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Erfolgsfaktor Persönlichkeit: Autorität und Kompetenz

Serie: Führung im Materialmanagement
Erfolgsfaktor Persönlichkeit: Autorität und Kompetenz

Erfolgsfaktor Persönlichkeit: Autorität und Kompetenz
Legitimation und Kompetenz der Führung
„Wenn Du Männer brauchst, um Schiffe zu bauen, mußt Du zuerst über ferne Ziele, über Herausforderungen und Chancen sprechen, erst dann über Bretter, Beile und Nägel…“

Günter Hirschsteiner,Betriebswirt (VWA)

Diese Metapher stammt so ähnlich wohl aus der Antike, und der Rat kommt wahrscheinlich von einem Weisen für einen Feldherrn, der die Vision einer Unternehmung hatte und sie realisieren wollte. Das führt zum Thema: Was eine Führungspersönlichkeit besonders auszeichnet.
Merkmale einer Führungspersönlichkeit
Die typische und herausragende Aufgabe eines Managers ist Menschen anleiten und sie führen. Führen bedeutet nicht ausführen, selbermachen, sondern definieren, planen, organisieren, steuern, Ergebnisse feststellen und bewerten. Welche charakterlichen Merkmale und spezifischen Fähigkeiten werden dazu gebraucht? Jeder kennt Menschen, die als Vorgesetzte oder Führungspersonen subjektiv oder objektiv ihre Aufgaben gut oder weniger gut ausführen.
James A. C. Brown (geb. 1911) schreibt in seinem Buch Psychologie der industriellen Leistung, „…wie sinnlos es ist, die Qualität des Führertums als ein Charaktermerkmal, als angeborene Begabung zu betrachten, die manchen Persönlichkeiten zu eigen sei, anderen aber nahezu oder völlig abgehe…“
Brown argumentiert, daß die allgemein beschriebenen Führungseigenschaften wie Klugheit, Urteilsgabe, Verantwortungsbereitschaft, Gerechtigkeitsgefühl usw. den erfolgreichen Führergestalten der Geschichte teilweise abgingen und „…daß auch die großen Industrie-Kapitäne vielfach der von den Psychologen empfohlenen Eigenschaften ermangelten: Männer wie Hearst (Kommunikation), Ford (Automobile), Carnegie (Stahl, Verkehr) und Morgan (Banken) waren keineswegs Musterbeispiele an Tugend oder innerer Gesundheit.“ Das braucht nicht vertieft, aber es muß hinterfragt werden, was den betriebswirtschaftlichen Erfolg ausmacht und was Führung dazu beiträgt.
Neben den aufgabenorientierten und den führungszentrierten Ansätzen muß es weitere wesentliche Faktoren geben, die sich aus der Art des Handelns in den Führungsbeziehungen ergeben: Visionen, Glück und Macht.
Visionen
In der Managementliteratur kommen Visionen kaum vor, und wenn sie als Erfolgsfaktoren erkannt sind, werden sie zu den weichen Faktoren gerechnet. Im Gegensatz zu planmäßig definierten Zielen, ist im Kontext der betrieblichen Führung eine Vision die außergewöhnliche Sicht der Bestimmung einer künftigen Realität, eine emotionale Motivation, die zu einem anspornenden, engagierten und begeisternden Streben führt. Die Vision und ihre motivierende Mitteilung sprechen Verstand und Emotion so an, daß sich eine mentale Identifikationswirkung bei anderen Menschen ergibt, weil sie deren eigene Ideale trifft, beschreibt und so ein Gefühl der Verbundenheit schafft.
Diese Gegebenheiten sind nicht auf das großartige und spektakuläre Empfinden und Handeln eingeschränkt. Auch der Führungsalltag hat seine Visionen: Eine gute Idee, ein geeignetes Konzept, z.B. die außergewöhnliche und engagierte Realisierung einer Verbesserung im Materialmanagement.
Macht, Autorität und Manipulation
Macht ist die potentielle Möglichkeit, in einer interaktiven Beziehung und aus den situativen Gegebenheiten eigene Absichten gegen Widerstände zu realisieren. Sie ist aber auch die menschlich-gesellschaftliche Kraft der Gestaltung und Steuerung sozialer Gegebenheiten. Macht ist ein elementares Merkmal der Definition von Führung und für das Verstehen menschlicher Interaktion notwendigerweise besonders zu betrachten. Für die betriebliche Führung muß Macht legitimiert sein und ist soweit besser mit Autorität zu beschreiben.
Autorität ist individuelles Ansehen, das mit Einfluß verbunden ist und als Beziehung zwischen Personen erscheint. Autorität wird in unterschiedlichen Formen manifestiert, als
•delegierte Autorität, die aus der formalen und strukturellen Unternehmensorganisation vermittelt wird (institutionelle Kompetenz),
•funktionale Autorität, die sich aus der fachlichen Qualifikation und dem persönlichen Geschick bei der Erfüllung der Aufgaben ergibt (sachliche und fachliche Kompetenz),
•persönliche Autorität, die in den individuellen persönlichen kommunikativen Eigenschaften und Fähigkeiten begründet ist (Beziehungskompetenz).
Die mit der Autorität verbundene legitimierte Macht hat ihre Grundlagen in
•betrieblichen Regelungen, das sind Organisations- und Prozeßstrukturen, z.B. Organisationspläne und Arbeitsrichtlinien,
•gesellschaftlichen Normen wie Gesetze und Konventionen,
•persönlichen Kompetenzen wie Kenntnisse, Fähigkeiten, Engagement, Kommunikationsverhalten u.a.
•dispositiven Möglichkeiten, z.B. hierarchische Interaktion, Informationsrecht, Disziplinierungsmacht.
Autorität basiert einerseits auf der Anerkennung der Regeln und Normen durch Mitarbeiter. Andererseits auf deren Identifikation mit der Führungsperson und den Gegebenheiten, die diese überzeugend vertritt: Unternehmen, Ziele, Werte, Einstellungen und Handlungen. Identifikation ist die emotionale Bindung einer Person an eine Sache bzw. Person.
Autorität durch Legitimation beruht auf der gegenseitigen Akzeptanz von gesetzten Normen und anerkannten Werten durch die Manager und Mitarbeiter. Der Führende ist in einem bestimmten Wirkungsbereich berechtigt, Weisungen zu geben, die der Geführte akzeptieren und ausführen wird. Daraus ergibt sich die soziale Rollenverteilung im betrieblichen Management und sachlich die Delegation von Entscheidungsaufgaben.
Autorität durch Sanktion setzt voraus, daß der Führende legitimiert ist, das Verhalten eines Mitarbeiters situativ angemessen und modifiziert zu belohnen, zu ignorieren oder zu ahnden. Die formalen Möglichkeiten dazu sind
•finanzielle Anreize, Belohnungen, Abzüge,
•immaterielle Anreize und Belohnungen wie Anerkennung, Beförderung, Weiterbildung, Statusverbesserungen, bzw. Bestrafungen wie Kritik, Nichtbeachtung oder Entzug von Bonitäten,
•Androhung und Ausführung von Bestrafungen, z.B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung.
Durch Belohnung des erwarteten und Bestrafung des abweichenden Verhaltens wird deutlich, welches Handeln erwartet wird. Der Geführte soll durch Abgrenzung und Transparenz Orientierung für seine künftigen Verhaltensentscheidungen erhalten. Allerdings soll nicht die Person selbst, sondern ihre Handlungsfolgen das Kriterium für Sanktionsansätze geben.
Autorität durch Sachkenntnis und Information bezieht ihre Überlegenheit aus besonderen Wissens- und Informationspotentialen. Sachverstand ist ein Informationsvorteil, weil die Qualität von Entscheidungen auch vom Kenntnisstand begründet wird. Mitarbeiter sind auf die Sachkenntnis und das Informationsverhalten der Füh-renden angewiesen. Die Kontrolle über wesentliche Informationen ist eine Machtbasis, und die Bedingungen ihrer Weitergabe und Verteilung sind ein entscheidendes Element des betrieblichen Führungsverhaltens.
Autorität durch Identifikation bezieht ihre Wirkung aus der emotionalen Bindung einer Person an andere Personen, Organisationen und gesellschaftliche Normen, Werte und Ziele. Der Geführte erkennt den Führenden mit seinem Denken und Handeln als Vorbild an, identifiziert sich mit der Person und imitiert sein Verhalten. Dadurch entsteht eine emotionale Bindung der Loyalität, die durch die Haltung des Führenden und das Verhalten des Geführten andauernd bestätigt werden muß.
Autorität durch Kommunikation entsteht aus den betrieblichen und persönlichen Erwartungen und Bedürfnissen der Mitarbeiter. Gutes führungsorientiertes Kommunikationsverhalten vermittelt den Mitarbeitern Einsicht und Sicherheit über ihre Integration im Betrieb und den Stellenwert ihrer Arbeitsleistung. Mangelhaftes Kommunikationsverhalten führt zur Isolation mit den Folgen Unzufriedenheit, Absenz und Fluktuation. Nicht ausreichende Integration kann durch finanzielle und materielle Bonitäten kaum kompensiert werden, eher umgekehrt.
Manipulation ist die egoistische Einwirkung auf das Erkennen und Verhalten anderer zum eigenen Vorteil, ohne daß diese die Absicht erkennen sollen. Manipulation wird begünstigt, wenn ein steiles Informationsgefälle zwischen Führenden und Geführten besteht. Manipulation kann kurzfristige Erfolge einbringen. Wenn sie als solche erkannt wird, ist das Vertrauensverhältnis gefährdet und die Autorität dauerhaft beschädigt.
Der ideale Vorgesetzte
Natürlich gibt es ihn nicht und vielleicht möchte ihn auch niemand haben. Wer führt, begibt sich auf das unsichere Gelände der menschlichen Beziehungen; er muß unterschiedliche und vielleicht divergierende soziale und wirtschaftliche, betriebliche und persönliche Interessen auf ein Ziel bündeln. Er kann den Erfolg nicht alleine machen: Unterschiedliche Motivationen mit ihrer eigenen Dynamik müssen auf ein gemeinsames Interesse zu einem vorbestimmten Ziel gebracht werden.
Wer führen will, braucht eine besondere psychische Grunddisposition, damit seine Führung akzeptiert wird.
Ein positiver Charakter, die Gesamtheit der geistig-seelischen Eigenschaften, ist die wichtigste Qualifikation eines Vorgesetzten; ist dieser mangelhaft, werden andere positive Qualitäten unbedeutend. Soweit kann Charakter nicht substituiert oder kompensiert werden.
Charakterstärke: Jeder Mitarbeiter muß sich darauf verlassen können, daß sein Vorgesetzter sich selbst, d.h. seine Gedanken, Gefühle, Äußerungen und Handlungen beherrscht:
•Worte und Verhalten müssen übereinstimmen, glaubwürdig und verläßlich sein.
•Mut wird gebraucht, eigene Fehler zuzugestehen und ggf. sich zu entschuldigen.
•Fachliche Kritik, auch von Mitarbeitern, muß konstruktiv aufgenommen und sachlich behandelt werden, auch weil Feedback notwendig ist und die Kritik nicht unerwünschte Kanäle und Adressaten suchen soll.
•Charakterliche Mängel werden durch offensichtliches Machtverhalten verstärkt und so oft erst durchschaut.
•Überzogen wirkendes Geltungsbedürfnis wird einem schwachen Charakter zugeschrieben und Charakterschwächen machen Vorgesetzte manipulierbar.
•Erfolg und Fiasko müssen vertragen werden. Erfolg darf den Realitätsbezug nicht verlieren. Mißerfolg muß besonnen auf seine Ursachen untersucht werden.
Berechenbarkeit: Vertrauen ist einer der wichtigsten Werte in menschlichen Beziehungen, besonders wenn diese dauerhaft angelegt sind. Unterschiedliche Machtverteilung macht besonders sensibel und braucht deshalb Vertrauen. Vertrauen kann nicht eingefordert werden, sondern wird gegeben, oder nicht.
Berechenbarkeit ist transparentes, einschätzbares, d.h. eindeutiges und verständliches Verhalten beim Führen und Verhandeln, bei der Leistungsbeurteilung und bei der Lösung von Konflikten:
•Täuschendes Taktieren kann spontane Erfolge bringen. Wenn es durchschaut wird, ist die Glaubwürdigkeit dauerhaft verloren.
•Wechselhafte und launische Stimmungen provozieren Skepsis, kritische Wachsamkeit, Distanz oder Abweisung. Konstruktive Motivationswirkungen sind so nicht möglich.
Gerechtigkeit: Formelle Macht und persönliche Autorität im Betrieb kann dauerhaft nur mit Gerechtigkeit erhalten werden. Gerechtigkeit ist ein Ausdruck von Charakterstärke. Gerecht sein bedeutet, das Verhalten und die Leistungen der Mitarbeiter unter Berücksichtigung der situativen Gegebenheiten angemessen und unparteiisch zu bewerten und anzuerkennen. Praktizierte Gerechtigkeit als Führungsprinzip wird von den Mitarbeitern als Anerkennung ihrer Person empfunden.
•Objektivität und Aufrichtigkeit sind wichtige Voraussetzungen für ein gerecht wirkendes Denken und Handeln.
•Emotionale Spannungen verhindern sachgerechtes Erkennen und Beurteilen. Sie führen zu Fehlentscheidungen und Fehlverhalten.
•Subjektive Sympathie oder Antipathie und besondere persönliche Beziehungen verleiten zu ungerechtem Führungsverhalten bzw. sind ihr Ausdruck. Wenn dies offensichtlich ist, wird Parteinahme leicht unterstellt.
•Gleichbehandlung muß sich auf die Situation beziehen, d.h. vergleichbares Verhalten in vergleichbaren Situationen ist gleichartig zu behandeln. Das darf nicht schematisches Egalisieren und Nivellieren sein, sondern muß die Verschiedenheiten der Menschen und der sozialen Gruppen achten.
Innere Sicherheit: Selbstverständliche Ruhe vermittelt Kraft und Überlegenheit über die, die ihre Ruhe leicht verlieren. Führungsvermögen zeigt sich besonders in kritischen Situationen, wenn einer die Nerven bewahrt, weiß was zu tun ist und so führt. Ruhe und innere Ausgeglichenheit kommen aus einem angemessenen Selbstwertgefühl, aus ethischer Selbstverpflichtung und aus stetiger Selbstentwicklung.
•Wer selbst sicher ist, vermittelt natürliche Autorität.
•Das richtige Maß an pragmatischer Bescheidenheit wird die täglichen Auseinandersetzungen leichter meistern lassen.
•Anbiederung mag einfältig oder listig sein, Respekt wird damit nicht erworben.
Wissen, Bildung, Urteilsvermögen: Das Ziel menschlicher Bildung ist, sittliche Reife und geistige Fähigkeiten (Intelligenz, Verstand) zu entwickeln, um faktisches Wissen und ethische Werte zu integrieren.
•Der gute Manager wird Wissen und Denken unterscheiden. Für das (Fach-)Wissen gibt es Fachleute, das Denken kann er nicht delegieren.
•Je mehr die Führungsaufgaben überwiegen, desto mehr werden Einsicht und Übersicht der Zusammenhänge und angemessene Urteilsfähigkeiten gebraucht.
•Besonders Fachleute und Spezialisten müssen lernen, ihren Beitrag zu den Leistungsergebnissen aus einer ganzheitlichen Sicht zu erkennen und einzubringen.
Bildung ist was bleibt, wenn das Gelernte vergessen ist !
Im nächsten Beitrag werden Führungskonzepte und -stile beschrieben.
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