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Ein Bauplan für die Einkaufsstrategie

Die 15 M-Architektur der Supply-Strategie
Ein Bauplan für die Einkaufsstrategie

Wie systematisch entwickeln Sie Ihre Strategie in Einkauf und Beschaffung? Die 15 M-Architektur der Supply-Strategie bietet Ihnen einen Bauplan zur Formulierung und Implementierung von Strategien zur Versorgung von Unternehmen mit Materialien und Dienstleistungen. Das Konzept setzt sich aus vier Strategiebausteinen und 15 Modulen zusammen und ist in der Praxis umfangreich erprobt. In einer fünfteiligen Artikelserie werden das Konzept und Umsetzungsbeispiele vorgestellt. Die Serie beginnt mit einem Überblick über die 15 M-Architektur.

Gerhard Heß, FH Nürnberg www.beschaffungsstrategie.de Manfred Laschinger, Leiter Einkauf und Materialwirtschaft, E-T-A GmbH

Einfach ausgedrückt zielt eine gute Strategie darauf ab, heute die grundsätzlichen Weichen zu stellen und Voraussetzungen zu schaffen, damit das Unternehmen in den kommenden Jahren in seinen Märkten erfolgreich sein kann.
Beispielsweise verlangen wettbewerbsfähige Preise für arbeitsintensive Kunststoffkomponenten nach einer Beschaffung in Osteuropa oder Asien. Nur: Der Aufbau qualifizierter Lieferanten und zuverlässiger Belieferungsprozesse kann leicht zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen.
Oder: Sie sehen sich einem monopolistischen Lieferanten gegenüber. Die Entwicklung einer Second Source zur Verbesserung der Verhandlungsposition kann zu einem langwierigen Projekt werden.
Oder: Der Aufbau einer Ausschreibungsplattform und der Einsatz von elektronischen Auktionen kann die Effizienz der Beschaffungsprozesse in Märkten stark erhöhen.
Derartige strategische Aktionen können ihre volle Wirkung nur entfalten, wenn sie gut aufeinander abgestimmt sind. Dies macht den ganzheitlichen Charakter einer erfolgreichen Supply-Strategie aus. Dabei sollten an der Strategieentwicklung alle Abteilungen des Unternehmens mitwirken, die an der Lieferantenschnittstelle aktiv sind, z. B. Einkauf, Qualität, Logistik, Entwicklung. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, von einer Supply-Strategie und nicht von einer Einkaufs- oder Beschaffungsstrategie zu sprechen.
Die Idee der 15 M-Architektur und die vier Strategiebausteine
Die aufgezeigten Beispiele deuten bereits an, wie facettenreich Supply-Strategien sein können. Die 15 M-Architektur bietet eine praxiserprobte Bauanleitung, mit der Strategien zur Versorgung des Unternehmens mit Materialien und Dienstleistungen formuliert und implementiert werden. Dabei steht 15 M für die 15 Module. Alle wesentlichen Aspekte von Supply-Strategien sind in
einem systematischen Gesamtkonzept verankert. Die 15 M-Architektur setzt sich aus vier Strategiebausteinen (SB) zusammen:
  • 1. Supply-Rahmenstrategie,
  • 2. Supply-Marktstrategie,
  • 3. Lieferantenstrategie,
  • 4. Supply-Strategie-Controlling.
Die vier Strategiebausteine gliedern sich in die folgenden 15 M = 15 Module, so dass die Strategie schrittweise implementiert werden kann:
  • 1. Basisstrategie entwickeln,
  • 2. Supply-Ziele formulieren,
  • 3. Strategy-Map entwickeln,
  • 4. Supply-Märkte definieren und priorisieren,
  • 5. Supply-Markt analysieren und segmentieren,
  • 6. Supply-Marktziele formulieren,
  • 7. Gestaltungsfelder analysieren,
  • 8. Supply-Marktstrategie formulieren,
  • 9. Lieferanten bewerten und klassifizieren,
  • 10. Neue Lieferanten identifizieren und freigeben,
  • 11. Lieferantenstrategie formulieren,
  • 12. Supply-Marktstrategien und Lieferantenstrategien synchronisieren,
  • 13. Supply-Managementsystem entwickeln,
  • 14. Supply-Strategie steuern,
  • 15. Supply-Strategie-System entwickeln.
Die einzelnen Module werden im Rahmen der Artikelserie vorgestellt.
Die 15 M-Architektur ist skalierbar, d. h. sie ist gleichermaßen in kleinen Unternehmen mit nur einem strategischen Einkäufer, in Mittelbetrieben mit einigen strategischen Einkäufern und in komplexen Konzernstrukturen anwendbar. Sie ist in entsprechenden Praxisprojekten erprobt, beispielsweise bei der Firma Siemens, bei Cherry, bei E-T-A.
Die grundlegende Struktur einer Supply-Strategie mit den vier Strategiebausteinen leitet sich aus der folgenden einfachen Überlegung ab: Ein Unternehmen verfolgt auf seinen Absatzmärkten (hoffentlich) eine Strategie. Um seine Marktleistung zu erzeugen, muss sich das Unternehmen selbst meist auf sehr vielen Supply-Märkten (= Beschaffungsmärkten, z. B. Guss, Stanz- und Biegeteile, Speditionsleistungen) mit Gütern versorgen. Für die wichtigsten Supply-Märkte müssen Marktstrategien entwickelt werden (Supply-Marktstrategie, Strategiebaustein 2, Module M 5 bis M 8).
In den Supply-Märkten bieten in der Regel mehrere Lieferanten ihre Leistungen an. Für die wichtigsten Lieferanten sollte jeweils eine Lieferantenstrategie formuliert werden, in der strategische Zielsetzungen für den Lieferanten sowie angestrebte Entwicklungspfade in der Zusammenarbeit mit dem Lieferanten festgelegt werden (Lieferantenstrategie, Strategiebaustein 3, Module M 9 bis M 11). Die Lieferantenstrategie sollte möglichst mit dem Lieferanten gemeinsam entwickelt und vereinbart werden. Mit der Supply-Rahmenstrategie (Strategiebaustein 1, Module M 1 bis M 4 und M 12 bis M 13) wird die Supply-Strategie an der Unternehmensstrategie ausgerichtet und eine einheitliche strategische Orientierung entwickelt. Beispielsweise kann die Internationalisierung des Einkaufs, die Lieferantenintegration in den Innovationsprozess oder die Bündelung über Organisationseinheiten vorangetrieben werden. Mit einfachen Strategy Maps kann die strategische Ausrichtung konkretisiert und für die Mitarbeiter visualisiert werden. Darüber hinaus werden die Markt- und Lieferantenstrategien aufeinander abgestimmt und – soweit sinnvoll – Synergien realisiert. Beispielsweise ist es in Mittelbetrieben häufig sinnvoll, sich auf ausgewählte Beschaffungsregionen in der Welt zu konzentrieren. Ferner muss das Supply-Managementsystem strategisch entwickelt werden, z. B. in Bezug auf die Organisation des Einkaufs.
Die Rahmen-, die Markt- und die Lieferantenstrategien müssen während der Umsetzung fein- bzw. nachjustiert werden. Dies ist die Aufgabe des Strategie-Controllings (Supply-Strategie-Controlling, Strategiebaustein 4, Module M 14 und M 15). Die Theorie ist einfach: Die Strategien müssen in Maßnahmen und Action Items heruntergebrochen werden. Regelmäßig (z.B. einmal im Monat) wird der Umsetzungserfolg der Maßnahmen überprüft. Dabei helfen strategische Kennzahlen, mit denen der strategische Erfolg bzw. Misserfolg gemessen wird. Hieraus sind die Konsequenzen für das weitere Vorgehen abzuleiten. Diese einfache Idee umzusetzen erfordert allerdings sehr viel Disziplin. Sie kann selbst in Mittelbetrieben schnell komplex werden, falls beispielsweise 15 Markt- und 30 Lieferantenstrategien zu steuern und dabei mehrere Abteilungen (Einkauf, Qualität, Logistik …) in mehreren Organisationseinheiten bzw. Standorten zu beteiligen sind.
Schrittweises bis zum Gesamtgebäude
Die Ressourcen im Einkauf sind in der Regel knapp. Aufgrund der modularen Struktur der 15 M-Architektur ist eine schrittweise Implementierung entsprechend der aktuell verfügbaren Ressourcen möglich. Dies verdeutlicht die Vorgehensweise von E-T-A Elektrotechnische Apparate GmbH, deren Supply-Strategie in den nachfolgenden Artikeln der Serie ausführlich vorgestellt wird.
Der Aufbau der Supply-Strategie mithilfe der 15 M-Architektur erstreckte sich bei E-T-A vom Jahr 2004 bis ins Jahr 2007. Die dunklen Pfeile veranschaulichen die Einführungszeit der einzelnen Strategiebausteine. Daran schließt sich die Anwendung an (durchsichtiger Pfeil). Der gestrichelte Pfeil bei den Marktstrategien bedeutet, dass die formulierten Strategien nicht systematisch fortgeschrieben wurden. Die fast einjährige Zäsur im Jahr 2005/06 ergab sich durch den Bau eines neuen Logistikzentrums zusammen mit einem neuen Verwaltungsgebäude, so dass die Kapazität in der Materialwirtschaft ganz erheblich gebunden war.
Die Architektur stellt sicher, dass sich bei einer schrittweisen Vorgehensweise die späteren Aktivitäten problemlos in das Gesamtgebäude einfügen lassen.
In den folgenden Artikeln dieser Serie werden die vier Strategiebausteine, die Rahmenstrategie, die Supply-Marktstrategien, die Lieferantenstrategien und das Strategie-Controlling mit den 15 Modulen im Detail vorgestellt und an Beispielen illustriert.

Serie Supply-Strategie

Teil 1: Der Bauplan (BA 09/2008)
Teil 2: Supply-Marktstrategien
Teil 3: Lieferantenstrategien
Teil 4: Supply-Rahmenstrategie
Teil 5: Strategie-Controlling
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