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Personalmanagement in China – Qualifizierung ernst nehmen!

Wirtschaftspraxis China
Personalmanagement in China – Qualifizierung ernst nehmen!

Trainings für chinesische Einkaufsmitarbeiter sind unerlässlich. Geschultes Personal ist äußerst knapp – ein Problem auch für deutsche Unternehmen. Nur wer sich in Sachen Human Resources kreativ verhält, hat gute Chancen, die besten Kräfte zu finden und mittelfristig zu halten. Was müssen Unternehmen in China tun, um nicht den Anschluss zu verlieren?

Die Situation verschärft sich. Händeringend suchen in China operierende deutsche Unternehmen nach qualifiziertem Personal. Für 82 Prozent steht der kritische Faktor Human Resources, insbesondere das Recruiting, an erster Stelle der zehn größten Herausforderungen – noch vor steigenden Arbeitskosten, dem Halten von Personal und Währungsrisiken. Das hat die aktuelle Klimaumfrage der Deutschen Außenhandelskammer in China ergeben. 439 von 2600 Mitgliedsunternehmen gaben Auskunft. Die Chamber of Commerce mit Sitz in Shanghai bezeichnet den Fachkräftemangel als ein Haupthemmnis für die Umgestaltung der chinesischen Wirtschaft.

Die Unternehmen tun also gut daran, sich intensiv mit dem Thema Mitarbeiter zu befassen. Beispiel Einkauf: Das immer noch allseits beliebte Abwerben fähiger Fachkräfte beim Konkurrenten (meist auf mehr Lohn beruhend, ein für Chinesen wichtiger Faktor) kann allenfalls eine Einzelfalllösung sein. Strategie geht anders. Zu fragen ist: Wie nachhaltig können Trainingsmaßnahmen sein, wenn Einkäufer schon am Heimatstandort nicht über einen erschreckenden Durchschnittswert von unter zwei Seminartagen pro Jahr hinauskommen? Und was bringen gut gemeinte weltweit aufgesetzte Programme, wenn sie nicht an landesspezifische Erfordernisse angepasst werden? Einkauf in China sollte im Wesentlichen nach denselben Mechanismen erfolgen wie in Deutschland oder Brasilien. Aber: Kultur und Kommunikationsgewohnheiten lassen sich nun einmal nicht über einen Kamm scheren. Thilo Köppe, Managing Director North Asia beim Schweizer Verbindungstechnikunternehmen Huber+Suhner, Standort Shanghai: „Oft hapert es schon bei der Identifikation von Talenten und der Definition von Stellenprofilen, um mittels Gap-Analysen Leute mit guten Ansätzen zu entwickeln.“ Trainings seien oftmals ungenügend zielgerichtet und würden eher als eine Art „Loyalty Award“ eines verdienten Mitarbeiters gesehen.
Wer in China Fachkräfte im Bereich White Collar (Büro, Management) haben will, die Prioritäten zu setzen verstehen, die diskussionsfreudig, lösungsorientiert und teamfähig sind, muss sich proaktiv schon an Hochschulen umschauen. Kein leichtes Unterfangen! Die Professoren Joachim Freimuth und Monika Schädler von der Hochschule Bremen bereiten derzeit ein Fachbuch vor, in dem sie u.a. die Innovationskompetenz chinesischer Hochschulabsolventen als eine mögliche Wachstumsbremse für Chinas ehrgeizige Zielsetzungen in der globalen Wissensökonomie erörtern. Die weiteren Schwerpunkte des Werks, etwa das Problemlösungsverhalten, die Bereitschaft zum kritischen Diskurs, die Fehlerkultur in chinesischen Expertengruppen sowie die Beziehungsdynamik in Teams mit chinesischen Akademikern lassen schon jetzt den Schluss zu, dass bei Führung und Entwicklung chinesischer Kräfte besondere Herausforderungen zu bewältigen sind. „Generell bilden die chinesischen Universitäten noch sehr theoretisch aus, und eine Integration von Praxiswissen in Form von Praktika ist oft weniger ausgeprägt“, sagt Professor Lutz Kaufmann von der WHU in Vallendar. Bei der Rekrutierung müssten Firmen bei spezifischem Fachwissen Abstriche in Kauf nehmen. „Aber sie treffen auf besonders wissbegierigen Nachwuchs“, so Kaufmann.
zu Technik und Sozialverhalten. Dr. Jin Shen, General Manager der SUSPA (Nanjing) Co. Ltd., Tochtergesellschaft der Nürnberger SUSPA GmbH, einem Hersteller von Gasdruckfedern, Dämpfern, Höhenverstellungen, Crash- und Sicherheitssystemen, hält viele Hochschulabgänger für „nicht reif beim selbständigen Arbeiten“. Grund: „Chinesische Studenten lernen hauptsächlich Theorie. Hinzu kommt oft ein ichbezogenes Verhalten durch die Ein-Kind-Familie.“ Das erfordere im Job eine intensivere Betreuung in Sachen Technik und Sozialverhalten. Auch so mancher Einkaufsleiter hat bereits eine ganze Reihe allzu selbstbewusster Bewerber erlebt, die in Vorstellungsgesprächen nassforsch und wenig adäquat auftreten. Während sich viele chinesische Frauen hierbei als zurückhaltender, später im Job als ehrgeiziger und kooperativer erweisen, kommt es bei Männern zuweilen zu einem bösen Erwachen, wenn es nicht mehr ausreicht, andere im Betrieb bzw. Büro für sich arbeiten zu lassen.
„Das Ausbildungsbudget hat sich bei SUSPA Nanjing in den vergangenen drei Jahren um ein Vielfaches erhöht“, berichtet General Manager Shen. Chinesische junge Einkäufer seien in der Regel daran interessiert, Neues zu lernen. SUSPA berücksichtige beispielsweise Projektmanagement, Kommunikation, Beziehungsmanagement mit deutschen Kollegen und Firmen sowie lösungsorientiertes Vorgehen. Shen: „Landesspezifisch sollte der Fokus auch auf Controlling von Einkaufsprojekten liegen, um Korruption einzudämmen.“ Mittelständler SUSPA schult u.a. in den Bereichen Einkaufsprozess und Einkaufsmanagement, Auditierungen von Lieferanten, technische Unterstützung bei Lieferantenverbesserungen sowie Fertigungsprozessen. Thilo Köppe von Huber+Suhner rät, auch den Umgang mit IP (Intellectual Property/geistiges Eigentum) zum Schutz des Unternehmens intensiv zu vermitteln.
Lutz Kaufmann von der WHU berichtet von einem Erfolgsmodell eines Automobilzulieferers in Sachen Personal: Einkaufsmitarbeiter werden durch persönliches Mentoring mit Hilfe individueller Entwicklungspläne qualifiziert. Die Führungskraft entwickelt danach zusammen mit ihren Mitarbeitern individuelle Entwicklungspläne und begleitet seine Mitarbeiter durch regelmäßige Feedbackgespräche. „Diese simple Methodik ist besonders geeignet für das chinesische Verständnis von paternalistischer Führung“, so Kaufmann. Das Mentoring signalisiere die persönliche Wertschätzung der Mitarbeiter, baue ein Vertrauensverhältnis zwischen Mentor und Mentee auf und zeige Möglichkeiten zur individuellen Weiterentwicklung. Die Führungskraft könne mit offenem Ohr Unzufriedenheit der Mitarbeiter früh wahrnehmen und entgegensteuern.
Jin Shen hält es für hilfreich, spezifische Seminare für chinesische Einkäufer anzubieten. Und auch Jochen Schultz, interkultureller Berater, Trainer und Coach mit Schwerpunkt China, meint: „Programme sollten insbesondere dann lokalisiert werden, wenn es um Soft Skills, Leadership und um Strategischen Einkauf geht.“ Bei standardisierten Themen bietet sich laut Schultz auch E-Learning an. In China sollten Trainings viele spielerische Elemente beinhalten. Der Münchener Berater empfiehlt die Einbindung lokaler Qualifizierungspartner mit belastbarem Netzwerk und profundem Know-how, die überdies in der Lage sein sollten, Leistungen zu evaluieren. Das Angebot an fähigen Trainern habe sich inzwischen merklich verbessert. „Viele Chinesen kommen aus dem Ausland zurück und sind nun im Bereich Qualifizierung tätig“, sagt Schultz.
Fazit: Deutsche Unternehmen sollten ihre guten Karten ausspielen: das unverändert gute Image. Hier muss die Personalabteilung freilich das richtige Händchen entwickeln. „Regelmäßige Einladungen ins Mutterhaus – auch mal mit der gesamten Familie, Teilnahme an weltweiten Meetings, kontinuierliche und auch individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten sind Pflichtaufgaben“, sagt Bernd Reitmeier, Managing Director der Start-up-Factory (Kunshan) Co., Ltd., und Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer Shanghai. Reitmeier blickt auf langjährige Erfahrung zurück, er leitete die Kammer von 2007 bis 2010. „Das neue Investitionsgesetz in China wird auch chinesischen Privatpersonen eine Beteiligung an ausländischen Firmen erlauben“, so der 44-Jährige. Das werde zu neuen Möglichkeiten führen, Mitarbeiter über Beteiligungsmodelle auch langfristig an die Firmen zu binden. Reitmeier verweist auf die Kampagne „More than a market“ der Handelskammer in Shanghai. Gemeinsam mit dem deutschen Generalkonsulat und der Bertelsmann-Stiftung sollen deutsche Firmen motiviert werden, sich als moderner Arbeitgeber mit sozialer Verantwortung zu positionieren.
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