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Harte Zeiten für Stahlhersteller

Stahlpreisentwicklung aktuell – eine Analyse
Harte Zeiten für Stahlhersteller

Harte Zeiten für Stahlhersteller
Entwicklung der Stahlumsätze je Tonne. (Quelle: Daten der WV Stahl)
Im Dezember sind wir näher auf die Situation europäischer Stahlhersteller eingegangen und dabei zu dem Schluss gekommen, dass mittel- bis langfristig strukturelle Änderungen bevorstehen, auf die die stahlverarbeitende Industrie, besser: die Stahleinkäufer sich langsam vorbereiten sollten. Es besteht jedoch – auch hierauf hatten wir hingewiesen – derzeit (noch) kein Grund, in Hektik zu verfallen, da es kurzfristig keine massiven Verschiebungen geben wird.

Aktuell häufen sich die negativen Meldungen zum Stahlmarkt. Die Betriebsergebnisse der Stahlhersteller verschlechtern sich, aktienrelevante Kennzahlen fallen deutlich schlechter aus. So schrieb beispielsweise Analyst Ingo-Martin Schachel kürzlich, dass die schwachen Werkstoffmärkte die Jahresziele des Industrie- und Stahlkonzerns Thyssenkrupp ehrgeizig erscheinen ließen. Er senke daher seine Margenannahmen für diesen Bereich. Die Commerzbank hat dementsprechend das Kursziel für Thyssenkrupp von 26 auf 23 Euro gesenkt, jedoch die Einstufung auf „Buy“ belassen (Quelle: www.finanzen.net).

Das Analysehaus Warburg Research hat darüber hinaus den zweiten „Riesen“ unter den deutschen Stahlproduzenten, die Salzgitter AG, sogar von „Buy“ auf „Hold“ abgestuft und das Kursziel deutlich von 34 auf 22 Euro gesenkt. Nach den vorläufigen Jahreszahlen des Stahlkonzerns, den schwachen Zahlen der Beteiligung Aurubis sowie einem Urteil des Bundesfinanzhofes zu höheren Steuerzahlungen hatte Analyst Björn Voss seine Gewinnschätzungen für Salzgitter massiv gekürzt. Er rechne für 2016 mittlerweile auch nicht mehr mit einer Verbesserung des Stahlmarkt-Umfelds (Quelle: www.finanzen.net).
Der Voestalpine-Konzern konnte sich in einem zunehmend schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfeld in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2015/16 (1. April bis 31. Dezember 2015) erfolgreich behaupten. So stiegen die Umsatzerlöse gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres um 1,5 % von 8,3 auf 8,4 Mrd. Euro, gleichzeitig legten die Ergebnisse auch ohne Berücksichtigung von Einmaleffekten zu.
Wie stehen die Stahlhersteller wirklich da? Die Zahlen zeigen, dass die „fetten“ Jahre der Stahlproduzenten zwar zunächst vorbei sind, die Branche in Deutschland aber absolut (über-)lebensfähig ist. In der jüngeren Vergangenheit sahen die Rahmendaten auch schon deutlich schlechter aus. Insbesondere vor dem Hintergrund der historisch niedrigen Kosten erscheint die Lage nicht so schlecht, wie von den Analysten, aber teilweise auch den Stahlherstellern selbst dargestellt.
Beispiel Thyssen Krupp Steel Europe: Das Ergebnis (bereinigtes EBIT) wurde von 216 Mio. Euro (2013/2014) auf 492 Mio. Euro (2014/2015) verbessert, obwohl der Umsatz/Tonne Rohstahlproduktion von 0,72 Euro auf 0,70 Euro gesunken ist (www.thyssenkrupp-steel-europe.com).
Beispiel Saarstahl: Das Ergebnis (EBITDA) wurde von 120 Mio. Euro (2013) auf 199 Mio. Euro (2014) gesteigert. Dabei hat sich der Umsatz/Tonne Rohstahlproduktion von 0,68 Euro auf 0,66 Euro reduziert.
Beispiel Dillinger Hüttenwerke: Das Ergebnis (EBITDA) wurde von 3 Mio. Euro (2013) auf 237 Mio. Euro (2014) verbessert. Gleichzeitig hat sich aber der Umsatz/Tonne Rohstahlproduktion von 0,98 Euro auf 0,85 Euro reduziert.
Deutsche Hersteller haben es also geschafft, trotz reduzierter Umsätze die Ergebnisse insgesamt zu verbessern.
Aus Einkäufersicht ist die Stabilität dieses Systems weiterhin ständig kritisch zu beobachten. In 2015 haben sich die Preise weiter nach unten entwickelt, die Ergebnisse der Stahlerzeuger werden also wieder noch etwas mehr belastet. Dies wurde auch in 2015 durch weiter gefallene Rohstoffkosten zumindest teilweise noch ausgeglichen. Inwieweit sich die beiden Effekte insgesamt aufgehoben haben, werden die Jahresabschlüsse 2015 zeigen. Einkäufer sollten weiterhin den Markt beobachten und dementsprechend geeignete Maßnahmen mittelfristig vorbereiten:
  • Europäische Klimapolitik: Selbst effizienteste Stahlwerke werden nach heutigem Stand mit Mehrkosten belastet.
  • Aktuell staatlich subventionierte Kapazitäten in Europa: Weite Teile arbeiten mit Auslastungen, die nicht wirtschaftlich sind; Verfahren gegen Belgien und Italien werden angestoßen.
  • Chinesische Entwicklung: Die direkten Importe aus China sind derzeit noch überschaubar, trotzdem wirken die chinesischen Billigexporte indirekt; Schutzmaßnahmen der einheimischen Märkte nehmen zu.
  • Europäische und globale Wirtschaftsentwicklung und ihre Wirkung auf die Stahlnachfrage.
Dass nichts ewig wachsen kann, sollte eigentlich jedem bewusst gewesen sein. Der globale Stahlsektor ist von 2000 bis 2014 fast kontinuierlich gewachsen. Dies scheint jetzt erst mal vorbei zu sein. Im Wesentlichen betrifft dieser Rückgang aber die chinesische Produktion. Da die Produktionszahlen im deutschen Stahlsektor schon seit einigen Jahren nicht mehr steigen, hat man sich hierzulande bereits auf die Stagnation eingestellt und u.a. mit entsprechenden Effizienzprogrammen reagiert. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist man also vernünftig aufgestellt. Andere Regionen, die nicht entsprechend vorbereitet sind, könnten hingegen durchaus von einer „globalen Vollbremsung“ überrascht werden. Pessimisten erwarten auch bei uns ein schwarzes Jahr 2016 für die deutsche Stahlindustrie. Wir von STAHLkompakt erwarten jedoch eher vergleichbare Ergebnisse wie 2014/2015. Es wird nach unserer Einschätzung keine großen Sprünge in den Rohstoffkosten geben, das Preisniveau wird sich ebenfalls nicht massiv verändern. Die eingangs genannten und vielfach angekündigten strukturellen Veränderungen werden aber mittelfristig nicht zu vermeiden sein. Wir rechnen – wie auch in der letzten Ausgabe ausführlich erläutert – mittelfristig mit Kapazitätskürzungen und Unternehmenszusammenschlüssen. Erste beispielhafte Indizien hierfür sind die Schließungen in England, erste Verfahren zu Ländersubventionen gegen Italien und Belgien sowie die aktuelle Klimapolitik.

STAHLkompakt ist ein Angebot der HKN & Internet Solutions GbR, Hamburg www.stahl-kompakt.de
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