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Garantien aus der Werbung

Recht
Garantien aus der Werbung

Wenn in der Werbung der Verkäufer verspricht „dafür legen wir die Hand ins Feuer“ oder etwas ähnliches, kann das auch ohne Garantievertrag rechtsverbindlich sein, meint unser Autor Karlheinz Schmid.

Es ist für einen Einkäufer nach wie vor recht schwierig, selbst von einem Verkäufer qualitativer Spitzenprodukte eine inhaltlich sinnvolle Garantieerklärung zu erhalten. Es gibt aber auch einen Weg, um auf einfachere Weise zu einer in der Praxis gebrauchsfähigen Garantie zu kommen. Denn in Werbesendungen werden laufend Garantieerklärungen abgegeben. Man muss sie nur zu nutzen wissen.

Die „Garantie“ ist seit dem 2.1.2002 erstmals im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. In § 443 Abs.1 BGB heißt es seither: „Übernimmt der Verkäufer oder ein Dritter eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache oder dafür, dass die Sache für eine bestimmte Dauer eine bestimmte Beschaffenheit behält (Haltbarkeitsgarantie), so stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie zu den in der Garantieerklärung und der einschlägigen Werbung angegebenen Bedingungen gegenüber demjenigen zu, der die Garantie eingeräumt hat.“ Dabei kann es um die Mangelfreiheit der gesamten Kaufsache gehen oder um die Freiheit von einzelnen bezeichneten Mängeln.
In einer Garantieerklärung muss der Verkäufer als Garantiegeber in vertragsmäßig bindender Weise die Garantie für die vereinbarte Beschaffenheit oder deren Dauer übernehmen und damit zu erkennen geben, dass er für alle Folgen des Fehlens einstehen werde (BGH, NJW 2001 S.1346). Anpreisende Beschreibungen einer Kaufsache, denen ein solcher Haftungswille nicht entnommen werden kann, genügen folglich nicht. Enthält folglich ein Werbeprospekt die bloße Beschreibung einer Ware oder eines Geräts, selbst wenn dies sehr detailliert geschieht, wird dadurch die Annahme, der Verkäufer wolle für das Vorliegen dieser Merkmale in jeder Hinsicht einstehen, nicht begründet (BGH, BB 96,871). Das Wort „Garantie“ muss nicht unbedingt für eine Garantieerklärung verwendet werden. Es können auch folgende Worte für die Übernahme einer Garantie genügen: „dafür stehen wir voll und ganz ein“ oder „für die Einhaltung dieser Angaben und Aussagen übernehmen wir die volle Verantwortung“ oder „dafür sind wir Ihnen in jeder Hinsicht gut“. Aber auch: „dass es so ist und auch bleibt, dafür legen wir die Hand ins Feuer“ oder „und wenn es einmal nicht so sein sollte, dann tragen wir die Folgen“. Eine selbständige Garantieverpflichtung im Sinne des §443 BGB kann folglich allein durch eine entsprechende Garantie anzeigende Wortwahl in der Werbung für ein bestimmtes Produkt entstehen. Der weitere Abschluss eines Garantievertrags ist dann nicht mehr erforderlich.
Zusicherung ist Garantie: Im Regelfall reicht auch die „Zusicherung“ bestimmter Eigenschaften einer Kaufsache als Garantieerklärung aus. Hierzu heißt es in den Gesetzesmaterialien zum Schuldrechtsänderungsgesetz: „ Inhaltlich bedeutet die Zusicherung einer Eigenschaft die Übernahme einer Garantie für das Vorhandensein dieser Eigenschaft verbunden mit dem Versprechen, für alle Folgen ihres Fehlens (ohne weiteres Verschulden) ein zu stehen… Im Rahmen von § 276 Abs. Satz 1 wird also künftig auch für das Kaufrecht zu prüfen sein, ob der Schuldner eine Garantie übernommen hat, also zum Beispiel ob ein Verkäufer das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften der von ihm verkauften Sache zugesichert hat“ (Seite 299).
Die Zusicherung einer Eigenschaft kann nicht nur ausdrücklich erfolgen; sie ist auch durch schlüssiges Verhalten möglich. Es muss sich dann aus den gesamten Umständen des Einzelfalls ergeben, dass der Verkäufer mit seiner Erklärung eine Eigenschaftszusicherung zum Ausdruck bringen wollte. Der Garantiewille muss hierbei deutlich zutage treten; er kommt m. E. in folgenden Werbesprüchen zum Ausdruck: „Für die einwandfreie Qualität unserer gesamten Produktpalette stehen wir ein“ oder „Als Inhaber unseres Unternehmens gebe ich Ihnen mein Wort für die fehlerlose Beschaffenheit all unserer Produkte“ oder „Unsere umfangreichen Qualitätskontrollen und unsere jahrzehntelange Erfahrung auf diesem Gebiet berechtigen uns, für die uneingeschränkte Qualität und Zuverlässigkeit unserer Produkte zu bürgen.“
Die Zusicherung kann allein in einer Produktbezeichnung bestehen. So hat das OLG Frankfurt (NJW 66,1621) die Bezeichnung „Originalabfüllung“ bei Weinen als Zusicherung einer Eigenschaft bewertete. Für eine Originalabfüllung sei nämlich regelmäßig ein höherer Kaufpreis gerechtfertigt als für Weine, die nicht so bezeichnet werden dürfen. Das OLG Düsseldorf (DB 67,1582) ermittelte einen Handelsbrauch, wonach die Verkaufsbescheinigung über die Qualität eines Brillanten im Juwelenhandel die Zusicherung einer Eigenschaft darstellt. Nach einer BGH-Entscheidung (DB 54,928) enthält die Bezeichnung einer Substanz als „Pfefferminzöl“ die verkehrsübliche Zusicherung, es handele sich um reines Öl. Als stillschweigende Zusicherung wurde die Angabe des Verkäufers gewertet, es handele sich um einen „Spezialkleber“ für den vorgesehenen Zweck (BGHZ Bd. 50,200). Ebenso die Zusicherung der Knitterarmut beim Verkauf von Sachen mit einem geschützten Warenzeichen und durch Bezugnahme auf die besonders gestaltete Werbung mit Qualitätskontrollen (sog. Trevira-Fall, BGHZ Bd. 48,118).
Mit dem Wort „Sekundenkleber“ wird m. E. garantiert, dass der Klebstoff innerhalb von Sekunden zu einer festen Verbindung der mit dem Klebstoff verbundenen Materialien führt. Wegen dieser ungewöhnlich schnellen Verbindung ist es dann m. E. erforderlich, dass der Hersteller darauf hinweist, dass die Gebrauchsanweisung mit größter Sorgfall beachtet werden muss, weil sonst eine Trennung von verklebten Hautstellen nur mit ärztlicher Hilfe vorgenommen werden kann.
Einen „Alleskleber“, also einen Klebstoff, der alle Materialien zusammenkleben kann, gibt es meines Wissens nicht. Deshalb ist die Verwendung des Wortes „Alleskleber“, der genau diese Eigenschaft vorgibt und damit garantiert, für den Verkäufer/Hersteller nicht ungefährlich. Aus juristischer Sicht wäre es deshalb besser, das vom Hersteller schon zeitweilig verwendete Wort „Vielzweckkleber“ zu benutzen. Wenn jedoch auf der Verpackung in unmittelbarer Nähe des Wortes „Alleskleber“ deutlich darauf hingewiesen wird, dass der Alleskleber nur folgende Materialien zusammenklebt oder folgende Materialien nicht klebt, dann kann aus dem Wort „Alleskleber“ keine Garantie für eine umfassende Klebewirkung abgeleitet werden.
Wird in einem Inserat ein Gebrauchtwagen als „fahrbereit“ bezeichnet, dann übernimmt der Verkäufer nicht ohne weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB) dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt (BGH, Urt.v.23.11.2006, VIII ZR 72/06).
Einschränkende Zusätze: Sowohl bei ausdrücklichen Garantie- oder Zusicherungserklärungen als auch bei entsprechenden aussagekräftigen, schlüssigen Hinweisen muss unbedingt auf einschränkende Hinweise geachtet werden, in denen die Garantie wieder eingeschränkt wird. Solche Hinweise lauten häufig wie folgt: „Alle Angaben zu unseren Produkten oder sonstige Erläuterungen gelten nur im Rahmen unserer Allgemeinen Verkaufsbedingungen.“ oder „Es gelten unsere Garantiebedingungen“. Außerdem gilt: „Die individuell eingefügte Angabe „keine“ in der Spalte „Zusicherungen“ eines Formular-Kaufvertrages über einen Gebrauchtwagen steht in der Regel der Auslegung entgegen, dass Eigenschaften des Fahrzeugs konkludent zugesichert worden seien“ (BGH, DB 91,2590).
OLG Frankfurt: Dem Beschluss des OLG Frankfurt vom 8.7.2009 (4 U 85/08) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte einen gebrauchten PKW mit einer Herstellergarantie des beklagten Autoherstellers von einer Privatperson erworben, die den Wagen zuvor als Neuwagen bei einer Händlerin der Beklagten gekauft hatte. Auf ihrer Website hatte diese mit folgender Neuwagengarantie geworben: „Wir scheuen uns nicht, eine Fahrzeuggarantie von drei Jahren bis 100 000 km zu gewähren. Die Neuwagengarantie wird in Erweiterung zur gesetzlichen Gewährleistung gewährt.“ Wegen Fahrzeugmängeln kam es zum Prozess. Das OLG führte u. a. aus: Die vor dem Erstkauf veröffentlichte Internetwerbung sei für sich allein ausreichend, um eine selbständige Garantieverpflichtung zu begründen. Hierfür bedürfe es weder eines Garantievertrags noch müsse die Garantieerklärung oder Werbung vom Käufer zur Kenntnis genommen werden oder diesem zugehen! Eine solche, durch Werbeaussagen entstandene Garantie könne auch nicht durch eine davon getrennte Garantieerklärung eingeschränkt werden. Im Kommentar der RAin S. Hesse und RA Dr. C. Wurzbacher zu diesem OLG-Beschluss (BB 2009 S. 2225) heißt es u. a.: „Der Unternehmer wird nicht an seiner freiwillig abgegebenen Garantieerklärung, sondern an seiner Werbung mit dieser Garantie festgehalten. In vielen Fällen wird in Werbeaussagen die Garantie aber nur verkürzt dargestellt. Dies ist deshalb gefährlich, weil nach Auffassung des OLG Frankfurt einmal getroffene Garantieaussagen – anders als bloße Beschaffenheitsbeschreibungen – nachträglich nicht mehr berichtigt werden können. Werbeaussagen müssen daher sehr genau überprüft werden.
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