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Allgemeine Einkaufsbedingungen
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Es gibt viele Gründe für unternehmensindividuelle Allgemeine Einkaufsbedingungen (AEB). Unser Autor Professor Dr. Karlheinz Schmid erläutert die Vorteile gegenüber dem BGB.

Prof. Dr. jur. Karlheinz Schmid

Es gibt immer noch Unternehmen, die nicht mit eigenen Allgemeinen Einkaufsbedingungen (AEB) arbeiten. Die Begründung ist fast immer gleich: Wir sind mit den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zufrieden. Diese Unternehmen machen sich aber nicht klar, dass eigene AEB eine Fülle von Vorteilen bieten. Dabei sind diese Vorteile nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich bzw. finanziell beachtlich.
Der erste Vorteil besteht unbestritten darin, dass man sich mit einer sogenannten qualifizierten Abwehrklausel ein Bollwerk gegen ungünstige Allgemeine Lieferbedingungen (ALB) schafft.
Bestellt man ohne eigene Einkaufsbedingungen und bestätigt der Lieferant unter Hinweis auf seine ALB, dann liegen diese Lieferbedingungen dem Vertrag zugrunde. Das bringt dem Einkauf nur Nachteile, denn der Lieferant hat sich diese Bedingungen nur deshalb geschaffen, um für sich eine vom Gesetz abweichende, bessere Rechtslage zu schaffen.
Mit einer immer am Anfang stehenden qualifizierten Abwehrklausel kann man zwar nicht immer die eigenen AEB durchsetzen, man erreicht aber im Regelfall, dass auch die ALB des Vertragspartners nicht zum Zuge kommen.
Ein weiterer großer Vorteil: Der Bundesgerichtshof lässt es mit Urteil vom 5.10.2005 zu, dass man die gesetzliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren auf drei Jahre erweitert. Ob man nur zwei Jahre oder drei Jahre lang auftretende Mängel bei gekauften Rohstoffen, Maschinen, Anlagen usw. reklamieren kann, bedeutet einen enormen wirtschaftlichen Vorteil. Man sollte daher wie folgt formulieren: „Die Gewährleistungszeit für Sach- und Rechtsmängel beträgt drei Jahre, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde. Dies gilt auch bei Mehrschichtbetrieb…“
Wenn man nicht „ewig“ warten will, bis der Lieferant die Bestellung annimmt, verwendet man folgende AEB-Widerrufsklausel: „Nehmen Sie unsere Bestellung nicht innerhalb von … (10 oder 14) Kalendertagen an, so sind wir zum Widerruf berechtigt.“
Sehr praktisch ist auch die folgende Bestimmung: „Nehmen Sie unsere Bestellung mit Abweichungen an, so haben Sie uns deutlich auf diese Abweichungen hinzuweisen. Ein Vertrag kommt nur zustande, wenn wir diesen Abweichungen schriftlich zugestimmt haben.“ Die Behauptung des Lieferanten, man habe den Abweichungen durch schlüssiges Verhalten zugestimmt, ist dann nicht mehr möglich.
Unschätzbaren Wert kann im Einzelfall einer Geheimhaltungsklausel zukommen: „… Die Vertragspartner verpflichten sich, alle nicht offenkundigen kaufmännischen oder technischen Einzelheiten, die ihnen durch die Geschäftsbeziehung bekannt werden, als Geschäftsgeheimnis zu behandeln. Unterlieferanten sind entsprechend zu verpflichten. Erkennt ein Vertragspartner…“ Wenn diese Klausel im Einzelvertrag mit einer Vertragsstrafe kombiniert wird, hat man bei einer streitigen Auseinandersetzung eine hervorragende Ausgangsposition.
Nach dem Gesetz hat man grundsätzlich kein Recht bei einem abgeschlossenen Vertrag nachträglich Änderungen durchzusetzen. Erleichtert wird dies jedoch mit folgender AEB-Klausel: „Wir können Änderung des Liefergegenstandes auch nach Vertragsabschluss verlangen, soweit dies für Sie zumutbar ist. Bei dieser Änderung sind die Auswirkungen von beiden Seiten, insbesondere hinsichtlich der Mehr- oder Minderkosten sowie der Liefertermine, angemessen zu berücksichtigen.“
Mit der AEB-Klausel „Die vereinbarten Preise sind Festpreise und schließen Nach-forderungen aller Art aus.“ hat schon manches Unternehmen viel Geld gespart.
Zur erhöhten Sorgfalt wird der Vertragspartner mit folgender Klausel verpflichtet: „Auf Versandanzeigen, Frachtbriefen, Rechnungen und sämtlicher Korrespondenz mit uns sind unsere Bestell-Nr. … anzugeben. Sie sind für alle Folgen verantwortlich, die sich aus der Nichteinhaltung dieser Verpflichtung ergeben.“ Geld kann man auch mit der deutlicheren Klausel sparen: „Wir bitten Sie zu beachten, dass die Zahlungsbedingungen erst mit Eingang der neu ausgestellten Rechnung gültig sind.“
Einkäufer lieben den gesetzlichen Regelfall der Holschuld überhaupt nicht, sie bevorzugen die Bringschuld. Der Erfüllungsort für die Bringschuld wird – abweichend vom Gesetz – wie folgt festgelegt: „Sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde, ist Erfüllungsort für die Liefer-/Leistungsverpflichtung die von uns angegebene Versandanschrift bzw. Verwendungsstelle; für alle übrigen Verpflichtungen beider Seiten ist Erfüllungsort … (Sitz des einkaufenden Unternehmens).“ Man stellt dann noch wie folgt klar: „Der Versand erfolgt auf Ihre Gefahr. Die Gefahr jeder Verschlechterung, einschließlich des zufälligen Untergangs, bleibt bis zur Ablieferung an der vereinbarten Versandanschrift bzw. Verwendungsstelle bei Ihnen. Wir sind nicht verpflichtet, Wagenladungen vor Eintreffen der Lieferpapiere abzufertigen…“ Unbestreitbare Vorteile bringen einkäuferfreundlich formulierte Klauseln für Zahlungsbedingungen, Skontovereinbarungen, die Rechnungserteilung und die Verpackungsrücknahme.
Die Frage, ob rechtzeitig geliefert wurde, lässt sich in AEB präzise regeln: „… Maßgebend für die Einhaltung des Liefertermins oder der Lieferfrist ist der ordnungsgemäße Eingang der Ware bzw. die einwandfreie Erbringung der Leistung sowie die Übergabe der Dokumentation bei der von uns genannten Empfangs- bzw. Verwendungsstelle oder die Rechtzeitigkeit der erfolgreichen Abnahme.“
Der Lieferant ist auch ohne ausdrückliche Vereinbarung verpflichtet, den Empfänger rechtzeitig auf eine Lieferverzögerung hinzuweisen. Diese ungeschriebene Nebenpflicht kann in den AEB wie folgt präzisiert und erweitert werden: „Erkennen Sie, dass ein vereinbarter Termin aus irgendwelchen Gründen nicht eingehalten werden kann, so haben Sie uns dies unverzüglich unter Angabe der Gründe und der voraussichtlichen Dauer der Verzögerung schriftlich mitzuteilen. Sie werden in solchen Fällen trotzdem alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit der vereinbarte Liefertermin eingehalten werden kann oder sich nur eine geringe zeitliche Verzögerung ergibt und uns schriftlich mitteilen, was Sie hierzu im Einzelfall unternommen haben und noch unternehmen werden. Durch die Mitteilung einer voraussichtlichen Lieferverzögerung ändert sich in keinem Fall der vereinbarte Liefertermin. … Alle Kosten, die uns als Folge einer schuldhaft unterbliebenen oder verspäteten Unterrichtung entstehen, gehen zu Ihren Lasten.“
Eine beliebte Entschuldigung des Lieferanten für den Verzug ist der Hinweis, er habe erforderliche Unterlagen nicht bzw. zu spät erhalten. Dem kann wie folgt vorgebeugt werden: „Auf das Ausbleiben notwendiger, von uns zu liefernder Unterlagen können Sie sich nur berufen, wenn Sie die Unterlagen schriftlich angemahnt und nicht innerhalb angemessener Frist erhalten haben.“
Darf ein Vertragspartner die Lieferung vor der vereinbarten Zeit erbringen? Die Antwort lautet: Nach § 271 Absatz 2 BGB grundsätzlich ja! Wem das nicht gefällt, sollte mit folgender Klausel arbeiten: „Bei früherer Anlieferung als vereinbart, behalten wir uns die Rücksendung auf Ihre Kosten vor. Erfolgt bei vorzeitiger Lieferung keine Rücksendung, so lagert die Ware bis zum vereinbarten Liefertermin bei uns auf Ihre Kosten und Gefahr. Wir behalten uns im Falle vorzeitiger Lieferung vor, die Zahlung erst am vereinbarten Fälligkeitstage vorzunehmen.“ Für einen Lieferanten besteht die ungeschriebene Nebenpflicht, seine ständigen Abnehmer rechtzeitig vor einer Produktionseinstellung zu unterrichten. Besser ist es gleichwohl, dies in den AEB schriftlich wie folgt niederzulegen: „Sollten Sie vorhaben, Ihre Produktion zu ändern oder einzustellen, dann werden Sie uns dies unverzüglich schriftlich anzeigen. Bei einer Produktionseinstellung müssen Sie sicherstellen, dass die bisher an uns gelieferten Materialien noch mindestens … Monate nach Ihrer Mitteilung lieferbar sind.“
Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer gemäß § 377 Abs.1 HGB die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies branchenüblich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein offener Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. In AEB hat man die Möglichkeit, diese sehr kurze Anzeigefrist auf eine praxisgerechte Frist auszudehnen. Etwa wie folgt: „Wir werden Ihnen offene Mängel der Lieferung unverzüglich schriftlich anzeigen, so bald sie nach den Gegebenheiten eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs festgestellt werden, spätestens jedoch innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Eingang der Lieferung bei uns …“
Mit der nachfolgenden Klausel wird festgelegt, dass der Lieferant mangelhafter Teile auch die oft erheblichen Nebenkosten zu tragen hat: „Sie tragen insbesondere alle im Zusammenhang mit der Mangelfeststellung und Mangelbeseitigung entstehenden Aufwendungen, auch soweit sie bei uns anfallen, insbesondere Untersuchungskosten, Aus- und Einbaukosten, Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten. Dies gilt auch, soweit sich die Aufwendungen dadurch erhöhen, dass der Liefergegenstand an einen anderen Ort als den Erfüllungsort verbracht wurde, jedoch nicht, wenn hierdurch unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen.“
Reparaturen müssen häufig sehr schnell durchgeführt werden. Im Gesetz findet sich hierzu keine Regelung. Deshalb kann folgende Klausel sehr nützlich sein: „Nachbesserungen und Neulieferungen haben Sie notfalls im Mehrschichtbetrieb oder im Überstunden- oder Feiertagsstundeneinsatz vorzunehmen, falls dies aus bei uns vorliegenden dringenden betrieblichen Gründen erforderlich und Ihnen zumutbar ist.“
Serienfehler sind besonders ärgerlich. Dann ist folgende Klausel hilfreich: „Treten gleichartige Mängel bei mehr als 5 Prozent der gelieferten Teile auf (Serienfehler), sind wir berechtigt, die gesamte vorhandene Liefermenge als mangelhaft zurückzuweisen sowie die gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Mängelansprüche für diese geltend zu machen.“
Werden mangelhafte Lieferteile erst kurz vor der Verarbeitung entdeckt, sind schnelle Nachbesserungen erforderlich. Zu diesen Reparaturarbeiten vor Ort ist der Lieferant oft nicht in der Lage. In solchen Fällen ist es dann von großem Nutzen, wenn die AEB das Recht zur Selbstnachbesserung vorsehen: „Kommen Sie Ihren Verpflichtungen aus der Mängelhaftung innerhalb einer von uns gesetzten, angemessenen Frist schuldhaft nicht nach, so können wir die erforderlichen Maßnahmen auf Ihre Kosten und Gefahr selbst treffen oder von Dritten treffen lassen. In dringenden Fällen können wir nach Abstimmung mit Ihnen die Nachbesserung selbst vornehmen oder durch einen Dritten ausführen lassen. Kleine Mängel können von uns – in Erfüllung unserer Schadensminderungspflicht bzw. im Rahmen insoweit getroffener Vereinbarungen – ohne vorherige Abstimmung selbst beseitigt werden, ohne dass hierdurch Ihre Verpflichtungen aus der Mängelhaftung eingeschränkt werden. Wir können Sie dann mit den erforderlichen Aufwendungen belasten. Das Gleiche gilt, wenn plötzlich ungewöhnlich hohe Schäden drohen.“
Die Hemmung der Verjährung ist für manchen in der Praxis ein Buch mit sieben Siegeln. Nach der Schuldrechtsreform formuliert man jetzt wie folgt: „Solange über die Berechtigung unserer Reklamation verhandelt wird, ist die Gewährleistungszeit der betroffenen Anlage/Anlagenteile von der Meldung der Betriebsstörung bis zum Abschluss der Verhandlungen bzw. bis zum Ende der Reparaturarbeiten gehemmt…“
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