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Gebündelt und vereinfacht

Verpackungseinkauf neu aufgestellt
Gebündelt und vereinfacht

Manche Kunden bevorzugen Kreislaufsysteme, doch der Großteil möchte die Kunststoffformteile von der Gealan Formteile GmbH in Einwegverpackungen angeliefert bekommen. Da kann – fehlende – Verpackung schnell mal zum strategischen Erfolgsfaktor werden, denn wenn bei einem OEM das Band steht, steht viel auf dem Spiel.

Es gäbe kaum ein Auto in Deutschland, in dem nicht irgendwo ein Stück der Gealan Formteile GmbH aus Oberkotzau verbaut sei, ob sichtbar oder irgendwo versteckt, sagen die Gealan-Leute mit hörbarem Stolz von sich. Das 1985 gegründete Unternehmen entwickelt und produziert Kunststoffformteile und -baugruppen. Etwa 70 Prozent des Umsatzes werden mit der Automobilindustrie gemacht. BMW steht ganz oben auf der Kundenliste. 22 Prozent kommen von der Fluidtechnik, der Rest ist aus Haustechnik, Elektronik und Bau. Der Hauptstandort liegt bei Hof nahe der Tschechischen Grenze und das Unternehmen kann Standortvorteile in Tschechien und Ungarn nutzen. Die über 470 Mitarbeiter erwirtschafteten im Jahr 2012 einen Umsatz von 57 Mio. Euro, für 2013 werden 60 Mio. erwartet. Das Einkaufsvolumen für 2013 liegt bei rund 25 Mio. Euro.

Innerhalb des fünfköpfigen Einkaufsteams ist Julian Bunzmann in erster Linie fürs Anfragemanagement zuständig. Nach einer Aufgabenumverteilung verantwortet er seit 2012 auch den Verpackungseinkauf. Sein jährliches Beschaffungsvolumen für Verpackungsmaterial: 700 000 Euro.
Auch wenn Verpackung ein End-of-the-line-Produkt ist, so ist sie doch ein kritischer Erfolgsfaktor: Fehlt sie, kann der Kunde nicht rechtzeitig beliefert werden. Neue Köpfe haben neue Ideen und so entstand das Projekt, den Verpackungseinkauf neu zu strukturieren.
Vor der Optimierung wurden kontinuierlich über achtzig verschiedene Artikel, mit einem Einkaufsvolumen von 450 000 Euro, aus den Bereichen Wellpappe, Vollpappe, Polyethylen-Artikel und Holzpaletten über sechs verschiedene Bezugsquellen geordert, von drei Hauptlieferanten und drei kleineren Zulieferern. Die Disposition erfolgte täglich über Einzelbestellungen. Die Nominierung der Aufträge nach Halbjahresausschreibungen von Kartonagen, Zwischenlagen, Gefachen und Beuteln erfolgte partiell an den günstigsten Anbieter, dabei spielten Faktoren wie Bezugsgrößen, Logistikkonzept, Flexibilität oder Service des Lieferanten kaum eine Rolle. Daraus resultierte eine hohe Bindung von Kapital und Lagerfläche, gleichzeitig aber auch immer wieder Versorgungsengpässe, trotz hoher Lagerbestände. Dadurch kam es unweigerlich zu kontinuierlichen Lagerzugangsbuchungen und hohem Logistikaufwand. Wie das eben so ist, wenn Strukturen über viele Jahre gewachsen sind …
Eine Neustrukturierung der Verpackungsstrategie war überfällig. Zum einen wollte man eine Mono-Lieferanten-Strategie aufsetzen, zum anderen wollte man Prozesse und Abläufe nachhaltig optimieren und auch finanzielle Einsparungen realisieren.
Das Team war klein: die Einkaufsleiterin Christa Braun und Julian Bunzmann. „Wir wollten das Thema komplett neu ordnen, klarere Strukturen schaffen und mit unseren Lieferanten die Dinge langfristig festlegen. Den operativen Aufwand wollten wir so weit wie möglich automatisieren können, damit mehr Kapazität für strategisches Arbeiten bleibt“, fasst Bunzmann die Ausgangslage zusammen. Wichtig war ihnen auch, den bestehenden sowie den potenziellen neuen Lieferanten ihre Verpackungsstrategie zu erklären, ihnen Gelegenheit geben, zu prüfen, ob sie die neue Strategie mitgehen. In Verbindung mit einer Preisfixierung über ein Jahr, sowie einer Preisgleitklausel, sollten die Lieferanten in Form von Rahmenaufträgen eine Freigabe über Halbjahresproduktionsmengen erhalten, welche dann in kleineren Bezugsgrößen abgerufen werden.
Neues Anlieferlogistikkonzept Außerdem wurden je Artikel Bedarfe von zwei Monaten als zu bevorratende Mindestmenge beim Lieferanten festgelegt, um kurzfristige Lieferungen zu garantieren. Ziel war weiterhin, die Disposition von Verpackung auf zwei anstatt bisher fünf Tage zu reduzieren. Gleichzeitig wurde auch der Aufwand für Lagerwirtschaft und Logistik verbessert: Eine Festlegung von zwei festen Anliefertagen pro Woche, die sich an den Dispotagen orientieren, und kleinere Losgrößen sorgten im Wareneingang für Entlastung und zur Reduzierung von Lagerkapazitäten. Um den Wareneingangsprozess weiter zu optimieren, wurde außerdem das Anlieferlogistikkonzept, also die Verpackung der Verpackung und somit die Beschaffenheit der Packstücke fest definiert. Diese Punkte waren Bestandteil der neuen Verträge mit den Lieferanten.
Nach intensiver, detaillierter Analyse der Ausgangssituation und der Konzeption der neuen Abläufe und nach vielen Gesprächen und Angebotsauswertungen erfolgte schließlich die Vergabe des Verpackungsmaterials an zwei Lieferanten: ein Lieferant für den Bereich Vollpappe und ein Lieferant für Wellpappe, PE-Artikel und Holzpaletten.
Umsetzung Für den Vollpappe-Lieferanten sprachen die langjährige, reibungslose Zusammenarbeit sowie seine Bereitschaft, die neue Strategie mitzugehen und zeigte damit die eigene Flexibilität. Darüber hinaus war er der günstigste Anbieter für das ausgeschriebene Sortiment.
Für den Wellpappenhersteller sprach die moderne, innovative Struktur und der effiziente Produktionsprozess bis hin zur Lagerhaltung und Distribution des Unternehmens. Die Strategie war dem Lieferanten zudem bereits aus Erfahrungen bei der Belieferung von Automotive-Kunden bekannt. Auch aus finanzieller Sicht hatte dieser Anbieter in diesem Bereich die Nase vorn.
Rund ein halbes Jahr nach Projektstart sind messbare Ergebnisse vorhanden: Nach mehreren Verhandlungsrunden brachte die Bündelung über alle Bereich Einsparungen von 45 000 Euro. Doch nicht nur der Artikelpreis konnte reduziert werden, auch die Lagerkosten konnten aufgrund der Stellflächenreduktion um rund 2000 Euro reduziert werden.
Neben den monetären Aspekten stehen andere positive Auswirkungen wie Versorgungssicherheit durch Bevorratung von Mindestmengen beim Lieferanten. Die angestrebte Prozessoptimierung durch definierte Dispo- und Anliefertage wurde erreicht. Dazu kommt weiterhin eine geringere Kapitalbindung durch höhere Umschlaghäufigkeit und Reduzierung von Lagerkapazitäten. Durch die Preisfixierung und die Preisgleitklausel werden Preisschwankungen aufgefangen und bedeuten eine spürbare Reduzierung des operativen Aufwandes im strategischen Einkauf.
In der Logistik und Lagerwirtschaft führen kleinere Losgrößen und definierte Beschaffenheit der Packstücke zu einem optimierten Handlingprozess. Die Lagerflächen können nun optimal genutzt werden, und durch die festen definierten Anliefertage kann die Personalkapazität besser geplant werden. So ganz am Ende seines Projektes sieht sich Bunzmann noch nicht, auch wenn das bisher Erreichte schon ein großer Fortschritt ist. Nach den ersten Erfahrungen ist in einem Folgeprojekt geplant, eine Ein-Lieferantenstrategie in Zusammenhang mit Direktanlieferung in die Produktionsstätten ohne Zwischenlagerung umzusetzen. Geplant ist auch eine Umstellung der Vollpappartikel auf Wellpappe in der Qualität 1.02f, also einer feinen F-Welle.
Erste Erfolge Als seinen größten persönlichen Erfolg im Rahmen dieses Projektes bewertet er, dass alle strategischen Ziele mit den Lieferanten gemeinsam umgesetzt werden konnten: „Die neuen Lieferanten wissen, warum wir diese Änderungen durchgeführt haben und gehen unseren Weg bewusst mit. Und auch zu denjenigen, die nun nicht mehr dabei sind, gibt es weiterhin Kontakt. Vielleicht entwickelt sich ja Einer in naher Zukunft weiter und kommt dann in einer neuen Runde wieder zum Zuge.“
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