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Grüne Punkte und gelbe Tonnen

Verpackungsentsorgung
Grüne Punkte und gelbe Tonnen

Beim Strategischer Einkauf von Lizenzierungsleistungen (Grüner Punkt) im Markt für Verpackungsentsorgung sind Einsparungen im deutlich zweistelligen Prozentbereich möglich.

Vor mehr als 20 Jahren gab die Verpackungsverordnung (VerpackV) den Anstoß für das System der Gelben Tonnen und Säcke. Danach sind Hersteller und Handelsunternehmen im Rahmen ihrer Produktverantwortung verpflichtet, erstmals in Verkehr gebrachte Verkaufsverpackungen zurückzunehmen und einem Verwertungsverfahren zuzuführen. Beim strategischen Einkauf der entsprechenden Lizenzierungsleistungen sind Einsparungen im deutlich zweistelligen Prozentbereich möglich. Dazu muss allerdings die gesamte „Klaviatur“ des strategischen Einkaufs in dieser Warengruppe zum Einsatz kommen.

Zur Umsetzung der Verpackungsentsorgung wird im täglichen Geschäft durch Zahlung entsprechender Lizenzentgelte ein Anbieter von Dualen Systemlösungen (DS) im Entsorgungsmarkt beauftragt. Die Entgelte unterscheiden sich danach, ob über ein Duales System oder im Rahmen einer Branchenlösung lizenziert wird. Sie errechnen sich aus den Gewichtsanteilen der Verpackungsmaterialien – z. B. Glas, PPK (Papier/Pappe/Karton) oder Kunststoffe – und den jeweiligen Materialpreisen. Die entsprechenden Kosten betragen typischerweise bis zu fünf Prozent und mehr der Gesamtkosten eines Artikels, was je nach Größe des Inverkehrbringers schnell mehrere Millionen Euro pro Jahr nach sich zieht.
Hersteller und Handelsunternehmen, die den Einkauf von Lizenzierungsleistungen bereits strategisch angehen, haben attraktive Einsparpotentiale realisieren können. Dabei geht es neben dem bestmöglichen Preis pro Materialfraktion auch um zahlreiche andere Faktoren, die es im Sinne einer für das Unternehmen optimalen Gesamtlösung zu berücksichtigen gilt.
Der Markt Mit dem Aufkommen der Verpackungsverordnung wurde im Jahr 1990 das Duale System Deutschland (DSD) als Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung gegründet. Erstinverkehrbringer zahlten dem Non-Profit-Unternehmen eine Lizenzgebühr pro Verkaufsverpackung und übertrugen damit ihre Verpflichtung zum Verpackungsrecycling dem DSD. Den Endverbrauchern signalisierte man mit dem Aufdruck des „Grünen Punkts“ auf die Verkaufsverpackungen, dass diese nach Leerung ordnungsgemäß einer Verwertung zugeführt werden. Heute ist das DSD ein gewinnmaximierendes Unternehmen und steht mit acht weiteren Anbietern von Dualen Systemlösungen im Wettbewerb um Lizenzierungsleistungen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 der VerpackV müssen alle Erstinverkehrbringer von Verkaufsverpackungen, die beim privaten Endverbraucher anfallen, sich einem oder mehreren konkurrierenden Dualen Systembetreibern über die Zahlung von Lizenzentgelten anschließen. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen:
  • Branchenlösungen: Hotels, Kantinen, Handwerksbetriebe und andere branchenspezifische Anfallstellen, die mit Blick auf die Größe der Müllsammelbehälter und den Abfuhrrhythmus wie private Haushalte behandelt werden, sind von der Pflicht zur Beteiligung an einem Dualen System befreit. Die Sammlung der Verpackungen an diesen Anfallstellen muss jedoch organisiert sein. Anbieter von Leistungen der Verpackungsentsorgung haben über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen einen detaillierten Mengenstromnachweis vorzulegen.
  • Eigenrücknahme: Wenn Vertreiber die in den Verkehr gebrachten und an private Endverbraucher abgegebenen Verkaufsverpackungen am Ort der Abgabe zurücknehmen und anschließend auf eigene Kosten einer Verwertung zuführen, gilt: Die an Duale Systembetreiber gezahlten Lizenzentgelte können am Ende des Jahres entsprechend der Höhe der zurückgenommenen Mengen an Verkaufsverpackungen zurückverlangt werden. Ein detailliert geführter Mengenstromnachweis ist auch hier verpflichtend.
Einkäufer von Lizenzierungsleistungen stehen heute einer signifikant anderen Marktstruktur gegenüber als noch vor Jahren. Derzeit gibt es neun zugelassene Anbieter von Dualen Systemen (ohne Berücksichtigung des Erwerbs von Vfw durch Reclay im Juni 2012), wie Abbildung 1 zeigt. Alle bieten sowohl Lizenzierungsleistungen im Rahmen Dualer Systeme als auch im Rahmen von Branchenlösungen an.
Für den Einkäufer eines Herstellers oder Handelsunternehmens, der mit Anbietern von Lizenzierungsleistungen in Verhandlungen tritt, ist es wichtig zu verstehen, wie dessen Geschäftsmodell funktioniert und welche Interessen die Anbieter verfolgen. Es lassen sich drei Gruppen von Wettbewerbern unterscheiden:
  • Der Ex-Monopolist, DSD, lässt sich alle gesammelten Verpackungsmengen von seinen beauftragten Entsorgungsunternehmen bereitstellen, um über die weitere Aufbereitung und Vermarktung der Stoffströme selbst bestimmen zu können. Dazu betreibt das Unternehmen inzwischen auch eigene Recyclinganlagen im Kunststoffbereich.
  • Reine Systembetreiber wie Belland oder Landbell treten ohne eigene Entsorgungsinfrastruktur oder Verwertungsanlagen auf. Sie orchestrieren den Wertstoffkreislauf unter Zukauf von Entsorgungs- leistungen und haben das Angebot vom DSD insbesondere um Branchenlösungen mit deutlich günstigeren Lizenzentgelten für Inverkehrbringer erfolgreich erweitert.
  • Vertikal integrierte Entsorgungsunternehmen wie Remondis mit EKO Punkt oder Alba mit ISP sind vom Ursprung her klassische Entsorgungsunternehmen mit eigenen Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sie traten dem Markt bei, um Zugang zu den Stoffströmen zu erhalten.
Für alle Anbieter gilt, dass ihr Profit auf der Differenz zwischen Einnahmen an Lizenzentgelten und Ausgaben in der Entsorgung und Verwertung aufbaut. Die Steuerung – das Stoffstrommanagement – erfolgt dabei auf der Ebene einzelner Materialfraktionen. Hier gibt es vor allem bei Vertragsmengen in Branchenlösungen gelegentlich Engpässe, da einzelnen materialspezifischen Mengen an Verkaufsverpackungen – z. B. aus Weißblech – nicht ausreichend entsorgte und verwertete Mengen derselben Materialfraktion gegenüberstehen. Diese schwierige Gegendeckung von lizenzierten mit entsorgten Mengen beeinflusst natürlich die Höhe der Lizenzentgelte für Inverkehrbringer und sollte (theoretisch) auch Einfluss auf deren Wahl der Verpackungsmaterialien haben.
In der nächsten Ausgabe wartet auf Sie der zweite Teil des Artikels. Darin wird detailliert die Durchführung einer Ausschreibung für den Einkauf von Lizenzierungsleistungen und somit die Suche nach dem geeigneten Dualen Systemanbietern beschrieben.
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