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Mit chinesischen Geschäftspartnern am Tisch

Erfolgreiche Verhandlungsführung
Mit chinesischen Geschäftspartnern am Tisch

Mit chinesischen Geschäftspartnern am Tisch
Um erfolgreich mit chinesischen Unternehmen und oder Institutionen und deren Vertretern verhandeln zu können, ist es zwingend erforderlich, sich mit den Besonderheiten der chinesischen Verhandlungsführung auseinandersetzen.

Westeuropäer konzentrieren sich bei Verhandlungen und deren Vorbereitungen vorwiegend auf die Fakten, die Wirtschaftsdaten und Gesetze und entsprechende Rahmenbedingungen. Geschäftsambitionen werden durch Argumente und logische Verknüpfungen verstärkt. Bei der Vorbereitung wird ein Plan erstellt, der möglichst alle Eventualitäten und entsprechenden Lösungsschritte beinhaltet. Zur Realisierung des Planes werden die nötigen Ressourcen definiert und bereitgestellt und demzufolge müssen die Kontakte zu den Ressourcen gepflegt werden.

Verhaltens- und Denkweisen der Chinesen
Für Chinesen sind Geschäftsmöglichkeiten und Geschäftsabschlüsse „People’s Business“. Daher konzentrieren sich Chinesen bei Verhandlungen stark auf die Personen. Es besteht großes Interesse an persönlichen Daten der Gesprächspartner (Familie, beruflicher Werdegang, Hobbies, Interessen usw.). Dies basiert auf dem Grundsatz, daß man nur mit vertrauenswürdigen Personen Geschäfte abwickeln möchte. Um Vertrauen aufzubauen und zu entwickeln ist es nötig, möglichst viel über den Gesprächspartner zu wissen. So fragen chinesische Gesprächspartner häufig nach dem Monatseinkommen des westlichen Gesprächspartners. Dies drückt lediglich das Interesse an der Person aus und führt bei Westlern nicht selten zu falschen Interpretationen. Eine Antwort „Genug zum Leben“ ist völlig ausreichend und verhindert eventuellen Gesichtsverlust. Zur Vorbereitung wird ein grober Fahrplan erstellt, der viel Platz für Veränderungen offenläßt. Zur Realisierung des Planes sind vor allem Beziehungen erforderlich und diese Beziehungen müssen gepflegt werden.
Gesicht wahren und bewahren
Das Gesicht anderer Personen und das eigene Gesicht zu wahren und zu bewahren sind absolute Notwendigkeiten bei Geschäftsbeziehungen in China und mit Chinesen. Kaum etwas hat negativere Auswirkungen als das eigene Gesicht zu verlieren oder jemand anderes bloßzustellen und dadurch für dessen Gesichtsverlust verantwortlich zu sein. Das Gesicht verliert man vor allem durch Beleidigungen, Ungeduld, Aggressivität, offene Kritik und zuviel Selbstkritik. Man würde auch das Gesicht verlieren, wenn man sich einer ranghohen Person gegenüber so verhält, als wäre diese Person nicht ranghoch. Auch diese Person würde ihr Gesicht verlieren.
Das Gesicht kann man auch wahren, indem man einer anderen Person in einer unangenehmen Situation aus der Klemme hilft. Als Folge würde diese Person in Ihrer Schuld stehen. Diese Verhaltensweisen werden nicht selten auch strategisch beim Aufbau von persönlichen Beziehung eingesetzt. D. h., einige Personen, die in Ihrer Schuld stehen, können Sie strategisch für sich einsetzen. Allerdings darf man unter keinen Umständen solche Situationen konstruieren, da anderenfalls alle Beteiligten ihr Gesicht verlieren würden. Grundsätzlich sollte man sein Verhalten auf Zurückhaltung, Achtung und Respekt des anderen und Harmonie ausrichten, so daß die Gefahr des Gesichtsverlustes minimiert werden kann.
Guanxi (d.h. Vitamin B, persönliche Beziehungen)
Das Wort Guanxi bedeutet persönliche(s) Beziehung(sgeflecht). Guanxi entscheiden meistens über den Erfolg oder Mißerfolg im Chinageschäft. Dies beginnt bereits bei der Kontaktanbahnung und zieht sich wie ein roter Faden bis zu möglichen Vertragsabschlüssen und die darauf folgenden Abwicklungen hin. Existieren keine guten persönlichen Beziehungen oder verfügt man nicht über Vermittler, die über solche Beziehungen verfügen, kann sich bereits die Geschäftsanbahnung als schwierig erweisen. Dies basiert auf dem chinesischen Grundsatz, daß gute und vertrauensvolle persönliche Kontakte und Beziehungen die Grundlage des chinesischen Geschäftsalltages und auch des gesellschaftlichen Lebens sind. Folglich sind Investitionen in persönliche Kontakte empfehlenswert.
Beginn des Zusammentreffens, Bedeutung der Visitenkarte
Zu Beginn eines Zusammentreffens werden die Visitenkarten ausgetauscht. Die Reihenfolge ergibt sich aus der entsprechend hierarchischen Stellung, d. h. dem ranghöchsten bietet man zuerst seine Visitenkarte an. Dabei wird die Visitenkarte mit beiden Händen oben an den Ecken angefaßt und mit einer kleinen Verbeugung dem Partner entgegengestreckt (so daß dieser den Namen sofort lesen kann), damit dieser die Visitenkarte ebenfalls mit beiden Händen an beiden Ecken entgegennehmen kann. Dies wird ebenfalls mit einer Verbeugung quittiert.
Für Chinesen bedeutet die Visitenkarte ein Stück Persönlichkeit. In China weisen die Visitenkarten gewöhnlich nur hohe Positionen und Funktionen der Mitarbeiter aus. Es scheint so, als ob eine Sachbearbeiterebene gar nicht existent sei. Daher benutzen einige westeuropäische Unternehmensvertreter nicht selten für die Chinaaufenthalte Visitenkarten, auf denen die hierarchische Stellung aufgewertet ist und die nur in Asien bzw. China benutzt werden dürfen.
Visitenkarten sollten zweisprachig sein. Vorderseite in deutscher oder englischer Sprache und die Rückseite in chinesischer Sprache oder mindestens in englischer Sprache. Da es üblich ist, daß sehr viele Visitenkarten ausgetauscht werden, sollte man immer eine große Anzahl bei sich haben. Zu beachten ist auch, daß in China zuerst der Familienname genannt wird und erst dann der Vorname. Entsprechend sind die Namen auf der Visitenkarte geordnet.
Unterschiedliches Vertragsverständnis
Zwischen Westeuropäern und Chinesen besteht ein unterschiedliches Vertragsverständnis. Speziell für Deutsche ist der Vertrag bindend und legt demgemäß Rechte und Pflichten fest. Nach einem Vertragsabschluß beginnt die Planerstellung.
Für Chinesen ist ein Vertrag der Beginn der Zusammenarbeit und demgemäß entwickelt sich die Zusammenarbeit (und auch der Vertrag). Daher werden von chinesischer Seite oft vage Formulierungen benutzt, die möglichst viel Platz für zukünftige Veränderungen lassen.
Grundsätzlich sollte man Verträge umfangreich und präzise gestalten, damit das Potential der Nachverhandlungen reduziert wird. Chinesen sind äußerst kreativ bei der Auslegung von nicht eindeutig festgelegten Vertragspunkten.
Empfehlenswert sind Checklisten, die während der Verhandlungen gemeinsam mit den chinesichen Verhandlungspartnern besprochen und abgearbeitet werden. Ein Vorteil solcher Checklisten ist, daß man mit ein wenig Gespür die sensiblen Bereiche des chinesischen Partners identifizieren kann, d.h. welche Möglichkeiten und Grenzen hat der Partner in dieser Verhandlung inne. Sensible Bereiche lassen sich durch merklich vage und nicht konkrete Aussagen erkennen („Der Aufbau und die Struktur des Beschaffungsbereiches wird durch den Vorstand zu gegebener Zeit bestimmt.“)
Besonderheiten der Verhandlungsführung
Einer amerikanischen Untersuchung zufolge sprechen Westler für sie wichtige Aspekte zu Beginn eines Gespräches an, während Chinesen wichtige Aspekte im letzten Drittel eines Gespräches ansprechen. Kopfnicken der chinesischen Partner bedeutet nicht grundsätzlich Zustimmung, sondern dies drückt lediglich aus, daß man zuhört. Daher sollte man Bestätigungen oder Widersprüche zu den besprochenen Verhandlungspunkten wiederholen, damit unliebsame Mißverständnisse vermieden werden können.
Chinesen, die nicht täglich im Berufsalltag mit großen Zahlen konfrontiert sind, haben ein anderes Zahlenverständnis als Westeuropäer. Eine internationale Untersuchung brachte als Ergebnis, daß Chinesen gewöhnlich ein Vorstellungsvermögen bis zu der Zahl 7000 besitzen. Dies begründet sich durch die Tatsache, daß im Alltagsleben weniger Berührungspunkte mit großen Zahlen existieren.
Da die chinesische Zählweise andersartig ist, können bei technisch oder kaufmännisch orientierten Gesprächen leicht Mißverständnisse über Zahlen auftreten. Bei wichtigen Eckdaten empfiehlt es sich daher, die Zahlen auf ein Blatt Papier zu schreiben und dem Gesprächspartner zur Bestätigung vorzulegen.
Obwohl es selbstverständlich sein sollte, daß man dem Partner geduldig und aufmerksam zuhört und dem Partner Achtung entgegenbringt, sollte dies speziell im Chinageschäft immer beachtet werden (Risiko: Gesichtsverlust). Außerdem wird durch eine harmonische Atmosphäre auch die Vertrauenswürdigkeit glaubhafter und damit die Geschäftsaussichten besser. Konfliktsituationen jedweder Art sind unbedingt immer zu vermeiden, da sie das Risiko eines Vertrauens- oder Gesichtsverlustes in sich bergen.
Zurückhaltung empfiehlt sich bei humorvollen Aussagen, da in China meist ein anderes Humorverständnis besteht und leicht Mißverständnisse entstehen können. Weiterhin besteht das Risiko, daß Humor häufig nicht oder nur falsch übersetzt werden kann. Besonders wichtig ist die richtige Interpretation des Gesagten. Die chinesisische Ausdrucksform ist positiv, auch wenn etwas Negatives gesagt wird. Dies ist vergleichbar mit der deutschen Zeugnissprache. Daher ist es wichtig, auf die Untertöne des Gesagten zu achten bzw. zwischen den Zeilen zu lesen. Häufig verwendete Begriffe sind „smooth and mutual cooperation“, die den Schwerpunkt auf den Unterton Harmonie legen.
Häufig sitzen die chinesischen Entscheidungsträger nicht am gleichen Tisch, manchmal nicht einmal im gleichen Raum. Versuchen Sie die Entscheidungsträger zu identifizieren. Dadurch wird das Verständnis für den Verhandlungsablauf und -verlauf einfacher. Im Falle eines Großprojektes kam es einmal vor, daß gar kein Entscheidungsträger anwesend war und die Entscheidung in letzter Minute fernmündlich vom entsprechenden Ministerium kam (die westlichen Gesprächspartner wußten dies jedoch nicht). Dies erklärte im Nachhinein den zögerlichen und vagen Verhandlungsverlauf.
Strategisch ist zu überlegen, ob man bei einer Verhandlung mit mehreren eigenen Personen vorher einen sogenannten „good and bad guy“ festlegt, die entsprechende Verhaltensmuster nach außen zeigen. Vorteil dabei ist, daß die chinesische Seite wahrscheinlich versuchen wird, den „netten“ Gesprächspartner außerhalb des Verhandlungstisches zu sensiblen Themen anzusprechen und dabei versucht die Verhandlungsziele zu eruieren. Daher lassen sich über eine solche Personenbestimmung diverse Informationen bewußt besser verteilen und gewöhnlich kann dieser „good guy“ auch Informationen über die Verhandlungsziele der chinesischen Seite abfragen.
Dolmetscher
Da sich Dolmetscher auch erst an die Sprache des Einzelnen gewöhnen müssen und die erforderliche Fachterminologie beherrschen sollten, ist zu überlegen, ob man zu Verhandlungen einen eigenen Dolmetscher mitnimmt. Ein eigener Dolmetscher verhält sich auch loyal gegenüber seinem Auftraggeber. Gute und erfahrene Dolmetscher können manchmal Verhaltensfehler wie Aggression, Ungeduld oder Schuldzuweisungen durch „abgeleitetes“ Dolmetschen verhindern.
Man sollte sich bewußt machen, daß die gemeinsame Sprache meistens auch für den Dolmetscher nicht die Muttersprache ist. Ein Vorteil bei der Einschaltung eines Dolmetschers ist sicherlich, daß die Sprecher die Zeit des Übersetzens mit der Vorbereitung der nächsten oder vergangener Gesprächsaspekte nutzen können.
Protokolle
Protokolle spielen eine große Rolle bei Verhandlungen, da nicht nur bei bestimmten Projektgrößen auch entsprechende Behörden an den Verhandlungen teilnehmen können, sondern die Behörden später eine Kopie der Verhandlungsprotokolle anfordern. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, daß aufgrund der Entscheidungsstrukturen vor allem die Behörden die Zustimmung oder Genehmigung zu Projekten erteilen müssen.
Daher spielt die Wortwahl und Ausdrucksform oft eine große Rolle: Positive Ausdrucksform ist gewünscht. Allerdings ist Vorsicht geboten, da eine positive Ausdrucksform bei späteren Streitigkeiten juristisch gegen Sie verwendet werden kann. Hier müssen Sie zwischen juristischer Sicherheit und möglichen Optionen, aufgrund positiver Ausdrucksform, abwägen.
Manchmal wünschen die chinesischen Geschäftspartner, daß zwei verschiedene Protokolle zur gleichen Angelegenheit angefertigt werden sollen. Ein sogenanntes „Quote-Protokoll“ als offizielles, welches später an die entsprechenden Stellen weitergeleitet wird und ein sogenanntes „Unquote-Protokoll“, welches nur den direkten Projektpartnern bekannt ist. Unquote-Protokolle beinhalten meistens kritische Bereiche und kritische Entscheidungen. Aus juristischen Gründen sollte man mit der Unterzeichnung solcher Unquote-Protokolle vorsichtig sein. Sofern bereits sehr vertrauenswürdige Beziehungen bestehen, kann dies im Einzelfall sinnvoll sein, da der chinesische Partner manchmal dadurch einen größeren Handlungsspielraum erhält.
Geschäftsessen
Das Essen und auch das Geschäftsessen haben eine zentrale Bedeutung im chinesischen Geschäfts- und Privatalltag. Die chinesische Begrüßungsformel „Haben Sie schon gegessen?“ anstelle der in unserem Kulturkreis üblichen Begrüßung „Wie geht es Ihnen?“ dokumentiert diese Besonderheit. Üblicherweise endet eine Verhandlung in einem Business-Dinner. Es ist bekannt, daß in China vieles auf den Teller kommt, was in Europa undenkbar ist. Eine Einladung sollte mit einer Gegeneinladung beantwortet werden; sinnvollerweise zum Abschluß der Gespräche. Bei der Sitzordnung ist die wichtigste Person der eingeladenen Partei rechts neben der wichtigsten Person der einladenden Partei zu plazieren.
Geschenke
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Diese alte Weisheit gilt auch in China. Geschenke, die einen nachhaltigen und positiven Eindruck hinterlassen sind die Besten. Nicht schenken sollte man Uhren oder Schirme, weil die chinesischen Wörter dafür klangverwandt mit Tod und Beziehungsende sind. Man sollte auch immer einige kleine Geschenke bei sich haben, damit man für den Fall vorbereitet ist, daß ein Gesprächspartner oder Gastgeber unvorbereitet ein Geschenk macht. Denn würde man einem erhaltenen Geschenk nicht mit einem eigenen Geschenk begegnen, so würde dies einen Gesichtsverlust bedeuten.
China-Dienstleister
In China sind persönliche Kontakte die Basis zum Geschäft. An dieser Schnittstelle setzt das auf China spezialisierte Dienstleistungsangebot der Vinck´s Agency for Consulting und Trading an. Schwerpunkte liegen in den Bereichen Markteinstieg, Beschaffung, Projektmanagement, Vertrieb und Informationsbeschaffung. Im Beschaffungswesen liegen die Schwerpunkte bei Marktuntersuchungen, Sourcing, Produkt-Research, Lieferantenbeurteilung, Qualitätssicherung.
Die Agentur verfügt weiterhin über eine China-Datenbank. Vinck´s Agency for Consulting and Trading, 45131 Essen, Fax: 02 01/42 18 82
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