegt.
Seltene Erden doch nicht so selten
Es gibt aber auch unverhoffte Glücksmeldungen. So seien laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) vor Kurzem in Südkorea „Vorkommen von seltenen und für Hochtechnologien unentbehrlichen Metallen in noch unbestimmtem Umfang entdeckt worden“. Diese könnten ab 2012 zu einer Alternative werden.
Zudem sind auch bestimmte Elemente der Seltenen Erden ausreichend vorhanden. Das knappste Metall dieser Gruppe, Thulium, ist in der Erde immer noch häufiger zu finden als etwa Platin oder Gold. Und auch das durch Permanentmagnete und Laser bekannte Neodym etwa kommt derzeit noch häufiger vor als Blei. Doch die Metalle sind relativ gleichmäßig in der Erde verteilt und dadurch nur selten in betriebswirtschaftlich abbauwürdigen Lagerstätten konzentriert.
Laut Gunther Maassen, Händler mit besten Kontakten nach China, könnte es zwar „temporäre Engpässe“ bei einigen Metallen geben, doch dies sei ähnlich wie beim „Schweinezyklus“: Bei Angebotslücken werde die Erzeugung wieder erhöht, so wie dies momentan auch bei den Seltenen Erden geschehe.
Da der Abbau wegen der hohen Preise nun auch wieder an anderen Standorten rentabel sei, kündigten Bergbaukonzerne bereits an, neue Förderstätten außerhalb Chinas einzurichten. Weil aber von der Entdeckung über die Erschließung bis zur Ausbeutung einer Lagerstätte mindestens fünf Jahre vergehen, schätzen Experten, dass die Abhängigkeit von China bei Seltenen Erden noch bis 2015 anhalten wird.
Zur Sicherung der Versorgung Deutschlands könnte künftig auch eine enge Rohstoffpartnerschaft mit Kasachstan beisteuern. Laut einem Plan des Bundesverbandes der Industrie (BDI) sollen deutsche Unternehmen exklusiven Zugang zu Seltenen Erden bekommen. Dazu soll eine „Rohstoff AG“ gegründet werden, wobei es um die Idee gehe, eine zentrale Plattform zu organisieren, um die Versorgung mit knappen Ressourcen zu sichern. Unternehmen sollten hier ihren Rohstoffeinkauf bündeln und so größere Marktmacht entfalten. Bislang seien Konzerne wie ThyssenKrupp, Siemens, BASF und Evonik in das Vorhaben eingebunden. cm
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