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Einkaufsauktionen – Dos and Don’ts

Praxistipps
Einkaufsauktionen – Dos and Don’ts

Auktionen können ein wichtiges Instrument zur Vergabe von Aufträgen, Rechten oder Gegenständen für Unternehmen sein. Dabei entscheidet das Auktionsdesign zwischen Erfolg und Misserfolg.

Einkäufer erhoffen sich von einer Auktion niedrigere Beschaffungskosten im Vergleich zu einer konventionellen Einkaufsverhandlung. Die Einsparungen sollen u. a. dadurch erreicht werden, dass sich die Lieferanten in der Auktion gegenseitig unterbieten, weil jeder den Zuschlag erhalten will. Eine Auktion setzt jedoch nicht per se solche Anreize zum Unterbieten. Das Auktionsdesign trägt entscheidend zum Erfolg oder Misserfolg der Auktion bei. Umso mehr überrascht es, dass selbst große Unternehmen hier Fehler machen. Solche Fehler kosten Geld und verprellen möglicherweise sogar Bieter für zukünftige Auktionen. Auch aus Sicht der Bieter ist es wichtig, das Auktionsdesign genau zu verstehen. Nur so können sie eine geeignete Bietstrategie festlegen und verhindern, dass sie entweder ihre Preise unnötig stark senken oder im umgekehrten Fall für wichtige Aufträge nicht den Zuschlag erhalten. Für die optimale Ausgestaltung des Auktionsdesigns benötigt man analytische Expertisen und viel Erfahrung. Es gibt kein Schema, das auf alle Auktionen passt. Folgende Regeln sollten grundsätzlich beachtet werden:

Willkür vermeiden: Eine Einkaufsauktion sollte so geplant und ausgestaltet werden, dass der Auktionsgewinner auch den Zuschlag erhält. Manche Unternehmen entkoppeln hingegen das Auktionsergebnis von der Vergabeentscheidung. Dies ist strategisch ungünstig, da Folgeauktionen davon negativ beeinflusst werden. Zudem leiden die Reputation des Auftraggebers sowie die Lieferantenbeziehungen. Auch die vom Einkauf erhoffte Kosteneinsparung wird sich auf diese Weise kaum einstellen. Denn: Ein Bieter weiß nicht, ob er Auktionsgewinner sein muss oder ob aufgrund seiner nicht preislichen Angebotskriterien eine Platzierung im Mittelfeld ausreicht, um den Zuschlag zu erhalten. Folglich hat ein Bieter kein klares Auktionsziel, nämlich die Auktion durch Unterbieten der Wettbewerber zu gewinnen. Wenn nicht der Preis allein ausschlaggebend für die Einkaufsentscheidung ist, sollten Einkäufer besser die Finger von einer eindimensionalen Preisauktion lassen. Klassische Preisverhandlungen sind besonders bei strategisch wichtigen oder komplexen Aufträgen meist besser. Alternativen sind Scoring-Regeln oder multiattributive Auktionen, die auch nicht preisliche Aspekte in die Auktion einbeziehen. Diese sind allerdings wesentlich komplexer und bergen bei ungünstiger Ausgestaltung das Risiko einer Fehlentscheidung.
Auktion an den Bieterkreis anpassen: Das Auktionsdesign sollte auch berücksichtigen, wie viele Bieter erwartet werden und ob sich die Bieter untereinander kennen. Wenn die Gefahr unerlaubter Absprachen unter den Bietern (Kollusion) groß ist, kann das Auktionsdesign gegensteuern. Dies kann zum Beispiel dadurch gelingen, dass die Auktion zu einem festen, allen bekannten Zeitpunkt beendet wird, anstelle die Auktion bei neu eingehenden Geboten automatisch zu verlängern. Dadurch kann man verhindern, dass Bieter, die die Absprachen brechen (zum Beispiel durch Unterschreiten der vereinbarten Mindestpreise), von anderen Bietern im Laufe der Auktion „bestraft“ werden können. Außerdem kann der Auktionator die Transparenz bei der Gebotsabgabe ein wenig einschränken, beispielsweise indem er die möglichen Preisschritte fest vorgibt.
Eine weitere Rolle spielt die strategische Bedeutung, die der Auktionsgegenstand für die Bieter hat. Handelt es sich nur um einen kleinen Auftrag, so wird kaum ein Bieter bereit sein, viel Zeit für die Auktion zu investieren.
Genauso wichtig ist es darüber hinaus, die Erfahrung der Bieter mit Auktionen zu berücksichtigen. Unerfahrene Bieter sollten eine Schulung erhalten, die in der Regel auch eine Testauktion beinhaltet. Will der Einkauf unsicheren Bietern die Angst an der Auktion nehmen und nebenbei mehr über die tatsächlichen Preislimits der Bieter erfahren, so ist die Durchführung einer Zweitpreisauktion hilfreich. Im Gegensatz zu einer Erstpreisauktion erhält der Auktionsgewinner hier nicht für seine Leistung den Preis, den er selbst geboten hat, sondern er erhält den Preis des zweitbesten Gebots. Ein Bieter hat daher keinen Schaden, wenn sein Gebot deutlich niedriger ist als das seines engsten Konkurrenten. Er kann getrost sein tatsächliches Preislimit bieten. Spekulationen der Bieter über die Gebotshöhen anderer Bieter werden damit unwichtig.
Auktionsteilnahme sicherstellen: Eine höhere Anzahl an Bietern wirkt sich in der Regel positiv auf den Wettbewerb aus. Besonders vorteilhaft ist es aus Einkäufersicht, wenn nicht nur die bekannten Wettbewerber, sondern auch Außenseiter oder Newcomer an der Auktion teilnehmen. Dadurch sinkt das Risiko von Absprachen unter den Bietern. Außenseiter oder Newcomer können mithilfe des Auktionsdesigns zur Teilnahme an der Auktion motiviert werden. Dies gelingt unter anderem durch niedrige Eintrittshürden bei der Präqualifikation, durch den Verzicht auf zuvor definierte Maximalpreise und durch das Zulassen von Bietergemeinschaften.
Ähnlich wie in Ebay-Auktionen beobachtet man auch in B2B-Auktionen häufig das sogenannte „Sniping“. Dies bedeutet, dass die Bieter bis kurz vor Auktionsende warten und dann erst ihre Gebote abgeben. Am Ende kann die Zeit so knapp werden, dass in letzter Sekunde eingehende Gebote nicht mehr übermittelt werden können. Das führt zu Unzufriedenheit auf Bieter- und Einkäuferseite. Sniping kann man durch verschiedene Mechanismen verhindern. Ein „hartes“ Ende der Auktion verstärkt den Sniping-Anreiz. Mehrrundenauktionen mit definierten Aktivitätsregeln können Abhilfe schaffen. Solche Aktivitätsregeln legen eine in jeder Auktionsrunde geforderte Mindest-Bietaktivität fest. Erbringt ein Bieter diese Aktivität nicht, so scheidet er aus der Auktion aus.
Nebenziele integrieren: Bei der Vergabe von Aufträgen wollen die Auftraggeber hin und wieder bestimmte Bieter oder Bietergruppen bevorzugen. Dies kann rechtliche Gründe haben, wenn durch eine Bevorzugung von Bietern in der Auktion eine sonst vorhandene Benachteiligung dieser Bieter ausgeglichen wird. Es kommt aber auch vor, dass strategische Gründe dafür sprechen, bestimmte Bietergruppen in der Auktion zu bevorzugen. Beispielsweise können mittelständische Unternehmen gegenüber Großkonzernen bevorzugt werden. Auch hier gilt wieder: Das Auktionsergebnis sollte die Vergabeentscheidung determinieren. Dies kann man gewährleisten, indem man dem zu bevorzugenden Bieterkreis einen Preisvorteil in der Auktion gewährt. In einer Einkaufsauktion erhält dann der Bieter, der den Auftrag für 10 000 Euro anbietet bei einem Preisvorteil von fünf Prozent im Zuschlagsfall 10 500 Euro vom Auftraggeber.
Des Weiteren wollen Einkäufer häufig nicht das gesamte Auftragsvolumen an einen Bieter vergeben, sondern unter mindestens zwei oder drei Anbietern verteilen. Gründe sind Risikominimierung oder Begrenzung der Verhandlungsmacht der Auftragnehmer. In solchen Fällen kann ein maximales Bietvolumen in die Auktion eingebaut werden, um zu verhindern, dass die Vergabeentscheidung vom Auktionsergebnis entkoppelt wird.
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