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Im Team mit den Beratern

Organisation
Im Team mit den Beratern

Einkäufer schreien nicht immer „Hurra“, nähert sich ein Berater ihrer Abteilung. Spannungen sind an der Tagesordnung. Das muss nicht sein, denn es gibt auch gute Lösungen. Zum Beispiel der Aufbau eines „Joint Teams“. Bei gegenseitigem Respekt und einer klar definierten Arbeitsteilung ist das oft die beste Lösung.

Wir bilden aus.“ In leuchtendem Orange prangte der Aufkleber des Deutschen Handwerks am Schwarzen Brett eines nordrhein-westfälischen Elektronikherstellers. Der wirkliche Hingucker war als Ergänzung handschriftlich darunter gekritzelt: „Einkaufsberater!“.

Die angeblichen Experten hätten von dem Unternehmen und dessen Beschaffungspraxis nur wenig Ahnung und seien zu einer fachlichen Diskussion auf Augenhöhe kaum in der Lage, hieß es im Flurfunk. Sie behandelten die Mitarbeiter auch noch „von oben herab“ – als könnten diese in der oberen Liga nicht mitspielen.
Das Beispiel dieses Elektronikherstellers ist wohl kein Einzelfall. So mancher an Dax-Konzerne gewohnte Consulter tut sich mit mitteständischen Unternehmenskulturen schwer. Aber auch die Auftraggeber sind für solche Disharmonien oft mit verantwortlich, indem sie für die Kommunikation zwischen „Internen“ und „Externen“ kaum Zeit vorsehen.
„Der Einkäufer kann nicht einerseits fordern, möglichst keinen Aufwand zu haben, sich aber gleichzeitig darüber beschweren, dass er vom Berater nicht in das Projekt einbezogen wird“, sagt Jens Walter, der auch als Einkaufsberater unterwegs ist. „Zwar werden Mitarbeiter offiziell für 30 oder 50 Prozent für ein Projekt freigestellt, es wird aber kein Personal bereitgestellt, das die Stammaufgaben im genannten Umfang für die Projektlaufzeit übernimmt – das ist unseriös“, so Rolf-Dieter Reineke, Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz und Studiengangleiter des berufsbegleitenden MBA-Studiengangs Management Consulting International.
Engpässe Die Folgen sind Engpässe auf allen Ebenen. Mitarbeiter fühlen sich übergangen und überfordert, Berater sich regelrecht „boykottiert“, denn wichtige Informationen fließen nur spärlich oder sind missverständlich. Reineke empfiehlt Einrichtung von „Joint Teams“. Bei gegenseitigem Respekt und einer klar definierten Arbeitsteilung sei das oft die beste Lösung. Dazu müssten mit den eigenen Mitarbeitern klare Vereinbarungen getroffen werden.
Viele Auftraggeber versäumten es allerdings, ihr Personal auf externe Beratung richtig einzustellen, sagt Jens Walter. „Mitarbeiter müssen verstehen, dass Veränderungsprozesse immer auch eine Chance sind. Wenn ich als Einkäufer denke, dass der Einsatz von Beratern im Unternehmen zeigt, dass ich meinen Job nicht richtig mache ist dies eine denkbar schlechte Startvoraussetzung.“ Allerdings solle der Aufwand für den operativen Einkäufer in einem gemeinsamen Projekt 20 Prozent seiner verfügbaren Arbeitszeit nicht überschreiten; bei strategischen Einkäufern sei die Einbindung natürlich etwas höher.
Beratungseffizienz ist gefragt. Aber nicht jeder „schlanke“ Prozess sei von beiderseitigem Vorteil, meint Dominic Sanchez Rodrigo, Leiter Technischer Einkauf des Berufsbekleidungsherstellers Larosé GmbH, zu berichten. Nach seinen Beobachtungen legten viele Beratungsgesellschaften zu wenig Wert auf eine gründliche Aufarbeitung der Probleme, stiegen allzu schnell in den Veränderungsprozess ein und „sagen den Mitarbeitern was sie zu machen haben“. Einige Marktakteure hätten erkennbar kein Interesse, für ihre Kunden nachhaltige Lösungen zu schaffen. Sanchez Rodrigo: „Sie bevorzugen viele kurze Projekte, um ihr Honorar möglichst zu maximieren. Kick-off-Veranstaltungen, Besprechungen und Interviews werden dabei oft unnötig gestreckt, um die Arbeitsstunden künstlich zu erhöhen.“ Erfahrene Einkaufschefs seien in der Lage, solche schwarzen Schafe bereits in der Angebotsphase zu erkennen. Andere machten erst einmal schlechte Erfahrungen, wodurch die Vorurteile gegen Beratung permanent neue Nahrung erhielten.
Unsinn „Unsinn“, heißt es aus den Reihen der Consulter. In der Regel seien Analyseprojekte nicht einmal kostendeckend. Da fast immer pauschal angeboten werde, wäre ein „in die Länge ziehen“ auch für den Berater kontraproduktiv. Zudem gebe es in der Umsetzungsphase in der Regel erfolgsabhängige Honorarkomponenten, die dazu führten, dass Projekterfolg und Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis stünden.
Für Professor Reineke ist dies mindestens ein „Return on Consulting“ mit dem Faktor 3 – der dreifachen Wertschöpfung im Vergleich zum Beraterhonorar. Nach Ansicht von Jens Walter sollten die realisierten Einsparungen in einem Zeitraum von zwölf Monaten mindestens doppelt so hoch wie die dafür aufgewendeten Kosten sein.
Grundsätzlich auf der sicheren Seite ist der Auftraggeber, wenn ein prozentuales Erfolgshonorar vereinbart wurde; marktgängig sind 30 bis 50 Prozent bezogen auf die erzielten Einsparungen. Allerdings ist das Modell umstritten. Berater können mit ihrem Know-how und ihren Marktkenntnissen einen großen Einspareffekt erzielen. „Das hätten wir auch selbst gekonnt“, heißt es oft im Nachhinein, was den Consultern gegenüber nicht ganz fair ist. Grundlos hat man sie nicht engagiert.
Auch Peter Ochs, Leiter Zentraleinkauf des Getränkeherstellers Hassia, verzichtet nicht auf die externe Expertise von Beratern‚ jedoch auf solche aus Fleisch und Blut. Beim Einkauf von Nichtproduktionsmaterial bedient er sich einer neuartigen „Online-Beratung“ (siehe Kasten), die Zugriff auf das benötigte Know-how bietet.
Ochs: „Unsere Mitarbeiter können kurzfristig entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sie das Tool nutzen und sich dabei auf die Bereiche konzentrieren, in denen jeweils der größte Bedarf besteht.“
Die online angebotenen Lösungen für die strategische Beschaffung von Nichtproduktionsmaterialien und Dienstleistungen seien in der Regel branchenübergreifend von einem Unternehmen auf das andere adaptierbar, erklärt der Anbieter, der Münchner Einkaufsberater Hans Becker. „Gerade im Bereich des indirekten Einkaufs können die Firmen Optimierungsprojekte mit Einsparungen zum Teil im zweistelligen Prozentbereich in Eigenregie durchführen. Die notwendigen Hilfsmittel, Benchmarks und Vorlagen können als Unterstützung hinzugezogen werden. Für komplexe Strukturen und Anforderungen ist die externe Hilfe eines Beraters jedoch sinnvoll.“
Klarer Trend Es zeigt sich ein klarer Trend bei den potenziellen Auftraggebern: Weniger Beratertage bei gleichen Ergebnissen. Den Systemwechsel werden die Consultingfirmen nicht frei Haus liefern. Vielmehr ist der strategische Einkauf gefordert, seine Projekte optimal vorzubereiten und zu steuern. „Die Auftraggeber müssen genau wissen, was sie kaufen wollen und welchen Wert die Berater effektiv generieren sollen“, so Dr. Christoph Treichler, Management-Partner der Cardea AG mit Sitz in Zürich, die europäische Betriebe bei der Beraterauswahl und -evaluation unterstützt. Dies beginnt bei der Ermittlung des Beratungsbedarfs. Es gilt erst einmal Klarheit über die Ziele und den konkreten Veränderungsbedarf zu gewinnen. Auf dieser Grundlage lassen sich diejenigen Teile eines Projektes identifizieren, die mit eigenen Ressourcen bewältigt werden können beziehungsweise für die externe Kräften erforderlich sind. Aber selbst wenn diese Schritte getan sind, ist der Erfolg noch nicht gesichert. Dafür müssen Berater und Mitarbeiter an einem Strang ziehen.

So wird’s ein Erfolg

Beraterauswahl

Damit Beratungsprojekte erfolgreich verlaufen gibt es ein paar Faustregeln:
Ressourcen:
  • Bessere Abschätzung des internen Aufwands
  • Klarere Zuordnung der internen Ressourcen
  • Mehr interne Kapazität zur Verfügung stellen
  • Verminderung des Aufwands für externe Berater durch interne Vorleistungen
Beraterauswahl:
  • Mehr Spezialanbieter scannen
  • Bessere Phasentrennung und entsprechender Einkauf von Beratungs-Know-how
  • Involvement aller Funktionen und Commitment des Projektteams
Projektplanung:
  • Klare Zielvereinbarungen
  • Feinere Vorgaben der Projektziele
  • Eindeutiges Pflichtenheft über die zu erbringenden Leistungen
  • Unsere Whitepaper-Empfehlung
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