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Industrie 4.0 zieht in die Fabriken ein und wird das Geschäft treiben

Interview mit Dr. Jochen Köckler, Vorstand Deutsche Messe AG
Industrie 4.0 zieht in die Fabriken ein und wird das Geschäft treiben

Deutlicher denn je zeigt die Hannover Messe in ihrem 70. Jahr, wie die vernetzte Industrie ganze Betriebsabläufe verändern wird. Wie die Messeplattform den Besuchern die Vorteile der Digitalisierung anschaulich vermittelt und Industrie 4.0 neue Werte schafft, sagt Dr. Jochen Köckler, der für die Hannover Messe zuständige Vorstand der Deutschen Messe AG.

Beschaffung aktuell: Welche Signale werden von der Hannover Messe 2017 ausgehen?

Dr. Jochen Köckler: Das Leitthema Integrated Industry – Creating Value steht dafür, dass die Besucher die Potenziale der Digitalisierung erkennen und für sich nutzen können. Es werden sich Lösungen durchsetzen, die den höchsten Nutzen stiften. Damit zieht Industrie 4.0 tatsächlich in die Fabriken ein und wird das Geschäft treiben. Dieses Signal wird von Hannover ausgehen.
Beschaffung aktuell: Sind Sie als Veranstalter froh darüber, dass der Begriff Industrie 4.0 vor sechs Jahren auf der Messe geprägt wurde?
Dr. Köckler: Für uns ist das ein Geschenk, weil die Abbildung dieser zukünftigen Fabrik exakt unserem Messekonzept entspricht. Schon 2013 haben wir heraufbeschworen, dass in Zukunft die Maschine mit dem Werkstück sprechen wird. Dass heute alle Aussteller darauf setzen, ist großartig. Mit Integrated Industry und den jährlich wechselnden Schwerpunkten, diesmal ist es „Creating Value“, verwenden wir bewusst nicht den Begriff Industrie 4.0. Damit sind wir in der Sprachführung unabhängiger. Industrie 4.0 ist aber eine Marke, die sehr stark zieht. In Polen ist sie ebenso bekannt wie in China und wird immer mehr zu einem Synonym für die moderne Produktion „Made in Germany“.
Beschaffung aktuell: Wie lässt sich der Nutzen von Industrie 4.0 noch stärker vermitteln?
Dr. Köckler: Das ist die absolut dringliche Kernaufgabe. Unter „Creating Value“ kommt es darauf an, dass die Entscheider aus Industrie und Energiewirtschaft erkennen, welche direkten und langfristigen Vorteile sie aus der Digitalisierung für ihr Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle und ihre Mitarbeiter ziehen können.
Beschaffung aktuell: Und Messehallen erhalten mehr und mehr den Charme von Fabrikhallen?
Dr. Köckler: Das wäre großartig. Der Show-Case von SEW-Eurodrive im Vorjahr hat zig Besucher angelockt. Derart moderne Stände zeigen, wie man über Inhalte Interesse weckt. Das wird noch zunehmen.
Beschaffung aktuell: 400 Anwendungsbeispiele für Industrie 4.0 waren es im Vorjahr. Wie viele könnten es 2017 werden?
Dr. Köckler: Ich rechne mit rund 500 Beispielen. Besonders anschaulich zeigt dies die Sonderschau Predictive Maintenance im Rahmen der MDA. Beispielsweise ist ein am Kugellager angebrachter Sensor per se kein Mehrwert. Erkennt der Kunde aber, welchen Nutzen ihm dieser Sensor stiftet, wird er die Lösung einsetzen. Unter dem Leitthema „Integrated Industry – Creating Value“ werden viele solcher Anwendungsbeispiele zu sehen sein.
Beschaffung aktuell: Roland Berger hat für VDMA und Deutsche Messe eine Studie zum Leitthema der Hannover Messe erstellt. Was leiten Sie daraus ab?
Dr. Köckler: Zwei Dinge: Erstens, dass sich fast alle Entscheider in den Unternehmen mit dem Thema Digitalisierung befassen, was nicht überrascht. Der zweite Aspekt ist der wichtigste, da er vor zwei Jahren bei allen noch mit großer Unsicherheit behaftet war: Dominieren zukünftig einige Internetgiganten den Bau von Fabriken und Maschinen? In der Studie sagt über die Hälfte der Befragten, sie werden in ihrer eigenen Domain-Kompetenz die Chance von Industrie 4.0 nutzen. Dadurch entstehen andere Technologien, da mit zunehmender Digitalisierung die Grenzen zwischen Maschinenbau und IT verschwinden. Aber die absolute Dominanz der Internetkonzerne wird nicht mehr befürchtet. Auch das werden wir auf der Hannover Messe sehen: IBM, Microsoft, Intel. Sie alle arbeiten bereits in Partnerschaften mit der deutschen Industrie, um gemeinsam Lösungen für den Anwender zu entwickeln.
Beschaffung aktuell: Werte schaffen – Creating Value, heißt es in diesem Jahr. Und danach?
Dr. Köckler: Die nächsten fünf Jahre wird uns die Digitalisierung von Industrie und Energie sicherlich begleiten. Der aktuelle Claim Creating Value hebt bewusst auf die Produktion, den Menschen und Geschäftsmodelle ab. Künftig entstehen völlig neue Geschäftsmodelle und disruptive Business-Ideen, die weit übers Produzieren hinausreichen und für die entsprechende Märkte zu erschließen sind. An diesem Thema werden wir als Messe-macher ebenso dranbleiben wie am Thema der Datensicherheit und der einfachen Bedienung hochkomplexer Maschinen. Zudem bin ich überzeugt, dass die Energie bei der Digitalisierung den Weg der Fabrik gehen wird. Da dieser Markt eher reguliert ist, beispielsweise durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz, spielt die Politik hier zwar eine Rolle. Zugleich aber verlangt die Steuerung dieser Energien in einer autonomen Fabrik vernetzte Lösungen. Diese wird die Hannover Messe ebenso zeigen wie die Technologien zur erneuer-baren, dezentralen und effizienten Energie-erzeugung – bis hin zur Speicherung und alternativen Mobilitätslösungen.
Beschaffung aktuell: Die großen konjunkturellen Fragezeichen sind weitgehend politisch bedingt. Wie werten Sie dieses Vorzeichen für die Messe?
Dr. Köckler: Erster Anhaltspunkt ist für mich der Anmeldestand, der exzellent ist. Die drei großen Industriekonzerne Siemens, GE und ABB sind mit Headquarter-Ständen ebenso präsent wie die ganze Bandbreite des Mittelstands. Fast alle Flächen sind ausgebucht. Auch besucherseitig habe ich die Hoffnung, dass wie im Vorjahr, trotz der Unsicherheiten, der Zulauf positiv sein wird. Gerade potenzielle Käufer erhoffen sich von der Messe Orientierung für ihre Investition. Und da die Digitalisierung der Fabrik anders als das Energiethema völlig unpolitisch ist, bin ich überzeugt, dass trotz konjunktureller Eintrübungen die Hannover Messe 2017 erfolgreich sein wird.
Das Gespräch führten Werner Götz und Dietmar Kieser, Redakteure Beschaffung aktuell
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