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Die goldenen Regeln im Hoteleinkauf

3 bis 5 Sterne im Test
Die goldenen Regeln im Hoteleinkauf

Was schätzen Sie: Wie viele Lieferanten hat ein Hotel? Vielleicht 10 bis 20? Weitaus mehr: in Einzelfällen bis zu 700! Das kann nicht optimal sein, dachten wir uns und nahmen die Sache unter die Lupe.

Univ.-Prof. Dr. Christopher Jahns Prof. Dr. Stefan Walter Dipl.-Kffr. Christine Schüffler

„Einkauf in der Hotellerie – Status und Perspektiven in der 3- bis 5-Sterne-Hotellerie 2006“ – so lautet der Titel der aktuell vorliegenden SMI-Studie. Einkauf und Supply Management besitzen einen großen Gewinn- und Ertragshebel in der Hotellerie. Allerdings liegen viele dieser großen Potenziale brach, vor allem viele Kostensenkungspotenziale werden nicht genutzt. In der SMI-Studie werden Chancen für die Hotellerie aufgedeckt, die durch die Professionalisierung des Hoteleinkaufs mit strategischer Anbindung diese Potenziale ausschöpfen und die Wettbewerbsfähigkeit und Rendite erhöhen können. Denn gerade in der momentanen Marktsituation in der Hotelbranche stellt ein effizientes, prozess- und kundenorientiertes sowie zeitgerechtes Supply Management einen entscheidenden strategischen Wettbewerbsvorteil dar. Im fortschreitenden Wandel zur Informations- und Dienstleistungsgesellschaft mit zunehmendem Anteil des Dienstleistungssektors am BIP sowie steigenden Beschäftigungsanteilen existiert ein Nachholbedarf bezüglich des vorhandenen und angewandten Managementwissens in Dienstleistungsunternehmen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts standen verstärkt Industriebranchen im Fokus des Supply Managements, so dass es auf dienstleistungsintensive Branchen wie Hotellerie oder Tourismus häufig nur ansatzweise angewandt wurde. Im aktuellen, zunehmend dynamischer werdenden Wettbewerbsumfeld erzielen Hotels jedoch entscheidende Vorteile durch Kosten-, Qualitäts- oder Technologieführerschaft sowie durch die parallel verlaufende Differenzierung durch innovative Dienstleistungen. Zur Fokussierung auf die Kernkompetenzen und Generierung von Wettbewerbsvorteilen ist Supply Management eine weitere Voraussetzung, wie aktuelle Fälle aufzeigen. Durch Vorreiter wie die Automobil- und Industriebranche, die schon seit längerem Supply Management- und Supply Chain Management-Kompetenzen aufbauen und in ihre Prozesse und Strukturen integrieren, steigt auch das Bewusstsein einer Einkaufsbedeutung in dienstleistungsintensiven Branchen – und somit der Hotellerie. Der Einkauf rückt in das Blickfeld der Hoteliers.
Die Hebelwirkung des Einkaufs ist gravierend: Eine einprozentige Einkaufskostensenkung bei einer Wertschöpfungstiefe von 70 Prozent entspricht bei einer Umsatzrendite von vier bis sechs Prozent im Durchschnitt einer notwendigen Umsatzsteigerung von fünf bis zehn Prozent (Gewinnwirkung). Daher kommt dem Einkauf eine hohe Bedeutung zu und er besitzt ein großes Potenzial zur Optimierung und zum Gewinnwachstum. Dies ist im Hinblick auf die derzeitige Marktsituation ein entscheidender Faktor.
Nichtsdestotrotz existieren zentrale Unterschiede in der Hotelbranche je nach verschiedenen Einteilungskriterien wie Klassifikation ( 3, 4 oder 5 Sterne), Betriebstyp (Vollhotel versus Hotel Garni), Lage (Stadthotel versus Landhotel), Charakter (Businesshotel versus Ferienhotel), Größe des Hotels (bis 100 Zimmer, 100 bis 250 Zimmer, größer als 250 Zimmer) und Zugehörigkeit (Einzelhotel versus Hotelkette).
Hebelwirkung des Einkaufs
Anfang 2006 wurden für eine erste empirische Untersuchung bezüglich des Einkaufs und Supply Managements in der Hotellerie 1184 Personen aus der ersten und zweiten Führungsebene der 3- bis 5-Sterne-Hotellerie kontaktiert. Die Forschungsschwerpunkte der Umfrage umfassen hierbei die folgenden Themenbereiche, die vorher mittels Experteninterviews als die wichtigsten Einkaufsthematiken in der Hotellerie identifiziert wurden:
  • 1. Systematische Ermittlung der Einkaufsverantwortung
  • 2. Identifikation der Potenziale im Bereich Beschaffung in den einzelnen Sortimenten
  • 3. Strategische und organisatorische Einkaufsfragestellungen
  • 4. Methodische Ermittlung und Darstellung des Lieferantenmanagements
  • 5. Erfassung der Einkaufsstrategien und Einkaufsmethoden
  • 6. Identifikation der Einkaufsorganisation und Einkaufsprozesse inklusive der Berücksichtigung der besonderen Wichtigkeit der Ausbildung des Personals
Zentrale Ergebnisse der Studie sind diese Kernresultate für Hotels ohne spezifische Kategorisierungen: teilweise hohe Prozessintransparenz, hohe Prozessineffizienz und -effektivität sowie fehlendes Lieferantenmanagement. Dies zeigt sich folgendermaßen: Wenn ein „Hotel“ zum Beispiel Reinigungsmittel kauft, dann kauft vielmehr die Küche ihren Bedarf ein, dann der Empfang und zwei Wochen später Housekeeping: Alle ordern bei verschiedenen Lieferanten zu unterschiedlichen Preisen oder sogar bei demselben Lieferanten zu verschiedenen Preisen. Dies kann aus der fehlenden Prozesstransparenz resultieren, weil keiner direkt überblickt, wer was bei wem einkauft. Diese mangelnde Transparenz im Einkauf kommt die Unternehmen teuer zu stehen, weil auf diese Weise keine Bündelungseinsparungen erzielt werden können. Des Weiteren erfolgt kein Lieferantenmanagement mit Lieferantenbewertung, -Controlling, -Auswahl etc., so dass bei Verhandlungen eine optimale Ausgangssituation eingenommen werden könnte. Hinzu kommt, dass aufgrund der Prozessintransparenz Manager und Mitarbeiter sehr viel Zeit bei operativen Aufgaben wie dem Ausfüllen von Bestellformularen, beim Verhandeln mit Lieferanten, bei der Warenannahme und -ausgabe, bei der Bestands- und Lagerkontrolle verbringen. In dieser Zeit können sie sich nicht um ihre Gäste kümmern – was ihre eigentliche Aufgabe ist. Dies bedeutet, dass das mangelnde Lieferantenmanagement nicht nur Liquidität und Rentabilität – und das bei den ohnehin schmalen Margen in der Hotellerie – belastet, sondern sich auch nachteilig auf die Gäste- und Kundenorientierung des Hotels auswirken kann. Das entspricht einem klaren Wettbewerbsnachteil, der zu einer geschwächten Marktposition führt. Das ist die negative Wirkung des Einkaufs: Läuft es im Einkauf nicht rund, bekommen das auch die Gäste zu spüren und unterm Strich die Bilanz des Unternehmens.
Zur rechten Zeit für die Zukunft
Wegen dieser starken Wirkung des Einkaufs auf den Markterfolg hat die SMI-Studie mit ihren Enthüllungen bereits für großes Aufsehen in der Hotellerie gesorgt. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Hotels, unterschieden nach den bereits erwähnten Spezifika wie Ferien- oder Business-Hotellerie etc., verschiedene „Problemstellen“ zur Optimalisierung und Professionalisierung des Einkaufs besitzen. Dies ist insbesondere wichtig, da große internationale Hotelkonzerne, welche ein professionelles Supply Management haben, auf den europäischen Markt drängen. Um auch gegen die internationalen Hotelketten wettbewerbsfähig zu bleiben, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Welche, was und wie? Zum Beispiel das, was die Besten in der Branche bereits jetzt tun, wie auch in der SMI-Studie anhand sieben goldener Regeln aufgeführt.
Die fundierte statistische Auswertung ermöglicht eine Ableitung direkter Handlungsempfehlungen. Hierbei werden strategische und organisatorische Erfolgsfaktoren – auch spezifiziert nach Hotelklassifikationen – angesprochen, die für die Optimierung des Einkaufs in der Hotellerie entscheidend sind: Der Aufbau eines strategischen Lieferantenmanagements, die Einrichtung standardisierter Bestellabläufe sowie die Implementierung eines leistungsfähigen Performance-Measurement-Systems sind Instrumente, mit denen die Einkaufsstruktur verbessert, die Transparenz erhöht, Einkaufsstrukturen und Verantwortlichkeiten zugewiesen und ausgestaltet werden können. Durch die Umsetzung dieser verschiedenen Systeme und Einrichtungen werden Hotels künftig in der Lage sein, die Optimierungspotenziale im Einkauf und Supply Management aufzudecken und maximal auszunutzen. Gleichzeitig kann so auch für die Zukunft der entscheidende Wettbewerbsvorteil geschaffen werden. Auch der „Mensch“, der in der Hotellerie ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal darstellt, kann zu einem professionellen Supply Management beitragen, den Wertbeitrag des Einkaufs steigern und somit insgesamt das Hotel besser im Markt positionieren.
Weitere, detaillierte Informationen finden Sie in der Studie. Ansprechpartner am Supply Management Institute SMI sind Prof. Walter und Dipl.-Kffr. Christine Schüffler.

Sieben Ratschläge

… für Einkaufsverantwortliche in der Hotellerie
Die wichtigsten Themen, die ein Einkaufsverantwortlicher beherrschen sollte, sind:
  • 1) Betrachtung des Einkaufs/Supply Management nicht nur aus der operativen Perspektive, sondern aus einem strategischen Blickwinkel.
  • 2) Gestaltung, Konzipierung und Einführung einer optimalen Einkaufsorganisation für das Unternehmen.
  • 3) Ausstattung der Mitarbeiter mit den Kernkompetenzen der Zukunft durch Investition in die Fähigkeitenentwicklung.
  • 4) Erstellung eines Performance-Measurement und Savings-Framework, damit die Einkaufserfolge transparent gemacht, klar berechnet und wieder verteilt werden können.
  • 5) Aufbau von Kompetenz, um der wachsenden Verantwortung mit höheren Anforderungsprofilen gerecht zu werden.
  • 6) Entwicklung und Konzeption eines Lieferantenmanagements.
  • 7) Entwicklung einer Einkaufsstrategie und Umsetzung in den Prozessen: Kostensenken ist keine Strategie, sondern ein Ziel. „Wir als Einkauf liefern die nötigen Ideen, damit unser Unternehmen Innovationsführer werden kann. Und wir schaffen mit einer hoch flexiblen Supply Chain jene Wettbewerbsvorteile, die unser Unternehmen zur Eroberung neuer Märkte braucht.“ Das ist eine Strategie. Was ist Ihre?
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