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Finanzorientierung im Einkauf

Verknüpfung von Finanzen, Controlling mit dem Einkauf
Finanzorientierung im Einkauf

Für Einkaufsmanager stehen vermehrt Finanzziele auf der Agenda, wie beispielsweise die Erhöhung des Unternehmenswertes oder die Verringerung des Working Capitals. Zudem verstärken Währungsschwankungen und Rohstoffpreisentwicklungen die Bedeutung des Risikomanagements für den Einkauf. In den Unternehmen verlangt dies eine enge Verknüpfung der Funktionen von Finanzen und Einkauf.

Unternehmen wie Unilever oder Miele, die Einkauf und Supply Chain Management strategisch ausrichten, beeinflussen maßgeblich die Entwicklung des Unternehmenswertes. Die aus 250 untersuchten Unternehmen ermittelten „Supply Chain Strategen“ dieser Kategorie haben eine bis zu doppelt so hohe Gesamtkapitalrendite (ROCE), Gewinnmarge (EBIT-Marge) und Steigerung der Marktkapitalisierung im Vergleich zu ihren Hauptwettbewerbern. Wir stellen im folgenden sechs Konzepte mit Finanzorientierung vor, die neue Möglichkeiten zur Wertsteigerung durch Einkauf und Supply Chain Management bieten. Diese sind die Strategische Planung im Einkauf, das Management der Gesamtkosten (Total Cost of Ownership), das Working-Capital-Management, das Supply-Chain-Finance, das Risikomanagement und ein ganzheitliches Controlling im Einkauf.

Eine nachhaltige Wertsteigerung des Unternehmens durch Einkauf und Supply Chain Management braucht eine kontinuierliche Verknüpfung, konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung der Aktionärs-, Top-Management- und Einkaufs- und Supply-Chain-Ziele. Zu wissen, welche Ziele die Aktionäre verfolgen und wie das Top-Management ausgerichtet ist, wird so zur Aufgabe der Einkaufsmanager. Sie müssen die Konzepte des Wertmanagements verstehen und anwenden, um beim Top-Management Gehör zu finden und dessen Zielsystem mit ihren Strategien und Maßnahmen zu verknüpfen. Fragestellungen hierbei sind beispielsweise: Was treibt den Cashflow? Wie kann die operative Marge verbessert werden? Wie können Risiken reduziert werden? So wird sichergestellt, dass diese drei Anspruchsgruppen die „gleiche Sprache“ sprechen. Finanzen in Einkauf und Supply Chain Management muss Chefsache werden.
Um diese Rolle zu erfüllen, brauchen Einkauf und Supply Chain Management als wichtiges erstes Finanzkonzept eine Strategische Planung von Strategie, Finanz-Performance und Risiko. Das Gestaltungsfeld einer langfristigen und nachhaltigen Strategie zeigt auf, wie Einkauf und Supply Chain Management die Wettbewerbsvorteile des Unternehmens unterstützen. Jack Welch, CEO von General Electric, sieht in der Strategie das zentrale Element des Wert-Managements: „Shareholder Value ist ein Ergebnis – nicht eine Strategie – die Hauptpfeiler sind Mitarbeiter, Kunden und Produkte. Es ist offensichtlich, dass Strategien den Geschäftserfolg bestimmen.“ Den Einfluss von Einkauf und Supply Chain Management auf die Finanz-Performance darzustellen, ist ein weiteres Gestaltungsfeld der Strategischen Planung. Auch das Konzept des Risikomanagements als wesentliches Gestaltungsfeld der Strategischen Planung im Rahmen eines Wertmanagements – neben der Fokussierung auf Strategie und Finanz-Performance – hat spätestens seit der Finanzkrise und der Katastrophe von Fukushima bei Aktionären und Unternehmen an Bedeutung gewonnen.
„Nur die Kosten zu senken, ist keine Strategie“ hat Henning Kagermann, ehemaliger Vorstandsvorsitzender SAP, einmal gesagt. Denn Kostenmanagement als zweites Finanzkonzept ist eine Daueraufgabe jedes Einkaufs- und Supply-Chain-Verantwortlichen. Die Hebel in Material-, Prozess- und Gesamtkosten in Einkauf und Supply Chain sind beträchtlich und müssen aktiv gestaltet werden. Eine einprozentige Kostenreduktion hat durchschnittlich eine Erhöhung des EBIT um 16 Prozent zur Folge. Der Ansatz des Total Cost of Ownership hilft dabei, die beeinflussbaren Kosten von Einkauf und Supply Chain zu erhöhen und Einkaufsentscheidungen ganzheitlich zu fällen. Auch die Definition von Zielen und Kennzahlen zum Kostenmanagement ist zentral. Den Finanzchef interessiert vor allem der Bottom-Line-Effekt zum Vorjahr, um als sichtbare Einsparung ausgewiesen werden zu können. Es sollte daher zwischen Kosteneinsparungen und -vermeidung unterschieden werden und diese von Finanzen und Controlling bestätigt werden.
Working-Capital-Management als drittes Finanzkonzept ist ein Dauerthema in der wertorientierten Unternehmensführung – auch vermehrt in Einkauf und Supply Chain. Es ist ein wesentlicher Stellhebel zur Beeinflussung des Cashflows, der Profitabilität und des gebundenen Kapitals. Eigene Untersuchungen bei mehr als 1200 Unternehmen zeigen einen klaren positiven Zusammenhang zwischen Working-Capital-Management und Gesamtkapitalrentabilität. Mit 23 bis 25 Prozent des Umsatzes bei deutschen und schweizerischen börsennotierten Unternehmen (ohne Finanzindustrie) ist der Umfang des Working Capital beträchtlich. In der Planung, Umsetzung und Steuerung von Maßnahmen zu dessen Reduktion ist die Zusammenarbeit von Finanz-, Einkaufs- und Supply-Chain-Funktionen essentiell. Die Stellhebel im Einkauf liegen bei der Optimierung der Bestände und Verbindlichkeiten mit den Lieferanten.
Mit dem innovativen vierten Finanzkonzept Supply-Chain-Finance-Management können die Potenziale der Flüsse finanzieller Mittel genutzt werden. Im kooperativen Management der Finanzflüsse zwischen den Partnern der Supply Chain stecken beträchtliche Potenziale zur Reduzierung der Kapitalkosten, zur Erhöhung des Cashflows, zur Reduktion der Einkaufskosten und zur Steueroptimierung. Die Deutsche Bank ist ein Beispiel eines Anbieters innovativer Supply-Chain-Finance-Lösungen, um diese Potential zu adressieren. Die gestiegene Bedeutung der Liquidität als prioritäres Finanzziel, die Zunahme des internationalen Handels, die neuen IT-Technologien zur Effizienzsteigerung der Finanzflüsse sowie die Steueroptimierungsmöglichkeiten machen vor allem drei Supply-Chain-Finance-Konzepte besonders interessant: Supply Finance, Financial-Supply-Chain-Management und Tax-Supply-Chain-Management.
Das zunehmende Outsourcing und die Globalisierung der Supply Chain verlangen nach dem fünften Finanzkonzept, einem Supply-Chain-Risikomanagement. Beispiele wie das Erdbeben in Japan, der Ausfall von finanzschwachen Lieferanten in der Finanzkrise oder die Rückrufaktionen in der Automobilindustrie haben die Auswirkungen eines ungenügenden Risikomanagements gezeigt. Sie belasten die Unternehmensergebnisse zum Teil deutlich oder können sogar existenzbedrohend werden. Ein Risikomodell kann einen ganzheitlichen Ansatz des Risikomanagements in der Supply Chain implementieren. Entscheidend ist daher, dass eine Risikoorientierung vom Top-Management vorgegeben wird und so der Risikoregelkreis in den Unternehmen lanciert wird. Dieser besteht aus einem Zyklus von vier elementaren Schritten: Risiken identifizieren – bewerten – steuern – Risiken kontrollieren.
Controlling im Einkauf als integrierendes sechstes Finanzkonzept ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor zur langfristigen Wertsteigerung durch Einkauf und Supply Chain Management. Controlling gestaltet und begleitet die Prozesse der Planung der Strategien und Ziele, deren Steuerung, Kontrolle und Weiterentwicklung. Ein gesunder Pragmatismus ist bei der Gestaltung der eingesetzten Controlling-Instrumente zu empfehlen. Eine einfache Lösung mit wenigen Instrumenten und Kennzahlen kann schon große Wirkung haben. In der Regel ist die Besetzung einer Einkaufs- und Supply-Chain-Controlling-Stelle sinnvoll, die nah an den Bedarfsträgern arbeitet, jedoch der Finanzabteilung disziplinarisch zugeordnet ist. Kennzahlen und deren Ziele sind weitere Themen im Zentrum. Bei Kennzahlen ist Vorsicht geboten, dass nicht „Datenfriedhöfe“ entstehen, aus denen keine Entscheidungen folgen.
Die sechs Finanzkonzepte zeigen, dass Finanzen in Einkauf und Supply Chain Goldgruben sind. Sie bergen Wertpotenziale, die mit innovativen Finanzkonzepten erschlossen werden können und die Finanzorientierung im Einkauf so zur Chefsache werden lassen.
Quelle:
Chefsache Finanzen in Einkauf und Supply Chain – Mit Strategie-, Performance- und Risikokonzepten Millionenwerte schaffen, Alwin Locker, Pan Theo Grosse-Ruyken, Springer Gabler 2013
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