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Die Entwicklung von SPS und Antriebstechnik

Rückblick auf eine Erfolgsgeschichte
Die Entwicklung von SPS und Antriebstechnik

Ein Meilenstein in der Automatisierungstechnik war die Revolution der Elektronik durch die Halbleitertechnik, die bekannte Prinzipien auf neue Grundlagen stellte und völlig neue Perspektiven eröffnete. Für die Antriebstechnik bedeutete dies, dass regelbare Antriebe aller Leistungsklassen kostengünstiger gebaut werden konnten.

Dipl.-Ing. (FH) Manfred Deppe, Siemens AG, Automation and Drives, Nürnberg, E-Mail: manfred.deppe@siemens.com

Preiswerte Halbleiterbauelemente ermöglichten immer kleinere, regelbare Gleichstromantriebe. Statische Frequenzumformer konnten eine verlustarme Energieeinspeisung und eine praktisch trägheitslose Steuerung und Regelung für Elektroantriebe realisieren. Auf der Hannovermesse 1969 sah man erstmalig Stromrichtergeräte für drehzahlgeregelte Antriebe im Leistungsbereich von 10 kW bis über 2000 kW für alle industriellen Antriebsaufgaben.
Für die speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) war ein Meilenstein sicherlich das Jahr 1958, als der Begriff Simatic – inzwischen Synonym für SPS – als Warenzeichen eingetragen wurde. Die Anfänge der ersten, einfachen elektronischen Verknüpfungssteuerungen liegen zwar schon an die 50 Jahre zurück, aber der Durchbruch der neuen Technik auf breiter Front gelang erst 1984, als eine einheitliche Programmiersprache und ergänzende Hardware mit eigener Intelligenz zur Verfügung stand. Jeder Anwender konnte seine Programme in einer ihm bekannten Darstellung von Steuerungsabläufen erstellen: Ein Betriebselektriker verstand darunter den Stromlaufplan. Verfahrenstechniker wählten – passend zu den in der Chemie standardisierten geräteneutralen Steuerungsabläufen – den Funktionsplan.
Ende der achtziger Jahre wurden analoge Schaltkreise durch digitale Elektronik und Bauelemente der Mikroelektronik substituiert und in alle Gerätereihen der drehzahlveränderbaren Antriebe mit Gleichstrom- und Drehstromtechnik übernommen. Die Digitaltechnik konnte nicht nur die Qualität und Stabilität der Regelung erheblich verbessern, auch die Handhabung und Bedienung der Geräte vereinfachte sich. Zum Beispiel ermöglichte die Selbstoptimierung mit automatischer Maschinenparametererfassung eine Verkürzung der Inbetriebnahmezeit. Kommunikationsschnittstellen schufen die Voraussetzung zur Einbindung der Antriebe in den Automatisierungsverbund.
Die speicherprogrammierbaren Steuerungen wurden immer leistungsfähiger. Sie konnten zunehmend komplexe Funktionen in kurzen Zykluszeiten verarbeiten. Intelligente Baugruppen übernahmen technologische Funktionen, und Schnittstellen-Baugruppen zum Anschluss der Peripheriegeräte wurden zunehmend ersetzt durch Kommunikationsbaugruppen mit Datenübertragung per Bus-System.
Hinzu kam der Trend zu immer kleineren Bauformen. Wo eine Steuerung des damals mittleren Leistungsbereiches eingesetzt wurde, übernimmt die Arbeit jetzt eine Klein- oder Mikrosteuerung. Die Baugröße spielte auch in der Antriebstechnik eine immer wichtigere Rolle. Durch die kompakte Integration von Mikro- und Leistungselektronik konnten 1993 mit der Markteinführung der Micromaster-Reihe neue Maßstäbe gesetzt werden. Für Aufgaben, wo Drehmoment, Drehzahl oder die Position exakt und mit hoher Dynamik zu regeln sind, wurde nur 2 Jahre später das modulare Umrichtersystem Simovert Masterdrives mit integrierten Technologiefunktionen angeboten. Als logische Konsequenz aus der Miniaturisierung ist die Integration von Umrichtern und Motor zu einem Produkt entstanden, für Anwendungen, bei denen der dezentrale Einsatz drehzahlveränderbarer Antriebe bei minimalem Installationsaufwand eine besonders vorteilhafte Lösung darstellt.
Ein wichtiger Innovationssprung in der Automatisierungstechnik war ein Strukturwandel, der durch die Dezentralisierung der Ein-/Ausgänge, Antriebe und Feldgeräte ausgelöst wurde. Die Triebfeder hierfür war die Reduzierung der Verkabelungskosten. Die Geräte rückten an den Ort des Geschehens und wurden gemeinsam über eine 2- oder 4-Drahtleitung – den Feldbus – mit der zentralen Steuerung verbunden. In wenigen Millisekunden liefen die Signale über den Bus und ermöglichten Reaktionszeiten, die für die meisten Anwendungen ausreichten. Anfang der 90er Jahre begann der Standardisierungsprozess vieler Feldbusse. Ziel war es, eine zukunftssichere und für jeden Hersteller offene Norm festzulegen. Aus dem Angebot von Feldbussen ist heute für die industrielle Automatisierungstechnik der Profibus mit einer Vielzahl unterschiedlichster Feldgeräte hervorgegangen.
SPS und Antriebstechnik – heute
Die Umrichterreihe Simovert Masterdrives wurde in der Zwischenzeit weiterentwickelt. Heute steht die Motion-Control-Ausprägung als hochdynamischer Servoantrieb zur Verfügung. Eine Vielfalt von Technologiefunktionen ist integriert, und so kann der Antrieb mit einfachster Parametriertechnik auf die individuelle Aufgabe hin konfiguriert werden. Diese dezentrale Intelligenz im Antriebssystem erspart in vielen Fällen den zusätzlichen Einsatz zentraler Regel- und Steuersysteme, ideal für den Maschinenbau, wo die Anforderungen nach gesteigerter Produktivität und Flexibilität immer mehr zur Entwicklung mechatronischer Systeme führen.
Aufgaben mit dominierender Bewegungssteuerung: Neben dem Motion-Control-System Simotion erweitert die Simatic Technologie-CPU das Lösungsangebot für Motion Control. Die beiden Systeme nutzen den gleichen Pool von Motion-Control-Funktionen, unterscheiden sich aber in der Engineering-Philosophie und bieten daher Drives- und SPS-Anwendern jeweils einen vertrauten Zugang zur Lösung ihrer Aufgaben.
So gibt es eine neue Antriebsgeneration – Sinamics, die durchgängige Familie für jede Leistung, jede Funktionalität, jede Anwendung. Flexibel und skalierbar, bringt Sinamics zugeschnittene und handhabbare Lösungen für alle Industriebranchen. Derzeit sind drei Typen verfügbar: Sinamics G110, der Antrieb für kleine Leistungen, Sinamics G150, der Spezialist für Pumpen, Lüfter und Turbokompressoren, Sinamics S120, das modulare Antriebssystem für anspruchsvolle Antriebsaufgaben.
Besonders innovativ ist die modulare Systemarchitektur von Sinamics S120. Eine Control Unit, ein Line-Modul und ein oder mehrere Motor-Module werden jeweils zu einem Antriebsverband kombiniert. Alle Module sind durch Drive-CliQ – die leistungsfähige Systemdatenschnittstelle für den Datenaustausch – verbunden. Alle Komponenten verfügen über ein digitales Typenschild, was die Inbetriebnahme erleichtert. Hohe Durchgängigkeit und Einfachheit im Engineering unterstützt den Anwender bei der Projektierung, Inbetriebnahme und Diagnose.
Für den Erfolg der SPS ist Robustheit eine wesentliche Eigenschaft. Moderne Steuerungen lassen sich einfach, modular und ohne Lüfter aufbauen. Oft können Baugruppen sogar unter Spannung gezogen oder gesteckt werden. Die Simatic zeichnet sich zusätzlich durch ein großes, skalierbares Angebot an Technologiefunktionen aus, wie z. B. Zählen, Messen, Positionieren, Regeln oder Nockensteuern. Mit einem abgestuften CPU-Spektrum bis zur Hochleistung gibt es für jede Aufgabe die passende Lösung. Das Anwendungsspektrum hat sich auf die Verfahrenstechnik ausgeweitet. Hierfür ist die Fähigkeit erforderlich, Änderungen und Erweiterungen innerhalb einer Anlage auch bei laufendem Betrieb durchzuführen – egal, ob es darum geht, zusätzliche Sensorik oder Aktorik zu implementieren oder nur eine Baugruppe umzuparametrieren. Ergänzt wird dies mit einem Hard- und Softwarespektrum für eigensichere, fehlersichere und hochverfügbare Lösungen.
Wo es um höchste Sicherheit für Menschen, Maschinen und Umwelt geht, sind fehlersichere Steuerungen unverzichtbar. Bei Auftreten eines Fehlers schalten sie unmittelbar in einen sicheren Zustand. Die Simatic bietet heute ein integriertes Sicherheitskonzept, d.h. die Zusammenführung der Sicherheitsebene mit der Standard-Automation zu einem Gesamtsystem. Die sicherheitsrelevanten Daten werden über die Standardbusse Profibus oder AS-Interface übertragen. Die Koexistenz von sicherheitsgerichteter und Standard-Kommunikation auf dem Feldbus erfüllt alle relevanten Normen.
Profibus verbindet
Taktsynchron: Alles hört auf ein Kommando – auf den zeitlich konstanten Takt des Profibus DP. Dies gilt sowohl für CPUs, Peripherie und Anwenderprogramm als auch für die Antriebe. Der Unterschied: Ohne Taktsynchronität am Profibus laufen die Zyklen der Signalverarbeitung und -übertragung vom Einlesen über das Verarbeiten bis zur Ausgabe von Steuerungssignalen in eigenen Taktrastern ab. So sind die resultierenden Latenzzeiten mal kürzer, mal länger, auch ohne azyklische Dienste – was z.B. zeitkritische Regelungen über den Profibus erschwert hat.
Mit der Taktsynchronität werden alle diese Zyklen in ein festes Zeitraster gepackt und mit dem Systemtakt synchronisiert. Alle Teilnehmer und das Anwenderprogramm orientieren sich an diesem Takt. Eingangsdaten werden immer zu einem definierten Zeitpunkt erfasst, Ausgangsdaten zu einem definierten Zeitpunkt wirksam. Vorteile für die Anwendung: Die Einhaltung dieser Zeitverhältnisse erfolgt in erheblich engeren Toleranzen als dies ohne Taktsynchronität bei dezentralem und auch zentralem Aufbau möglich ist.
SPS oder PC – auf das Miteinander kommt es an
Ein latentes Thema ist die Ablösung von SPS- durch PC-Technik. Es klingt logisch, dass ein PC den SPS-Teil gleich mit übernehmen kann, da das Steuerungsprogramm ja keinen – im Verhältnis zum PC-Speicher – großen Speicherplatz benötigt. Entgegen den Prognosen ist es hier bis heute nicht zu einer Ablösung gekommen. Überwiegt Datenverarbeitung bei einer Automatisierungsaufgabe, ist es sinnvoll, sich für eine PC-basierte Lösung zu entscheiden. In den unterschiedlichen Branchen, von Automobil über Holz, Verpackung bis Logistik, finden sich interessante Lösungen, die mit Produkten aus dem Baukasten PC-based Automation, Soft-PLC, Slot-PLC oder „embedded Lösungen“ realisiert sind.
Mit einem durchgängigen Spektrum, welches auch die Standard-SPS einschließt, kann die maximale Entscheidungsfreiheit erreicht werden. Das Anwenderprogramm kann ohne Änderungen sowohl auf der Standard-SPS wie auch auf der Soft- oder Slot-PLC ablaufen. Damit gibt es kein Gegeneinander mehr, sondern ein Miteinander. Über 90 % aller Anwender von Automatisierungslösungen entscheiden sich heute weiterhin für speicherprogrammierbare Steuerungen – mit ihren Vorzügen wie Deterministik und Robustheit.
SPS und Antriebstechnik werden auch künftig die Schlüsselkomponenten moderner Automatisierungslösungen sein. Mit den Kerneigenschaften wie Robustheit, Aufbautechnik, Performance, Technologie- und Sicherheitstechnik-Integration oder Energieeinsparung sind sie aus der Automatisierungstechnik nicht wegzudenken. So wird sich die Weiterentwicklung nicht mehr nur alleine durch die individuelle Entwicklung einzelner Produkte auszeichnen, sondern verstärkt in der informationstechnischen Durchgängigkeit aller Komponenten, die zu einer Automatisierungslösung gehören.
Alle erforderlichen Informationen müssen unternehmensweit zu jeder Zeit an jedem Ort verfügbar sein. Dadurch kann ein durchgängiger Informationsfluss über die gesamte Supply Chain gewährleistet werden, vom Zulieferer über die eigenen Produktionsbereiche bis zum Kunden, unter Einbeziehung der Geschäftsprozesse des Unternehmens.
Fehler erkennen, bevor sie zu einem Ausfall führen, und die Wartungsarbeiten so organisieren, dass es zu keinem Produktionsausfall kommt, sind die Herausforderungen für die Produktion. Ansätze dazu liegen beispielsweise in einem produktionsübergreifenden Service-Konzept.
Auch für den Engineering-Prozess bei der Erstellung einer Anlage oder Maschine ist ein durchgängiger Informationsfluss zwischen allen beteiligten Engineering-Werkzeugen erforderlich. Die heute häufig vorhandenen Insellösungen, bei denen mehrere Experten mit abgegrenzten Verantwortungsbereichen und Kompetenzen ihre Teilaufgaben im Gesamtprozess bewältigen, müssen zukünftig zu einem durchgängigen Workflow vom Grobdesign bis hin zur erfolgreichen Inbetriebsetzung verschmelzen. Damit ist es möglich, schneller von der ersten Idee zum produktiven Betrieb zu kommen.
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