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Geheimhaltungsvereinbarungen mit Vertragsstrafe!

Gerüstet für den Fall des Geheimnisbruchs
Geheimhaltungsvereinbarungen mit Vertragsstrafe!

Geheimhaltungsvereinbarungen mit Vertragsstrafe!
Prof. Dr. Karlheinz Schmid, Lüneburg
Erfährt ein Konkurrenzbetrieb von eigenen Investitionsvorhaben, dann kann dieser möglicherweise auf zukünftige neue Produktionsverfahren oder die Herstellung neuer Produkte schließen. Dies können Erkenntnisse von erheblicher Bedeutung sein. Denn Gegenmaßnahmen sind dann schnell eingeleitet. Die Effektivität einer Investition gerät dadurch in Gefahr.

Prof. Dr. Karlheinz Schmid

Deshalb ist es üblich und richtig, Investitionen von einiger Bedeutung so lange wie möglich geheim zu halten. Wenn aber die Planungen abgeschlossen sind und das Ausschreibungsverfahren beginnt, wird es immer schwieriger, Geheimnisse zu bewahren. Anlagenbauer erhalten nämlich mit den Leistungsverzeichnissen, den technischen Spezifikationen und Pflichtenheften Einblicke in alle Einzelheiten des Investitionsvorhabens. Es ist zwar üblich, den Anlagenbauer mit der Übersendung der Ausschreibungsunterlagen um Vertraulichkeit zu bitten, aber juristisch verpflichtend ist dies für den Adressaten nicht.
Es ist ein Angebot zum Abschluß eines Geheimhaltungsabkommens. Wenn dieses Angebot aber nicht angenommen wird, ist der Anlagenbauer rechtlich zu nichts verpflichtet. Schadensersatzansprüche können aus dem Bruch einer allenfalls moralischen Verpflichtung nicht abgeleitet werden. Deshalb empfiehlt sich eine andere Vorgehensweise: Der Anlagenbauer muß zuerst zur Geheimhaltung verpflichtet werden. Erst wenn er die Geheimhaltungsverpflichtung unterschrieben hat, erhält er die vertraulichen Ausschreibungsunterlagen für das Investitionsgut.
Verstößt der Auftragnehmer oder einer seiner Erfüllungsgehilfen schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) gegen die vereinbarte Geheimhaltungsverpflichtung, dann begeht er positive Vertragsverletzung (PVV) und muß dem Auftraggeber dessen gesamten durch die Geheimhaltungsverletzung entstanden Schaden ersetzen. Es gibt dabei keine finanzielle Obergrenze!
Demnach kann man eine Geheimhaltungsvereinbarung wie folgt formulieren:
1.Die Ihnen für die Ausarbeitung des Angebots übermittelten nicht offenkundigen speziellen Firmendaten und Arbeitstechnologien sind nur für diesen Zweck und im Auftragsfall ausschließlich zur Durchführung dieses Projekts zu verwenden. Sie sind geheimzuhalten!
oder
Die Ihnen für die Durchführung dieses Projekts übermittelten nicht offenkundigen speziellen Firmendaten und Arbeitstechnologien sind nur für diesen Auftrag zu verwenden. Sie sind geheimzuhalten!
  • 2.Ausnahmen bedürfen unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung.
  • 3.Sollten wir der Weitergabe an Dritte – hierzu zählen auch Unterlieferanten – zustimmen, so gilt dies nur unter der Voraussetzung, daß diese von Ihnen zur Geheimhaltung verpflichtet werden.
  • 4.Bei schuldhafter Verletzung dieser Geheimhaltungsvorschriften sind wir in jedem Einzelfall berechtigt, Ersatz für alle unmittelbaren und mittelbaren Schäden zu fordern.
oder
Bei schuldhafter Verletzung dieser Geheimhaltungsvorschriften sind wir berechtigt, in jedem Einzelfall Schadensersatz bis zur Höhe von … DM zu fordern.
Gerade beim Bruch von Geheimhaltungsvereinbarungen tritt aber oft das Problem auf, daß man als Betroffener seinen Schaden nicht genau beziffern kann. Dies jedoch fordern das Gesetz und die Gerichte. Wenn man seinen Schaden nicht auf Heller und Pfennig genau darlegen und beweisen kann, bekommt man vom Gericht keinen Schadensersatzanspruch zugesprochen. Im Regelfall geht daher der durch den Bruch der Geheimhaltungsverpflichtung Geschädigte leer aus.
Es gibt aber eine rechtliche Möglichkeit, um diesem Dilemma zu entgehen. Man muß für den Fall einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen eine Geheimhaltungsvereinbarung eine Vertragsstrafe vereinbaren. Dann ist ein genauer Schadensnachweis beim Geheimnisbruch nicht mehr erforderlich. Der Beweis des Geheimnisverrats reicht aus. Er löst dann die Vertragsstrafe aus. Deshalb sollten Sie am besten wie folgt formulieren:
Geheimhaltungserklärung/Anschreiben
Sehr geehrte Damen und Herren, wir beabsichtigen, Ihnen in den nächsten Tagen Anfrageunterlagen für den Neubau/die Errichtung/die Lieferung eines/einer … zuzusenden.
Angesichts des geheimhaltungsbedürftigen Inhalts dieser Anfrageunterlagen bitten wir Sie, uns vor Zusendung dieser Anfrageunterlagen / des Leistungsverzeichnisses /der Leistungsbeschreibung / der kaufmännischen und technischen Spezifikation / … die beiliegende Geheimhaltungsvereinbarung zu unterschreiben und an uns zurückzusenden.
Für den Fall, daß wir diese Erklärung von Ihnen nicht zurückerhalten, gehen wir davon aus, daß Sie an dem Auftrag nicht interessiert sind.
•Geschäftsgeheimnisse
Wir verpflichten uns, alle nicht offenkundigen kaufmännischen und/oder technischen Einzelheiten, die uns während des Ausschreibungsverfahrens „…“ sowie während der Auftragsdurchführung bekannt werden, als Geschäftsgeheimnis zu behandeln und keinem Dritten zugänglich zu machen.
Bei jeder schuldhaften Verletzung dieser Geheimhaltungsverpflichtung wird eine Vertragsstrafe in Höhe von … DM fällig. Die Firma … (Auftraggeber) hat das Recht, von uns einen eventuell darüber hinausgehenden Schadensersatz – unter Anrechnung der Vertragsstrafe – zu fordern.
Wir werden das bei diesem Auftrag eingesetzte Personal sowie Dritte/Subunternehmer zur Geheimhaltung verpflichten.
Erkennen wir, daß eine geheimzuhaltende Information in den Besitz eines unbefugten Dritten gelangt oder eine geheimzuhaltende Unterlage verlorengegangen ist, so werden wir Sie hiervon unverzüglich unterrichten.
•Rücksendung aller Unterlagen
Unterlagen aller Art, die im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens „…“ zur Verfügung gestellt werden, bleiben Eigentum der Firma … (Auftraggeber). Wir verpflichten uns, diese Unterlagen / nicht zu vervielfältigen / nicht für andere Zwecke zu verwenden / und Dritten nur zugänglich zu machen, wenn die Firma … (Auftraggeber) dem zuvor schriftlich zugestimmt hat.
Diese Unterlagen werden wir ohne besondere Aufforderung unverzüglich zurücksenden, wenn wir kein Angebot unterbreiten oder den Zuschlag nicht erhalten haben.
Im Regelfall keine Herabsetzung der Vertragsstrafe!
Ein gewisses Fingerspitzengefühl ist bei der Festlegung der Höhe der Vertragsstrafe schon erforderlich. Die Vertragsstrafe sollte nämlich in einem angemessenen Verhältnis zu dem Schaden stehen, der durch den Geheimnisbruch entstehen kann.
Bei unverhältnismäßiger Höhe der Vertragsstrafe können Nichtkaufleute vom Gericht eine Herabsetzung verlangen. Hierzu heißt es in § 343 BGB: „Ist eine verwirkte Strafe unverhältnismäßig hoch, so kann sie auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden …“
Diese gesetzliche Bestimmung findet jedoch unter Vollkaufleuten keine Anwendung, weil der Gesetzgeber davon ausgeht, daß Vollkaufleute die Gefährlichkeit eines Vertragsstrafenversprechens überblicken können und deshalb nicht schutzwürdig sind. §348 HGB lautet deshalb wie folgt: „Eine Vertragsstrafe, die von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes versprochen ist, kann nicht auf Grund der Vorschriften des §343 des Bürgerlichen Gesetzbuchs herabgesetzt werden.“
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber auch bei Vollkaufleuten eine Herabsetzung der Vertragsstrafe wegen Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage – also in sehr seltenen Fällen – möglich. Außerdem ist bei formularmäßigen Vertragsstrafen-Klauseln die Generalklausel im AGB-Gesetz, nämlich §9 AGBG, anwendbar. Danach darf der Verwender einer AGB-Klausel seinen Vertragspartner nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei unverhältnismäßiger Höhe der Vertragsstrafe führt deshalb die Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit der Strafklausel im ganzen.
Geheimhaltungsklauseln und Vertragsstrafen gehören daher unbedingt in den Einzelvertrag. Gehen Sie von vorgefertigten Klauseln aus, müssen Sie den Text bzw. die inhaltliche Ausgestaltung mit Ihrem Vertragspartner aushandeln im Sinne von §1 Abs.2 AGBG. Dann findet das AGB-Gesetz mit seinen eng gezogenen Zulässigkeitsgrenzen keine Anwendung mehr.
Literatur: Einkaufs-Rechtsberater, Geheimhaltungsvereinbarung: 06/000.01f.
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