Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Pünktlich, genau einen Tag vor Beginn der Koalitionsgespräche in Berlin lädt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zu einer Pressekonferenz ein. Dort erklärt der Verband der größten industriellen Arbeitgeber in Deutschland, was er von der künftigen Regierung erwartet. Ganz oben auf der Wunschliste steht der rasche Aufbau des flächendeckenden Glasfaserkabelnetzes für die schnelle Datenübertragung, vor allem auch im ländlichen Raum. Denn gerade die mittelständischen Maschinenbaubetriebe – und in der Branche dominieren diese häufig nicht in Ballungszentren angesiedelten Unternehmen – brauchen bessere digitale Anbindungen, um im globalen Wettbewerb weiter vorn mitmischen zu können. Während Dax-Konzerne die Digitalisierung von sich aus stemmen, benötigt der Mittelstand hierbei Unterstützung. Ohne den digitalen Ausbau droht der Wirtschaft der Stillstand – und was das bedeutet, weiß man –, denn moderne und erfolgsversprechenden Innovationen auch in der Beschaffung und ihrer Wertschöpfungskette basieren eben meist auf einem schnellen Austausch hoher Datenvolumina. Deutschland ist allerdings in vielen Regionen davon noch sehr weit entfernt.
Das Wahlversprechen, Deutschland bis 2025 zum ersten Staat mit einem flächendeckenden 5G-Mobilfunknetz zu machen, löst angesichts der vielen Funklöcher, die zeigen wie gemächlich das Land die Digitalisierung angeht, nur ungläubiges Kopfschütteln aus. Überdies lässt einen das Tempo, mit dem die Parteien in diesen Tagen an die Verhandlungen zur Bildung einer mehrheitsfähigen Regierung herangehen, nur staunen. Während es in der Wirtschaft um Geschwindigkeit und Agilität geht, agiert die Politik gemächlich nach dem Motto „Alles braucht seine Zeit“. Das mag manchmal durchaus angebracht sein. Derzeit wirkt diese zögerliche Herangehensweise eher destruktiv. Zudem fragt man sich, da die Bundesregierung derzeit nur geschäftsführend im Amt ist, was passiert, wenn echte Entscheidungen gefordert sind? Wirtschaft braucht Sicherheit und Stabilität – nicht erst nächstes Jahr.
Deutschland benötigt jetzt dringend und vor allem schnell eine neue digitale Agenda mit anspruchsvolleren Zielen. Die Digitalisierung und der damit verbundene Ausbau der Infrastruktur muss eine höhere Priorität haben als bisher.
