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Disposition allein genügt nicht

Handlungsbedarf im Bestandsmanagement
Disposition allein genügt nicht

Schwankende Marktbedarfe effizient und zuverlässig zu decken ist die zentrale Herausforderung im modernen Auftragsmanagement. Die hohe Kunst einer schlanken Produktionsplanung und -steuerung ist es, die optimale Balance zwischen Bestandsminimierung, stabiler Lieferfähigkeit und hoher Termintreue zu finden.

Die Frage der Bestandsverantwortung unterschiedlicher Bestände scheint nahezu trivial – in den meisten Unternehmen ist sie jedoch nicht klar zu beantworten. Das liegt vor allem daran, dass industrielles Bestandsmanagement eine charakteristische Querschnittsfunktion ist, die sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette erstreckt – vom Rohstoff bis hin zum Endprodukt. Diese Betrachtung ist sowohl im Unternehmen, als auch in gesamten Wertschöpfungsnetzwerken notwendig. Dementsprechend variiert das Verständnis des optimalen Bestandsniveaus in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen. Bestandsziele im Spannungsfeld von Bereichsinteressen, wie beispielsweise geringe Kapitalbindung als Ziel der Geschäftsleitung und dazu konkurrierend die Bestrebung einer schnellen und individuellen Erfüllung der Kundenwünsche vom Vertrieb, gilt es auszubalancieren. Somit darf das Bestandsmanagement nicht nur als Teilbereich einer betrieblichen Grundfunktion, wie etwa Einkauf, Produktion oder Vertrieb aufgefasst werden, sondern ist als Teil der Supply Chain zu verstehen und auf alle Unternehmensbereiche entlang der Wertschöpfungskette integriert zu betrachten.

Eine isolierte Betrachtung einzelner Unternehmensbereiche führt zu einem suboptimalen Bestandsmanagement, da die vielschichtigen Verknüpfungen nicht berücksichtigt werden. Daraus resultiert die Herausforderung, die notwendige Versorgungssicherheit mit den dafür minimalen Beständen durch eine intelligente Beschaffungsdisposition und geeignete Planungs- und Steuerungsprinzipien in Produktion und Supply Chain sicherzustellen.
Diese Herausforderung wurde auch von einer Umfrage, im Rahmen des 17. Stuttgarter PPS-Tag mit dem Thema „Bestände in Balance – Bestandsoptimiert von der Produktion bis in die Supply Chain“ des Fraunhofer IPA belegt. Bei der Befragung haben Unternehmen mit unterschiedlichen Charakteristiken und aus verschiedenen Branchen teilgenommen. Aus dieser Datenerhebung geht hervor, dass Maßnahmen zum optimalen Bestandsmanagement im Bereich Beschaffung und Disposition bereits gut implementiert sind. Da ein intelligentes Bestandsmanagement jedoch weitaus mehr als eine funktionierende Beschaffungsdisposition umfasst, wurden weitere Unternehmensfunktionen hinsichtlich des Bestandsmanagement abgefragt. Wie in Abbildung 1 veranschaulicht, ist in den Bereichen Bestandsbezogene Strategieaspekte, Produktentstehung, Produktionsplanung und -steuerung sowie im Vertrieb noch erhebliches Handlungspotenzial.
Ein Konzept, dass den genannten Ansprüchen gerecht wird, muss demnach unternehmensübergreifend ausgerichtet und dennoch bereichsindividuell gestaltet sein. Die Unternehmensleitung muss sich dabei vor allem mit der Ausrichtung bestandsbezogener Strategieaspekte befassen, wie beispielsweise der Implementierung einer Portfoliostrategie oder einer umfassenden und auf die Ansprüche des Unternehmen ausgerichteten Segmentierungsstrategie. Bezugnehmend auf die Unternehmensergebnisse fließen diese Aspekte aktuell zu wenig in das Bestandsmanagement mit ein. Bei der Entwicklung neuer Produkte, gibt es ebenfalls noch Spielraum hinsichtlich eines optimalen Bestandsmanagement. Hier stellt sich die Frage nach dem Design eines effizienten Variantenmanagements oder eines wirkungsvollen Gleichteilekonzepts. Eine rollierende Planung der Disposition mit Auftragsabgleich ist laut der Umfrage in der betrieblichen Praxis weitgehend etabliert. Auch bei der Bestandstransparenz aller Bestandsarten, als Grundlage für die Beschaffung neuer Güter, haben bereits 80% der Befragten Maßnahmen zur Verbesserung implementiert. In der Produktionsplanung und -steuerung hingegen zeigen die Umfrageergebnisse noch Handlungsfelder auf. Unter anderem kann in diesem Unternehmensbereich durch die spätmöglichste Freigabe von Fertigungsaufträgen sowie mit einem optimierten Kundenentkoppelungspunkt Einfluss auf das optimale Bestandsniveau genommen werden. Auch im Vertrieb sind Konzepte zum Bestandsmanagement in der Praxis kaum angewandt. Wie die Umfrage zeigt, gibt es hier einige ungenutzte Potentiale, mit denen der Vertrieb die Bestandssituation maßgeblich beeinflussen kann. Beispielsweise durch die zeitlich differenzierte Abfrage der Kundenbedarfsmengen können Bestände maßgeblich reduziert werden.
Die Koordination aller Teilbereiche eines Unternehmens sowie des Interessensausgleichs zwischen diesen Bereichen ist ein weiteres wesentliches Handlungsfeld im ganzheitlichen Bestandsmanagement. Darüber hinaus sind auch außerhalb der Unternehmensgrenze liegende Faktoren zu berücksichtigen, die Bestände ebenso beeinflussen können wie interne Prozessschwächen. Im Fokus liegt dabei eine umfassende Sichtweise des gesamten Güterflusses bis hin zum Abnehmer des Endprodukts. Einsparungen und Verbesserungen dürfen somit nicht zu Lasten anderer Mitglieder der Supply Chain gehen, sondern werden in Abstimmung gemeinsam realisiert.
Durch ein ganzheitliches Bestandsmanagement sollten nicht nur Kosten gesenkt werden, sondern es sollte ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess angestoßen werden, der eine nachhaltige Steigerung der Leistungsfähigkeit bewirkt. Die integrierte Steuerung aller Bestände entlang der Versorgungskette ist dabei die übergeordnete Zielsetzung des Bestandsmanagements. Es steht sowohl die Bestandsdimensionierung der einzelnen Wertschöpfungsstufen als auch die Einteilung der Bestände innerhalb der Supply Chain im Vordergrund. Erfahrungen aus Bestandsprojekten in der Industrie zeigen jedoch, dass diese Leistungssteigerung nicht unmittelbar eintritt. Veränderungen beim Bestandsmanagement müssen sich erst einspielen um langfristig dem Unternehmen zu nutzen.
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