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Kosten- und Erfolgsmessung im Einkauf

Wertschöpfungs-Parameter richtig gewichten
Kosten- und Erfolgsmessung im Einkauf

Die personelle Zusammensetzung von Einkaufsabteilungen wird stark durch verschiedene Faktoren bestimmt, die in der Struktur des Unternehmens liegen. In der Wirtschaft gibt es keinerlei Aufzeichnungen über die Wechselbeziehung zwischen Einkaufsvolumen und Einkaufsgröße, da diese Daten stark differieren und repräsentative Mengen von gleichgelagerten Einkaufsabteilungen nicht übertragbar sind.

Horst Strache =

In der nachfolgenden Vergleichstabelle stark divergierender Wertschöpfungsverhalten lässt sich vage erkennen, welche Wechselbeziehungen die Kapazität und damit auch die Kosten des Einkaufs beeinflussen.
Sofort lässt sich anhand der Beschäftigtenzahl und der Wertschöpfung pro Beschäftigten erkennen, dass in Unternehmen der Ziffer 1 große Wertschöpfungspotenziale maschinell erzeugt werden, während in Unternehmen der Stufe 2 mit viel Personal eine wesentlich geringere Wertschöpfung erreicht wird.
Welche Kosten darf eine Einkaufsabteilung erzeugen?
Das äußert sich auch in den dahinter dargestellten prozentualen Anteilen für Materialverbrauch und Materialkosten. Natürlich werden diese Daten statistisch immer nur innerhalb der 100% der entstandenen Kosten gerechnet, so dass der Materialverbrauch in Unternehmen der Gruppe 1 eine unverhältnismäßig hohe Prozentzahl ausmacht, umgekehrt proportional dazu der Personalkostenaufwand dürftig aussieht. Der allgemeinen Industriepraxis entsprechen eher die Daten der Unternehmen in Ziffer 2, wo wir einen etwa 50-prozentigen Materialverbrauch mit etwa 30% Personalkosten haben. Wenn wir nun die Materialinhalte dieser beiden Unternehmenskategorien untersuchen, stoßen wir auf zwei wesentliche Unterschiede: 1.Unternehmen im sonstigen Bergbau haben als Bedarf überwiegend Investitionsgüter und Hilfs- und Betriebsstoffe, sicher in einem relativ hohen Umfang Dienstleistungen für Wartung und Pflege der Anlagen, die auch zugekauft werden können, und vielleicht noch in einem relativ geringen Umfang Verpackungskosten für Materialien, die in einer Veredelungsstufe verpackt werden müssen. 2.Maschinenbauunternehmen dagegen haben eine Auftragsbindung und fertigen jeden einzelnen Auftrag nach Eingang der Bestellung vom Kunden durch Stücklistenauflösung speziell an. Hier entsteht dem Einkauf ein erheblich höherer Aufwand für Anfragen, weil alle in der Stückliste aufgelösten Einzelteile bis hin zur letzten Schraube für den einzelnen Auftrag extra herbeigeschafft werden müssen. Diese Differenz der beiden Unternehmenskategorien hat auch in der Qualität des Einkaufs Konsequenzen. Unternehmen unter 1 werden im Einkauf eher stochastische Besorgungs- und Nachholbedarfsverfahren einsetzen, die vom Einkauf durch dispositive Aussagen der Lagerhaltung herbeigeschafft werden müssen. Die Investitionen sind in der Regel Einzelaktivitäten, die bis in die Vorstandsebene hinein durch Mitwirkung am Einkaufsgeschehen beeinflusst werden. In Unternehmen unter 2 ist die qualitative Voraussetzung im Einkauf völlig anders, denn hier müssen möglichst technisch vorgebildete Leute in Einzelprozessen Lieferanten ausfindig machen, die die Variationen des Bedarfs permanent besser herstellen können, um die Forderung des Kunden nach höheren Leistungen zu realisieren. Beide Einkaufsabteilungen haben aber einen Einkaufsleiter nötig, besitzen eine Datenverarbeitung und beschäftigen Facheinkäufer/-innen sowie zusätzliches Personal, das die Verwaltungstätigkeiten erfüllt.
Beschaffungspolitischer Trend
In den letzten Jahren hat sich in der Industrie ein Strukturwandel vollzogen, der zu einer ständigen Verlagerung von Eigenproduktion auf Lieferanten geführt hat. Der Trend füttert sich überwiegend aus der Logik der Kapitalbindung, die auf diese Art und Weise auf den Lieferanten verlagert wird. Der Vorteil beim Lieferanten besteht darin, dass er durch Übernahme von Lagerhaltungsfunktionen, wie sie z.B. in den Bereitstellungslägern der just-in-time-verpflichteten Lieferanten entstehen, eine hohe Bindung an seinen Kunden erfährt. Er lagert die Materialien zu seinen Herstellkosten, während das eingekaufte Material beim Kunden zum Einstandspreis eingelagert werden muss. Die dazwischen liegende Preisdifferenz bedeutet eine höhere Kapitalbindung beim Kunden als beim Lieferanten. Die massenproduzierenden Branchen sind noch einen ganzen Schritt weitergegangen und haben in ihren strategischen Vorhaben die vollständige Mitnahme des Know-hows des Lieferanten integriert. Das bedeutet ein permanentes Aufrüsten der Einkaufsintelligenz, die sich nicht mehr nur aus den Funktionen des Einkaufs, sondern jetzt auch aus technischen Funktionen füttern muss. Daraus ist zu erklären, dass es zum Einkaufsteam kommt. In den Lieferformen unserer Tabelle nach Ziffer 1 wäre das wohl eher nur bei Investitionsentscheidungen und Käufen von Anlagen machbar. Der Trend in allen Industriebetrieben geht aber in verstärktem Maße zum qualifizierten Rahmenvertragsverhalten mit weniger Lieferanten. Das lässt sich in Unternehmen der Kategorie 1 mehr mit sortimentshaltenden Zulieferbetrieben machen, während in Unternehmen der Kategorie 2 z.B. eine Rahmenvereinbarung für wichtige Güter eines Herstellverfahrens denkbar ist. Als Beispiel möge hier dienen, dass ein Einkäufer mit einem Motorenlieferanten einen Rahmenvertrag abschließen kann, in dem die einzelnen Motorenlieferungen jeweils technisch genau definiert werden müssen.
Betrachtung von Kosten
Die nachfolgende Kostenstellenübersicht stellt schematisch die Kostenstruktur einer Einkaufsabteilung dar. Wenn ein solcher Einkauf 25.000 Bestellungen bewältigt, dann sind seine durchschnittlichen Bestellkosten 40 DM (von der Bestellentwicklung bis zur Terminüberwachung). Hier bietet sich ein Kriterium an, das für die Kontrolle der Einkaufsabteilung besser geeignet ist, als die freihändige Behauptung, die immer nur aus ganz bestimmten Branchensituationen abgegeben werden kann, dass ein Einkauf ca. 2% des Materialeinsatzes für seine Kostendeckung braucht. Wenn wir, um im Beispiel zu bleiben, diesem Einkauf ein Einkaufsvolumen von 50.467.500 DM zuordnen, dann hat er, statistisch ermittelt, pro Bestellung 2.018,70 DM bestellt. In der Wechselbeziehung Kostenstelle Einkauf zum Einkaufsvolumen ergibt sich ein Kostensatz von 1,98%. 1) Die Personalstärke ermittelt sich aus Division der Spalte 1 der Tabelle 2 durch die Pro-Kopfleistung aus der Tabelle 1.1 und 1.22) Die Kosten pro Person ergeben sich aus der Division der statistischen Personalkosten Spalte 3 b durch die Personalstärke aus Spalte 4 Index 1) (a) Eine Umsatzverprobung mit den Kostensätzen aus der ersten Tabelle ergibt eine Möglichkeit, die Konstellationen in Geldwerten zu betrachten. Die Durchschnittsgehälter liegen im Unternehmen der Kategorie 1 bei 74.834 DM in der Kategorie 2 bei 70.238 DM. Man kann die Effizienz des Einkaufs durch Kennzahlen kontrollieren, wenn es möglich ist, die Statistik des Einkaufs soweit zu verbessern, dass die Fluktuation der Mengenzahlen im Einkauf genau erfasst werden kann. Früher hat man auf solche Berechnungen verzichtet, weil die konjunkturelle Lage permanent nach oben zeigte. Inzwischen hat man gelernt, dass die Wechselbeziehung zwischen Einkauf, Einkaufsvolumen und der Bestellungsanzahl (Fallanzahl im Einkauf) eine Rolle spielt. Würde nämlich der Einkauf durch strategische und taktische Maßnahmen in den Lieferantenmärkten für die Verringerung der Lieferantenanzahl sorgen und durch Rahmenvertrags-vereinbarungen die Preiswirkungen über die Zeitbedarfe verbessern, dann müsste sich statistisch sofort eine Veränderung der Bestellfälle und eine Erhöhung der pro Bestellung beeinflussten Geldmenge ergeben. Solche Vergleichszahlen sind aber auch gefährlich, wenn starke Konjunkturschwankungen zwischen zwei Zeiträumen die Situation des Unternehmens insgesamt beeinflusst haben. Dann nämlich tritt im Einkauf ein umgekehrt proportionaler Effekt ein. In den meisten Fällen steigt die Anzahl der Bestellungen bei sinkendem Umsatz dadurch an, dass in immer kleineren Losen immer schneller beschafft werden muss, um den Restumsatz noch zu bekommen, während bei einem Ansteigen der Konjunktur durch das Vorausdisponieren in größeren Mengen die Anzahl der Bestellungen absinkt. Dies geschieht aber bei gleichzeitigem Anstieg der Preise, was wiederum konjunkturell erklärbar ist. Es gibt keine Regel, wie viele Mitarbeiter im Einkauf für welches Volumen tätig sein sollen. Die Betrachtung des Einkaufs über seine Leistungsinhalte würde eine Möglichkeit zur Verbesserung der Einkaufseffizienz bedeuten. In vielen Einkaufsabteilungen genügt es schon, • liebgewordene Gewohnheiten einfach abzuschaffen, • vereinfachte Bestellverfahren einzuführen, • Zeitbedarf zu konzentrieren, • verbessert einzukaufen und • durch Rahmenverträge die dispositiven Veranlassungen für Mengenabrufe aus dem Einkauf in die Disposition zu verlagern. Das ist angesichts der Durchdringung mit Datenverarbeitung kein Problem mehr.Im Gegenzug zu diesen Vereinfachungen besteht jedoch die zwingende Forderung, dass der Einkauf in seiner Qualität für die Leistungen im A-Teile-Bereich wesentlich besser gestellt werden muss. Zur Besserstellung des Einkaufs in diesen Einkaufsgruppen gehören Aktivitäten, die bis in die Firmenspitze vollzogen werden müssen. Benchmarking im Einkauf und darüber hinaus im Beschaffungsbereich ist ein Mittel zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Man versteht darunter den Vergleich zu anderen Einheiten. Im Einkauf ergeben sich – technische Leistungsvergleiche, – Preis- und Kostenvergleiche, – Produktivitätsvergleiche, – Logistik- und Warenflussvergleiche, – Vergleiche der Qualitätssysteme, – Service-Vergleiche. Die Definition für Benchmarking ist demnach der Prozess zur Messung von Produkten, Leistungen, Taktiken und Strategien gegenüber den Besten in ihrem Bereich. Daraus entstehen die Ziele für das weitere Vorgehen. Wenn man das auf die Kosten des Einkaufs überträgt, bedeutet es den Vergleich der Funktionen im Einkauf, seiner Kosten, der erbrachten Leistungen (z.B. Arbeitsplatzbeschreibung Soll:Ist) mit den Besten in der Industrie, damit der Unterschied sichtbar wird. Wenn wir das am Beispiel der Kostenentwicklung im Einkauf statistisch darstellen, messen wir z.B. die Ist-Daten der vergangenen Jahre und eine Hochrechnung auf das Ziel für das kommende Jahr. Als Endziel wird ein Benchmark gesetzt. Man kann an den Trends der Kostenbalken erkennen, dass das Benchmark-Ziel den Trend bricht. Es fordert also die viel stärkere Innovation. Daraus entsteht der Schub zur Verbesserung. Der Wandel im Einkauf wird programmiert.
Aufgaben des Einkaufs
Dieses Grobschema muss in jedem Einzelfall auf die eigenen Bedürfnisse konkretisiert und ausgeweitet werden. Wenn der Einkauf mehr Gewinn erwirtschaften soll, anstatt nur die abschreibende Bestellfunktion zu bleiben, dann braucht er Initiativen im Bereich des Beschaffungsmarketing. Es wäre unternehmerisch völlig falsch, wenn ein Einkauf angesichts der Verbesserung seiner verwaltenden Tätigkeiten plötzlich Personal abgäbe, indem es wegrationalisiert wird. Wenn er nicht gleichzeitig seine Aktivitäten in den Lieferantenmärkten verstärkt, verliert das Unternehmen den Kontakt zum Beschaffungsmarkt und damit die Chance zu gewinnen. Abbildung 6 zeigt eine Einkaufsorganisation, die aus der EDV-gestützten Administration die Möglichkeit zu mehr Marktbearbeitung bietet:
  • 1)Pool zu empfehlen, Arbeitseinteilung durch den Einkaufsleiter, fachliche Anweisung durch den Facheinkäufer;
  • 2)Nur fachliche Weisungsbefugnis, keine Disziplinarunterstellung.
Was die Aktivierung einer – das ganze beschaffende Unternehmen ergreifende – Beschaffungsmarketing-Initiative motiviert, ist eine von der Geschäftsleitung verkündete Einkaufspolitik, die für alle Teilfunktionen im Unternehmen verbindlich sein muss. Sie definiert die politischen Grundsätze moderner Beschaffung, für deren Einhaltung alle erfolgreich bemüht sein müssen.
Aus der Verwirklichung der politischen Vorgaben entwickelt sich die Detailstruktur eines Pflichtenheftes, das unter dem Anspruch einer schlanken Organisation die wichtigsten Aufgaben des Beschaffungsmarketings definiert, in Anweisungen fasst und die erforderlichen Arbeitsplatzbeschreibungen der Einkäufer/-innen vornimmt.
Daraus entwickelt sich für den Einkauf die Strategie in Jahresplänen. So werden nicht mehr nur Kosten des Einkaufs und das Decken oft wilder Bedarfe organisiert, sondern der Einkauf entwickelt Markt- und Produktfamilienstrategien, die er im Zusammenwirken mit anderen Fachabteilungen umsetzt (Materialgruppen-Management = MGM). Vorausgehen muss eine ABC-Analyse des Einkaufsvolumens. Sie zeigt, wo durch Entfeinerung im Verwaltungsablauf Zeit und Aufwand gespart werden können.
Politische Entscheidungen der Bestandspolitik müssen mit den wirklichen Erfordernissen oder den Delegationsmöglichkeiten auf Lieferanten durch Konsignationsläger oder zeitgenauer Anlieferung in Abstimmung mit der Geschäftsleitung gefällt und rasch umgesetzt werden. So entsteht ein Ergebnispotential, gegen das sich die Abteilungskosten des Einkaufs vergleichsweise niedlich ausnehmen. Dadurch kostet der Einkauf weniger, obwohl er mehr am Gewinnschöpfungsprozess beteiligt ist.
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