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Gut benetzte Bearbeitungszone verlängert das Werkzeugleben

Minimalmengenschmierung
Gut benetzte Bearbeitungszone verlängert das Werkzeugleben

Das Tieflochbohren von Aluminiumlegierungen mit kleinen Durchmessern ist eine anspruchsvolle Zerspanungsaufgabe. Um diesen Prozess zu optimieren, hat SKF ihr bewährtes Ein-Kanal-System für die Minimalmengenschmierung weiterentwickelt. Umfangreiche Tests haben gezeigt, dass diese ressourcenschonende Lösung vergleichbare bis bessere Ergebnisse erzielt als die aufwendige und verbrauchsintensivere Versorgung mit einem Zwei-Kanal-System.

Geräte zur Minimalmengenschmierung stellt SKF bereits seit 15 Jahren her und verfügt somit über umfangreiche Erfahrung auf diesem Gebiet. Eine besondere Herausforderung stellt das Bohren kleiner Löcher mit langen Werkzeugen in Aluminiumlegierungen dar, die unter anderem im Motorenbau Verwendung finden. Ein solch anspruchsvoller Werkstoff ist beispielsweise AlSi7Mg. Die SKF-Ingenieure hatten sich zum Ziel gesetzt, die Aerosolversorgung für Tieflochbohraufgaben mit Durchmessern (D) unter 5 mm und Tiefen größer 25 x D zu verbessern. Diese Bearbeitungen stellen insbesondere hohe Anforderungen an Schmiersystem und Schmierstoffzuführung.

Die Aerosolversorgung zu den Werkzeugschneiden erfolgt in der Regel über kleine Kühlkanäle im Werkzeug mit Durchmessern zwischen 0,5 und 0,8 mm. Per Druckluft muss das Aerosol dennoch prozesssicher an die Schneiden gelangen, diese schmieren und die Späne zuverlässig abführen. Mit zunehmender Bohrtiefe werden die Druckverhältnisse in den Kühlkanälen und damit die Bedingungen zur Aerosolerzeugung immer schwieriger. Überdies besteht die Gefahr von Werkzeugbruch sowie von Ausschuss. Insbesondere bei Werkstücken aus hochwertigen Legierungen können so unnötig hohe Kosten entstehen.
Die SKF-Entwicklung macht das Tieflochbohren durch effiziente Schmierung prozesssicher: Mit Hilfe von bis zu sechs Venturi-Düsen wird das Aerosol als feiner Sprühnebel in der Aufbereitungseinheit erzeugt und über einen Kanal durch Leitungen, Spindel, Spannsystem und Zerspanwerkzeug geführt. Während des Betriebes wird die Differenz zwischen Eingangs- und Behälterinnendruck ermittelt und überwacht. Fällt durch die Verwendung eines Werkzeugs mit sehr kleinem Kühlkanalquerschnitt die Druckdifferenz unter einen bestimmten Wert, kann das den Prozess der Aerosolproduktion ungünstig beeinflussen.
Um dies zu verhindern, setzt SKF eine Bypass-Lösung ein: Kurz bevor das Aerosol die Spindel erreicht, wird die Leitung über ein Y-Stück geteilt, an dessen einem Ende sich ein Bypass-Ventil befindet. Dieses Ventil wird angesteuert, wenn ein Drucksensor ungünstige Druckverhältnisse registriert. Die Steuerung „Bypass-Control“ regelt dabei druckgesteuert die Taktung des Ventils. Praxiserfahrungen haben gezeigt, dass ein Differenzdruck von etwa 2 bar ideal für Menge und Qualität des Schmierstoffs ist. Denn dann haben die Aerosoltröpfchen eine Größe zwischen 0,5 und 0,7 Mikrometer und erzielen eine optimale Schmierwirkung.
Das Bypass-Control-System ermöglicht eine gleichmäßige Aerosolerzeugung und einen konstanten Transport, indem stets ein ausreichend hoher Volumenstrom zur Aufrecht-erhaltung der Druckdifferenz in der Aufbereitungseinheit sowie zur Späneförderung sichergestellt wird. Für stabile Prozessverhältnisse sorgt zudem eine Bypass-Drossel, die einen schlagartigen Druckabfall am Werkzeug sowie eine zu kurze Öffnung des Bypass-Kanals verhindert. Das Bypass-Modul ist am Grundgerät angeflanscht. Diese Lösung trägt die Produktbezeichnung „Digital Super BPC“. SKF bietet das MMS-System als modularen Baukasten an und eröffnet damit eine hohe Anwendungsvielfalt.
In Zusammenarbeit mit dem Präzisionswerkzeugspezialisten Gühring mit Sitz in Albstadt hat SKF ihr System umfangreichen Tests unterzogen, um zu prüfen, welche Ergebnisse es im Vergleich zur technisch aufwendigeren Zwei-Kanal-Variante erzielt.
Gleichmäßige Aerosolerzeugung
Gühring stellte hierzu hochmoderne Messtechnik zur Verfügung, um die Tests durchzuführen und auszuwerten. Zum Einsatz in AlSi7Mg kam ein Bohrer mit 4,5 mm Durchmesser und 200 mm Länge bei Kühlkanaldurchmessern von 0,6 mm. Messungen in umfangreichen Versuchsaufbauten haben ergeben, dass ein höherer Eingangsdruck von 10 bar in Verbindung mit der patentierten Bypass-Control von SKF zu einer verstärkten Ausbringung von Aerosolpartikeln mit kleinerem Durchmesser führt. Dies begünstigt eine gute Benetzung der Bearbeitungszone und damit eine Verbesserung der Werkzeugstandzeit und der Werkstückqualität.
Aerosol homogener verteilt
An einem speziellen MMS-Prüfstand von Gühring fanden Sprüh- und Mengentests sowie eine visuelle Erfassung des Sprühverhaltens mit einer Kamera statt. Ergebnis: Der Einsatz von Digital Super samt Bypass Control mit 10 bar Eingangsdruck zeigte eine prozesstechnisch günstigere, homogenere Aerosolverteilung als beim Zwei-Kanal-System. Videoaufnahmen lieferten den Nachweis eines feinen, gleichmäßigen Aerosol-austritts am Werkzeug, der für eine hohe Bearbeitungsqualität erforderlich ist.
Im Anschluss an die Prüfstandsanalysen wurde ein Block aus AlSi7Mg mit Schnitt-geschwindigkeit 130 m/min und Vorschub 0,2 mm/U bearbeitet. Das Werkzeug befand sich in einem Hydrodehnspannfutter. Ziel war es, Bohrverhalten und Verschleiß auf einer Strecke von insgesamt 100 m zu untersuchen und einen Vergleich von Ein- und Zwei-Kanal-Systemen herauszuarbeiten. Die Lösung von SKF benötigte eine Schmiermenge von 18 Milliliter pro Stunde. Nach einer Gesamtbohrstrecke von 100 m befand sich das Werkzeug laut Angaben noch in ausgezeichnetem Zustand. Das Zwei-Kanal-System lag im Verbrauch deutlich höher und benötigte 40 Milliliter Schmierstoff pro Stunde bei zum Teil höherem Werkzeugverschleiß.
Zusätzliche Untersuchungen auf dem Prüfstand haben ergeben, dass ein deutlich homogeneres Aerosol gegenüber der Zwei-Kanal-Variante entsteht. Prozessbeeinträchtigende, größere Tropfen – wie laut Angaben beim Zwei-Kanal-System üblich – traten nicht auf. Die Bohrversuche hätten gezeigt, dass mit der SKF-Lösung teilweise höhere Standwege realisiert werden können als beim Zwei-Kanal-System, betont der Anbieter. Mit dem SKF Digital Super würden sich damit trotz geringerer Ölmengen gleiche bis bessere Zerspanergebnisse erzielen lassen.
In der industriellen Praxis ist vielfach die Meinung verbreitet, höhere Ölmengen führten zu besseren Prozessen. Die Tests von SKF und Gühring haben dies laut Unternehmensangaben widerlegt. dk
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