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Outsourcing von Lagerleistungen gut bedenken!

Kosten, Risiken, Produktivitätsgewinn?
Outsourcing von Lagerleistungen gut bedenken!

Outsourcing von Lagerleistungen gut bedenken!
Dr. Peter M. Breiter ist Geschäftsführer der PMB-Logistikberatung, Essen; Fax 02 01/8 12 71 83.
Bei der Fokussierung auf ihr Kerngeschäft entscheiden sich viele Unternehmen dafür, die Lagerlogistik für ihre Fertigwaren an einen Spediteur zu vergeben. Dabei spielen Beweggründe eine Rolle, die sich bei näherer Betrachtung als Fehleinschätzung erweisen können. Das Rückgängigmachen der Outsourcing-Entscheidung ist dann aber meistens nur mit erheblichen finanziellen Zusatzaufwendungen oder überhaupt nicht möglich.

Dr. Peter M. Breiter

Die Anlässe, aus denen das Outsourcen von Lagerleistung erwogen wird, ähneln sich. Ein Anlaß kann sein, daß das Top-Management mit einem Fertigwarenlager oder auch mehreren unzufrieden ist. Es erkennt an unterschiedlichen Symptomen eine verbesserungsbedürftige Produktivität und Mitarbeiter-Motivation. In Zusammenarbeit mit der Lager-/Distributionslogistikleitung hat das Top-Management bereits mehrere Versuche unternommen, diese Punkte zu verbessern – leider erfolglos. Nachdem auch die Drohung, die gesamte Lagerabwicklung auszugliedern, keine Veränderung herbeigeführt hat, übergibt das Top-Management die Aufgabe tatsächlich einem Dienstleister. Zuerst wird dann, um nicht noch eine weitere Schnittstelle zu schaffen, derjenige Spediteur angesprochen, der bereits die Distributionstransporte durchführt.
Ein anderer Anlaß kann sein, daß die Kapazität eines Fertigwarenlagers zu klein geworden ist. Manchmal ist die Raumnot nachvollziehbar, in vielen Fällen bieten aber das Bestandsmanagement, das Sortiment und die Methode zur Lagerraumnutzung Ansatzpunkte zum Bestandsabbau bzw. besserer Volumennutzung, so daß die Lagererweiterung zumindest um einige Zeit verschoben werden kann. Oder es kann zumindest eine kleinere Fläche als Zusatzbedarf quantifiziert werden.
Auch kann es sein, daß – wegen insgesamt erschöpfter Flächen am Standort – der Erweiterung der Produktionsflächen zu Lasten des Fertigwarenlagers Priorität eingeräumt werden muß. Dann beides zu tun, die Produktion zu erweitern und gleichzeitig noch ein neues Lager an einem anderen Ort zu errichten und zu betreiben, kann schnell zu dem Gedanken führen, das Fertigwarenlager durch einen Investor, einen Spediteur, erstellen und betreiben zu lassen. Auch ist es eine häufig praktizierte Lösung, die Fertigware dort einzulagern und lagermäßig weiterbearbeiten zu lassen, wo der Spediteur die Sendungen in sein Stückgutnetz einspeist; dann entstehen keine überflüssigen Wege.
Die Entscheidung des Top-Managements zum Outsourcen wird manchmal jedoch nicht sorgfältig genug getroffen. In diesen Fällen werden meist die Möglichkeiten zur Erzielung von Verbesserungen ohne künftigen Dienstleistereinsatz nicht ernsthaft und systematisch genug geprüft. Es wird eher pauschal argumentiert wie: „Wir wollen uns auf Kernkompetenzen konzentrieren, die Logistik gehört dazu nicht.“ Oder: „Wir wollen das Auslastungsrisiko minimieren und fixe Kosten variabilisieren“. Ein solches Vorgehen wird von den Betriebsräten moniert, andererseits sind diese meist nicht bereit, der Belegschaft den im Sinne des Unternehmens erforderlichen Personalabbau mitzuvermitteln.
In der oben beschriebenen Vorgehensweise liegt aber noch eine andere Crux begraben. Wird schon zu Beginn der Spediteur gewählt, der bereits die Transporte ausführt, kann der Wettbewerb danach nicht mehr sinnvoll eingeschaltet werden. Dieser Fehler sollte unbedingt vermieden werden. Zumindest ein anderer Spediteur sollte auf jeden Fall von Beginn an in die Outsourcing-Überlegungen der Lagerleistung einbezogen werden, selbst wenn er damit auch als potentieller Partner für die Distributionstransporte in Frage kommen muß. Wichtig ist natürlich, daß er ein echter Wettbewerber ist.
Die Inhouse-Fremdvergabe, d.h. der Betrieb eines Fertigwarenlagers durch einen Spediteur in den Räumen des Outsourcers, ist eine Lösung, die auf das Veränderungs- und Durchsetzungsvermögen des Managements nicht immer ein günstiges Licht wirft. Unterstellt, diese Lösung ist tatsächlich produktiver als die mit den eigenen Mitarbeitern, so ist dem Spediteur oft in relativ kurzer Zeit und meist – wegen § 613 a BGB – mit demselben Personalstamm das gelungen, was dem eigenen Management in mehreren Anläufen über mehrere Jahre versagt blieb. Und das vielleicht auch noch mit Lagerabläufen, die der Spediteur selbst erst lernen mußte.
Die Kostenfrage
An diesem Punkt stellt sich einmal mehr die Frage nach den stationären Kosten (cost of steady state) der Warenfluß-Kette vor und nach dem Outsourcen und den Kosten für das Outsourcen selbst. Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Das hängt damit zusammen, daß nur in den seltensten Fällen die Prozesse vor dem Outsourcen mit denen nach dem Outsourcen identisch sind. Outsourcing-Projekte, bei denen die Prozesse völlig gleich blieben, könnten Einsparungen demnach nur durch kostengünstigeren Personaleinsatz erbringen. Aber selbst ein geänderter Sachmitteleinsatz kann offensichtlich schon eine Verbesserung sein und damit den Prozeß verändern. Ändern sich aber die Prozesse, so ändern sich diese auch beim Outsourcer, und sei es nur dadurch, daß eine neue Schnittstelle zum Spediteur zu bedienen ist, die es bisher nicht oder in anderer Form, nämlich als Übergabe verladefertiger Sendungen, gab.
Zu berücksichtigen sind ferner die oft erheblichen Kosten zur Herstellung des neuen „steady state“. Meist ist zu Beginn eines Outsourcing-Projektes unklar, in welcher Höhe diese Kosten anfallen und wer welchen Teil davon trägt. Diese Veränderungskosten müssen jedoch als erste durch die Einsparungen in der Wertschöpfungskette kompensiert werden. Damit entsteht die Frage, wie hoch die Einsparungen beim Outsourcer sind und wie hoch der Deckungsbeitrag beim Spediteur ist. Soll der gesamte Outsourcing-Prozeß sinnvoll sein, so sollte er insgesamt zu einer niedrigeren Wertschöpfung in der Prozeßkette führen. Somit sollte, wenn der Spediteur vorher an der Prozeßkette nicht beteiligt war, folgendes gelten:
K(Sped.)+DB(Sped.)+K(Outsourcer, nachher)K(Outsourcer, vorher)
K(Sped.)+DB(Sped.)=E(Spediteur)=Erlös des Spediteurs;
K(Sped.)=Kosten des Spediteurs für den übernommenen Teil der Prozeßkette;
DB(Sped.)= Deckungsbeitrag, den der Spediteur erzielt;
K(Outsourcer, nachher) = Kosten des Outsourcers für seinen Anteil an der Prozeß-
kette nach dem Outsourcing, z.B. Schnittstellenkosten;
K(Outsourcer, vorher) = Kosten des Outsourcers für die Prozeßkette vor dem Outsourcing.
Diese Gleichung zeigt das notwendige Ziel auf:
Die Gesamtkosten der Prozeßkette sollten durch den Outsourcing-Vorgang soweit reduziert werden, daß ein positiver Deckungsbeitrag für den Spediteur möglich ist und der Outsourcer insgesamt niedrigere Kosten hat.
Es ist trivial, daß auch Outsourcing-Vorgänge denkbar sind, bei denen beide Partner hinterher schlechter dastehen als vorher; der Spediteur, weil er einen negativen Deckungsbeitrag hat, und der Outsourcer, weil er in Summe höhere Kosten hat als vorher, z.B. aufgrund zu niedrig eingeschätzter Schnittstellenkosten. Sobald beide Partner dies erkennen, werden sie wohl einvernehmlich eine Vertragsauflösung herbeiführen.
Schwieriger ist es, wenn nur ein Partner einen Vorteil hat. Erkennt der andere Partner seinen Nachteil, versucht er, diesen in einen Vorteil umzuwandeln, entweder durch Senkung der von ihm in der Prozeßkette zu tragenden Kosten oder durch Nachverhandlung des Vertrages. Gelingt beides nicht, wird er versuchen, aus dem Vertrag herauszukommen. Dauerhaft sind Outsourcing-Vorgänge, die beiden Partnern nutzen.
Die Schnittstellenkosten z.B. für die laufende Koordination und die Informationstechnologie sind dabei ein kritischer Punkt. Manchmal werden sie von beiden Partnern nicht genau genug ermittelt oder stark unterschätzt. Erst nach ein bis zwei Jahren Zusammenarbeit wird erkannt, daß ein Controlling der Fremdleistung (durch den Outsourcer) bzw. eine Nachkalkulation der erbrachten Leistungen (durch den Spediteur) sinnvoll ist. Dies führt dann ggf. zu der Erkenntnis, daß die Zusammenarbeit nicht trägt.
Der Vertragsschluß
Bevor ein Outsourcing-Projekt Gestalt annimmt, ist ein Vertrag zu schließen. Üblicherweise wird sich einer der Partner daran machen, einen Vertragsentwurf zu fertigen. Ist es der Spediteur, werden die leistungsmäßigen Verpflichtungen eher sparsam dargestellt sein, dafür die Entgeltregelung möglichst flexibel nach der verständlichen Zielsetzung: „Zuerst einmal eine Probephase, um zu sehen, welche Kosten anfallen, und dann das Entgelt daran ausrichten“. Der Outsourcer hat das umgekehrte Interesse. Er möchte die Leistungen präzise definiert haben und für eine möglichst lange Zeit auch die Kosten bzw. Kostenzuwachsraten, damit dauerhaft Einsparungen zur Ist-Situation realisiert werden. Wer den ersten Entwurf fertigt, hat insofern einen Vorteil, als er dann auch wahrscheinlich die Änderungsentwürfe erstellen wird und damit doch die eine oder andere etwas günstigere Formulierung für sich einbringen kann.
Über das, was in einen solchen Vertrag hinein gehört, kann trefflich gestritten werden. Zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze sind aber zu betonen. Entweder es wird versucht, möglichst alle denkbaren künftigen Konfliktpunkte zu regeln, oder es wird ganz bewußt einiges offengehalten mit dem Ziel, den Konfliktpunkt dann zu lösen, wenn er auftritt. Der letztgenannte Ansatz erfordert mehr Vertrauen von beiden Seiten in die Einigungsbereitschaft bei Konflikten. Der Vorteil des ersten Ansatzes liegt darin, daß sich beide Seiten während der Vertragsverhandlungen durch das Bedenken und Besprechen der „What/if-Situationen“ besser einschätzen lernen. Es bedeutet aber auch, umfangreiche Verträge zu gestalten, die letzten Endes, wie die Praxis immer wieder zeigt, doch nicht alles regeln, weil nicht alles bedacht wurde oder werden konnte.
Umfang und Aufbau des Vertrages hängen maßgeblich von den Zielen und den Umständen des Outsourcing-Projektes ab. Auf einige generelle Probleme soll an dieser Stelle eingegangen werden:
Der Spediteur wird zur Planung seiner Erlöse einen bestimmten Mengendurchsatz fordern. Kann sich ein Outsourcer darauf einlassen? Vielleicht dann, wenn er ihn ohne Probleme sicherstellen kann. Und was ist mit der festen Vertragslaufzeit? Die Beantwortung dieser Frage hängt von Art und Größe der Investition ab, die der Spediteur ggf. für den Outsourcer tätigt. Für den Spediteur ist eine Investition in ein Gebäude oder eine Gebäudeeinrichtung, die mehr oder weniger ausschließlich für den Outsourcer nutzbar ist, eine riskante Angelegenheit. Sind solche Investitionen vorzunehmen, stellt sich die Frage nach ihrer Amortisation und damit nach der Vertragslaufzeit und den Ratenzahlungen, die als Leasingraten oder Mieten entrichtet werden können. Hier ist es angebracht, einmal über die grundsätzlichen Risiken einer solch langfristigen Zusammenarbeit nachzudenken.
Risiken für den Outsourcer
Für den Outsourcer ist es ein großes Risiko, daß der Spediteur die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht oder nur unzureichend erbringt. Da jedes Fertigwarenlager für einen Outsourcer eine wichtige Aufgabe zur Bedienung des Marktes hat, besteht auch ein Risiko, durch einen schlechteren Liefer-Service Marktanteile zu verlieren. Die Risiken entstehen – wie in einem selbst betriebenen Lager – durch Fehler in den physischen Lagerfunktionen Wareneingang/Einlagerung, Etikettierung/Preisauszeichnung, Verpackung, Kommissionierung und Verladung als auch in der Auftragsabwicklung (z.B. Lieferschein-/Rechnungsschreibung). Sie dokumentieren sich seitens der Kunden in Warenannahmeverweigerungen, Retouren, Abzügen vom Rechnungswert und Gutschrifts-/Schadenersatzforderungen. Häufige Vorkommnisse dieser Art können zur Beendigung der Geschäftsbeziehung seitens des Kunden führen.
Hinzu kommen für den Outsourcer eigene, interne Kosten. Eine erhöhte Reklamationsrate erfordert im Verkaufsinnendienst nicht nur zusätzlichen, internen Zeiteinsatz sondern verursacht auch Kosten für Gutschriften, Schadenersatz, Rückhol- und Zweitanlieferungstransporte, zusätzliches Lager-Handling für die Annahme/Wiedereinlagerung der retournierten Ware oder aufgrund von Transportschäden die Warenabschreibung. Wie können die durch schlechte Lagerabwicklung verursachten internen Kosten sowie die Schäden auf Kundenseite überhaupt erfaßt werden? Außerdem kann die Geltendmachung von Versicherungsansprüchen hinzukommen, z.B. bei größeren Inventurdifferenzen, die überdies oft zu Auseinandersetzungen zwischen Verlader und Spediteur führen.
Kommen erhebliche Leistungsdefizite zusammen, wird der Outsourcer versucht sein, sich außerordentlich aus dem Vertrag zu lösen. Der Outsourcer sollte daher bei mangelhafter Leistung des Spediteurs grundsätzlich diejenigen Bedingungen und – bei deren Erfülltsein – die sich darauf aufbauenden Verfahren in den Vertrag aufnehmen, die eine vorzeitige Beendigung durch außerordentliche Kündigung erlauben.
Risiko des Spediteurs
Das Risiko für den Spediteur besteht zum einen im Zahlungsausfall. Der Outsourcer wird immer bezahlen oder bei Leistungsmängeln gekürzt bezahlen, denn auf die Leistungserstellung ist er angewiesen. Das Risiko ist somit auf sehr ernsthafte Liquiditätsengpässe des Outsourcers und auf eigene Schlechtleistung begrenzt. Hält der Spediteur mehrere Outsourcing-Verträge mit diversen Outsourcern, so ist überdies ein Risiko-Mix gegeben. Hinzu kommt, daß die heute in diesem Geschäftsbereich am Markt agierenden Spediteure auch an Wirtschaftskraft vielen mittelständischen Industrie-Unternehmen überlegen sind.
Fazit: Für den Spediteur ist das Risiko, daß solch ein Projekt scheitert, oft geringer als für den Outsourcer, insbesondere dann, wenn er lediglich Aktiva erstellt oder übernimmt, die anderweitig verwend- oder verwertbar sind. Dementsprechend ist es denkbar, daß der Spediteur auch weniger Kompromißbereitschaft mitbringt, wenn es darum geht, Probleme, die während der Vertragslaufzeit auftreten und die nicht vertraglich geregelt sind, gemeinsam zu lösen. Leider ist auch denkbar, daß der Spediteur bereits einen anderen Nutzer für aufgrund einer vorzeitigen, außerordentlichen Vertragsbeendingung freiwerdende Kapazitäten hat, aber dennoch vom Outsourcer Entschädigungszahlungen fordert.
Das zweite Risiko für den Spediteur ist, daß das vereinbarte Entgelt keine Gewinne ermöglicht. Er wird diese Situation dann dem Outsourcer vermitteln und auf eine Anpassung drängen. Je nach Mentalität des Outsourcers wird er damit Erfolg haben oder nicht. Zumindest besteht nach Ablauf der festen Vertragslaufzeit auch für den Spediteur die Möglichkeit der ordentlichen Vertragskündigung. Und bis dahin sind jährliche Gespräche über die Anpassung des Entgeltes vereinbart.
Das Entgeltmodell
Trägt der Outsourcer die Investitionen über daraus abgeleitete Miet- oder Leasingraten, so wird er ein Interesse daran haben, daß der Spediteur besonders wirtschaftlich vorgeht. Er wird sich somit für die jeweiligen Investitionen interessieren und sich ggf. auch vorbehalten, diese freizugeben. Ist dem so, so folgt daraus ein Interesse an anderen wesentlichen Kosten, z.B. den Sachkosten der beweglichen Wirtschaftsgüter, den Handlingskosten, den EDV-Kosten, den Wartungskosten, den Energiekosten usw. Dieses Entgeltkonzept zieht somit eine Fülle von Absprachen und zu koordinierenden Entscheidungen nach sich. Gelingen kann eine solche Zusammenarbeit nur, wenn beide Partner sehr diszipliniert die abgesprochenen Aufgaben und Termine einhalten.
Wie sieht die Alternative aus? Der Spediteur kalkuliert und schlägt ein relativ einfaches Entgeltmodell vor. Dieses Modell legt die Kosten nach Kostenarten nicht offen, es liefert somit keine Ansatzpunkte zur Abschätzung des kalkulierten Deckungsbeitrages. Führt dieses Modell zu niedrigeren Kosten für den Outsourcer, so könnte dieser mit dem Ergebnis zufrieden sein. Nur, könnten die vom Spediteur verlangten Entgelte nicht doch noch niedriger sein? Der Zweifel bleibt. Also dann doch die offene Kostenrechnung und das Sichkümmern um jede Kostenart? Und wie wird dann der kalkulatorische Deckungsbeitrag für den Spediteur bemessen? Oder ist ein Joint Venture der bessere Weg? Aber dann gleich 50% des Vorteils an den Partner abgeben?
Die Produktivität der neuen Lösung
Die Frage nach den Lager-Handlingskosten führt zwangsläufig zu einem weiteren Problemfeld: Mit welcher Produktivität arbeitet künftig das Speditionspersonal? Ist diese vielleicht sogar schlechter als die der eigenen Mitarbeiter? Ist der pro produktive Stunde erbrachte Output gerade um soviel niedriger, wie der Input, sprich die Lohnkosten, niedriger sind? Und schon gelangt man mit diesen Fragen zu Urlaubs- und Krankheitsraten, bezahlten Pausen- und Verteilzeiten und zum Einfluß der Gewerkschaften bzw. der Betriebsräte auf die jeweiligen Speditionsmitarbeiter. Und all das als Konsequenz aus der Frage, ob das vom Spediteur vorgeschlagene Entgelt angemessen ist.
Dieser aufwendige und damit schwierige Ansatz wäre vermeidbar, wenn durch Angebote von Wettbewerbern ermittelt werden könnte, wo die preisliche Schmerzgrenze liegt. Aber in vielen Fällen ist kein Wettbewerb im Spiel oder nicht mehr im Spiel, so daß der Outsourcer automatisch an diese Fragen gerät. Sind sie aber erst einmal gestellt, so werden die Antworten darauf nicht immer zur Zufriedenheit des Outsourcers ausfallen.
Der Datenaustausch
Ein weiteres, schwieriges Vertragsthema ist der Datenaustausch. Befindet sich das Fertigwarenlager an einem Standort des Spediteurs, der lagermäßig für mehrere Verlader genutzt wird, so wird er darauf drängen oder sogar ultimativ darauf bestehen, daß für die Lagerabwicklung seine EDV-Programme zum Bestandsmanagement und zur Auftrags-/Kommissionierabwicklung verwendet werden. Die Zeiten, in denen mehrere Verlader jeweils ihren eigenen PC und/oder Drucker im Lager des Spediteurs installieren konnten, der dann – per DFÜ mit der eigenen EDV verbunden – das Bestandsmanagement erledigte und die Kommissionierscheine, Lieferscheine oder Rechnungen druckte, sind vorbei.
Damit muß der Outsourcer aber eine neue Schnittstelle, meist nach dem EDIFACT-Standard, einrichten. Dieser Standard definiert jedoch nur die wichtigsten Messages. Weitergehende Controlling-Informationen, die der Verlader braucht, oder die Daten für ein Lagergutschriftsverfahren müssen in der Regel daneben zusätzlich eingerichtet werden. Bei beiden Vertragspartnern entstehen damit Anpassungskosten; wer trägt welche?
In diesem Zusammenhang wird sich der verantwortliche Geschäftsführer/Vorstand eines Outsourcers fragen lassen müssen, welche Vorkehrungen er getroffen hat, um die outgesourcten Leistungen im Notfall an anderer Stelle ausführen lassen zu können. Die IT-Schnittstelle zum Spediteur sollte also portabel sein, und für den Fall, daß der Spediteur spezielle, für den Outsourcer entwickelte Software einsetzt, ohne die eine Lagerabwicklung bei einem anderen Vertragspartner nicht möglich ist, muß auch diese Software im Ernstfall zur Verfügung stehen.
Eine zusätzliche Komplikation ist dann gegeben, wenn der Spediteur Lagertätigkeiten ausführen soll, die er bisher nicht kennt. Wenn z.B. Ware etikettiert, preisausgezeichnet oder verpackt/umverpackt werden muß. Dies erfordert eine Einarbeitungszeit zur Erlernung der Arbeitsabläufe bzw. zur Bedienung der Maschinen. In einer solchen Phase ist die Produktivität deutlich geringer. Zudem müssen die erledigten Mengen pro Schicht oder Tag an den Outsourcer zurückgemeldet werden. Auch stellt sich die generelle Frage, für welche Fälle der Spediteur bereit ist, Mehrarbeit im Lager anzuordnen und die dafür anfallenden Zuschläge zu tragen. (Beispiel: Es droht ein Verzugsschaden bei einem Kunden.)
Realisierung und Vertrag
Nun sei angenommen, daß im Vertrag alle zu bedenkenden Punkte vereinbart wurden. Der Spediteur beginnt mit der Realisierung des Vertrages. Es stellt sich jedoch nach einigen Monaten heraus, daß er damit überfordert ist. Er hat die notwendigen personellen Ressourcen nicht zur Verfügung, und es fehlt an Know-how für das Projekt-Management. Er gerät in Zeitverzug, und/oder Investitions-Budgets werden überschritten. Insbesondere die neuen Software-Lösungen kommen nicht wie geplant voran.
Unabhängig davon, wie es in einer solchen Situation weitergeht und was der Vertrag dazu sagt, wird der Outsourcer schmerzlich begreifen, daß auch dieser Vertrag wie jeder Vertrag ein Vertragserfüllungsrisiko birgt. Daß zwar, wenn laut Vertrag abgemahnt wird, der Spediteur Besserung verspricht, sich diese aber nicht automatisch einstellt, sondern der Outsourcer ggf. mit eigenem Personal mithelfen muß, um weitere Nachteile für sich zu vermeiden.
Der Outsourcer kann somit an einen Punkt gelangen, an dem er eine außerordentliche Kündigung des Vertrages wegen Leistungsmängeln erwägen wird. Zum Vertragserfüllungsrisiko kann damit, je nach Eindeutigkeit der Vertragslage, noch ein Prozeßrisiko hinzukommen. Zudem ist der Weg zurück in ein eigene Lagerabwicklung in weite Ferne gerückt und die Alternative, mit einem anderen Spediteur zusammenzuarbeiten, könnte auf absehbare Zeit nicht möglich sein oder eine weitere, vorübergehende oder permanente Verschlechterung des Liefer-Service nach sich ziehen.
Und was geschieht mit den Transporten? Man bedenke, daß in diesem gewählten Szenario auch alle Transporte vom gleichen Spediteur ausgeführt werden. Eine Auswirkung auf die Qualität der Transportausführung ist in einer derart angespannten Situation zwischen Outsourcer und Spediteur nicht auszuschließen. In solchen Momenten wird dem Management eines Outsourcers schmerzlich bewußt, was es bedeutet, von einem Spediteur abhängig zu sein, und daß eine funktionierende, flexible Lagerlogistik vielleicht doch eine Kernkompetenz ist.
An einem solchen Punkt angelangt, wird das Outsourcing bereut werden. Deshalb: Das Outsourcen von Lagerleistung im Vorfeld sorgfältig, umfassend und möglichst quantitativ bezüglich der Chancen und Risiken analysieren! Interne Lösungen ohne Spediteurseinsatz in die Überlegungen miteinbeziehen! Wettbewerb einschalten! Wenn Outsourcing, dann umfassende, klare Verträge schließen! Alle Entwicklungen, interne und externe Kosten und Leistungen sowie die Kundenreaktionen zeitnah überwachen! Alternativen zur geschaffenen Lösung immer im Auge behalten!
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