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Digitalisierung – schöne neue Welt?

Bücherrezensionen
Digitalisierung – schöne neue Welt?

Ob es uns gefällt oder nicht: Die Digitalisierung bestimmt unseren Alltag immer mehr. Weder unsere Arbeitswelt noch unser Privatleben sind heute ohne digitale Technologien vorstellbar. Aber wird dadurch eine bessere Welt geschaffen, wie es die Internetapologeten versprechen? Mit dieser und weiteren damit zusammenhängenden Fragen beschäftigen sich die hier vorgestellten Fachbücher.

Der britische Silicon-Valley-Insider Andrew Keen räumt mit Mythen rund um die vermeintlichen Segnungen des Internets gründlich auf. Für ihn ist das Internet in der heutigen Nutzung alles andere als die von manchen notorischen Optimisten lang ersehnte Antwort auf die Probleme unserer Zeit. Er liefert eine scharfe, pointierte Analyse der modernen; vernetzten Welt und zeigt insbesondere schonungslos die vielen Pferdefüße auf. Für ihn steht fest, dass nicht die Gesellschaft in der Breite – also wir alle – von der sich herausbildenden hypervernetzten Welt profitiert, sondern nur eine elitäre Gruppe. Was diesen immer mehr Reichtum beschere, mache uns in vielerlei Hinsicht ärmer – so seine Grundthese.

Beispielsweise vernichte das Internet Arbeitsplätze im großen Stil. Das Menetekel an der Wand seien die ausradierte einstige Weltfirma Eastman Kodak und die Geisterstadt Rochester, wo die Ikone der Fotografie ihre Konzernzentrale hatte und tausende Arbeitsplätze bot. Nach Keens Diagnose unterbindet das Internet – zumindest so wie es zurzeit genutzt wird – den Wettbewerb. Längst hätten sich neue Monopole in der Gestalt von Google und Facebook herausgebildet, ohne die nichts mehr liefe. Zudem befördere das Internet Intoleranz und Voyeurismus, in dem der Pöbel mit Shitstorms massiv beleidige und auf seine Opfer gnadenlos eindresche. Vor allem sei das Internet kein Ort der Freiheit, sondern ein Überwachungsapparat, dem wir alle kostenlos und schlimmer noch sogar bedenkenlos zuarbeiteten.
Erstaunliche Ähnlichkeiten mit den Befunden von Keen weisen die Kernaussagen des ehemaligen Bundesbeauftragten für den Datenschutz Peter Schaar auf. Aus dem Internet sei eine Gelddruckmaschine geworden, die nicht danach frage, wessen Botschaften sie transportiere. Die Profiteure des Netzes seien die jungen digitalen Souveränen. Die Internetökonomie habe neue Monopole geschaffen. So heißt es: „Was Google nicht findet, existiert de facto nicht oder ist bedeutungslos.“
Als früherer Datenschutzbeauftragter betrachtet Schaar natürlich besonders die Situation in Deutschland. Er lehnt die Vorratsdatenspeicherung ab und beklagt das mangelnde Interesse der Politiker am Thema Datensicherheit. Vor allem wirft er eine Reihe kritischer Fragen zum Themenkreis Transparenz auf. Für den Bürger bedeute uneingeschränkte Transparenz fatalerweise das Ende der Privatheit. Schaar meint, dass der Staat hingegen für die Bürger hinreichend transparent sein müsse, und er fragt, warum es gegenüber den Nachrichtendiensten – im Gegensatz zu Bundesbehörden – keinen Anspruch auf Auskunft gebe.
Beide Bücher vermitteln auf den ersten Blick den Eindruck, dass Sie das Internet verteufeln. Genau das tun sie aber nicht. Es sind Plädoyers für mehr und mutigeren Gestaltungswillen von uns allen mit der Politik im Schulterschluss, um die Nutzung der digitalen Technologien, die wie alle Technologien an sich wertfrei sind – in die richtigen Bahnen zu lenken.
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