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Knallharte Einsparungen

Zahlen – Daten – Fakten
Knallharte Einsparungen

Der Vorstand fragt kritisch nach, wo eigentlich die harten Einsparungen sind. Der Einkauf lehnt sich entspannt zurück. Er kann sogar abgestufte Härtegrade des Einsparens angeben. Hieb-, stich- und GuV-fest.

Wer seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg am besten dokumentieren kann, ist beim Top-Management gut angesehen – das gilt in vielen Unternehmen. Deshalb hat zum Beispiel der Vertrieb in fast allen Betrieben ein sehr gutes Standing, weil er seinen Beitrag mit Zahlen, Daten, Fakten belegen kann. Also sollte auch der Einkauf darauf hinarbeiten, dass er seinen Beitrag zum Unternehmenserfolg in Form von Einsparungen in der Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV) möglichst gut dokumentieren kann. Dies setzt ein nachvollziehbares Messen der Einsparungen voraus.

Einkäufer, die die erzielten Einsparungen messen und dokumentieren wollen, sollten sechs Schlüsselfragen beantworten. Von diesen Fragen beziehen sich drei auf den strategischen Einkaufsprozess (= materialgruppenunab-hängige Fragen) und die restlichen drei müssen in Zusammenhang mit der jeweiligen Materialgruppe beantwortet werden:
Frage 1: Was versteht man eigentlich unter Einsparungen?
Grundsätzlich setzt sich der Einkaufserfolg aus der Kostenreduzierung und Kostenvermeidung zusammen. Das Reduzieren von Kosten (= Einsparungen) führt zu einem Senken der Ausgaben gegenüber der Vorperiode. Dieses Senken der Ausgaben ist, sofern es korrekt gemessen wird, sichtbar in der GuV. Ein Vermeiden von Kosten führt zwar auch zu einer Kostenoptimierung. Diese ist aber nicht unmittelbar in der GuV sichtbar.
In der Regel wird eine Kostenreduzierung vom Vorstand oder der Geschäftsführung mehr geschätzt als eine Kostenvermeidung. Deshalb gilt es zu klären: Was erwartet die Unternehmensführung?
Frage 2: Wie läuft eigentlich der Prozess des Messens von Einsparungen?
Das Messen des Sparerfolgs sollte während des gesamten strategischen Einkaufsprozesses erfolgen. Zu Beginn wird daher in der Bedarfsanalyse der Ausgangswert (= „Baseline“), gegenüber dem die Einsparungen gemessen werden, festgelegt. Zu diesem Zeitpunkt besteht in der Regel nur eine „Vermutung“, dass in einer bestimmten Materialgruppe Einsparungen möglich sind. Diese sind zumeist noch nicht quantifizierbar. Anschließend erfolgt bei der Auswahl der Einkaufsstrategien ein erstes Abschätzen der Einsparpotenziale. In der Lieferantenanalyse und -auswahl werden die vertraglich vereinbarten Einsparungen erstmals berechnet. Diese ergeben sich als Differenz aus den neu verhandelten Preisen und den Baseline-Preisen. Nach dem Abschließen und Implementieren der (neuen) Verträge werden die realisierten Einsparungen kontinuierlich gemessen. Gegebenenfalls werden dann die Budgets um die reduzierten Kosten gekürzt.
Entlang des strategischen Einkaufsprozesses können also nach dem Festlegen der Baseline die Einsparungen in fünf „Härtegraden“ verfolgt werden:
  • Einsparidee (= 1. Härtegrad)
  • Abgeschätzte Einsparungen (= 2. Härtegrad)
  • Vertraglich vereinbarte Einsparungen (= 3. Härtegrad)
  • Realisierte Einsparungen (= 4. Härtegrad)
  • Budgetierte Einsparungen (= 5. Härtegrad)
Frage 3: Welche Perspektiven des Einsparens gibt es?
Das Kostenoptimieren kann aus zwei Perspektiven betrachtet werden. Die Erste ist die EBIT-Perspektive (Gewinn vor Zinsen und Steuern). Sie spiegelt den GuV-Einfluss der Einsparungen wider.
Die zweite Perspektive ist die Cash-Perspektive. Sie spiegelt den Einfluss des Ersparten auf die liquiden Mittel des Unternehmens wider. Sie gibt zudem Aufschluss über die Nachhaltigkeit der Sparinitiative über einen längeren Zeitraum.
Frage 4: Welche Messlatte soll für die Einsparmessung angewendet werden?
Für das Messen von Einsparungen gibt es vier Typen von Messlatten (= „Baselines“). Einkäufer sollten beim Auswählen eines Typs unbedingt die hier aufgezeigte Reihenfolge beachten – unter anderem, weil die erste Messlatte zwar die genaueste und objektivste, aber nicht immer anwendbar ist. Die darauf folgenden Messlatten werden zunehmend manipulierbarer und damit weniger objektiv.
Fixe historische Baseline:
Das Messen an einem fixen historischen Ausgangswert ist die objektivste Messmethode. Hier wird immer gegen die zuletzt gezahlten Konditionen aus einer Total Cost of Ownership (Gesamtkosten einer Materialgruppe) gemessen. Daher gibt es keinen Spielraum für ein „Frisieren“ der berechneten Sparerfolge, wie dies zum Beispiel beim Zugrundelegen von Budgetwerten möglich ist.
Variable historische Baseline:
Wenn der Preis eines Produktes oder einer Dienstleistung zum Beispiel aufgrund der Abhängigkeit der Preisentwicklung beim Rohmaterial stark schwankt, sollten Unternehmen pro Materialgruppe bestimmte Regeln zum Festlegen der Vergleichsbasis anwenden. Dies ist zum Beispiel beim Benzin der Fall. Hier zieht man zum Messen einen variablen historischen Ausgangswert heran – beispielsweise den Ölpreisindex. Dann wird der zuletzt gezahlte Preis durch den Ölpreisindex angepasst. Gegen diesen angepassten Preis verhandelt der Einkauf dann, um Kosten zu reduzieren oder zu vermeiden.
Budget als Baseline:
Eine weitere Methode zum Feststellen von Einsparungen ist das Messen mithilfe eines festgelegten Budgets. Das Budget als Ausgangswert stellt in der Regel einen Schätz- oder Erfahrungswert dar. Das Abschätzen des Budgets kann auf Basis von Daten aus der Vergangenheit oder der Gegenwart, beispielsweise Lieferantenangebote, erfolgen. Diese Methode zum Berechnen von Einsparungen sollte nur herangezogen werden, wenn ein historischer Ausgangswert nicht verfügbar ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Produkte oder Services erstmals eingekauft werden.
Neue Baseline:
Wenn der Einkauf keinen der vorgenannten Ausgangswerte erstellen kann, besteht die Möglichkeit des Messens gegen einen neuen Wert. Dieser kann zum Beispiel das beste Angebot aus der Ausschreibung sein. Diese Methode ist mit Abstand die schlechteste Methode zum Messen des Einkaufserfolgs, weil sie manipulierbar ist. Unternehmen sollten sie nur anwenden, wenn ein Messen auf Basis der drei vorher genannten Methoden nicht möglich ist.
Frage 5: Welche Einsparhebel gibt es?
Für das Erzielen von Einsparungen gibt es zwei verschiedene Arten von Hebeln: die Preis- bzw. Prozesskostenhebel und die Mengenhebel. Die Preis- und Prozesskostenhebel lassen sich unterteilen in Hebel zum aggressiven Kostenoptimieren und Hebel für ein „intelligentes“ Einkaufen. Beispiele für Hebel zum aggressiven Kostenoptimieren sind die Volumenkonzentration, das Preisbenchmarking und das Global Sourcing. Das Optimieren von Spezifikationen oder der Supply Chain sind Hebel zum „intelligenten“ Einkaufen.
Die Mengenhebel lassen sich in konservative und aggressive Hebel unterteilen. Vom konservativen Mengenreduzieren spricht man zum Beispiel bei einer verschärften Bedarfskontrolle oder verschärften Bedarfsrichtlinien. Das Eliminieren von Bedarf zum Beispiel durch ein Verändern der Nutzungsdauer stellt eine aggressive Mengenreduktion dar.
Frage 6: Wie werden die Einsparungen pro Hebel konkret berechnet?
Die Ersparnisse sollten Unternehmen – sofern möglich – pro Hebel berechnen. Dies ermöglicht es ihnen, bei der Lieferantenanalyse und -auswahl verschiedene Einsparszenarien zu berechnen und das für ihre Organisation beste Szenario auszuwählen. Die verschiedenen Sparszenarien ergeben sich aus dem Berechnen und Kombinieren unterschiedlicher Hebel. Den Hebel Global Sourcing können Einkäufer zum Beispiel wie folgt berechnen: Sie führen eine Ausschreibung durch, zu der sie auch Ausschreibungsteilnehmer außerhalb Deutschlands einladen. Danach berechnen sie die Ersparnis, die sich auf Basis der Angebote der deutschen Ausschreibungsteilnehmer ergibt.
Fazit: Beim Erstellen der GuV gerät so manche Einkaufsabteilung in die Schusslinie, weil sich die Vorstände beziehungsweise Geschäftsführer wundern, wo „eigentlich die Einsparungen geblieben sind“, die der Einkauf „gemeldet“ hat. Die sechs Fragen der GuV-orientierten Einsparungsmessung unterstützen Einkäufer dabei, die erzielten Einsparungen so zu messen, dass die von ihnen gelieferten Zahlen nachvollziehbar und „belastbar“ sind. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der Einkauf seine Leistung im Unternehmen glaubhaft „verkaufen“ kann.
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