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Kooperation mit Modellcharakter

Logistik-Outsourcing bei Hannover Papier
Kooperation mit Modellcharakter

Die Hannover Papier AG mit ihren Werken in Alfeld/Leine und Ehingen/Donau hat ihre gesamte Fertigwarendistribution ausgegliedert. Dazu zählen der Transport über die europäischen Straßen und die Übersee-Verschiffung sowie der Fertigwarenumschlag, die Auftragszusammenstellung, der gesamte Versand und der Übergang der ehemaligen Verlade- und Versandmitarbeiter einschließlich Equipment an den Dienstleister. Neben den beiden deutschen Werken, waren auch die vier Werke in England und Schottland der Muttergesellschaft Sappi beteiligt – insgesamt umfaßt die Neuorganisation eine Jahreskapazität von 700.000 t Papier.

Dipl. Wirtsch. Ing. Hans-Peter Reisch Partner der Logo-Team, Logistik- und Organisationsberatung, Karlsruhe

Schon in den 70er Jahren hatte Hannover Papier zusammen mit den angestammten Transportunternehmern eine Abfertigungsspedition aufgebaut, die Alfelder Speditionsgesellschaft, ASG, mit zuletzt rund 40 eigenen Mitarbeitern und der Aufgabe, die Inlands- und Exporttransporte, die Auslagerungen von Bestandsspitzen zu steuern und abzuwickeln. Mitgesellschafter der ASG waren die fünf Speditionen Emmermann, Obermann, von Koss, Munsberg und Seifert. Diese Unternehmen sind schon seit Jahren auf Papiertransporte spezialisiert.
Ende 1995 haben erste Gespräche und Projektentwürfe stattgefunden. Die englische Muttergesellschaft plante jedoch auf europäischer Ebene einen noch größeren Wurf: die Ausgliederung der Fertigwarenlogistik für alle sechs europäischen Werke an nur einen Dienstleister. Neben Synergien und der erwarteten Kostensenkung war eine wesentliche Zielsetzung, den ohnehin schon hervorragenden Lieferservice weiter zu verbessern und im Markt der Papierhersteller dadurch eine Spitzenstellung zu bewahren.
Es wurde an mehrere europäische Dienstleister eine Ausschreibung verschickt, um Lager, Verladung, Versandplanung, weltweite Transportabwicklung der Fertigware für alle sechs europäischen Werke zu übernehmen. Die fünf deutschen Hausspediteure wurden als Gruppe angesprochen und waren dennoch der mit Abstand kleinste Bieter für diesen internationalen Tender.
Derjenige, der nun erwartet hatte, „die Kleinen“ müßten angesichts der komplexen Anforderungen aussteigen oder mit ihrem Konzept schwächer abschneiden als die Konzernspeditionen mit ihren spezialisierten Stäben, sah sich alsbald getäuscht.
Mit Unterstützung einer Unternehmensberatung, dem Karlsruher Logo-Team, wurde innerhalb von acht Wochen
•ein englischer Partner gefunden, der gut zu den fünf deutschen Unternehmen paßte,
•eine Kooperation mit Fr. Meyer’s Sohn, Hamburg, eingegangen, einem Überseespezialisten für Papierexporte,
•eine eigene Betreibergesellschaft speziell für dieses Projekt gegründet, die European Logistics Partner GmbH, Elpa, mit einem der fünf Unternehmer, Harald Seifert aus Ehingen, als Geschäftsführer.
Innerhalb der Ausschreibungsfrist wurde ein Angebot mit Organisations- und Transferplan ausgearbeitet, das das neu gegründete Unternehmen in den Kreis von nur noch drei Anbietern für die zweite Phase brachte.
Im Frühjahr 1996 konnten sich die verbleibenden Bieter dann im Rahmen eines Tagesbesuchs die relevanten Arbeitsabläufe in den sechs Werken ansehen, um darauf aufbauend ihr Angebot noch zu erweitern oder zu modifizieren.
Der Aufwand hat sich gelohnt: Im Sommer 1996 wurde Elpa als der europäische Logistikdienstleister ausgewählt.
Die Teamarbeit
Über die nächsten drei Monate wurde ein gemeinsames Projektteam aus dem Papierhersteller und dem Logistikdienstleister etabliert, um die
•Zusammenarbeit der beteiligten Partner zu definieren,
•organisatorischen Abläufe und Schnittstellen mit Flächen- und Gerätenutzung zu definieren und in einem Arbeitshandbuch festzuhalten,
•den Dienstleistungsvertrag auszuarbeiten,
•die Datenflüsse zwischen den DV-Systemen aufeinander abzustimmen,
•und vor allem den Personalübergang für die gewerblichen und administrativen Mitarbeiter zu klären.
Einerseits waren einfache organisatorische Strukturen zu schaffen, ganz im Sinne des Lean Management. Andererseits waren die Abläufe des täglichen Geschäftes mit Übergabepunkten, Nutzungsflächen, Arbeitszeiten und vor allem die Informationsflüsse im Detail festzuhalten und aufeinander abzustimmen.
Die Projektarbeit verlief für beide Parteien zufriedenstellend. Der Hersteller hatte mit seiner Forderung nach Lean Management nur noch einen Ansprechpartner, der für alle Fragen der Fertigwarenlogistik zuständig war: Lieferservice, Sendungskonsolidierung, Kundenrückfragen, Auslagerungsbedarf, Lagerbestände. Dazu kam ein gemeinsam entwickeltes Kennzahlensystem für ein kontinuierliches Controlling und eine Klärung der Schnittstellen für den Verantwortungs- und Gefahrenübergang schon im Werk.
Die jeweiligen Rechte und Pflichten wurden als Eckpunkte eines Dienstleistungsvertrages definiert, der später in einen europaweit gültigen Rahmenvertrag – nach englischem Recht – und in einen jeweils standortbezogenen Einzelvertrag – nach jeweils nationalem Recht – aufgeteilt wurde.
Die längste Phase beanspruchte, wie bei diesen Projekten üblich, die Vorbereitung des Personalübergangs auf den Dienstleister, der für die deutschen Werke nach den gesetzlichen Regelungen des Betriebs(teil)übergangs nach § 613a BGB zu erfolgen hatte. Mit fast 40 Mitarbeitern in der Alfelder Speditionsgesellschaft und rund 30 Staplerfahrern und Verladern in den Werken war ein relativ großer Personenkreis unmittelbar betroffen. Nachdem das Konzept feststand, wurde zunächst innerhalb der Hannover Papier mit Mitarbeitern und Betriebsrat eine Ausgleichsregelung für die Tariflohndifferenzen und andere Anwartschaften verhandelt, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen deutlich hinausging.
Das Ergebnis
Im November 1996 wurden die Verträge schließlich unterschrieben und nur ein Monat später ging die neue Organisation, einschließlich Personalübergang auf die örtlichen Dienstleister, in den Echtbetrieb über. Schon in den ersten Tagen mußte sich das neue Konzept bewähren: Zum Jahreswechsel wurden in der Verladung und der Auslieferung Spitzentage mit Höchstmengen in Alfeld und Ehingen erfolgreich abgewickelt.
Der Erfolg war letztlich in zweifacher Hinsicht meßbar: Im verbesserten Lieferservice und in den reduzierten Logistikkosten.
•Das Serviceniveau wurde so weit hochgeschraubt, daß Fertigwaren, die bis 16.00 Uhr produziert und bereitgestellt werden, im Inland generell am nächsten Tag zugestellt werden; falls nötig auch um 7.00 Uhr morgens. Damit wurden Lieferzeiten von weit unter 24 Stunden ermöglicht. Für die nächstgelegenen westeuropäischen Nachbarländer (Benelux) gelten die gleichen Bedingungen wie im Inland, während für die entfernteren Länder die Lieferzeiten zwischen 24 und 72 Stunden variieren.
•Die Logistikkosten sind mit rund 10% deutlich gesunken. Bezogen auf die hohe Tonnage in Verladung und Transport summiert sich die Einsparung auf mehrere Millionen DM pro Jahr. Dabei setzt sich die Gesamteinsparung zusammen aus Administrationskosten, Kosten für die Verladeabwicklung und Frachten:
  • 1.Personalkosten Administration: Durch Wegfall der Doppelarbeit (Dispo) in der ehemals eigenen Abfertigungsspedition und bei den Transportunternehmen konnte Personal eingespart werden; auch weil die Daten durch EDV-Vernetzung direkt aus dem SAP-System von Hannover Papier an die Transportunternehmen weitergeleitet wurden.
  • 2.Personalkosten Lager/Rampe/Verladung: Die Doppelarbeit an der Rampe ist entfallen. Früher hatten die Verlader der Papierfabrik Ware vor oder im Lkw bereitgestellt und die Fahrer/Staplerfahrer des Spediteurs haben die Papiere übernommen (Doppelhanding und Übergabepapiere). Diese unnötige Schnittstelle ist entfallen. Darüber hinaus wird heute längere Zeit an der Rampe verladen, der Stau zu bestimmten Zeitfenstern entzerrt und damit die Arbeit stetiger und produktiver.
Zu 1. und 2.:Die Tariflöhne im Speditions- und Transportgewerbe sind niedriger als in Industriebetrieben (10 bis 15%), die Arbeitszeiten länger (2-3 Std./Woche).
3.Frachten Deutschland und Europa: Die gesamte Fertigwarenlogistik wurde im Rahmen eines Fünf-Jahres-Vertrages ausgegliedert. Mit dieser langfristigen Sicherheit und Tonnage im Rücken konnten sich die Transportunternehmen gezielt Rückladungen aus „Ihren“ Destinationen suchen, damit paarige Verkehre aufbauen und die zu erwartenden Einsparungen schon vorab in den Angebotspreis einkalkulieren.
Die Ausarbeitung der Pflichtenhefte und Arbeitshandbücher für die Werke wurde gemeinsam von beiden Unternehmen ausgearbeitet. Heute hat der Dienstleister einen frühestmöglichen Einblick in die Auftragsdaten, um gegebenenfalls seine Disposition zu starten, während jederzeit Transparenz über die erbrachten und abzurechnenden Leistungen besteht.
Die ursprünglichen Erwartungen an den neuen Europalogistik-Partner waren voll erfüllt: Kostensenkung und Servicesteigerung waren meßbar, die erhöhte Flexibilität und das verstärkte Logistik-Know-how wurden durch mehrere innovative Ansätze in das Konzept eingebracht.
Outsourcing von Logistikfunktionen
Der Leitfaden zur Vorgehensweise bei Outsourcing-Vorhaben entstand aus einer Studie mit mehr als 40 Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistikdienstleistungen, die ihre Erfahrungen zu bisherigen Outsourcingprojekten mit Erfolgsfaktoren, Problemen, Änderungsabsichten für nächste Projekte sowie erzielte Einsparungen und qualitativen Verbesserungen mitgeteilt haben. Der Leitfaden enthält Musterkalkulationen, Checklisten und Hinweise unter anderem zur Analyse und Bewertung der eigenen Logistk und die Führungskennzahlen und das Controlling des ausgegliederten Bereichs.
Die 80 Seiten umfassende Studie kann bei Logo-Team gegen eine Gebühr von 50 DM plus Mehrwertsteuer unter Fax 07 21/91 29 44 bestellt werden.
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