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Harte Bandagen

CFK-Hülsen treiben Elektromobilität voran
Harte Bandagen

Soll der E-Mobilität zum Durchbruch verholfen werden, braucht es effizientere, leichtere und langlebigere Antriebe. Ein Schritt auf diesem Weg sind Rotor-Bandagen aus CFK, deren Serienproduktion Schunk Carbon Technology bedarfsgerecht ausbauen will.

Mit dem Vordringen von Elektrofahrzeugen steigen die Anforderungen an die Antriebe, für die sowohl Asynchronmaschinen (ASM) als auch Synchronmaschinen (SSM) in verschiedenen Ausführungen zum Einsatz kommen. Ihnen gemeinsam ist der Einsatz von Permanentmagneten im beweglichen Teil des Motors, der in jeder Hinsicht auf Leistung getrimmt wird.

So werden die Magneten aus speziellen Legierungen wie Neodym-Eisen-Bor und Samarium-Kobalt gefertigt, um eine hohe magnetische Stromdichte zu erreichen. Ihre volle Wirkung entfalten die Permanentmagneten aber erst, wenn der Spaltabstand zum Stator möglichst gering ausfällt.

Und dort liegt die Herausforderung: Um die Magnete auf ihrer Position zu halten, werden sie üblicherweise auf die Achse aufgeklebt. „Bei Drehzahlen von bis zu 100 000 Umdrehungen pro Minute wirken jedoch extreme
Zentrifugalkräfte“, erklärt Dr. Hartmut Groß, Leiter Advanced Solutions bei Schunk Carbon Technology im hessischen Heuchelheim. „Hält die Klebung der Belastung nicht mehr stand,, können sich die Magnete beim Betrieb lösen und den Motor irreparabel beschädigen.“

Hülsen höchster Präzision

Daher suchten die Ingenieure nach einem Weg, die Magnete dauerhaft an der Achse zu befestigen. „Da das Material elektrisch nicht leitfähig sein darf, schieden Hülsen aus Edelstahl aus. Das würde zu Wirbelströmen führen, die das induzierte Magnetfeld und in der Folge die Effizienz des Motors reduzieren würden“, sagt Groß.

Stattdessen setzten die Entwickler auf die kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe (CFK). Das Material leitet Elektrizität um vier Zehnerpotenzen schlechter als Metalle und ist daher praktisch ein Nichtleiter. Es vermag Temperaturen von mehr als 150 °C standzuhalten, die im Alltagsbetrieb eines Elektroautos schnell auftreten. Und es ermöglicht eine hohe Festigkeit bei einer minimalen Wandstärke, die häufig unter 1 mm liegt, um die Effizienz des Motors so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.

Dabei müssen die Hülsen mit äußerster Passgenauigkeit gefertigt werden. Die Toleranzen liegen im Bereich weniger Hundertstel Millimeter. Andernfalls würden die Bauteile, sobald sie mit hohem Pressdruck auf die Achsen geschoben werden, die aufgeklebten und meist spröden Magnete beschädigen.

Glas- oder Kohlenstofffaser?

Kurzzeitig dachte man im Unternehmen an die Verwendung von glasfaserverstärktem Kunststoff. „Das Material ist ja durchaus leistungsfähig“, sagt Groß und verweist zum Beispiel auf GFK-Hülsen für Dichtungsrohre, die in Elektropumpen einzelne Kammern voneinander abgrenzen.

„GFK wäre aber nicht als Ausgangsmaterial für hochdrehende Permanentmagnetmotoren infrage gekommen“, betont er. „Es ist zwar preisgünstiger, aber die Fasern sind dicker, weshalb die Hülsen dickwandiger wären.“ Zudem erfülle GFK nicht die mechanischen Anforderungen, da es nicht fest genug sei. „Pumpen drehen 1000-mal in der Minute, Elektromotoren, wie sie für die E-Mobilität benötigt werden, drehen zehn- bis einhundertmal so schnell“, sagt der Abteilungsleiter. Bei der Entwicklung der CFK-Hülsen konnte das Unternehmen auf seine Erfahrungen aus dem Motorsport zurückgreifen. Seit fast sechs Jahren liefert Schunk Hülsen, die dort in Elektromotoren zum Einsatz kommen.

Ein zweiter Einsatzbereich sind Turbomolekularpumpen, wie sie im Vakuumanlagenbau, aber auch in Laboren und Entwicklungsabteilungen verwendet werden. „Dort setzen wir CFK-Armierungshülsen schon seit 20 Jahren in den sogenannten Hohlweckstufen ein“, sagt Groß.

Gleichwohl betrachtet er die Verwendung in hochwertigen Elektromotoren als neuen Schritt in der technologischen Entwicklung. „Bislang haben wir die Kohlenstofffaser-hülsen in Stückzahlen bis 10 000 Einheiten und mit Wandstärken von mehr als einem Millimeter produziert. Jetzt reden wir von Volumina von über 100 000 Stück bei einer auf die Hälfte reduzierten Wandstärke.“

Weitere Einsatzbereiche

CFK-Hülsen sollen aber nicht nur in Elektrofahrzeugen zum Einsatz kommen. „Gerade in höherwertigen Kleingeräten können die Bauteile die Haltbarkeit der Antriebe erhöhen oder den Einsatz leistungsstärkerer Motoren erlauben“, sagt Dr. Hartmut Groß mit Blick auf Staubsauger, Gartengeräte und Elektrowerkzeuge wie Bohrmaschinen, Stichsägen und Schleifgeräte.


Hannover Messe

Industrial Supply – Zentrum der Zulieferindustrie

Mehr über Faserverbundhülsen und weitere Produkte und Lösungen von Schunk Carbon Technology erfahren Besucher in Halle 5 der Hannover Messe vom 23. bis 27. April. Dort präsentiert das Unternehmen im Rahmen der Industrial Supply, der internationalen Leitmesse für innovative Zulieferlösungen und Leichtbau, seine Produkte und Services. Geschätzt mehr als 80 000 Besucher werden in diesem Jahr auf der branchenübergreifenden Schau in den Hallen 3 bis 5 erwartet, davon 95 Prozent Fachbesucher und gut 40 Prozent aus dem Ausland. Kernthemen der Industrial Supply sind Global Sourcing und die Arbeit in Netzwerken (Smart Supply). Das spiegelt sich in den Formaten der Messe wider, beispielsweise der neuen Integrated Lightweight Plaza, dem zentralen Zulieferforum und den Highlights@IndustrialSupply. Weitere Synergien ergeben sich aus der Cemat: Die Welt-leitmesse für Intralogistik und Supply Chain Management findet erstmals zeitgleich zur Hannover Messe statt.


Oliver Züchner,
Fachjournalist in Hannover

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