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Einkauf hat zu niedrigen Stellenwert

Umfrage zur Position des Einkaufs in Unternehmen 2015
Einkauf hat zu niedrigen Stellenwert

Obwohl die strategische Bedeutung des Einkaufs ständig zunimmt, scheint die Gleichstellung des Einkaufs mit anderen Unternehmensbereichen nicht voranzukommen. Gerade in Betrieben, die viele Teile und Komponenten zukaufen, könnten Einsparungen im Einkauf einen unmittelbar positiven Einfluss auf das Geschäftsergebnis haben.

Die Wertschätzung der Mitarbeiter im Einkauf hängt von der Position des Einkaufs in der Unternehmenshierarchie ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage unter allen registrierten Einkäufern der Online-Plattform Techpilot.

Beteiligt haben sich 204 Unternehmen mit zwei bis über 10 000 Mitarbeitern, wobei mehr als die Hälfte zwischen 100 und 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Teilgenommen haben leitende Funktionen, darunter 40,7 % Einkaufsleiter, 5,2 % Gruppenleiter und darüber hinaus Strategische Einkäufer (23,7 %) und Technische Einkäufer (20,6 %). Sie verfügen über langjährige Erfahrung im Technischen Einkauf und sind in diesem Bereich im Schnitt 13 Jahre tätig.
Der Anteil der Einkaufskosten liegt bezogen auf den Gesamtumsatz bei durchschnittlich 43 %. 5,4 % der befragten Einkaufsabteilungen beschaffen mindestens 80 % vom Gesamtumsatz, 15,5 % weniger als 20 %.
Die Einkaufsvolumina der befragten Unternehmen repräsentieren die gesamte Bandbreite, von weniger als 10 Mio. Euro (42 %) über 10 bis 50 Mio. Euro (38 %) bis über 50 Mio. Euro (19,9 %). 9,1 % erreichen ein Volumen von über 100 Mio. Euro. Der Anteil der Zeichnungsteile am Einkaufsvolumen ist naturgemäß niedriger. 38,5 % der Unternehmen beschaffen Zeichnungsteile im Gesamtwert von weniger als 1 Mio. Euro. 22,3 % geben zwischen 1 Mio. und 5 Mio. Euro für Zeichnungsteile aus. Mehr als 5 Mio. Euro Einkaufsvolumen verzeichnen knapp 40 % der Unternehmen.
Der Anteil der Hochschulabsolventen unter den Beschäftigten im Einkauf variiert stark. Bei 35,4 % der Unternehmen liegt er unter 5 %, bei 18,5 % der Unternehmen bei über 50 %. 47 % der Einkaufs- und Gruppenleiter haben eine Hochschulausbildung.
Einkaufsmitarbeiter mit technischer Qualifikation sind bei über 40 % der Unternehmen nur mit weniger als 20 % vertreten. Bei einem Viertel der Firmen liegt dieser Anteil bei über 50 %.
Das Ausbildungsniveau der Mitarbeiter im Einkauf ist jedoch kein Garant für eine höhere Position des Einkaufsleiters in der Unternehmenshierarchie. Selbst bei einem Anteil der Hochschulabsolventen in der Einkaufsabteilung von 70 % und mehr sind nur 40 % der Einkaufsleiter Mitglied der Geschäftsführung. In nahezu 80 % der Unternehmen ist der Einkaufsleiter nicht in die Geschäftsführung eingebunden, eine Zahl, die angesichts des Wertbeitrags, den der Einkauf leistet, sehr verwundert. In annähernd 50 % der Unternehmen ist der Einkauf ein eigenständiger Bereich auf zweiter Führungsebene. 22,5 % der Einkaufsleiter arbeiten als Abteilungsleiter auf der dritten Führungsebene. In 7,5 % der Firmen ist der Einkauf auf verschiedene Bereiche bzw. Abteilungen verteilt.
Es gibt eine eindeutige Korrelation zwischen der Wertschätzung der Mitarbeiter im Einkauf und der Position des Einkaufs in der Unternehmenshierarchie. Ist der Einkaufsleiter Mitglied der Geschäftsführung, dann sind 31,4 % der Meinung, dass der Einkauf hohe Anerkennung genießt. 51,4 % der Teilnehmer sehen den Einkauf in diesen Fällen gleichberechtigt neben den anderen Unternehmensbereichen. Ist der Einkauf auf der 2. Führungsebene angesiedelt, dann sinken diese Werte. Nur noch 25,9 % geben an, dass das Ansehen hoch ist, und immerhin 50,6 % halten den Einkauf für gleichberechtigt. Ab der 3. Führungsebene sinken die Werte dramatisch. Nur noch 2,7 % fühlen sich anerkannt und nur noch 28,2 % fühlen sich gleichberechtigt. Etwas höher, aber immer noch niedrig, sind die Werte, wenn der Einkauf auf verschiedene Abteilungen verteilt ist. Offenbar sorgt dann die engere Zusammenarbeit mit den Kollegen aus anderen Bereichen für eine höhere Wertschätzung.
56,7 % geben an, dass der Einkauf Servicefunktion für Entwicklung, Produktion und Vertrieb hat. Doch in nicht einmal der Hälfte der Unternehmen (43,9 %) steht der Einkauf gleichberechtigt neben den anderen Unternehmensbereichen. Insgesamt sind lediglich 20,5 % der Einkäufer der Meinung, dass ihr Bereich eine hohe Wertschätzung genießt. Bei einem Viertel der Unternehmen wird der Wertbeitrag des Einkaufs kaum thematisiert. Dementsprechend sind ein Viertel der Befragten der Meinung, dass die Leistung des Einkaufs nicht angemessen gewürdigt wird. 28,7 % geben darüber hinaus an, dass in ihrem Unternehmen die strategische Bedeutung des Einkaufs nicht ausreichend gefördert wird.
Allerdings zeigt das Ergebnis auch, dass die Anerkennung umso größer ist, je höher der Wertbeitrag des Einkaufs zum Gesamtumsatz ist. In Unternehmen, in denen der Einkauf anerkannt wird, liegt der Wertbeitrag im Durchschnitt bei knapp 50 % vom Umsatz. Der Wertbeitrag wird kaum thematisiert, wenn der Einkauf nur zu durchschnittlich 35,4 % zum Umsatz beträgt. „Wir haben uns einerseits natürlich über die hohe Beteiligung gefreut. Offenbar haben wir mit dieser Umfrage einen Nerv getroffen. Andererseits waren wir schon überrascht über die zu geringe Anerkennung, die der Einkauf trotz seines wichtigen Beitrags zum Unternehmenserfolg und zur Sicherstellung der Supply Chain genießt“, erklärt Frank Sattler, Gründer und Geschäftsführer von Techpilot. Die Auswertung zeige auch recht deutlich, wo noch Defizite zu finden seien, aber auch, wie der Stellenwert des Einkaufs verbessert werden könne. Entsprechend kritisch sind die Antworten auf die Frage nach den Gründen für den Stellenwert des Einkaufs. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer macht das Management und die Geschäftsleitung für den geringen Stellenwert verantwortlich. Das Spektrum reicht von „historisch gewachsenen, veralteten Strukturen“ über „fehlende Kenntnisse des Managements“ bis hin zum Vorwurf einer einseitigen Fokussierung auf den Vertrieb und/oder einer Bevorzugung technischer Bereiche. Firmen, in denen sich die Situation verbessert hat, 62,5 % verweisen auf mehrjährige Anstrengungen. Ein Teilnehmer sieht Verbesserungen durch „regelmäßige Meetings und durch Präsentationen in anderen Fachbereichen und vor dem Management, in denen die Einkaufserfolge transparent gemacht werden.“ Offenbar ist jedoch nicht jeder Einkaufsleiter auf diesem Gebiet zufriedenstellend aktiv, so jedenfalls die Kritik einzelner Umfrageteilnehmer.
Ein Teilnehmer bringt den klassischen Konflikt in der Wahrnehmung auf den Punkt: „Der Vertrieb holt das Geld! Richtig wäre, der Vertrieb holt den Kunden und der Einkauf den Gewinn.“ Das wird jedoch in vielen Unternehmen nicht so gesehen. Da beklagt so mancher, dass „der tatsächliche Aufwand für Einsparungen und Lieferantenentwicklung nicht wahrgenommen wird“, dass „die Geschäftsleitung zu wenig weiß über die Schwierigkeiten in der Beschaffung“ oder dass „der Wertbeitrag nicht gesehen wird“. Darüber hinaus wird beobachtet, dass in technisch dominierten Unternehmen die kaufmännische Seite im Einkauf zu kurz komme.
Marc Staudenmayer, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Advancy: „Die Umfrage liefert ein aussagekräftiges Stimmungsbild und gibt Hinweise auf die Ursachen der mitunter fragwürdigen Positionierung der Einkaufsfunktion. Denn die Situation des Einkaufs ist in vielen Unternehmen alles andere als zufriedenstellend. Der Einkauf muss aktiv und nachhaltig an einer Verbesserung der Situation mitarbeiten. Das kann nur ein gezieltes Selbstmarketing leisten, das in erster Linie Transparenz schafft über den Wertbeitrag und die Erfolge des Einkaufs, aber auch informiert über die Einkaufsfunktionen und die Beschaffungsprozesse.
Die Ergebnisse der Umfrage können per E-Mail an marketing@techpilot.net angefordert werden. ag
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